Der König von Ibiza

Abel Matutes und sein Imperium sind daran schuld, dass es auf der Party-Insel einfach alles gibt, nur keinen fairen Wettbewerb. Aus Hippie-Kultur ist auch deswegen Dekadenz geworden.

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Abel Matutes attends Conde Nast Traveller awards 2013 at the Jardines de Cecilio Rodriguez on April 25, 2013 in Madrid

Die Familie Matutes steht sinnbildlich für das, was in Spanien immer noch falsch läuft. Der Name ist der Schlüssel zum Erfolg im Sonnenland. Abel Matutes Juan wird nicht umsonst der „König von Ibiza“ genannt. Seit Generationen beherrscht seine Familie die politischen und unternehmerischen Geschicke der Insel. Er selber gründete die Palladium Hotelgruppe in den 60er Jahren und stieg dann in die Politik ein. Nach verschiedenen Posten auf der Insel und auch in der europäischen Kommission, wurde er unter Premier José Maria Aznar, Auβenminister. Die auβergewöhnliche Karriere des Unternehmers und Investors begann als Bürgermeister von Ibiza-Stadt. Zu diesem Posten hat ihm auch sein Groβvater verholfen, der Gründer des ersten Stromversorgers auf der Insel. Später gab es auch noch eine Familien-Bank. Heute ist die Unternehmsgruppe so weit verstrickt, so dass kaum noch jemand durchblickt.

Die Matutes betreiben allein 48 Hotels – 12 davon auf Ibiza, aber auch in Spanien, Mexiko, in der Dominikanischen Republik, auf Jamaika, in Italien und Brasilien. Weil der Name so wichtig ist, steht er auch überall drauf: Alles ist Teil des Konzerns Grupo Empresas Matutes (GEM). GEM hat Beteiligungen an vielen anderen Touristikunternehmen, an Banken und Fluggesellschaften. Der 76-jährige Matute sr. ist nicht mehr unternehmerisch aktiv, sitzt aber noch in vielen Aufsichts- und Verwaltungsräten. Seine Tochter Estela war von 2003 bis 2007 Inselrätin und wie es Gott will, war sie dort zuständig für Bauten, Straßen und Verkehr. Sein Sohn schuf parallel das sehr erfolgreiche Plastik-Partyland Ushuaïa an der Playa d’en Bossa. Der gutaussehende Junior ist auch deswegen der unbestrittene Thronfolger seines Vaters, aber er ist ehrlich: “Ohne den Namen meines Vaters wäre ich als Unternehmer nicht so schnell so weit gekommen”.

Matutes haben Ibiza noch fest im Griff

Der charismatische Junior gibt in einem spanischen Zeitungsinterview auch zu: “Unsere massive Expansion im Nachtclub- und Luxushotel-Bereich hat die alten Hasen der Branche vertrieben”. Dazu gehört Ricardo Urgell, der Gründer von Pacha, der Ibiza in den 60er Jahren, zur Trendinsel der Hippies und Musiker gemacht hat. Während sein Party-Hotel „Destino“ nicht jeden Tag lautstark Parties am Strand feiern kann, machen die Matutes das am Playa d’en Bossa den ganzen lieben Tag lang. Ihnen gehören dort Grund und Boden, sowie die meisten Hotels. Niemand kann sich beschweren. Zwischen den verschiedenen Club-Dröhnungen fliegen den Strandgästen dort auch noch die am benachbarten Flughafen landenden Flugzeuge um die Ohren. Für diesen einzigartigen Geräuschpegel bezahlen sie auch noch freiwillig horrende Preise. Die Hotelzimmer in den Matutes Hotels kosten rund 500 Euro und der Eintritt in den Day-Club mit Star- DJs, fängt bei 70 Euro an.

„Wenn hier auf der Insel nicht alle gleich behandelt werden, dann ist es schwierig in dieser Branche, wo DJs inzwischen Millionen Euro im Jahr kosten“, sagt Urgell. Auch deswegen hat der Katalane seine Pacha-Gruppe vor zwei Jahren an einen britischen Investmentfonds verkauft. Die Matutes pokern dagegen weiter. Sie machten aus dem alten Club „Space“ das „Hi“ und versuchen damit einen neuen Trend im Bereich der elektronischen Musik zu schaffen, mystischer und spiritueller als das bestehende Angebot. Drogen und horrend teure DJs sind dabei genauso Teil des Business wie das Protzen der neureichen Kids mit Handy-Selfies, obwohl fotografieren in den Clubs verboten ist und auch deswegen Journalisten überhaupt nicht erwünscht sind.

