Die deutsche Automobilwirtschaft ist in der Rezession

Der Output der PKW-Produktion im Januar 2019 sank um sage und schreibe 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 367.300 Einheiten. Im dritten Monat in Folge geht es abwärts – und zwar mit fast 20 Prozent. Eine heftige Rezession des Kernsektors der deutschen Industrie ist nicht mehr von der Hand zu weisen.

John MacDougall/AFP/Getty Images

Jetzt ist es amtlich. Die fetten Jahre sind endgültig vorbei. Der Höhenflug von Deutschlands Schlüsselindustrie – der Automobilindustrie — ist beendet. Ein Zyklus neigt sich dem Ende entgegen. Deutschlands Autobauer sind nach zahlreichen Jahren des Jubelns mittlerweile knallhart auf dem Boden der Realität gelandet. Alleine die Dieselaffäre hat den VW-Konzern bereits 28 Milliarden Euro gekostet. Geld, das der Konzern in Kürze bitter benötigen würde. Von dem globalen Reputationsverlust ganz zu schweigen. Auch beim schwäbischen Automobilhersteller Daimler stehen die Zeichen auf Sturm – der Gewinn ist um ein Drittel eingebrochen. Die Dieselaffäre, die neuen Abgasmessungen (WLTP – Worldwide harmonized Light vehicles Test), und folglich höhere Steuern sowie die lahmende Auslandsnachfrage — insbesondere auf dem wichtigsten Markt China — haben den Höhenflug der deutschen Autoindustrie unschön beendet.

Laut dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) sank der Output der PKW-Produktion im Januar 2019 kräftig um sage und schreibe 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 367.300 Einheiten. Seit dem dritten Monat in Folge geht es abwärts – und zwar mit fast 20 Prozent. Eine heftige Rezession des Kernsektors der deutschen Industrie ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Spätestens jetzt stehen die Autobauer vor gravierenden Problemen.

Die Entwicklung der PKW-Produktion in Deutschland anhand der unbereinigten Originaldaten (rot) und des 12 Monate gleitenden Durchschnitts (schwarz) seit Januar 1985 im Chart. Im Januar 2019 sank die PKW-Produktion in Deutschland um -19,0% zum Vorjahresmonat, auf 367.300 Einheiten. Deutlich sieht man, wie die schwarze Linie (gleitender Durschnitt) in Richtung Süden kippt.

Bei der PKW-Produktion ging es im letzten Quartal 2018 um 13,2 Prozent abwärts im Vergleich zum Vorjahresquartal. Im Gesamtjahr 2018 wurden 5,118 Millionen PKW gebaut. Für 2018 ist ein Rückgang um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.

Doch nicht nur der schwache deutsche Markt mit seiner hysterischen Dieseldebatte macht den Herstellern zu schaffen. Global sinkt die Nachfrage nach Autos „Made in Germany“ drastisch. Im Januar 2019 sanken die PKW-Exporte um 20,3 Prozent auf 285.800 Einheiten im Vergleich zum Vorjahresmonat. Von einer kleinen Delle kann in Anbetracht dieser Zahlen keiner mehr sprechen. Jetzt beginnt sich die einseitig auf Export und kontinuierliches Wachstum ausgelegte Strategie der Autoindustrie zu rächen.

Sollte Donald Trump den Wirtschaftskrieg mit China weiter forcieren, würde dies erhebliche Konsequenzen für deutsche Autobauer haben, denn die großen und teuren, in China beliebten Geländewagen von Mercedes (Tuscaloosa) und BMW (Spartanburg) werden größtenteils in den USA gefertigt.

Sollte Trump obendrein dann noch Fahrzeuge „Made in Germany“ mit Zöllen belegen sieht es für die Premiumhersteller ganz bitter aus. Bekanntlich wird am meisten Geld pro Auto (bei Audi, BMW, Daimler und Porsche) mit den teuren Fahrzeugen der Ober- und Luxusklasse verdient. Diese Fahrzeuge werden jedoch größtenteils eben nicht in den USA produziert.

Die Entwicklung der PKW-Produktion in Deutschland von 1957 bis 2018 im Chart. 2018 ging es um -9,4 % zum Vorjahr abwärts, auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2009.

