Wie wir den Verstand verlieren

Kein Passagier darf von vornherein genauer untersucht werden als alle anderen, weil er damit diskriminiert würde. Das ist, wenn es um Sicherheit geht, natürlich Unsinn. Aber Praxis.

Was sich vor ein paar Tagen auf dem Münchener Flughafen abspielte, sollte nicht als bedauerliche Panne abgebucht werden. Verursacherin war keineswegs eine zerstreute Dame, die absichtslos der Prozedur entging und damit den Behörden-Wahnsinn auslöste.

I.

Sie war lediglich der Anlass dafür, abertausende Passagiere unter unmenschlichen Umständen in einer überhitzten Halle über viele Stunden lang fest zu setzen und hunderte von Flüge zu streichen. Der wahre Grund war auch nicht ein fehlerhafter Sicherheitscheck – sondern vielmehr ein Verständnis von Sicherheit, das jeder Vernunft spottet.

II.

Aber nicht ein Kommentator wagt es, das herrschende Sicherheitsregime in Frage zu stellen. In diesem Land ist alles, was sich Sicherheitsexperten ausdenken, sakrosankt, in Stein geschlagen wie das erste Gebot. Akzeptiere klaglos, was man dir zumutet! Wenn du behandelt wirst wie Vieh, dient es nur deiner eigenen Sicherheit! Das können Sie doch nicht ernsthaft in Frage stellen!

III.

Das Hauptübel der gegenwärtigen Sicherheitschecks besteht darin, dass jeder Passagier, unabhängig davon, wer er ist, woher er kommt, wie er sich gibt und wie er aussieht, absolut gleich behandelt werden muss. So, als könne er, genau er, gleich ein Bombenattentat begehen. Das gebieten nicht etwa die Maßstäbe der Sicherheit, sondern die verquere Vorstellung von Gleichheit. Kein Passagier darf von vornherein genauer untersucht werden als alle anderen, weil er damit diskriminiert würde. Das ist, wenn es um Sicherheit geht, natürlich Unsinn. Die besten Sicherheitsexperten, etwa auf dem Flughafen in Tel Aviv, erkennen psychische Zustände. Natürlich sind etwa jüngere Männer gefährlicher als ältere Frauen. Entsprechend geschultes Personal wäre in der Lage, mit bloßem Auge zu unterscheiden zwischen eindeutig harmlosen Passagieren und solchen, denen eine genauere Kontrolle zugemutet werden muss. Auf diese Weise würde vielleicht schon die Hälfte aller Personenkontrollen auf ein Minimum reduziert. Der größte Teil des Aufwands und der Schikanen dient perverser weise also nicht der Sicherheit, sondern der vermeintlichen Menschlichkeit. Sie verbietet es, Intelligenz bei den Kontrollen anzuwenden.

IV.

Sicherheit ist eine gewaltige Arbeitsplatz- und Kostenmaschine, eine Industrie aus staatlichen Behörden und privaten Firmen. Die davon Profitierenden wollen immer nur mehr, nie weniger. Sie aber bestimmen selbst, was angeblich Sicherheit erzwingt. Deshalb wird sich an dieser Idiotie nichts ändern

V.

Es ist der Gipfel der Unvernunft, Abertausende von Migranten aus islamischen Ländern weitgehend unkontrolliert ins Land zu lassen, bei erkennbar ungefährlichen Urlaubern dagegen einen Aufstand zu veranstalten, wenn eine einzige Person einmal durch eine Masche geschlüpft ist. Die Hysterie kommt aus der irren Kreuzung aus Bürokratie und Polizeistaat. Im blinden Gehorsam zu unsinnigen Vorschriften kommt die Fratze des Obrigkeitsstaats ans Tageslicht – ohne den geringsten Mehrwert an Sicherheit.

VI.

Klar, ein Großteil der Sicherheitsstandards werden den deutschen Behörden von den USA aufgenötigt. Das rechtfertigt noch lange nicht Hysterie im Fall kleinerer „Pannen“ wie in München. Das Prinzip geht so: Angst erzeugt noch mehr Angst. Dabei ist die Angst des Personals, Vorschriften zu verletzten, um ein Vielfaches größer als die Angst der Passagiere davor, in die Luft zu fliegen.

VII.

Deshalb gilt eine verquere Logik. Sie geht so: Die Gängelung soll ein höheres Gefühl von Sicherheit bei den Passagieren erzeugen. So werden Fluggäste, die keine Gäste sind, sondern kostenpflichtige Verdächtige, doppelt hereingelegt. Sie werden schikaniert und noch für dumm verkauft.

VIII.

Die Angst ist der Götze. Der Verstand ist der Depp. Wir können nur hoffen, dass so schnell wie möglich Künstliche Intelligenz die freiwillige Freiheitsberaubung beendet – und gleichzeitig der Sicherheit dient.

