Das Malheur des Monsieur Macron

Es läuft nicht gut beim Star der EU-Zentralisten und Liebling der Medien. Der französische Präsident ist dabei, den dritten Minister innerhalb von vier Wochen zu verlieren. Mehr Ungemach droht.

© Sean Gallup/Getty Images
Emmanuel Macron speaks to students at Humboldt University on January 10, 2017 in Berlin.

Während sich die Medien gierig auf jedes Gerücht stürzen, das aus dem 8.000 Kilometer entfernten Washington zu uns herüber wabert, herrscht in der politischen Berichterstattung über unseren direkten Nachbarn Frankreich derzeit eher betretenes Schweigen. Aus gutem Grund: Monsieur Macron hat Malheur.

Es läuft nicht gut beim Star der EU-Zentralisten und Liebling der Medien. Der französische Präsident ist dabei, den dritten Minister innerhalb von vier Wochen zu verlieren. Zuerst hat der beliebte Umweltminister Nicolas Hulot hingeschmissen aus Protest gegen Macrons Blockadehaltung in der Klimapolitik. Macron hat vollmundige Ankündigungen auf der öffentlichen Bühne gemacht, Hulot als Feigenblatt installiert, aber diesen dann im Regen stehen lassen. Über den wenige Tage später erfolgten Rücktritt der Sportministerin Laura Fessel kann nur spekuliert werden, Fessel gab offiziell „persönliche Gründe“ an. Mitte August hat dann noch Innenminister Gerard Collomb seinen Rückzug für nächstes Jahr angekündigt. Ein persönlicher Leibwächter Macrons hatte im Sommer als Polizist verkleidet auf Demonstranten eingeprügelt, und Innenminister Collomb versuchte anschließend vergeblich, die Affäre herunter zu spielen und Verantwortlichkeiten abzuschieben. Jetzt ist Collomb nicht mehr haltbar und zieht sich in die Lokal-Politik zurück.

Aber auch Macrons persönliches Auftreten in der Öffentlichkeit trägt dazu bei, dass seine Umfragewerte derzeit im Sinkflug sind. Arbeitssuchenden empfiehlt der Präsident, sich doch mal bei den Cafés im Pariser Touristenviertel Montparnasse als Kellner zu bewerben. „Ich würde etwas finden“, entgegnete er kürzlich einem arbeitslosen Gärtner auf der Straße. Nach über 60 Prozent Zustimmung zu Beginn seiner Regierungszeit sind seine Umfragewerte mittlerweile auf unter 30 Prozent gesunken. Damit zieht er in der Unbeliebtheit-Skala mit Amtsvorgänger Francois Hollande gleich. Da hilft auch nicht viel, dass mittlerweile über 30 französische Medien von der zentralen Schlussredaktion der Macron-freundlichen Nachrichtenagentur AFP kontrolliert und beeinflusst werden.

EU in der Sackgasse
Macron, Merkel und Metternich
Auch in Brüssel sind die anfänglichen „Macron liefert“-Jubelrufe mittlerweile zaghafter geworden. Zwar hat er Merkel mit den Beschlüssen von Meseberg auf eine zentralistische Linie verpflichtet, die ihr Finanzminister Scholz gerade verhandelt, aber Angesichts der Schwäche von Macron, Merkel und der SPD wird eine Verwirklichung der teuren Ideen unwahrscheinlicher. Selbst einige deutsche Parlamentarier haben wohl mittlerweile realisiert, wer die hochfliegenden Ideen finanzieren soll.

Macron will mit der Ausweitung seiner „En Marche“-Bewegung auf die Benelux-Länder und weitere EU-Staaten nach der EU-Wahl im nächsten Frühjahr auch das EU-Parlament erobern und hat Annäherungsversuchen bestehender Fraktionen, etwa der EVP, eine Absage erteilt. Damit wird der kleine Franzose mit den großen Ansprüchen plötzlich zum potentiellen Konkurrenten.

