Die Grünen eroberten die bayerischen Städte nicht

Dass die Forschungsgruppe Wahlen eine unrepräsentative Momentaufnahme als Ergebnis aussehen lässt, ist eines. Dass Journalisten das ungeprüft transportieren, das andere. Dass Politiker darauf ungeprüft Forderungen gründen, ist die Krone.

Christof Sache/AFP/Getty Images

Vom Ablauf her beschreibt ZAPP prototypisch, was andauernd im Dreieck zwischen Demoskopie (oder Studien aller Art), Medien und Politik geschieht. Aber nicht oft kann es so glasklar dargestellt werden, wie es die Redaktion des NDR-Magazins tat:

»Außerhalb Münchens konnten die Grünen nur in Würzburg ein Direktmandat holen. Dort und in den anderen Universitätsstädten Erlangen und Regensburg wurde es bei den Gesamtstimmen zumindest etwas enger – ansonsten dominierte die CSU mal mehr, mal weniger deutlich.«

ZAPP erklärt, wie die weitverbreitete Meldung über die Eroberung der Städte durch die Grünen wahrscheinlich entstand, die Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet nur zu gerne sofort ungeprüft aufnahm, weil sie ihm in seine Linie passt. Er sagte im ARD-Morgenmagazin: „Wir müssen jetzt nach diesem Ergebnis klar erkennen, ein Rechtsruck ist falsch (…) Unser eigentlicher Wettbewerber sind jetzt die Grünen. In jeder Stadt über 100.000 Einwohner liegen die in Bayern vorne. Das Gerede von Rechtsruck muss jetzt aufhören.“

ZAPP über die Entstehung der überall transportierten Meldung, dass die „Grünen mittlerweile alle Großstädte über 100.000 Einwohner erobert hätten”:

»Diese Meldungen beruhen mutmaßlich auf einer Grafik der Forschungsgruppe Wahlen, die im ZDF zur besten Sendezeit gegen 18.30 Uhr ausgestrahlt – und von vielen Nutzern in den sozialen Netzwerken geteilt wurde.

Das Problem: Die Meldung stimmt nicht. Bei der Grafik handelt es sich um eine Prognose, die auf einer „Umfrage am Wahltag in Bayern, 21.183 zufällig ausgewählten Wählern in 181 Wahlbezirken“ beruht, wie Stefan Kornelius von der Forschungsgruppe Wahlen auf Anfrage von ZAPP antwortete. Das reale Ergebnis dagegen sah anders aus, in Wirklichkeit blieb die CSU auch in den Großstädten stärkste Kraft.«

ZAPP bewertet die weit verbreitete Meldung:

»Sie beruht auf der Fehlinterpretation einer Prognose, die von vielen Medien einfach übernommen wurde – und sich im Nachhinein als unzutreffend erwies. Eine bessere Kennzeichnung von Prognosen und Ergebnissen sowie die transparente Korrektur wäre in diesen Fällen hilfreich.«

Das Fazit bei ZAPP: »Die Grünen steigerten sich in allen bayerischen Großstädten zwar erheblich, während die Verluste von CSU und auch SPD zum Teil dramatisch ausfielen – zur stärksten Großstadt-Partei bayernweit wurden die Grünen aber ebenso deutlich nicht.«

Dass ZAPP sich für die Sendung von heute beim Bayerischen Rundfunk (BR) von vorgestern bediente, ist in Ordnung, schließlich alles ARD.

Beim BR steht als Fazit:

»Die Grünen sind in Bayerns Großstädten zwar besonders stark, die CSU besonders schwach. Mit Ausnahme der Landeshauptstadt München konnten sich die Christsozialen bei den Gesamtstimmen aber knapp behaupten. Armin Laschet war hier also etwas vorschnell in seiner Analyse. Am Trend, dass die CSU in den Großstädten zunehmend Wähler verliert, ändert das allerdings nichts.«

Ob diese klarstellenden Erkenntnisse dazu beitragen, dass die Grünen ihren Anspruch zurücknehmen, dass nur dort wirklich Demokratie herrscht, wo sie in der Regierung sind, darf bewzeifelt werden.

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Kommentare ( 62 )

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Werner Baumschlager
6 Jahre her

Armin Laschet ist nur „vorschnell in seiner Analyse“, während Donald Trump natürlich lügt.

Regina Lange
6 Jahre her

München ist grün! Wie wäre es denn mit ein paar Windkraftanlagen, Stromtrassen und einem Wolfsrudel im Englischen Garten! Dann würden die linken urbanen Romantiker am eigenen Leib erfahren, was man der „dümmlichen“ Landbevölkerung Tag für Tag zumutet! Dann ist Ende mit der grünen Romantik, dann wäre Zeit für Realität!