Fakt ist:

Die deutsche Automobilindustrie ist elementar für unser Land. Sie ist verantwortlich für 876.000 Beschäftigte, einen Umsatz von 331,2 Milliarden Euro und für 21 Prozent der Bruttowertschöpfung der deutschen Industrie. Der Exportumsatz betrug 234,2 Milliarden Euro. Der Nettoexportüberschuss bei PKW und dazugehörigen Ersatzteilen betrug 119,8 Mrd. Euro. (Alle Zahlen für das Jahr 2017. Für 2018 liegen noch keine Zahlen vor).

Die Rezession der Autobauer wird sich auch auf andere Branchen ausweiten. Dies haben wir 2008 und 2009 bereits gesehen. Sollten wir abermals diesen Dominoeffekt erleben, wird dieser wesentlich heftiger werden als vor 10 Jahren, denn heute haben viele mit der Automobilindustrie verbundene Firmen nicht die Kapitalpuffer wie 2008. Sollten die Deutschen Autobauer obendrein noch den Anschluss an das 21. Jahrhundert endgültig verpassen, entbehren die Konsequenzen für unser Land jeglicher Vorstellungskraft. Aus Wolfsburg wird dann ganz schnell Detroit 2.0.
Italien befindet sich, wie von uns erwartet, bereits in einer Rezession und wird aus dieser auch zeitnah nicht mehr herauskommen. Mit dem voraussichtlich ungeordneten Brexit im Rücken und weiter aufkommenden wirtschaftlichen Turbulenzen werden die EU-Länder sukzessive in die Rezession rutschen – diese wird auch vor Deutschland nicht Halt machen.

Es ist Zeit, dass Realität einzieht. Wenn bereits andere versuchen, unsere Schlüsselindustrie zu schädigen, dann sollten wir wenigstens eben dies unterlassen. Sollten die deutschen Autobauer noch wesentlich heftiger in die Bredouille kommen, dann wird sich noch manch einer in diesem Lande schwer wundern. Ob die EU und der Euro eine zweite Rezession mit einem deflationären Schock innerhalb von 10 Jahren überleben wird, bezweifeln wir stark.

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Kommentare ( 75 )

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RNixon
5 Jahre her

Leider läuft der technische Wandel so dramatisch schnell ab, das grosse Deutsche Konzerne offenbar Schwierigkeiten haben, diesen als Chance zu nutzen um alle anderen Player endgültig auszuschalten. Grade werden die ersten Batterien ausgeliefert, deren Energiedichte die schon grosse Reichweite des Tesla Model 3 verdoppeln könnten (auf dann 1000 km). Es bleibt zu hoffen, dass unsere grossen Arbeitgeber es schaffen, den Anschluss nicht zu verpassen…

Übrigens ist es auch für Redakteure eine grosse Herausforderung, den immer schneller ablaufenden schnellen technischen Entwicklungen auf der Spur zu bleiben und nicht inzwischen veraltete Zahlen zu verwenden.

Schwabenwilli
5 Jahre her

Ich bin schon sehr auf die kommenden Bundestagsdebatten gespannt. Schon jetzt ist es erstaunlich leise geworden mit der Kritik am Diesel. Scheuer lässt auch so komisches verlauten das die Städte sich wehren sollten gegen Fahrverbote, das die Messstationen genau überprüft werden sollen. Das große zurückrudern hat schon begonnen. Hoffentlich gibt es Menschen welche die Aussagen Historie der Politik/er*innen genau verfolgen. Einzig die AFD wird hier unverändert bleiben.

magistrat
5 Jahre her

Neulich war wieder großes Weimar-Bohei, wegen 100 Jahre Weimar und so. Da haben die, die schon die erste deutsche Republike sturmreif geschossen haben, ganz besonders laut gefeiert: die Sozen. Die Sozen waren es, die zuerst auf politische Delikte die Todesstrafe einführten, die zuerst rückwirkende Straftatbestände erließen, die als erste mit Sonder- und Volksgerichten operierten. Es war auch ein Soze, der zuerst mit einem Ermächtigungsgesetz und Notverordnungen aller Art hantierte. Es geschah ihnen nur recht, dass sie nach 1933 von genau solcher Sonderjustiz und unter Anwendung rückwirkender Strafgesetze unters Fallbeil gelegt wurden. Sie hatten es nicht besser verdient. Und mal ganz… Mehr

Ein Mensch
5 Jahre her

H4 Empfänger brauchen nicht zahlen, davon wird es bald mehr geben als wir uns vorstellen können.

