Der Fall Deutsche Bank gegen Leo Kirch zeigt: Die größten Schweinereien passieren, wenn sich der Staat in die Wirtschaft einmischt.
Viele werten es als gerechte Strafe, dass die Deutsche Bank die riesige Summe von 800 Millionen Euro an die Erben des legendären Medienmoguls Leo Kirch ausschüttet – es deutet vieles darauf hin, dass dessen Kreditwürdigkeit schlechtgeredet wurde. Dabei wird übersehen, dass die Bank nur einer der Beteiligten am großen Spiel um Geld und Medienmacht war: Leo Kirch mit seinen Fernsehsendern war dabei, sich auch den Springer-Konzern mit „Bild“ und „BamS“ zu unterwerfen und damit einen gewaltigen konservativen Medienblock nach dem Vorbild von Silvio Berlusconi zu schmieden. Damit wurde Kirch, ein persönlicher Freund des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl, für dessen Nachfolger von der SPD, Gerhard Schröder, gefährlich. Das Beispiel Berlusconi vor Augen, sollte Kirch ausgebremst werden – mithilfe seiner Konkurrenz von RTL, die damals als der SPD zugeneigt galten. Also trafen sich Politik, Bank und Konkurrenz in der Gastwirtschaft Wichmann in Hannover, um zu besprechen, wie eine Medienlandschaft mit großen Gewinnen und ohne Kirch aussehen könnte. Das Ende ist bekannt und wird mit den 800 Millionen nur teilweise kompensiert – Leo Kirchs Imperium brach zusammen. Beim damaligen Platzen der Börsenblase fehlte dann wohl auch Berlusconi das nötige Kleingeld, mit dem er früher schon seinem Freund Kirch aus der Patsche geholfen haben soll.
Dieses komplizierte Geflecht muss nacherzählt werden, damit deutlich wird, was geschieht, wenn die Grenzen zwischen Politik und Wirtschaft verschwimmen: Die strikte ordnungspolitische Regel, wonach bei Sphären strikt zu trennen sei, gilt als altmodisch. So ist Hamburgs Erster Bürgermeister mächtig stolz darauf, dass er die Container-Schifffahrtslinie Hapag-Lloyd gekauft hat; auch die blauen Nivea-Dosen von Beiersdorf gehörten schon mal dem Stadtstaat zu Teilen wie auch eine Kupferhütte. Das wird alles als großer Erfolg gefeiert, weil angeblich nur so Unternehmen und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Aber sichert das die Zukunft großer Unternehmen? Nur ungern erinnern sich die Hamburger daran, dass sie den Verkauf ihrer Lagerhäuser und Nahverkehrsunternehmen an die Deutsche Bahn davon abhängig gemacht haben, dass dafür der Konzernsitz von Berlin nach Hamburg wandert – kein gutes Kapitel Föderalismus, sich gegenseitig mit Steuergeldern Unternehmen abspenstig zu machen.
Aber solche Erfahrungen werden gerne verdrängt, wenn Politiker Konzernstrategen spielen: Noch immer nicht aufgeklärt sind die Feinheiten des Deals, mit dem sich Baden-Württemberg vor zwei Jahren in das Energieunternehmen EnBW einkaufte. Glücklich wurde das Land damit nicht – mit Steuergeld werden Löcher geschlossen, die der Atomausstieg gerissen hat. Tüchtige Manager gehen von Bord; es darf gewettet werden, welcher abgehalfterte Grünen-Politiker dort mit dem Vorstandsvorsitz versorgt wird. Jetzt will die ergrünte EnBW beim hessischen Regionalversorger HSE einsteigen, in dem praktischerweise die langjährige grüne Finanzpolitikerin Christine Scheel den Ton angibt. Dagegen wiederum stänkert der Oberbürgermeister von Darmstadt, seines Zeichens Hauptaktionär der HSE und ebenfalls mit grünem Parteibuch. Ob das der Stromversorgung hilft, wenn hier innerparteiliche Versorgungsprobleme ausgetragen werden?
Die Schwarzen machen die Sache ja nicht besser. Gerade ist der frühere bayrische Finanzminister Kurt Faltlhauser verklagt worden; er soll mit seiner Pension dafür haften, dass unter seiner Ägide als Verwaltungsratschef die Bayern LB satte zehn Milliarden Euro Schulden über das Land brachte. Faltlhauser fühlt sich zu Unrecht verfolgt – ohnehin wird bei ihm nicht so viel zu holen sein wie bei der Deutschen Bank.
Weil am Ende, wenn Politiker ihre Machtspielchen mit Unternehmen treiben, immer Milliarden fehlen, hilft nur ein Rezept: die saubere Trennung von Staat und Wirtschaft.
(Erschienen auf Wiwo.de am 17.02.2012)
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