Wenn sich deutsche und französische Politiker treffen, gilt immer: FFE. Friede, Freude, Eierkuchen.
So auch beim gestrigen Antritts-Besuch des neuen französischen Premiers Manuel Valls in Berlin. Valls verspricht Reformen, Angela Merkel nennt sie „ambitioniert“. Also alles FFE, wie es sich für einen Antritt gehört unter Freunden?
Ist es nicht. Frankreich verschuldet sich weiter wie irre, schlimmer noch: Bricht alle Zusagen, die das Land gemacht hat. Aus dieser selbstgegrabenen Grube raus zu kommen, da hat die Kanzlerin recht, ist ambitioniert – aber mehr noch: schlimm für die Nachbarn und den Euro. Das sagt sie natürlich nicht öffentlich. Obwohl es gut wäre.
Denn im Windschatten der Franzosen segelt bekanntlich Italien, das auch verspricht, Schulden abzubauen und dafür neue Schulden aufnimmt. So zerbricht das mühsam gekittete Fundament des Euro. Denn warum sollen eigentlich Portugal und Griechenland ihre Sozialsysteme reformieren und die überhöhten Renten kürzen, aber die Großen nicht?
Beide großen Länder verhalten sich wie der Alkoholiker, der erstmal einen Schluck aus der Pulle nimmt, weil die Trockenheit in der Zukunft anstrengend wird. Prost, FFE. Gegen die Krise in Frankreich hilft kein Schulden-Alk, sondern eine Veränderung im Kopf.
Merkel wirft Vals aber nicht nur die fiesen Zahlen vor. Sie hält ihm Gerhard Schröder vor – der habe zwar auch gewartet, bis der Druck aus steigender Arbeitslosigkeit und wachsenden Schulden unerträglich wurde. Dann aber, in letzter Minute, habe er endlich reformiert. Aus eigener Verantwortung. Ohne den Franzosen die Schuld und die Schulden rüberzuschicken.
Valls dagegen hat in der ähnlichen Situation den Deutschen die Schuld zugeschoben. Die deutsche Wirtschaftspolitik sei verantwortlich dafür, dass den Franzosen nichts einfällt, hat er ja vor seinem Besuch behauptet. Aha. Stimmt auch irgendwie. Der Alki liebt nicht den, der ihm die Flasche klaut.
Das ist kein guter Stil: Dem Nachbarn die Verantwortung hinzuschieben und das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Also kein FFE. Auch nicht, weil Sigmar Gabriel, Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzender, auch seinen Senf dazugeben mußte. Er haut auch in die französische „Deutschland-ist-verantwortlich-Kerbe“. Er will den Franzosen höhere Schulden zugestehen, was man im verschwurbelten Sozi-Slang „Wachstumspakt“ nennt. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Höhere Schulden haben Frankreich in der Vergangenheit nicht geholfen, und jetzt plötzlich sollen sie doch? Denk an den Alki, Gabi! Und an die Ossis. An die Ossis? Gabriel sagte weiter, wenn Frankreich weniger Schulden mache, dann komme Marine Le Pen, die radikale Euro-Gegnerin. Ach ja, abgesehen davon, dass es wenig hilft, den Kindern mit der Hexe zu drohen, wenn sie nicht schlafen wollen: Mit Wahlgeschenken ist das so eine Sache, wie Sie morgen hier lesen können.
Wenn die Schulden langsamer steigen, kommt Le Pen, droht uns Sigmar Gabriel. Eine eigenartige Logik, hier eines der Parteibüros der Europa-Feindin
Da hat Merkel schon recht, dass Bürokratie, die man auf den Müll schmeisst, nichts kostet, aber viel spart und noch mehr ermöglicht.
Also auch in Deutschland kein FFE. Merkel versucht ihren Euro-Kurs durchzuhalten, und auch den Franzosen ein paar Reförmchen abzuzwingen – Gabriel haut rein.
Nur gut, dass alle wieder das Lied von der deutsch-französischen Freundschaft anstimmen. Sein Refrain lautet:
„Trink, Brüderchen trink“.
Dabei hilft ein offenes Wort unter Brüdern weiter. Viel weiter. Merkel hat es vermutlich sogar gesagt. Aber nicht öffentlich.
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