Doch zunächst muss sich Macron um die flüchtigen Wähler im eigenen Land bemühen. Nach den nötigen, aber umstrittenen Arbeitsmarktreformen im Frühsommer will er jetzt in einer politischen Charme-Offensive seinen Plan Grundeinkommen bis 2020 in die Tat umsetzen. Grundeinkommen klingt verführerisch, das Konzept hat aber eher Parallelen zum deutschen Hartz 4-System. Bei zwei Ablehnungen von Jobangeboten soll Leistungsbeziehern in Zukunft gleich das gesamte „Schweinegeld“, wie Macron es intern gerne bezeichnet, gestrichen werden.

An Emmanuel Macron klebt derzeit das Malheur wie ein zäher Kaugummi an der Schuhsole. Ein peinlicher Schnappschuss mit halbnackten, den Stinkefinger zeigenden dunkelhäutigen jungen Männern ist ein weiterer Skandal, der gerade die französische Presse beschäftigt.

Wie schön, dass es jenseits des Atlantiks wenigstens den großen Blonden als Feindbild gibt, an dem sich unsere spurtreuen Medienvertreter auf beiden Seiten des Rheins täglich abarbeiten können. Getreu der goldenen Regel aller Visagisten: Wenn du eine Baustelle hast, die sich nicht mehr zu schminken lässt, eröffne zur Ablenkung einfach eine Nebenbaustelle.


Ulrike Trebesius ist Mitglied des EU-Parlaments.

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Kommentare ( 21 )

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Karl Heinz Muttersohn
6 Jahre her

Eines muss man den Franzosen ja lassen: Anders als der Michel hierzulande, lassen sich die Franzosen von einem Blender wie Macron nur sehr begrenzt verarschen.

Ben Neva
6 Jahre her

„In jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. So ist es nach jeder Wahl. Wie im Forum schon richtig gesagt ist er nicht als Wunschpräsident gewählt worden, sondern als Le Pen-Alternative. Ursprünglich war Fillon der Auserwählte. Da aber eine Korruptionsaffäre ihn nicht wählbar machte suchte man den nächsten Kandidaten der Le Pen verhindert. Und so wurde Macron Präsident. Viele Intelektuelle haben dies schon vorhergeshen. Die Medien haben veruscht ihm ein „Präsident für den kleinen Mann-Image“ zu verpassen. Liest man sein VITA war er das nie und wird es auch nicht werden. Die Tatsache, dass er Arbeitssuchenden empfiehlt zu Kellnern bedarf keines… Mehr

andreas donath
6 Jahre her
Antworten an  Ben Neva

Alles richtig, nur frage ich mich, wo der Sinn lag und liegt, um jeden Preis Le Pen zu verhindern. Die Franzosen sehen ja nun, was sie im Gegenzug für eine kläglichen, dafür aber großkotzigen und arroganten Wicht erhalten haben. Zu einer Demokratie gehört rechts wie links. Weshalb nicht endlich mal Marine Le Pen die Chance geben! Hätte nebenbei den Vorteil, dass die unsägliche Merke dann endlich auch aus Paris mächtig auf die Mütze bekäme.

andreas donath
6 Jahre her
Antworten an  Ben Neva

„Hätte nebenbei den Vorteil, dass die unsägliche Merke dann endlich auch aus Paris mächtig auf die Mütze bekäme.“

Sorry: Merkel soll natürlich auf die Mütze bekommen.

pcn
6 Jahre her

Ja, Frau Trebesius, das Malheur ist Macron selbst. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! Und damit sind die Franzosen gerade beschäftigt. Anders als Herr Macron. Der beschäftigt sich gerade mit der Frage, warum sich seine Franzosen derartig mit ihm beschäftigen. Politikern, die sich ganz nach oben durchgewurstelt haben, fegt zuweilen der Hochmut durch die Synapsen. Und der deckt sich meist nicht mit dem, wie Volk die Wirklichkeit empfindet. C’est la vie! Und manchmal bestraft es auch.

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Was soll der arme Macron machen? Will er etwas deutlich ändern, muss er einschneidende Gesetze erlassen. Einfach weiter so, geht ja nicht. Dass dies nicht jedermann passt, liegt auf der Hand. Zuviel hat man sich an seine Vorteile gewöhnt.

