Sinkende Gebühren haben die Deutsche Flugsicherung (DFS) in die roten Zahlen getrieben. Das betrübt Chef Klaus-Dieter Scheurle jedoch weniger als das Chaos, das zeitweise an deutschen Flughäfen herrscht.
Europa und auch Deutschland sind bei Touristen beliebt wie nie zuvor. Für Klaus-Dieter Scheurle von der Deutschen Flugsicherung (DFS) ist das allerdings eher eine schlechte Nachricht. Wenn noch ein plötzliches europaweites Flugverbot für die Boeing 737 Max hinzukommt, dann wird es brenzlig für den 64jährigen. Dem gelernten Juristen aus Süddeutschland wird zudem gerade vom „Spiegel“ vorgeworfen, dass er die Finanzen der Flugsicherung nicht im Griff habe. Die als GmbH geführte staatliche Fluglotsen-Schmiede aus Langen ist dafür verantwortlich, den deutschen Luftverkehr „sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln, was schwierig ist, wenn das Volumen der Flüge immer weiter steigt, die Gebühren aber sinken“, erklärt der Jurist im Interview die defizitäre Lage der DFS, der es eindeutig an Personal fehlt. Die Fluggesellschaften waren im vergangenen Jahr nach den Angaben von Eurocontrol für fast die Hälfte der Verspätungen verantwortlich und die DFS für rund ein Viertel. Weitere Gründe waren Unwetter und Streiks, vor allem in Frankreich und bei Ryanair.
Allein in der ersten Jahreshälfte 2018 seien die Flugzeuge im europäischen Luftraum pro Tag um 47.000 Minuten verspätet gewesen, berichtet die International Air Transport Association (IATA) – ein Plus von 133 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die meisten Verzögerungen beruhen auf Personalmangel, aber auch auf einem harten Preiskampf im deutschen Luftraum: „Die Streckengebühr ist mit einem Anteil von knapp 80 Prozent unsere wichtigste Einnahmequelle. Sie berechnet sich aus dem Gebührensatz, dem Gewicht des Flugzeugs und der zurückgelegten Wegstrecke. Daneben gibt es die An- und Abfluggebühr, welche die DFS für ihre Dienstleistungen gegenüber den Airlines erhebt. Beide Gebührensätze sind in den vergangenen drei Jahren um 26 bzw. 30 Prozent gesunken“, erklärt der Managing Director der Schweizer Investmentbank Credit Suisse First Boston.
Chaos im Sommer ist kaum vermeidbar
Deutschland ist derzeit zusammen mit Belgien der dichteste Flugraum Europas. Es gibt es 39 Flughäfen, 16 davon werden von der DFS und ihren rund 2.000 Lotsen betreut. Im vergangenen Jahr haben sie dort 3,35 Millionen Flüge kontrolliert und abgewickelt, das waren 240.000 mehr Flüge als im 2017 von der EU genehmigten Leistungsplan prognostiziert: „Und in diesem Jahr werden es voraussichtlich 350.000 mehr sein. Uns fehlen 90 Lotsen“, sagt der ehemalige Staatssekretär für Verkehr. Die fallen nicht vom Himmel, da die Ausbildung vier Jahre dauert und von 5.000 Bewerbungen vielleicht 120 zu gebrauchen sind, davon schaffen bis zu 30 Prozent die Abschlussprüfung nicht.
„Die Anforderungen sind enorm und es werden Kapazitäten abgefragt, die denen der Piloten ähnlich sind“, gibt Scheurle zu. Viele Fähigkeiten sind von Natur aus gegeben und können nicht erlernt werden. Als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftfahrt (BDL) versucht Scheurle jetzt zumindest Airlines, Flughäfen und DFS besser zu koordinieren, damit das Chaos im Sommer in Grenzen gehalten werden kann. Am 28. März gibt es erneut einen Luftfahrt-Gipfel, „um zu schauen, ob jeder seine Hausaufgaben, die wir im vergangenen Oktober vereinbart habe, gemacht hat“, sagt Scheurle, der als Gründungsvater der heutigen Bundesnetzagentur weiβ, wie anstrengend es ist, Interessen auszugleichen.
