Was lernen Muslime mit als erstes, kaum dass sie in Deutschland angekommen sind? Wie man den Müll trennt. Integration fängt eben ganz unten an.
Wie könnte die Integration von noch fremden Menschen hier in Deutschland besser gelingen als mit einem Integrationskurs über Mülltrennung?
Sage mir, wie du deinen Müll entsorgst und ich sage dir, wer du bist. Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter! Wie Sie ihren Müll trennen, sagt mir, welche Nationalität Sie haben. Nationalität kann man auch durch soziale Schicht ersetzen. Und wenn Sie jetzt lachen weiß ich: Deutsch jedenfalls sind Sie nicht.
Einschwören auf die Werte der Gelben Tonne
In der Sendung „exakt“ vom 25.11.2015 auf MDR werden wir im Beitrag „Deutschsein lernen“ (interessantes Intro: Posaunenklang zu Gartenzwerg, Bierkrug, Currywurst, Rentner beim FKK, Schwarzwälder Kuckucksuhr) Zeuge, wie unerlässlich eine Einnordung der neuen Mitbürger zur deutschen Sehnsucht nach Recycling und das Einschwören auf die Werte der Gelben Tonne ist. Und das ist nicht komisch. Es tropft vor Ernst wie die Thüringer Rostbratwurst vor Fett.
Über das Kamerateam wird der Zuschauer per TV Gast im Integrationskurs von „Akzeptanz e.V.“, wo eine zerzauste Lehrkraft „mit Händen und Füßen“ die Flüchtlinge über die Notwendigkeit der akkuraten Mülltrennung und die „Hohe Kunst des TetraPaks“ unterrichtet.
Es hat doch was, diese Sorte Integration: Kaum hat so ein armer Teufel Leib und Leben vor Faßbomben und über alle Widerstände hinweg nach Deutschland gerettet, findet man sich auch schon in einem Integrationskurs wieder, der aufzeigt, dass Papier auf keinen Fall in die gleiche Mülltonne darf wie die PET-Flasche. Denn dafür gibt es wieder eine andere Wegwerfmöglichkeit. Ein Blick in die erstaunten Gesichter. Jede dritte Einstellung sagt aus: „Ist das deren Ernst?“ Oder auch: „Wo sind wir da eigentlich hin geraten?“
Wie wichtig dieser Kurs ist, offenbart sogleich einer der vielen amüsierten Teilnehmer. Aber Müll, den wirft man doch einfach hinter sich. So! Schwupps! Es folgt eine Wegwerfbewegung über die Schulter. Nein, nein, so ginge das hier aber nicht. Hier sind wir schließlich zivilisiert. Wir trennen – aber nur beim Müll. Wir werfen Abfall nur in eine der dafür vorgesehenen und normierten zahlreichen Tonnen. Damit dieser optimal wiederverwertet werden kann.
Papier in Hausmüll-Tonne ist böse. Grüner Punkt in gelbe Tonne toll. Ist doch einfach, also wirklich. Der Triumph der Tonne über den Wilden!
Eine grüne Weinflasche kommt sodann in einen GLASCONTAINER für GRÜNES GLAS. Nicht für weißes, nicht für braunes, nein, in den für grünes Glas. Potzblitz, wenn das mal keine rassistische Ansage ist. In den Augen des Herrn sind alle Flaschen Grün. Ergibt doch gleich viel mehr Sinn. Aber Deutschland soll ja bunter werden, allerdings nicht im Glascontainer, Du verstehn?
Liebe Muslime – die Weinflasche nur in den Glascontainer
Es folgt umgehend Widerspruch vom überwiegend muslimischen Anteil der Klasse: Aber das ist doch eine WEINflasche. Alkohol. Kauft keiner. Pfui. Was soll das. Also wirklich. Mülltrennungskurse unterliegen offensichtlich noch keiner kultursensiblen Ausrichtung. Vermutlich bereiten Rundfunkräte des MDR schon eine Klage vor. Muslime und Wein, wer ist denn auf diese Idee gekommen? Das muß anders werden. Öffentlich Rechtliche Willkommenskultur manifestiert sich im Entkleiden eines Yoghurt-Bechers von Alu-Deckel und Papierumhüllung, nicht im Entsorgen von Weinflaschen. Besser so?
Aber es wird viel gelacht. Wie sollte man auch nicht lachen. Gerade der Hölle von Syrien, den Bomben von Russland bis USA entkommen und zu Fuß, per Floss und Bus und Bahn, mit wenig Hab und Gut im Rucksack einen ganzen Kontinent durchquert. Um sich dann in einem Kurs für Mülltrennung wiederzufinden, der von einer Frau geleitet wird, der die Bedeutung des Wortes „Kamm“ nur dann etwas sagen würde, wenn er in die gelbe Tonne passt. Ist das nicht ein mehr als bizarrer Kontrast? Wenn man über die Fluchtursachen und die Flucht an sich nicht ohnehin schon traumarisiert wäre, spätestens jetzt ist man es.