In Deutschland soll etwa jeder Zweite durch den Staat in irgend einer Weise finanziell sonderbehandelt sein. Man könnte es auch Korrumpierung der Wähler nennen. Streicht eine Partei die Vorteile, ist sie diese Wähler los. Da im Schnitt alle 4 Monate eine Landtagswahl ist, auf die Rücksicht genommen werden muss, sitzen wir in der Handlungsfalle. Für unpopuläre Maßnahmen keine Chance.

Gerro Medicus
6 Jahre her

Die meisten Politiker in der EU haben immer noch nicht begriffen, was ihre Bürger wollen: Sicherung und Förderung ihres Wohlstands, Sicherheit, Lebensqualität, und das alles unter BEIBEHALTUNG IHRER LEBENSWEISE!

Und diese Lebensweise ist eben nicht Multikulti, und sie ist nicht islamisch und sie ist nicht globalistisch!

Achso
6 Jahre her

Frankreich ist genauso links** wie Deutschland !
Wer da an irgendwelchen Privilegien kratzt (hier z.B.35 Stunden Woche ) ist halt der Böse.

Dann kommt noch der Sozialneid dazu und weg muß der Kapitalist.
Die Unsachlichkeit hier im Forum ist schon peinlich.

Rebell
6 Jahre her
Antworten an  Achso

Da liegen sie schon richtig Herr Achso, aber in wie weit die Franzosen durch die MSM genau so völlig verblödet sind wie die Deutschen, das dürfte noch nicht so weit sein.

Lothar Ley
6 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Naja, da gibt es schon etliche Ungereimtheiten.

Man hofft, dass es nicht wieder, wie im „Fall“ Franjo A., bis nach der Wahl (diesmal in Bayern und Hessen) dauert, bis sich etwas klärt.

Aus dem putschvorbereitenden Oberleutnant wurde nach der Bundestagswahl ja klammheimlich ein unerlaubter Waffenbesitzer. Irrtum vom Amt, vom Bundeskriminalamt sozusagen.

Den Zweck: Beeinflussung der Wahl, Gesinnungsrazzien bei der Bundeswehr, Verunsicherung des bürgerlich-konservativen Lagers („Ist vielleicht doch was dran an der rechten Gefahr?“), hatte die Inhaftierung da schon erfüllt.

Lothar Ley
6 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Jetzt ist der erste Kommentar weg, so dass die Antwort der Red. in der Luft hängt.

Endstadium0815
6 Jahre her

Mir war von Anfang an klar, das Macron ein Blender ist und ein Günstling von Superreichen, die „ihren“ Präsidenten installieren wollten und es auch geschafft haben. Er ist ein Wolf im Schafspelz, der daher kam,als würde er die Interessen der normalen Menschen vertreteten und als erfrischender junger Präsident, Frankreich von den Etablierten befreien. Dabei ist er nicht besser und nicht anders. Er wurde hochgejubelt und als Heilsbringer Europas gefeiert, eigentlich hatte ich schon erwartet, das er den Friedensnobelpreis, Orden des Friedens, Nobelpreis für Medizin, Physik und Mathematik erhält. Im Gegensatz zu dem Michel ist der Franzose schneller in Lage einen… Mehr

Eugen Karl
6 Jahre her

Macron ist wegen Le Pen gewählt worden. Ohne sie hätten sich weit weniger Wähler hinter ihm versammelt. Und wie immer bei solchen Bündnissen, die nur von ihrem gemeinsamen Gegner leben, gibt es schon bald Krach, wenn dieser überwunden ist.

Gerhard R.
6 Jahre her

Die wahren Totengräber der europäischen Idee sind diejenigen, die heute am lautesten die EUdSSR predigen, Andersdenkende beschimpfen, vor Gericht zerren und aus der Gemeinschaft treiben und die Demokratie zutiefst verachten. Alsda sind: Juncker, 100 %-Schulz, Merkel, Macron, die gesamte SPD und die Grünen hierzulande.

Linkskatholik
6 Jahre her

Oh doch, es gäbe da durchaus Vergleichsmöglichkeiten, wie eine „Bewegung“ mit Unterstützung potenter Finanziers und der Medien einen Staat kapern konnte und ich denke da nicht an Napoleons Aufstieg.