Billig-Flieger zahlt der Steuerzahler am Ende
Schuld an dem Chaos ist aber auch ein immer härterer Wettbewerb um Slots, Passagiere und Preise bei wachsendem Tourismus. Dazu hat vor allem Ryanair beigetragen, aber auch die Insolvenzen von Air Berlin und Germania. Weitere Pleiten sind zu erwarten, weil in Deutschland derzeit nur die Airlines überleben, welche diesen Preisdruck aufgrund ihrer Gröβe aushalten können. Lufthansa hat gerade Interesse an Condor bestätigt und Easyjet wurde auch schon als Übernahmekandidat gehandelt.
Zwar steigt die Zahl der Touristen weltweit und auch Deutschland konnte 2018 zum neunten Mal in Folge seine Anziehungskraft als Reiseziel steigern. Aber wenn die Koordination zwischen den 28 EU-Staaten auch wegen unterschiedlicher rechtlicher Strukturen so abläuft wie bisher, sind solche guten Nachrichten eher schlecht für Deutschland. Passagiere müssen im Sommer erneut mit Verspätungen und Flugausfall rechnen. Das Fluggastrechteportal EUClaim hat berechnet, dass von Januar bis Ende Juni 2018 alleine 15.571 Flüge von oder nach sowie innerhalb von Deutschland annulliert wurden – ein neuer Rekord.
Deutschland braucht mehr Lotsen
Die DFS ist eine GmbH, die dem Verkehrsministerium untersteht. Auch wenn sie seit zwei Jahren defizitär ist, kann sie an der Sicherheit nicht sparen und mit dem enormen Kostenfaktor Lotsen will Scheurle es sich auch nicht verscherzen. Diese haben nämlich anders als in Frankreich in Deutschland noch nie gestreikt. Kein Wunder: Sie verdienen bis zu über 200.000 Euro brutto im Jahr und haben eine groβzügige Übergangsversorgung ab 52 Jahren.
Der Friede könnte jedoch bald vorbei sein, wenn der Druck auf sie weiter steigt, denn Scheurle kündigt an: „Um die aktuelle Situation zu verbessern, möchten wir unsere Lotsen dafür gewinnen, freiwillig mehr Schichten zu leisten und wir suchen zusätzlich fertig ausgebildete Lotsen aus anderen Ländern“. Letzteres ist nicht einfach, weil diese noch eine Lizenz für den jeweiligen Einsatzort erwerben müssen. Die Ausbildung eines Lotsen dauert vier Jahre: „Deswegen ist eine flexible Anpassung des Personals bei nicht akkuraten Prognosen der Europäischen Kommission nicht möglich“:
Scheurle kritisiert fehlende Abstimmung in Europa und rigide Regulierung
Lotsen können derzeit nicht zwischen den 28 EU-Ländern ausgeliehen werden, obwohl das Sinn machen würde, da die Arbeitssprache Englisch ist und die Ausbildung sehr ähnlich. Aber nicht nur dieser Umstand macht Scheurle Jobs schwierig, sondern auch das schnell wachsende Touristengeschäft. 2018 reisten nach Angaben der World Tourism Organization 1,4 Mrd. Menschen zum Urlaub in ein anderes Land. Dieses Volumen sollte eigentlich erst 2020 erreicht werden.
Hinzukommt der restliche normale Geschäfts-Flugverkehr. Gemäβ der IATA ist die Gesamt-Passagierzahl in 2018 um 7% gesteigen. Für dieses Jahr werden weitere 6% Wachstum auf rund 4,6 Mrd. Flugreisende erwartet. Vor allem die Deutschen sind die ersten, die wenn sie frei haben, nach Spanien, Frankreich oder Italien verschwinden wollen. Das gröβte Nachfrage-Wachstum kommt aber aus dem Mittleren Osten.
Damit konnte keiner rechnen, beteuert Scheurle: „Aber wir können auch nicht wie derzeit mit einem Zeithorizont von fünf Jahren planen. In der heutigen schnelllebigen Zeit müssen wir anders agieren, aber mit dem rigiden aktuellen Rechtsrahmen ist es schwierig. Wir hatten 2016 noch 100 Lotsen zuviel, was eine finanzielle Belastung bedeutete. 2018 hatten wir dann schon wieder zu wenige Lotsen“.
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Das ganze darf dann auch noch vom normalen Steuerzahler finanziert werden.
Die Fluggesellschaften sollten endlich die gleichen Steuern auf ihren Sprit zahlen wie jeder andere.
