Grüne und schwarze Messstellen

Das Motto der Grünen und der CDU Hessen: Wir lassen uns doch unseren Kampf gegen das Auto nicht von schnöden Messergebnissen kaputtmachen.

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Grüne und CDU in Hessen wollen nicht überprüfen lassen, ob Fahrverbote auf richtigen Luftmessungen beruhen. Die Hessische Landesregierung lehnte jetzt eine Überprüfung der Luftmessstellen in Städten ab.

Die stehen so, dass sie mitunter von hoch gefährlicher Luft künden, auch wenn nachweisbar keine Autos gefahren sind. Oder sie sind häufig so aufgestellt, dass sie möglichst hohe Werte einfangen.

Fahrverbote, die auf solchen messtechnischen Wundern beruhen, stehen juristisch auf mehr als wackligen Beinen. Deshalb hatten Bundesverkehrsminister und Konferenz der Verkehrsminister der Länder im April mehrheitlich beschlossen, Lage und Funktion der Messstationen zu überprüfen.

Doch Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Hessen haben diesem Beschlussvorschlag nicht zugestimmt. Wörtlich: »Wenn in einzelnen Ländern Anlass besteht, soll eine Überprüfung durch die zuständigen Landesbehörden und Umweltministerium erfolgen.« Merkwürdige Begründung: »Dies stärkt das Vertrauen in Verwaltungshandeln und politische Handlungsfähigkeit.« Klartext: Fehler zugeben senkt Vertrauen.

Diese vier Länder wenden sich gegen eine »Instrumentalisierung der Debatte um Messstellen« und sprechen sich deutlich dafür aus, den Fokus auf die wirksamen Maßnahmen zur Reduktion der Luftbelastung zu legen.

Im Klartext: Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Hessen gefallen sich darin, mit Fahrverboten hunderttausenden von Autofahren zu schaden.

In Nordrhein-Westfalen haben erste Überprüfungen der Messstationen zu Beanstandungen geführt. Das hat das Bundesverkehrsministerium auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion geantwortet. Der Deutsche Wetterdienst und TÜV untersuchen Messstationen in ausgewählten Städten. Antwort des Ministeriums: »Bei drei der Messstellen wurden jedoch technische Veränderungen der Anlagen empfohlen.«

In Baden-Württemberg hat es der grüne Verkehrsminister abgelehnt, die Messstationen zu überprüfen. (»Die standet richtig!«) Er hatte es sich von einem Workshop bestätigen lassen, dass alles mit rechten Dingen zugehen – auch an der am meisten umstrittenen Messstation Neckartor in der Stuttgarter Innenstadt.

Wenig überraschendes Ergebnis: »Die Messungen zur Überwachung der Luftqualität in Baden-Württemberg erfüllen alle bundesgesetzlichen Anforderungen der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV).« Und: »Der Workshop hat bestätigt, dass keine begründeten Zweifel an der Qualität, dem Umfang und den Standorten der Messungen zur Luftqualität bestehen.«

Beteiligt waren Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Umwelt, darunter auch die neue Präsidentin der für die Messungen zuständigen LUBW Landesanstalt für Umwelt, die grüne Ernährungswissenschaftlerin und frühere Verbraucherschützerin Eva Bell: »Die LUBW ist sich der Relevanz der Standortauswahl bewusst.«

In Niedersachsen hat Umweltminister Olaf Lies (SPD) angekündigt, verkehrsnahe Messstationen in Niedersachsen durch eine externe Stelle überprüfen lassen zu wollen. Dabei könne zum Beispiel untersucht werden, ob überhaupt alternative Standorte in Frage kommen, die ebenfalls die Vorgaben der 39. Bundesimmissionschutzverordnung erfüllen. Wichtig sei es dabei zu klären, welche echte Aussagekraft derartige Messungen für das Verhängen von Fahrverboten haben.

Lies: »Die Messcontainer wurden vor vielen Jahren aufgestellt, um die Luftqualität in unseren Städten generell zu dokumentieren. Fraglich jedoch ist, ob die Messergebnisse tatsächlich herangezogen werden können, um Fahrverbote zu verhängen. Die Messungen können eine große Bandbreite haben und werden auch von architektonischen Gegebenheiten, wie engen, dicht bebauten Straßenabschnitten beeinflusst. Sie sind also schon stark vom Messort abhängig. Der Gedanke, wir sperren Diesel-Pkw aus der Stadt aus und alles ist gut, greift also zu kurz.«

»Die Stickstoffdioxidbelastung ist in den niedersächsischen Städten im letzten Jahr deutlich zurückgegangen.« In Niedersachsen gebe es nur noch vier Städte, in denen punktuell der Stickstoffdioxidgrenzwert knapp überschritten wird. »Hier sind Fahrverbote nicht verhältnismäßig und das falsche Mittel.«

In Hessen werden die Messstellen also nicht überprüft. Das erinnert an vergangene Zeiten, als man an den Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Autobahnen die jeweiligen Machtverhältnisse in Wiesbaden ablesen konnte. Saßen Grüne mit in der Regierung, waren Tempo 120-Schilder auf den Autobahnen angeschraubt.

Die Verkehrsminister-Konferenz hat das Bundesverkehrsministerium gebeten, zur nächsten Sitzung der gemeinsamen Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleiter der Länder über den Fortgang der Untersuchung zu berichten. Die findet im Frühjahr 2019 statt.

Währenddessen lautet das Motto der Grünen und auch von Teilen der CDU Hessens: Wir lassen uns doch unseren Kampf gegen das Auto nicht von schnöden Messergebnissen kaputtmachen.