Ibiza hat den Zenith erreicht: Was kommt jetzt?

Der enorme Luxus auf der Insel und die Millionenumsätze, die täglich in Hotels und Nachtclubs erwirtschaftet werden, stehen jedoch krass im Widerspruch zu der rudimentären Infrastruktur und der Hippiekultur, die dort von Hotelgruppen wie Pacha, immer noch gepflegt werden. Jeden Montag feiern auch die neuen Besitzer des legendären Clubs, im Sommer ein Revival von Stones, Beatles und Bowie mit VIPs und ebenfalls saftigen Eintrittspreisen. Auch der „Flower Power“ ist inzwischen keine heile Welt mehr. Alles wirkt verkleidet und irgendwie auch anachronistisch. Wer aus dem Partyland aufs Land fährt, sieht eine wilde, fast arme Landschaft, schmale Straβen, einfache Häuser. Die Villen sind in den Bergen versteckt.

Was der normale Ibiza-Tourist, der nach Aussagen von Pacha-Sprecher Pedro Martínez, im Durchschnitt nur noch drei Tage auf der Insel bleibt und bis 14 Uhr schläft, kaum mitkriegt: An einigen Stellen der Insel vertreiben völlig abgedrehte Immobilien- (siehe Grafik) und Hotelpreise heimisches Personal und in diesem Jahr, auch erstmals Urlauber. Anlegeplätze für Boote sind auf Ibiza inzwischen so teuer wie nirgendwo anders in Europa. „Preise in Ibiza, sei es für Immobilien, Hotels und Restaurants, sind in den letzten Jahren stetig gestiegen und in der Zwischenzeit auf einem Niveau angekommen, wo sich der ein oder andere Kunde entscheidet, nicht mehr nach Ibiza zu fliegen, sondern Urlaub in Alternativdestinationen wie Griechenland oder Kroatien zu verbringen. Dieser Trend ist in den Belegungszahlen der Luxushotels in der Sommersaison 2018 sichtbar – zwar noch nicht alarmierend, aber Grund genug, die Preispolitik zu überdenken“, sagt Markus Lück, General Manager des Seven Pines, eines gerade eröffneten neuen Luxushotels in der Nähe einer der teuersten Immobilienorte Europas: Sant Josep de Sa Talaia. Der Deutsche lebt seit zwei Jahren auf der Insel, liebt sie, aber muss eingestehen: „Die Lebensqualität ist enorm hoch hier, aber sie hat ihren Preis“. Es fehlen auf der Insel zudem überall Polizisten und Krankenhauspersonal. „Es gibt kaum noch Ärzte auf der Insel“, beklagt sich Chauffeur David García, dessen Frau auch deswegen schon aufs Festland geflüchtet ist.

Immobilienmarkt steht auf der Kippe

„Man weiss nie genau an welchem Punkt sich der Marktzyklus gerade befindet, aber es ist schwer vorstellbar, dass es mit den Immobilienpreisen weitergeht wie in den letzten drei, vier Jahren. Die dieses Jahr etwas rückläufigen Tourismuszahlen sind ein ganz guter Indikator“, sagt die deutsche Immobilien-Maklerin Natascha Sandig, die seit vielen Jahren auf der Insel lebt und die Entwicklung Ibizas zum Luxus-Ressort hautnah mitbekommen hat: „Inzwischen sind 6.000 Euro die Woche als Ferienhaus Miete vollkommen normal. 7-Zimmer-Villen mit Meeresblick können für den Zeitraum auf 45.000 Euro und mehr die Woche, hochgehen. Das ist nichts Ungewöhnliches.“

Der englische Unternehmer Charles Bromley lebte wegen dieser horrenden Mietpreise fast ein Jahr mit seinen Kindern auf seinem Boot im Hafen von San Antonio: „Ich muss eingestehen, dass ich selber die Insel ausgewählt habe, weil sie ein gutes Business im Sommer bei der Vermietung darstellt, aber als ich dann selbst in der Situation war, wo ich durch meine Lebensumstände mieten musste, habe ich die andere Seite der Medaille am eigenen Körper erlebt“.

