In diesem Jahr müssen Leute und Kräfte zusammenfinden, die jenseits der festgefahrenen Strukturen der Verbände, Lobbys und Parteien in einen Wettbewerb der Ideen und Vorschläge eintreten und für ihre Verwirklichung öffentlich werben. Damit es 2020 hinterm Horizont weitergehen kann.
2016 gibt es nicht mehr Wahltermine als sonst, aber fast jeder, auch regional, wird in seiner Bedeutung für ganz Europa interpretiert werden: im gemeinsamen Thema der anhaltenden Zuwanderung und des Versagens der EU.
- Am 5. März wählen die Slowaken ein neues Parlament. Danach dürfte die Einbindung in die Anti-Brüssel-Front der Visegrad-Staaten noch enger sein.
- Der Ausgang der Kommunalwahlen in Hessen am 6. März wird als Prognose für die kommenden deutschen Wahltermine gedeutet. Auf den Zusammenhang zwischen Verlusten der Bundestagsparteien und Standorten von Migranten-Unterkünften schauen Analytiker und Regionalmedien besonders.
- 13. März Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt: Die AfD kommt in die Landtage, von der FDP ist das nicht sicher. Dass Grün-Rot in Stuttgart die Mehrheit nicht halten kann, wird mehr an der SPD liegen. Danach könnten alle drei Landesregierungen Große Koalitionen sein – in Stuttgart auch zwischen Schwarz und Grün.
- Im April entscheiden die Österreicher über ihren nächsten Bundespräsidenten. Die SPÖ dürfte diese Bastion verlieren und damit einen Teil ihrer Interpretationshoheit.
- Im Mai häufen sich die Wahlgänge jenseits des Ärmelkanals: Parlamentswahl Schottland, Nord-Irland-Versammlung, walisische Nationalversammlung und Wahl des Bürgermeisters von London. Die Ergebnisse werden alle in ihrer Bedeutung für die Volksabstimmung zum Brexit beleuchtet.
- Im September sind Deutschland und wahrscheinlich Russland dran. Der Termin für die russische Parlamentswahl steht noch nicht fest, um so weniger Zweifel dürfte es an ihrem Ausgang geben. Das russische Volk schart sich um seinen Zaren. Die Landtage von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin werden am 4. und 18. neu zusammengesetzt. Kommunalwahlen gibt es am 11. in Niedersachsen. Auch in McPomm und Berlin kommt die AfD ins Parlament, bei der FDP ist das fraglich. Es bleibt dort bei Rot-Schwarz.
- 2017 wird im Februar ein neuer oder alter Bundespräsident gewählt, im Frühjahr über die Zusammensetzung der Landtage im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen entschieden, im Herbst sind Bundestagswahlen. In den drei Landtagen wird es AfD und FDP (Saarland ?) geben, im Bundestag auch und vielleicht noch eine mehr. Danach ist die ganze Berliner Republik Schwarz-Rot mit oder ohne grünes oder gelbes Beiboot da oder dort – und die Kanzlerin heißt weiter Angela Merkel. Für sie gilt erst 2020, bei Philippi sehen wir uns wieder.
Manche bei der AfD und vereinzelte bei der CDU träumen von Koalitionen miteinander – notfalls mit der FDP als dritter. Diese rechnerische Alternative ist aus zwei Gründen reine Theorie: Erstens, weil eine ganz breite Medienfront eine CDU, die unter Merkel so weit nach links in der Mitte gerückt ist, in der Luft zerreißen würde und zweitens, weil die heutige FDP lieber mit Schwarz und Grün ginge. Da hat die rot-rot-grüne Variante im Osten mehr Chancen. Für die tatsächliche Politik in der Sache spielt es im Übrigen keine Rolle, wie die Koalitionen aussehen. Es bleibt in allen wesentlichen Feldern bei der Ausweitung der Staatstätigkeit und bei weniger Freiheit für die einzelnen Privaten wie Unternehmer – und vor allem beim Vormarsch der Lobby für staatliche und halbstaatliche Aufgaben und risikolose Jobs.
Das Muster Große Koalition wird dem Land seinen Stempel noch mehr aufprägen als bisher schon. Die Auswirkungen auf das Meinungsklima können nur in der Verstärkung der schon vorhandenen Polarisierung und der allgemeinen Verunsicherung liegen.
Aus dem Stadium der physischen Unterbringung und Versorgung der Zuwanderer, der schrittweisen Besserung des Bürokratieversagens können die Verhältnisse 2016 schon allein deshalb nicht herauskommen, weil die ersten festen Wohnungen eher am Ende des Jahres fertig werden als früher. Mit welchem Gleichmut die Staatsbürokratie agiert, ging über Weihnachten in Berlin von den Medien wenig beachtet über die Bühne. Die Lageso machte Weihnachtsurlaub. Es brennt, aber die beamtete Feuerwehr macht dienstfrei und verlässt sich auf die freiwillige?
Von Integration wird 2016 viel die Rede sein, aber solange die Prozeduren davor nicht abgeschlossen und die Migranten geografisch nicht verteilt sind, kann von Integration nur die Rede sein. Bis bei den Schulpflichtigen neue Wege beschritten, die neuen Pädagogen etabliert sind und so weiter, sprechen wir über 2017.
Anzunehmen ist, dass die Kommunikationsleistungen der Regierenden in Bund und Ländern nicht besser werden, dass weiter auf die Verdammung derer mit der falschen Einstellung viel mehr Kraft und Lautstärke verwendet wird als auf politisch unkonventionelle Entscheidungen, die Schneisen in den Bürokratie-Dschungel schlagen und die den Ursachen in den Herkunftsländern mit mehr zu Leibe rücken als mit Gipfel-Diplomatie. Auch von Deutschlands neuem OSZE-Vorsitz ist mehr Zeit- und Kraftverschleiß zu erwarten als alles andere.
Was schließen wir daraus, dass wir von Erleichterungen und dem zeitweisen Aussetzen komplizierter Vorschriften beim Bauen seit der ersten Ankündigung von neuer deutscher Flexibilität nichts mehr hören? Wir haben keine große Wahl der Interpretation: es geht so weiter wie bisher. Das ist die nüchterne Erkenntnis. Deshalb denke ich, müssen in diesem Jahr Leute und Kräfte zusammenfinden, die jenseits der festgefahrenen Strukturen der Verbände, Lobbys und Parteien in einen Wettbewerb der Ideen und Vorschläge eintreten und für ihre Verwirklichung öffentlich werben: Jenseits des Getöses um die üblichen Unwichtigkeiten, die rund um die oben genannten Ereignisse und die Gipfel-Reisen von Kanzlerin, Außenminister und Schatzkanzler neben Fußball, Wetter, Skandalen und Skandälchen die Fernsehnachrichten weiter füllen werden.
2020: Hinterm Horizont geht’s weiter.
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