Boudicca
5 Jahre her

In Jakobs und Gretas Zukunft wird die Klimaerwärmung im Frühjahr sehr willkommen sein.
In einem hatte Jakob in der Sendung Hart aber Fair recht. Er wird im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern der lustigen Gesprächsrunde in etlichen Jahren noch da sein.
Wenn kein Unfall, Krankheit oder Einmann dazwischen kommt, lebt er genau so romantisch wie er sich das heute vorstellt, nur ab Weihnachten mit Hunger, kalten Wohnungen und an Seuchen sterbenden Kindern.
Viele unserer Gäste verlassen uns dann freiwillig, um in ihren Heimatländern bei der chinesischen Landwirtschaft und Industrie zu arbeiten.

Ein Mensch
5 Jahre her

In Gegenden wo die großen Autohersteller ihre Werke haben sind die Grünen bei Wahlen immer vorn mit dabei(Niedersachsen,BW,Bayern). Man könnte auf die Idee kommen das es zu vielen Leuten zu gut geht in diesen Gegenden. Das liegt zum Teil auch an den sehr guten Löhnen die in der Autoindustrie gezahlt werden. Die Frage ist nur wie lange noch und was ist dann, wenn das Spritgeld nicht mehr da ist um mit dem SUV die 30km zum Ököbauern zu fahren. Oder kommt dann das E-Lastenrad zum Einsatz.

humerd
5 Jahre her

und Hambi

Maria KH
5 Jahre her

Traf vor kurzem nach langer Zeit einen alten Bekannten wieder, der als Maschinenbauingenieur seit ca. 20 Jahren für einen deutschen Automobil-Zulieferer arbeitet. Wohl naiv fragte ich ihn, wie sich denn die aktuelle Krise auf ihre Auftragslage auswirke. Er grinste nur und fragte zurück, ob ich mich nicht mehr erinnere, woran vor Jahren seine Ehe gescheitert sei. „Weil du nur noch im Ausland unterwegs und praktisch nie mehr zu Hause warst?“
„Eben“, sagte er. „Wenn wir auf Aufträge aus Deutschland angewiesen wären, hätte sie mich vielleicht damals nicht verlassen. Aber ob sie mit einem armen Schlucker glücklich geworden wäre?“

RNixon
5 Jahre her
Antworten an  Maria KH

Sein wirkliches Problem ist, dass auch China schon bald die Daumenschraube anziehen wird und mehr zero-emission-Autos verlangen wird als jetzt schon. Wer dann nicht technologisch vorne dran ist, dessen Niedergang kommt noch näher.

Pitt Arm
5 Jahre her

Bald haben wir es endlich geschafft, wieder zurück auf die Bäume zu klettern. Atomenergie samt Forschung weg. Kohlestrom weg. Gaskraftwerk bald auch weg, weil böser Putin und böser Trump uns beliefern würden. Autobauern wird mit EU CO2-Vorgaben der Garaus gemacht. Man fragt sich, ob die Mehrzahl der „Bürger“ weiß, woher der Wohlstand kommt, der es ermöglicht am Wochenende im Großstadt-Biomarkt teuer einzukaufen. Man sehe und staune die Grünen bei 20%. Dann also 2021 schwarz-grün zum Finale. Ich hoffe noch immer auf einen richtig heftigen Einschnitt durch Rezession, einen längeren Stromblackout und ein dadurch einsetzendes Umdenken. Aber ich habe wenig Hoffnung.… Mehr

RNixon
5 Jahre her
Antworten an  Pitt Arm

Wir schaffen es, den Anschluss zu verpassen weil die enorm schnellen technischen Entwicklungen in der Welt den gemächlichen Geist der Deutschen überfordern.

Franzl
5 Jahre her

Greta will es so!