Zwischen der Vermessung der Parallel-Welt außerhalb der Erde und einer zweiten Renaissance, nicht nur wegen Industrie 4.0, aber auch, vernimmt Stefan Aust Blockflötenmusik hinter dem großen schwarz-rot-rot-grünen Einheitsbrei. Eine Ausgabe mit guten Einzelstücken.
In Sachen Politik sagt Stefan Austs Editorial abschließend alles:
„Das Parteienspektrum ist zu einem großen schwarz-rot-rot-grünen Einheitsbrei mit gehörigem Abstand zur Wirklichkeit verrutscht, was für die Demokratie nicht unbedingt vorteilhaft ist. Dabei dürften die Rechten in diesem Land aufgrund unserer grausigen braunen Vergangenheit, die in der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung glücklicherweise für eine gewisse Rechts-Immunität gesorgt hat, nicht viel mehr als 10 oder auch 12 Prozent erreichen, was schlimm genug ist. Das wiederum dürfte aber die Regierungsbildung in Bund und Ländern weitgehend alternativlos machen. Nur eine große Koalition unter Führung der CDU wäre dann noch mehrheitsfähig. Und die Kanzlerin kann stolz darauf hinweisen, dass die CDU landauf, landab den Regierungschef stellt. Da klingt im Hintergrund leise die Blockflötenmusik.
Die Opposition geht entweder überhaupt nicht mehr zur Wahl – oder radikalisiert sich auf der Straße.
Arme SPD! Deren Wähler haben es bisher schon schwer genug. Im Bund installierten sie mit ihren Stimmen eine CDU-Kanzlerin, in Baden-Württemberg einen Grünen und in Thüringen einen Linken als Regierungschef, umarmt und erdrückt, gespalten und schlingernd. Doch notwendig wie eh und je.
Ach ja, und die FDP? Mal wieder eine historische Chance gründlich verschlafen.“
Die Geschichten „HILFE, Genossen wir sinken!“ und „Zittern und Zagen in Deutsch-Südwest“ beleuchten SPD und CDU entsprechend. Was sich den erprobten Antifa-Truppen bei Pegida, Hooligans und Hogesa hinzugesellt, schildert „Neue KAMERADEN im Straßenkampf“. Weimar ante portas?
Islamistische Attentäter kommen überall in Europa aus etablierten Problemvierteln, sind Parallelgesellschaften ihr idealer Nährboden? Aus „‚Brutstätten des Terrors‘ – Gewalt und ihre MILIEUS“ Joachim Wagners Fazit:
„Der Einfluss der Herkunftsländer bei uns muss begrenzt werden, etwa bei der Finanzierung von Moscheen und beim Import von Gast-Imamen. Wichtig ist, bei der Verteilung der Flüchtlinge muslimisch geprägte Problemviertel zu meiden. Wir sollten mehr Integrationsbereitschaft von konservativen Muslimen fordern und bei Wertekonflikten entschiedener auftreten. Vor allem aber sollten wir über die in den vergangenen Jahren gewachsene Entfremdung zwischen Muslimen und Hiesigen ehrlicher reden.“
Ob das Titel-Thema „Die Vermessung der PARALLEL-WELT“ zugleich ein Beitrag zur Volksberuhigung ist, verrät uns die WamS nicht. Diese Parallelwelt befindet sich jedenfalls außerhalb der Erde. Die Geschichte im Spannungsbogen zwischen den Wissenschaftlern im CERN bei Genf und Romanen wie den von Julia Zeh ist die richtige Sonntagslektüre: weit weg von unseren Parallelwelten, in denen sich Politiker, Journalisten und Volk weder unter-, noch miteinander überhaupt noch in ein- und derselben Sprache verständigen können.
„St. Florian und der GÜTERZUG“ illustriert, wie sich Bürgerunmut am besten gegen etwas formiert, nicht für. Seehäfen, deren Bahnanbindung nicht laufend modernisiert werden können, dürften ihre wirtschaftliche Basis verlieren – und etliche Verhinderer mit. Über die möglichen Alternativen – unterirdisch zum Beispiel – denkt niemand nach, die Redaktion auch nicht. Olaf Gersemann hat bei Twitter einen Wirtschafts-Chef der WamS im Luwig-Erhard-kompatiblen Modus angekündigt. Der kann dann seine Leute ja auf die Suche nach innovativen Logistik-Mustern schicken.
„Fragwürdiger FRONTSTAAT“ – über die EU-Außengrenze in Mazedonien statt des nicht zuverlässigen Griechenlands: der nächste Versuch der Regierung Zeit zu gewinnen. Im Zusammenhang mit den anderen gescheiterten und scheiternden Anstrengungen, die Einwanderung irgendwo zu bremsen, hätte ich sie lieber gelesen.
„GENE nach Maß“ – noch ein Feld, in dem sich Deutschland aus Gebieten entfernt, die morgen andere beherrschen werden, in der Forschung, in der Gesundheitsbranche und der Wirtschaft allgemein.
„Dualer HÄRTETEST“ – über duale Ausbildung auch im Studium diskutierte ich mit anderen vor 40 Jahren, soll noch einer sagen, es ging nichts voran. Schön, dass es nun in Wissenschaft und Industrie vordringt.
„Der Letzte macht den Bohrturm AUS“: Ja, der sinkende Ölpreis hat viele Folgen, market happens, markets happen. Und „Krisenprofiteur Deutschland“ lebt noch eine Weile von Billigzinsen, Euro-Kurs und fallendem Ölpreis – gut für die Jobs, schlecht für eine Politik, die sich weiter Zeit kaufen kann, eine Innovationsbremse für Politik und Wirtschaft.
Mein Favorit in dieser WamS-Ausgabe, Olaf Gersemann spricht mit dem Oxford-Ökonomen Ian Goldin: „Wir erleben eine zweite RENAISSANCE“: Auf das Buch „Age of Discovery“, das im Mai erscheint, bin ich gespannt. Seinem Kommentar über Wirtschaftspolitik mit dem Holzhammer, Bargeldabschaffung und Subventionen für Autokonzerne, ist nichts hinzuzufügen. Ludwig Erhard jedenfalls ist für die SPD und die CDU ein Mann von einem anderen Stern. Sie verschustern, was jener ermöglicht hat; Dekadenz pur.
Von kulturellen Irritationen im Schwimmbad bis zur Skurrilität namens Wiener Opernball müssen Sie sich selbst durchlesen. Was Reed Hastings, der mit dem Streamingdienst Netflix, zu sagen hat, sollten Sie nicht versäumen, Geschmacksprobe: „Ja, lineares Fernsehen wird es bald nicht mehr geben, außer im Museum. Es hat ja auch niemand mehr Festnetz, unsere Eltern vielleicht noch.“ Hastings ist 55.
Fazit: Die Woche über in Ruhe lesen, es eilt an keiner Stelle. Wochenzeitung, OK.
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