Th. Radl
6 Jahre her

„Ob diese klarstellenden Erkenntnisse dazu beitragen, dass die Grünen ihren Anspruch zurücknehmen, dass nur dort wirklich Demokratie herrscht, wo sie in der Regierung sind, darf bewzeifelt werden.“ Solange DEMOKRATISCH erzielte Wahlergebnisse dafür sorgen, dass Begräbnis90/Grüne bleiben, wo sie hingehören, nämlich außen vor bei der Regierungsbildung, können die von mir aus erzählen, was sie wollen. Wenn mir eine Grüne erzählen will, dass Strom im Netz gespeichert wird, glaube ich das ja auch nicht. Selbst wenn dieser Unsinn von Klaus Kleber im Brustton tiefster Überzeugung verkündet wird (ein Moderator, der seinen Verstand über die Ideologie stellt, hätte diese Meldung ohne Lachkrampf gar… Mehr

magistrat
6 Jahre her

Merken Sie was? … Irgend eine rote Socke oder irgend ein linksgrünen Tintenklechser erzählen irgendwelchen Unfug, ein x-beliebiger Merkelist übernimmt diesen Unfug ungeprüft und verkündet ihn als Wahrheit und Basis seiner geistig behinderten Statements.
Wie die Alte im Fall Chemnitz nun der Grenzdebile aus NRW.
Erkläre mir einer, wie man solche Schießbudenfiguren noch wählen soll?!

Nibelung
6 Jahre her

So ganz unrecht hat dieser Typ nicht, denn die Grünen sind stellvertretend für die Roten zum eigentlichen Gegner geworden, was er aber bewußt vergessen hat zu erwähnen, sind die Blauen, weil die Schwarzen mit ihrer zerstörerischen Politik in Berlin mittlerweile von marxistisch links und konservativ national rechts in die Zange genommen werden und die ersten Opfer sind die Sozis, die Christdemokraten -und Sozialen werden folgen, weil die Bürger klare Kante sehen wollen und es leid sind, ein Produkt zu kaufen, was beim auspacken nicht dem entspricht, wie es im Katalog angepriesen wurde und deshalb auch die Ausschläge an die Ränder… Mehr

Stefan L.
6 Jahre her

Schade, dass gerade der BR ein so linker Haufen geworden ist…

Dabei arbeiten dort auch durchaus fähige Leute – nur sind diese eben in der Unterzahl und werden eben von den politisch Korrekten dominiert.

Dass sich damit alle Besserjournos selber das Wasser abgraben ist das Unverständlichste daran.

Denn normalerweise sägt doch keiner auf dem Ast, auf dem er sitzt, oder?

Links war gestern, aber das scheint noch nicht in jedes Hirn vorgedrungen zu sein…

Werner Baumschlager
6 Jahre her
Antworten an  Stefan L.

Glaub, die sitzen längst auf dem Ast der Globalistos und sägen nur mehr unseren Ast ab.

zaungast
6 Jahre her

Präzise Korrektur der ZAPP-Redaktion. Es stellt sich bei diesen und ähnlichen Fehlleistungen im ÖR immer wieder die Frage: Selbsttäuschung, bewusste Täuschung oder schlicht und einfach Dilettantismus.

Karl Heinz Muttersohn
6 Jahre her

Guter Mann, der Laschet, er kann auch Kanzler!

mica
6 Jahre her

Danke, dass Sie das völlig absurde „München Mitte“ ansprechen! Ergänzen möchte ich: Einen Tag vor der Wahl zeigte Bayern 3 eine Umfrage mit rund 10 % für die AfD und rund 18 % für die Grünen. Ich dachte nur: „Träumt weiter!“ Tags drauf kamen um 18 Uhr die ersten Egebnisse. Die Grünen lagen irgendwo bei 18 %, die CSU irgendwo bei bei 33 % …. Erstaunlich fand ich: Die AfD war um 18 Uhr bei 10,1 % und bewegte sich im Laufe der nächsten Stunden fast überhaupt nicht! (Endergebnis: 10,2%). Alle anderen Parteien ruckelten hoch (die CSU um rund 4%… Mehr

Marc Hofmann
6 Jahre her

Mehr als 20% holen die Grünen in Bayern nicht und in Zukunft wird es mit den Grünen bergab gehen. 17,5% war das maximale für die Grünen in Bayern…Mal schauen vielleicht werden es noch weniger… siehe Bürgerschaftswahl in Hamburg!