Gerade hat Airbus die Produktion seines A 380 eingestellt. Dieses eine Flugzeug kann drei Kurz- und Mittelstrecken Flugzeuge ersetzen. Ergo müssten für kleine Flugzeuge die Gebühren erheblich steigen und für große Flugzeuge gesenkt werden. Schon gibt es Platz am Himmel bis es wieder mehr Fluglotsen gibt. Aber über mangelnde Planungsfähigkeiten zu klagen ist – naja nicht zielführend, sondern traurig, denn Planung ist nie zutreffend sondern nur ein Richtungshinweis. Wer darüber jammert demonstriert nur Führungslosigkeit.
Tja, der Prof. Scheuerle ist halt auch so ein Protagonist aus der Politik und jetzt mit seiner Weisheit ziemlich am Ende. Ja, die Regulierung der EU hat da auch mitgespielt, aber nur die dummen Lämmer sind da mitgelaufen. Die DFS hat bereits vor 5 Jahren die Ausbildung von Fluglotsen in ihrer Akademie für Fluglotsen fast auf null zurückgefahren um die europäischen Anforderungen aus der Regulierung zu erfüllen und huch, von einem Tag auf den anderen gibt es Mangel an Fluglotsen. Dabei hat der Bund (Steuerzahler) die letzten Jahre noch kräftig geholfen mit 600 MEUR das Defizit zu verschleiern und nun… Mehr
Die Passagiere fliegen zu Preisen, zu denen sie bald arbeiten dürfen. Und danach wandern sie in den nicht mehr finanzierbaren und sodann nicht mehr existierenden zweiten Arbeitsmarkt. Das nennt man sich das eigene Grab schaufeln. Aus Schäden wird man klug. Oder auch nicht.
Deutschland braucht nicht mehr Lotsen, Deutschland braucht nur einen Lotsen, der das Chaos überblickt und entwirrt. Eine Bereinigung der Szenen ist drigend geboten. Sie müssen nicht zum nächsten Brefkasten fliegen!
Wie bei jedem Staatsunternehmen Versagen auf ganzer Linie.
Das einzige was noch hier beim Staat funktioniert ist das Einziehen der Steuern…
Ach Gott, meine Augen… Ich hatte ursprünglich gelesen: „Deutschland erstickt in Lügen“.
Aber ich wusste gleich, dass das ja nicht sein kann. Bei unserer Wahrheitspresse.
Wenn von 5000 Bewerbern, also von Leuten, die sich selbst als geeignet betrachten, nur 120 geeignet erscheinen und davon nur ca. 90 die Prüfung schaffen, dann sind 200.000,-€ brutto bestimmt nicht zuviel.
Würden sich die Feministinnen übrigens mitttels qualifizierter Bewerbung um eine 50% Quote bemühen, würden keine Lotsen fehlen.
Da sei Gott vor!
Das Problem ist nicht neu. Flugsucherungsdienste sorgen seit jeher nicht für einen organischen Personalaufwuchs, sonders rekrutieren ihren Nachwuchs en bloque aus einer gleichaltrigen Kohorte, mit der Folge, dass diese dann auch en bloque die Organisation wieder verlässt. Hinzu kommt, dass Verkehrsprognosen häufig politisch verwässert werden, weil sie zu erhöhtem Kostenaufwand führen könnten, was weder den Fluggesellschaften noch den Flugsicherungsdiensten gefällt. Schließlich gelingt es der EU nicht, die selbsterklärten Organisationsverbesserungen im Luftraum zu verwirklichen, die seit Jahren angekündigt werden. Ein europäischer Flugsicherungsdienst, wie er 1961 bereits mit der EUROCONTROL-Konvention konzipiert wurde, besteht, mit Ausnahme des Oberen Luftraumes über Benelux und Teilen… Mehr
Greta sei Dank werden ab sofort die Passagierzahlen ab sofort zurückgehen. Grüne fliegen nicht mehr, weil sie doch immer anderen ein Beispiel abgeben müssen (wie beim Kohleausstieg, haha) und Eltern fliegen nicht mehr, weil sie sonst Ärger mit ihren Gretas bekommen. Problem gelöst. Da hat doch nicht etwas Herr Scheurle im Hintergrund an Gretas Fäden gezogen.