Kommen Sie nach Sachsen, bevor es verbal zerstört wird

Kommen Sie nach Dresden. Entgegen aller Medienklischees können Sie sich dort völlig frei bewegen, auch bei Dynamo Dresden im Stadion.

Nanu, Sachsen als beliebtes Bundesland, in dem ein Übernachtungsrekord erwartet wird? Sind diese Tatsachen nicht völlig politisch unkorrekt und müssen deshalb als „Fake News“ abgetan und disqualifiziert werden? Schließlich ist das Land der Sitz der Konterrevolution von 1989, gegenwärtig von Pegida und AfD sowie vereinsmeierisch regierter haudrauf-Fußballvereine wie der Sportgemeinschaft Dynamo Dresden. Außerdem gibt es dort altes und überteuertes Meißner Porzellan, komische, aber einmalige Sandsteinfelsen, weiße frustrierte Männer und Martin Duhlig von der SPD.

Dabei hatte man sich über Jahre so unendlich viel Mühe gegeben, den Sachsen medial ein schlechtes Image zu verpassen. Die Negativschlagzeilen der Frontberichterstattung aus dem Schützengraben der Selbstherrlichkeit lauteten beispielsweise: „Pegida-Effekt: Weniger Touristen kommen nach Dresden“, „Pegida vertreibt deutsche Touristen“, „Wer will denn noch nach Sachsen? Lokale Unternehmen bangen um ihre Zukunft“

Sachsen, der Hort des Bösen und der Nazis, angefeuert durch „Experten“ wie der bei vielen Kritikern im Verdacht des linken Salon-Antisemitmus stehenden Jakob Augstein, der in Sachsen gern eine rechtsautonome Republik mit Mauer ausrufen möchte, das Bundesland schon mal als „SAchsen“ bezeichnet und meint, die dortige Bevölkerung wolle nur das Geld des Westens, aber nicht deren wehrlose Werte. Damit befindet er sich in guter Gemeinschaft mit anderen, Jutta Ditfurth freut schon einmal genüsslich, wenn eine 250 kg Fliegerbombe bei einer Entschärfung in Dresden teilweise explodiert, „Die Bombe weiß wo sie ist“, in einem anderen Tweet hatte sie sich beklagt, „Es war ein Fehler Dresden wieder aufzubauen“. Dass im Bombeninferno im Februar 1945 ca. 25.000 Menschen ums Leben gekommen sind, scheint dabei egal zu sein. Auch die ehemalige Piratenpolitikerin und jetzige Mitgliedin im Berliner Vorstand der Linken Julia Schramm ist übereifrig: „Sauerkraut, Kartoffelbrei – Bomber Harris, Feuer frei“, so ihr Leitmotto.

Gesinnungstrampelei zur Machtübernahme
DER SPIEGEL Nr. 36: Sachsen, frei imaginiert
Gar nicht erstaunlich diese Kälte gegenüber vielen Vertriebenen, die in der Dresdener Bombennacht gemeinsam mit den Einheimischen ums Leben gekommen sind, darunter viele Kinder, zumal man diese Vertriebenen heutzutage im indoktrinierenden Linkssprech gern mit den „Flüchtlingen” aus der dritten Welt kategorisch gleichsetzt. Ich selbst durfte ein Politseminar erleben, in dem man genau diese Betrachtungsweise als „Verbindlich für alle“ angepriesen hat, was meinen heftigen Widerspruch hervorgerufen hatte. Am Wesen der deutschen Doppelmoral wird die globalisierte Welt auch diesmal nicht genesen.

Interessant ist auch, dass Sachsenbashing zur NS-Zeit gesellschaftsfähig und opportun war. Bücher mit sächsischer Mundart, der „undeutsches“ und Kulturbolschewismus vorgeworfen wurde, hatten die Nationalsozialisten per Gesetz verboten und wurden aus den Buchläden verbannt. Damit war „Sächsisch“ als einzige Mundart im sog. Dritten Reich per Gesetz (1937) illegal.

Viele Medien und Linke befinden sich damit, ob nun bewusst oder unbewusst, in einer unsäglichen Tradition des Sachsenhasses.

Zurück zur Gegenwart:

Meine Frau, eine Berlinerin, und ich hielten uns wieder einmal in meiner Heimat auf. Mitten in Dresden, im Zentrum der Stadt, saßen wir zufällig an einem der aufgestellten langen Tische, mit einem Lehrerehepaar aus Niedersachsen zusammen. Sie sprachen uns an und fragten uns, ob wir wissen, wo heute (es war Montag, der „typische Pegidatag“ in Dresden) die entsprechende Veranstaltung stattfindet. Wir mussten passen und verwiesen auf Google. Folglich wurde gemeinsam das Internet bemüht, aber wir konnten nichts finden. Sie erzählten, dass sie unbedingt so eine Versammlung anschauen und studieren wollten, das war schließlich der Sinn ihrer Reise ins Ungewisse. Schließlich sei Dresden nicht nur eine Pegida-, sondern auch eine AfD-Hochburg. Mit entsprechenden zwiespältigen Gefühlen hatten sie sich zum Aufbruch in die sächsische Landeshauptstadt begeben. (Mir kamen bei dieser vermeintlichen Risikobeschreibung einer Reise nach Dunkeldeutschland Erinnerungen hoch, als ich kurz nach dem Ende des Jugoslawienkonfliktes, von Dubrovnik über die kroatische Landesgrenze durch zerstörtes bosnisches Kriegsgebiet nach Deutschland gefahren bin und mir die damit verbundenen erheblichen Gefahrenpotentiale schon zuvor bewusst waren, die sich im Übrigen bestätigt haben.)