Fräulein Müllers Gespür für Müll
Dabei hätte man es doch besser wissen müssen. Anstatt nur die Adresse vom Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin im Smartphone einzuspeichern, hätte ein Blick vorab auf die Seite vom Goethe Institut „Meet The Germans“ verraten, wo man da rein geraten wird:
Da erfährt man, dass die Deutschen ein in den Müll geradezu vernarrtes Völkchen sind, was sie mit ihrem Müll machen, wieviele verschiedene Begriffe sie dafür geschaffen haben, 48 Wörter von „recyceln“ bis „der Problemmüll“ werden in einem Kasten vorgegeben. Man können unter Zuhilfenahme eines Wörterbuchs sehen, was die Deutschen mit ihrem Müll machen. Der lustige Partyspaß für jung und alt.
Auf Seite 2 „Was passiert mit dem Müll“, ordnet man vier Müllbegriffsblöcke vier Kategorien zu. Hui, ganz schön knifflig.
Ist das geschafft, geht es ans Eingemachte. Auf der Seite „Lesen“ folgt sogleich der weise Ratschlag, bevor man sich an den Text „Im Land der Müllsortierer“ wagen kann: „Sprechen Sie mit Ihren Partnern über den folgenden Punkt vor dem Lesen des Textes. Was glauben Sie? Wie viele Deutsche trennen ihren Müll? Was macht man mit Müll, der nicht richtig sortiert wurde?“
Mülltrennung heisst Spaß, Spaß, Spaß!
Auf der nächsten Seite „Sehen“ wartet aber ein wahres Füllhorn an Spaß auf den Interessierten:
„Sie lernen hier etwas darüber, wie die Deutschen mit Müll und Mülltrennung viel Spaß haben. „Viel Spaß mit Müll“ – Ist das nicht eigentlich ein Widerspruch oder klingt das nicht ein bisschen absurd? – Wie könnte man Ihrer Meinung nach Spaß mit Müll haben?“
Genau da liegt der Unterschied. Wir Südländer haben u.a. dann Spaß mit Müll, wenn wir sechs aufeinander gestapelte leere Konservendosen mit Bällen auf Jahrmärkten oder in Hinterhöfen mit Schmackes umwerfen. Wir geraten aber bis heute nicht in Verzückung darüber, die Joghurtverpackung der richtigen Tonne zugewiesen zu haben.
Kulturelle Unterschiede in der Betrachtung und dem Umgang mit Müll
Dieser Fund und seine Bedeutung läßt mich ratloser zurück als vorher. Man bringt Leuten aus fremden Kulturen, die sich bei uns integrieren sollen, keine große Achtung vor der neuen Gesellschaft bei, indem man aufzeigt, wie akkurat man Abfälle sortieren muss, wieviel „Spaß“ man dabei haben kann und welch wunderbare Möglichkeiten der Verwertung bestehen. Dass man 3,7 Mrd. Euro durch Recycling einspart, weil man Rohstoffe nicht importieren musste (wenn das mal wahr ist). Treffen Kulturen, für die Müll komplett negativ behaftet ist, auf eine Gesellschaft, die Müll, Abfall, Dreck, Unrat nahezu inbrünstig huldigt, dann schafft das nicht nur Irritation, sondern sorgt für eine massive Abwehrhaltung. Weil die Mülltrenner aber so überzeugt von ihrem jahrzehntelangen antrainierten „Ins richtige Körbchen“ Verhalten sind, können sie gar nicht mehr nachvollziehen, dass es noch eine andere (nicht so begeisterte) Sicht auf Müll gibt. Das ändert auch ein Crashkurs nicht von jetzt auf gleich.
Die Deutschen sehen einen Müllberg und klatschen vor Spaß in die Hände darüber, dass der in einen Regenbogen gehüllte Zauberberg jetzt getrennt werden darf. Die Zuwanderer sehen einen Müllberg und sehen: den hinterlassenen, unreinen Unrat anderer. Sich da hüfthoch reindrehen und mit viel Spaß verwerten? Jetzt mal ernsthaft. Mülltrennung als Schwerpunktthema eines Integrationskurses? Das Staunen und der Spaß (auch mit Müll) kommt über die Integration mit Menschen im Arbeitsumfeld oder im täglichen Umgang mit Mitmenschen wie Nachbarn und Helfern. Oder sollte man die Kurse nicht lieber gleich in den Lagern in der Türkei, im Libanon oder in Syrien anbieten? Auf dem Balkan? Da merken die armen dann noch früh genug, worauf sie sich hier wirklich einlassen. Auf ein Müll-Paradies, bevölkert mit blaugekittelten Müll-Lüstlingen? Perfektionisten in Fragen Sortierung leerer Flaschen? Post-Materielle Lach-Verweigerer? Wohlstandsgeschädigte Wahntrenner? Tonnen-Bewohner ohne jede Idee von Diogenes? Ob sie dann noch kommen? Oder erst Recht?
Und mir dämmert allmählich: Vielleicht brauchen wir doch mindestens 10 Millionen Muslime, bis sie das Paradies übernehmen – und uns den Müll lassen. Den trennen wir dann aber blitzblank, klaro, und ganz für uns alleine.
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