FED-Zinsen: Spielraum für Europa

Nach der Zinserhöhung in den USA hat jetzt auch die Europäische Zentralbank Luft für Zinserhöhungen. Sie könnte auch ihre Unabhängigkeit von der Politik beweisen. Aber das sind Hoffnungen

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Nach sieben mageren Zinsjahren hat die US-Zentralbank ihre Leitzinsen um 0,25 % angehoben. Es ist nicht viel, und doch: Große Tanker fahren weite Kurven. Und der US-Dollar ist der mit Abstand größte Tanker auf dem Weltwirtschaftsmeer. Der Euro fährt noch Gegenkurs.

Der Euro auf Gegenkurs

Eine Woche vorher hatte die EZB noch in die andere Richtung gesteuert. Das umstrittene Anleihen-Kaufprogramm soll nun bis Ende März 2017 laufen und nicht mehr im September 2016 enden.Die EZB weitete damit  ihr 1.500-Milliarden-Anleihenkaufprogramm aus und senkt gleichzeitig den Einlagenzins von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent – der negative Zinssatz für Einlagen, die die Banken bei der EZB zahlen, wenn sie dort  Geld zwischenparken. Der Leitzins wird unverändert beim Rekordtief von 0,05 Prozent.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die Zinserhöhung der US-Notenbank begrüßt. „Das wurde aber auch wirklich Zeit. Durch die jahrelange Nullzinspolitik hat der Zins seine Kontrollfunktion verloren, mit der unterschieden wird zwischen rentablen und unrentablen Objekten. Das ist volkswirtschaftlich schlecht, denn es verführt zu dem Irrtum, die Ressourcen seien unbegrenzt“. „Zu niedrige Zinsen führen auch zu Vermögensblasen, die später platzen und die Banken in Not bringen können. Und wenn die Blasen platzen, muss wahrscheinlich wieder der Steuerzahler ‚ran.“ Das gelte auch für die Europäische Zentralbank.

Spielraum auch für die EZB

Nimmt man die FED- und EZB-Entscheidung zusammen, dann ist das Ergebnis zwiespältig: Der Dollar wird leicht steigen zum Euro, europäische Exporte in den Dollarraum werden also billiger. Importe werden teurer; das treibt in Europa die Inflation. Genau das will EZB-Chef Draghi, um mittels Inflation die Last für die überschuldeten Staaten zu lindern und den Sparern diese Last aufzubürden. Mit diesen riesigen Milliardenbeträgen der gekauften Staatsanleihen und Minizinsen möchte die EZB den bereits völlig überschuldeten Staaten ermöglichen, sich weiter mit Krediten zu finanzieren und ihre Staatsverschuldung auszudehnen, statt ihre Haushalte zu sanieren.
Der Zinsanstieg in den USA erleichtert also Draghis Deal mit der Inflation. „Wir werden tun, was wir tun müssen, um die Inflation so schnell als möglich zu steigern“, erklärte er im November das ist die Leitlinie seiner Politik. Begründet wird das mit angeblicher Deflation, also ständig sinkender Preise, die die Wirtschaft angeblich abwürgen.

Das Deflations-Gespenst

Aber die Draghi-Deflation ist nur ein Gespenst, das außer Draghi kaum jemand fürchtet. Im gesamten Euro-Raum beträgt die Rate der Inflation nach vorher 0,1 Prozent im November immerhin schon 0,2%; sie ist zwar nahe der angeblich so gefährlichen Null-Linie, aber sie entfernt sich doch davon.

Geldpolitik im Schatten von Krieg und Terror
Inflation - das neue Ziel der EZB
Und vor allem: Das ist den sinkenden Energiepreisen geschuldet. Und daran ist nichts schlechtes: Je weniger Euros wir in den Tank stecken umso mehr bleibt für den Konsum. Sinkende Energiepreise sind nur schlechte für Scheichs und Wladimir Putin, die großen Exporteure von Öl und Gas. Um 7,3 % lagen die Energiepreise im November unter dem Stand des Vormonats. Rechnet man also die gesunkenen Energiepreise heraus, dann beträgt die Inflationsrate eben doch schon 1,0 Prozent. Das ist auch nicht viel – aber in keine Fall Deflation.
Und klar ist auch: Inflation ist ein dynamischer Prozess; einmal in Gang gesetzt, ist er nur mit drakonischen Maßnahmen zu stoppen: Zinsanstieg, Geldverknappung, Arbeitslosigkeit, wachsende Verschuldung. Vor dem Hintergrund der europäischen Staatsschulden ist damit klar: Das Risiko einer Geldpolitik, die schnell aus dem Ruder laufen kann, steigt.
Draghi hantiert leichtfertig mit diesem Risiko, weil er sich als großer Retter der Finanzminister in Frankreich, Italien und Griechenlands sieht oder vielleicht in deren Auftrag handelt.

Was in Europa jetzt geschehen müßte: Draghi sollte den Spielraum nutzen, den die FED ermöglicht hat und ebenfalls vorsichtig die Wende wieder hin zu höheren Zinsen vollziehen. Wirtschaft und Bürger wären Gewinner. Allerdings – längst ist die EZB nicht mehr von der Politik unabhängig. Deshalb wird Draghi das Deflations-Märchen immer wieder wiederholen.

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