Weiter mit den touristischen Studienbeobachtern: Jedoch seien sie erstaunt, wie viele Touristen und Ausländer sich in der Stadt frei bewegen würden. Auch überrascht die Freundlichkeit der Einheimischen. Sogar ein großes linksalternatives Viertel hatten sie in der Dresdner Neustadt vorgefunden. Überhaupt sei Dresden eine bemerkenswert schöne Stadt. So hatten sie sich das nicht vorgestellt. Ihre Annahmen über Stadt und Einwohner wären bei der Anreise vielmehr völlig andere gewesen.

Weiter in die Sackgasse
Sachsen wählt am 1. September 2019
Wir mussten lächeln über die entwaffnende Offenheit der beiden sympathischen Niedersachsen. Folgedessen diskutierten wir unsere Standpunkte freundlich und fair miteinander aus. Der böse weiße Ossimann, frustriert, ungebildet, mit Bierbauch und voller Hass konnte nicht gesichtet werden. Bei der Verabschiedung umarmten wir uns und dankten uns gegenseitig für den interessanten Gedankenaustausch. Ihr Bild von Dresden und dessen Bewohnern wird bei der Abreise mit hoher Wahrscheinlichkeit ein völlig anderes sein. Statt Abenteuerreise entspannter Bildungsurlaub.

Kommen Sie nach Dresden, die Stadt mit Zwinger, Semperoper, Brühlscher Terrasse, Frauenkirche u. v. a. ist immer eine Reise wert. Vergessen Sie nicht, ins Stadion zu gehen, Dynamo Dresden ist in Dresden hip und in allen gesellschaftlichen Schichten total angesagt. Allen Berichten zum Trotz können Sie sich im Stadion auch als unbedarfter Besucher völlig entspannt und angstfrei bewegen. Genießen Sie das heitere Klima im Elbtal, die Weinberge, die angrenzende Sächsische Schweiz. Machen Sie einen Abstecher in das über tausendjährige Meißen. Einst diente das Meißner Kanzleideutsch (auch „Sächsische Kanzleisprache“ genannt) als Vorlage für Luthers Bibelübersetzung. Sachsen war vor dem Krieg ein industrielles Schwergewicht, aber das bekommt dieses fleißige und unbeugsame Völkchen auch wieder hin. Sie werden begeistert sein. Die Freundlichkeit der Menschen ist sprichwörtlich, von einigen wenigen Miesepetern einmal abgesehen, aber die gibt es überall.


Steffen Meltzer, Autor von „Schlussakkord Deutschland: Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“

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Kommentare ( 64 )

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64 Comments
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erwin16
6 Jahre her

kann ich bestätigen, Dresden und Umgebung, kann man sich viel ansehen und hat fast südl. Lebensflair.
ich habe da die schlimmsten Jahre meines Lebens bei der nva verbracht, aber die Gegend ist nicht wiederzuerkennen!
ganz toll da!

Karl Heinz Muttersohn
6 Jahre her

Wir werden die Unbeugsamkeit der Sachsen noch bitter nötig haben.

Teide
6 Jahre her

Beim „Bombeninferno“ fehlt eine null.

horrex
6 Jahre her

Sie haben VÖLLIG recht!!! 😉 • Obwohl es nicht ganz zu ihrem Thema passt setze ich einfach mal die Sichtweise „Norddeutscher“ (speziell NRWler) auf Bayern daneben. – Ich als leidenschaftlicher – heute -Bayer der bei Aschaffenburg geboren, in Ostwestfalen aufgewachsen ist, den das Leben später – leider – wieder nach NRW führte. – Ein Stirnrunzeln ruft es beim typischen Westfalen hervor sobald man ein auch nur dialektisch 😉 angehauchtes Wort benutzt. Oder gar „Laptop und Lederhosen“ als Synonym für traditionsverbunden als auch „modern-offen“ anführt. Und 1000 Gründe werden gefunden warum Bayuvaren „komisch“ sind. Massenweise fahren sie im Urlaub nach Bayern… Mehr

Unterfranken-Pommer aus Bayern
6 Jahre her
Antworten an  Redaktion

Oder diese Quelle (Bergander war Mitglied der Kommision). Danke fuer den Hinweis!