Linksregierung macht den Matutes einen Strich durch die Rechnung

Über die Folgen seiner neuen Luxus-Tourismus-Strategie macht sich Matutes jr. bisher wenig Gedanken. Die seit 2015 regierende Koalition aus Sozialisten und „Podemos“, vergleichbar mit der „Linken“ in Deutschland, schon. Sie wollen die Mietpreise senken, Sozialwohnungen bauen und fordern auch von den Unternehmern ihren Beitrag. „Die Gehälter müssen steigen, damit dieses Leben für die Arbeitnehmer zu finanzieren ist“, sagt Makler Javier Ariola, der auf der Insel für Kühn & Partner Immobilien verkauft und dessen Lebenspartnerin als Ärztin auf der Insel arbeitet. Mit dieser Politik wie auch mit der der aktuellen Balearen-Regierung, ebenfalls eine Links-Koalition, hat die rechtskonservative Matutes-Familie dagegen so ihre Schwierigkeiten.

Denn die Linken wollen umweltpolitisch aufräumen mit den vielen illegalen Bauten auf der Insel und auch die Klassifizierung von Bauland wieder zurücknehmen, was die Matutes bitter trifft. 30 Prozent ihres Geschäftes machen sie auf der Insel, wo sie weiter expandieren wollen. Aber es gibt kaum noch Lizenzen, weder für die Ferienvermietung, noch für neue Bauprojekte. Da hilft es auch nicht Grund zu besitzen. Der Machteinfluss der Matutes in die regionale Politik hat duch den Abgang der PP 2015, nachgelassen. So wurde ihnen gerade verboten, auf einer ihrer kleinen Inseln vor Ibiza, Sa Conillera, ein Hotel in einem Leuchturm zu bauen. Für den Junior eine Schlappe, die er nicht einfach einstecken kann: „Es wäre eine Bereicherung für den Tourismus gewesen und die Insel gehört schlieβlich uns“, empört er sich. Aber auch wenn auf Ibiza bald ein anderer Wind weht, an den Matutes kommt so schnell keiner vorbei.

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Kommentare ( 7 )

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Thomas G
6 Jahre her

Ich war vor ein paar Jahren mal in der Woche vor Ostern dort. Von November bis Mai / Juni ist die Insel wie leergefegt. Dann kann man dort günstig und bei vergleichsweise gutem Wetter Urlaub machen und muss sich nicht die Straßen und Strände mit zehntausenden anderen Touristen teilen.

BK
6 Jahre her

Die Kaufpreise auf Ibiza sind nicht so schlimm wie inzwischen an der deutschen Ostsee. Von 4.000,-Euro im KdF-Bad Prora, bis 15.000,-Euro in Binz, reicht auch hier die Preisspanne. Aber klar, was soll man mit einer Wohnung auf Ibiza, die man nur umständlich mit dem Flieger erreicht.

Wilhelm Cuno
6 Jahre her

Nichts gegen Ibiza, aber mir wäre ein solcher Bericht über Sylt oder Rügen sympathischer gewesen. Liegt sprachlich und geographisch irgendwie näher…^^

JL
6 Jahre her

Jemand sollte Frau Müller mal sagen, daß β und ß nicht dasselbe sind.

Tizian
6 Jahre her

Du meine Güte, na und? Haben wir nicht genug Probleme und Abel Matutes im eigenen Land?

LaLicorne
6 Jahre her
Antworten an  Tizian

In der Tat: König der Irrelevanz – dieser Artikel in Zeiten wie diesen…

Odyssyan
6 Jahre her
Antworten an  LaLicorne

Auch bei nur bedingter Relevanz für Deutschland finde ich den Artikel interessant, ein Artikel à la „Auslandsjournal“. Gehört für mich in den Bereich Allgemeinbildung. Es ist gut das mal zu wissen.