Wahlwette Hessen:

Wer über alle genannten Parteien hinweg am nächsten an den Ergebnissen landet, gewinnt.

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Annahmeschluss ist der Wahlsonntag (28.10.2018 ) um 16:30 Uhr. Das Wettergebnis wird am Wahlsonntag um 17.45 Uhr veröffentlicht.

Auf die Gewinner wartet:

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Kommentare ( 13 )

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hoho
6 Jahre her

Das kann doch nicht die einzige Methode sein – Auswandern meine ich. Ich habe das ein Mal schon gemacht und noch mal tue ich es nicht freiwillig. Verklagen muss man die Stadtverwaltungen und Länder wo die falsch aufgestellte Messstationen solche Auswirkung haben – Stuttgarter sollte sich zusammen machen und verklagen – das ist doch die erfolgreiche Methode von DUH. Wenn die für Fahrverbote bedeutende Messstation nicht nach dem Gesetz steht dann können die Verbote nicht aufgehängt werden und das unabhängig wie sinnlos die Grenzwerte sind. Es scheint dass in de Scheindemokratie die Deutschland offensichtlich ist, das ist die einzige Methode… Mehr

fralet
6 Jahre her

Warum kommt der Selbstversorgerverein „DUH“ auf Basis der Messwerte dieser Messstellen immer bei der Richterschaft durch? Warum geht die Autolobby und vor allem der ADAC, als Vertreter von Millionen Autofahrern nicht in die Gegenoffensive und klagt die unabhängige Begutachtung der Messtellen, einschließlich der ausgewiesen Daten ein?
In diesem Land stinkt es gewaltig. Nicht nach Dieselabgaben, sondern nach GRÜNEr Gülle!

RalledieQ
6 Jahre her

Messanlagen können kein Problem sein, abgesehen davon, dass sie das Stadtbild verschandeln und Geld kosten. Das Problem ist die antiwissenschaftliche Deutung der Messergebnisse und welche Konsequenzen dann von den Volksvertretern abgenickt werden.

RalledieQ
6 Jahre her

Wem es zu gut geht, der wählt grün. Kann man an der Deutschlandkarte gut ablesen.

F.Peter
6 Jahre her

Anders lässt es sich für mich auch nicht mehr erklären: Die Deutschen werden wohl gerne gequält.
Denn wer Grün wählt, der wird gequält!

F.Peter
6 Jahre her

Das wäre wohl auch das erstemal, dass von politischer Seite eingestanden wird, dass man auf ein falsches Pferd gesetzt hätte.
Mit Pferd kommt mir grad ein anderer Gedanke: Kann es sein, dass die Gruppe Pferd bei der SPD deswegen gegründet wurde, um eben ein „Transportmittel“ für falsche Entscheidungen zu haben………..???

Wolkendimmer
6 Jahre her

Gegen Messstationen an sich ist eigentlich nichts zu sagen. Es scheint mir nicht verkehrt über Messdaten für allerlei wissenschaftliche Zwecke zu verfügen. Problematisch sind ideologisch verbissene Politiker.

magistrat
6 Jahre her

Ich bin beruflich für fast sieben Jahre nahezu täglich an der genannten Messstation vorbei gegangen und habe für zwei Jahre mein Büro unmittelbar gegenüber der Messstelle gehabt. Warum sind die Zahlen dort so schlecht? Ist es, weil nebenan eine KfZ-Werkstatt ist? Ist es, weil dort infolge der engen Bebauung und hochgewachsenen Platanen kaum Lauftaustausch stattfinden kann? Ist es, weil in der dort gelegenen, sehr kurzen Hauffstraße, die holprig gepflastert ist, der Zu- und Abfahrtsverkehr von ADAC, Amtsgericht und Landesarbeitsgericht stattfindet, der nichts anderes macht, als bremsen und beschleunigen, was auf Kopfsteinpflaster etwa von Haus aus zu hoher Feinstaubbildung führt? Wer… Mehr

Snakebite
6 Jahre her

„»Instrumentalisierung der Debatte um Messstellen«“ Da ist es wieder, das magische Wort, das jede Debatte untersagt. Die Debatte könnte ja die Wähler aus dem Schlaf erwachen lass und dazu bringen den politischen Gegner zu wählen. Bleibt nur die Frage: Wo fällt als nächstes „Instrumentalisierung“? – Hambacher Forst darf nicht für Kohle abgeholzt werden alles ander ist „Instrumentalisierung“? – Kohleausstieg unumganglich für Kampf gegen Klimawandel, wer anderes behauptet „instrumentalisiert“? – Fährlinie zwischen Marroko und Hamburg ist wichtig für die Erfüllung des UN-Migrationspaktes, andere Meinungen „instrumentalisieren“? – Migration hat auf der ganzen Welt nur Glück hervorgebracht, anderslautende wissenschaftliche Erkenntnisse, oder Hinweise auf… Mehr

Aufgewachter
6 Jahre her
Antworten an  Snakebite

Genau das ist das Problem unserer alternatislosen Zeit, die Kirche im Mittelalter hätte es nicht besser machen können. Ich hoffe das wenigsten die CDU heute den Preis dafür zahlt. Im Anschluss folgen für Hessen 5 lange harte Jahre und danach die Chance das es wieder besser wird.

M.E.S.
6 Jahre her

Man sollte nicht vergessen: Als die Messstationen in Stuttgart aufgestellt wurden waren noch die Schwarzen an der Regierung.

Aufgewachter
6 Jahre her
Antworten an  M.E.S.

Und genau auch deswegen wird die CDU heute zahlen.