Demokratius
6 Jahre her

Die Opferzahlen des Bombeninfernos von Dresden sind von einer Historikerkomission nach 1990 auf 1/10 der jahrzehntelang bekannten Zahlen reduziert worden, “weil nicht sein kann was nicht sein darf“. Die Experten haben in London nachgefragt, ob etwa Phosphorbomben eingesetzt worden sind, die solche Opferzahlen erklären könnten. Die Antwort des britischen Militärs lautete, dass davon nichts bekannt sei . Den wenigen Überlebenden dieser Angriffe wird der Feuersturm von Dresden unvergesslich bleiben.

Regina
6 Jahre her
Antworten an  Demokratius

Ich bin Dresdnerin.Meine Mutter war Augenzeugin der Bombardierung Dresdens.Auch weitere Augenzeugen haben mir dies unabhängig von meiner Mutter berichtet.Es wurden Phosphorbomben eingesetzt.Diese enthalten weißen Phosphor und können nicht gelöscht werden.Der Phosphor brennt sich in die Haut ein.

Odysseus
6 Jahre her

1985 konnten 80% der westdeutschen Studenten keine fünf Städte der DDR aufzählen. Und von denen die Leipzig sagten, sagten 50% auch Danzig. Mir ist es deshalb aufgefallen, denn ich kannte zu der Zeit einige Musikanten aus der DDR die reisen durften. Den Gunther, den Professor Ludwig, die Andrea und die Liesl von der Semper ua. Der Dressler Otto hat mir dazu eine Geige in einem Schaukasten gebastelt, die durchgeschnitten war. Mit einem Stacheldraht unter dem Kunstblut herausläuft und es mit Kultur Ost-West betitelt. Diese Connection brachte mir die Ehre, am 3.Januar 1990 nach Dresden zu fahren und ein Büro mit… Mehr

MartinDresden
6 Jahre her

Wie man meinem Namen entnehmen kann komme ich aus dem wunderschönen Elbflorenz. Das ich selbst in der Gastronomie tätig bin komme ich natürlich mit vielen Besuchern in Kontakt. Sei es die Studentin aus Weißwasser, Polizisten aus Hamburg beim Betriebsausflug oder Ein Schweizer mit seiner Phillipinischen Frau der in Oman wohnt. Sie alle bringen Fragen, Gedanken und Erwartungen mit. Wo es sich gleicht ist die überwältigende Begeisterung für unsere Stadt. Meistens muss ich schmunzeln wenn die Leute ihre Erwartungen offenbaren bevor sie hier angekommen sind. Gast: „Ich dachte es wäre schmutzig, aber nein alle Straßen und Wege die ich bis jetzt… Mehr

Gerro Medicus
6 Jahre her

Dem kann ich nur beipflichten. Dresden ist eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Gerade damit das so bleibt, setzt sich die AfD und setzen sich die Pegida-Bürger dafür ein. Dumpfer Fremdenhass hat damit nichts zu tun. Es ist lediglich die Ablehnung einer ganz bestimmten Ideologie und ihrer Verbreiter, die unsere Sozialsysteme belasten und unsere Sicherheit und unsere Lebensweise bedrohen. Und Ablehnung der Politiker, die dies alles zu verantworten haben. Widerstand dagegen ist LEGITIM! Und da die Sachsen helle Köpfe sind, haben sie das schnell gemerkt. Weltoffenheit haben sie deshalb aber beileibe nicht eingebüßt, ich bin immer wieder gerne dort! Und treffe… Mehr

Falk Kuebler
6 Jahre her

„Dass im Bombeninferno im Februar 1944 ca. 25.000 Menschen ums Leben gekommen sind“

Es war nicht Februar 1944, sondern Februar 1945.

jevgeni
6 Jahre her
Antworten an  Falk Kuebler

Zitat: „ca. 25.000 Menschen ums Leben gekommen“

Die Stadt war voller Kriegsflüchtlinge. die 25.000 reichen bei weitem nicht. ca. 2.000.000 sind damals umgekommen. Mein Vater, der damals 14 war hat mir dies erzählt. Und das Politiker diesen sinnlosen Racheakt der Alliierten für gutheißen kann ich nicht verstehen. Aber Geschichte schreibt nun mal der Sieger, deshalb diese niedrige Zahl.

Falk Kuebler
6 Jahre her
Antworten an  jevgeni

„Die Stadt war voller Kriegsflüchtlinge. die 25.000 reichen bei weitem nicht. ca. 2.000.000 sind damals umgekommen. Mein Vater, der damals 14 war hat mir dies erzählt“

Naja, die 25’000 mögen herunter-geschätzt sein, aber die Ihnen erzählten 2 Millionen halte ich für völlig unmöglich. Wie Sie selbst sagen: Ihr Vater war damals 14…

Demokratius
6 Jahre her
Antworten an  jevgeni

Es gibt nicht nur Politiker, die das gutheißen, sondern mindestens eine im Berliner Senat mit weitergehenden Wünschen, die sie mit der Losung “Thanks bomber Harris, do it again“ auf dem nackten Oberkörper medienwirksam zum Ausdruck gebracht hat.