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Kommentare ( 75 )

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75 Comments
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Wolfgang Schuckmann
6 Jahre her

Als ich noch in Frankfurt Dienst tat im Winterdienst, speziell im Rollfeld (dafür ist nur die DFS zuständig weil Hochsicherheitsbereich) ging das so: Fahrzeug in die Schleuse zum Vorfeld (hätte alles mitnehmen können auf dem LKW, was ich gewollt hätte), hinein ins Gebäude zur Personenkontrolle, Jacke aus, Schuhe aus Tascheninhalt in den Korb, durch die Personenschleuse auf Metall, dahinter Schuhe wieder an etc. Rein in das Fahrzeug (heute ist das anders geregelt). Schranke hoch, und dies mehrmals in einer Schicht beim eigenen Personal. Da zweifelt man schon am Verstand der Verantwortlichen, wenn man gleichzeitig weiß was man alles mitnehmen hätte… Mehr

Luisa Nemeth
6 Jahre her

Danke für Ihren Beitrag. Aus meiner Sicht fing die gesamte Sicherheits-Hysterie mit G.W.Bush an. Alles im Namen der Terrorismus. Jeder weiß, dass die Einreise in die USA auch zuvor schon streng war. Formulare, noch im Flugzeug ausfüllen, war lästig, die Kontrollen streng. Aber nach GWB artete vieles in Hysterie aus. Als ich einmal zu einem Kongress fliegen mußte, wollte man mich wieder nach Ffmain zurück düsen lassen. Papiere, Hotelbuchung etc.. war okay. Schließlich stellte sich heraus, dass ich auch als Zuhörer wegen der Kongress-Beteiligung eine Arbeitserlaubnis hätte haben sollen. Mit „Engelszungen“ – damals gab es noch ein 10-Jahres-Visum – konnte… Mehr

Indigoartshop
6 Jahre her

„verquere Vorstellung von Gleichheit. Kein Passagier darf von vornherein genauer untersucht werden als alle anderen.. “ Vor Jahren auf dem Stuttgarter Flughafen vor der Schleuse. Alles aufs Band: Laptop, aller Tascheninhalt aus Sakko und Hose, Gürtel. Da- ! Die Dame am Bildschirm hatte was entdeckt. „Machen Sie mal bitte mal die Tasche auf.“ Mein Feuerzeug (ein gefaktes GI Zippo aus Saigon). Das kann nicht mit! Nach Diskussion mit einem anderen Security Mitarbeiter konnte ich die Hülle retten und den gefährlichen Teil dieser Höllenmaschine (Zündrad, Feuerstein, Docht) in ein Glaskästchen einwerfen, wo Feuerzeuge, Nagelscheren, Sicherheitsnadeln, etc bereits ein hübsches Häufchen bildeten.… Mehr

Nibelung
6 Jahre her

Man läßt sie hier alle rein um sie anschließend überwachen und bekämpfen zu müssen und diese Logik findet fast überall statt und entbehrt jeglicher Grundlage und soll eigentlich nur ein vages Sicherheitsgefühl erzeugen, denn wer etwas vor hat, den kann man auch nicht zu hundert Prozent daran hindern und deshalb Kontrollen ja, aber in Unaufgeregtheit und mit entsprechender Härte bis ins kleinste Detail bei Personen die sich nach Augenschein verdächtig machen und dafür hat das Kontrollpersonal nach Jahren den geeigneten Blick und das Gespür und wer überführt wird, sofortige Ausweisung und Einreiseverbot für viele Jahrzehnte und außerdem wäre es auch… Mehr

Karl Heinz Muttersohn
6 Jahre her

Der einzige sichere Weg, Anschläge auf Flugzeuge durch Passagiere zu verhindern ist den Passagier als solchen zu verbieten. Das käme auch den Grünen sehr entgegen, denn der ökologische Fussabdruck des Fliegens ist schlicht inakzeptabel. Wenn wir dann noch strikt vegan essen, kann die Welt vielleicht doch noch gerettet werden.

Werner Ocker
6 Jahre her

Voll ins Schwarze getroffen. Unabhängig von der Sicherheitshysterie, der ich schon einige verpaßte Flüge und Übernachtungsspesen verdanke, kotzt mich das Reisen mit dem Flugzeug dem ich jahrzehntelang beruflich ausgesetzt war an. Man wird wie Schüttgut behandelt. Transportvieh hat es komfortabler, wegen der Tierschutzgesetze. Ich fordere Fluggastschutzgesetze. Aber die Leute sind doof, sie wollen unbedingt verreisen, pekuniär möglichst billig, ansonsten darf es kosten was es wolle. Verarschung durch Sicherheitsorgane und Fluggesellschaften inbegriffen. Selber schuld. Nicht die Reisenden von Berufs wegen, die Vergnügungsreisenden. Sollen sie schmoren.

Oblongfitzoblong
6 Jahre her

Wir haben in den letzten drei Jahren mehrere Hunderttausend sog. Flüchtlinge in Deutschland aufgenommenen. Nach der Bearbeitung ihres Antrages, der bis zum 1.8.2018 ohne aktive Mitarbeit des Antragstellers entschieden wurde, wurde ein rechtsgültiger Ausweis ausgestellt. Man stelle sich vor, einer dieser Menschen, wie man weiß, sind viele Gefährder und mutmaßliche Terroristen unter den sog. Flüchtlingen gewesen, fliegt mit diesen Papieren in die USA. Dort verübt er einen Anschlag. Wie werden wohl Trump und die amerikanische Öffentlichkeit reagieren?

Farbauti
6 Jahre her

Der deutsche Standard heißt schon länger: Hysterie.

Maskenball
6 Jahre her

Es ist zu heiß um viel zu schreiben und schreiben könnte man ohne Ende. Daher nur dies ;
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Harry Charles
6 Jahre her

NAJA, SICHERHEIT MUSS SCHON SEIN, aber man muss die Akzente an der richtigen Stelle setzen. Es bleibt unerfindlich, wie man so fahrlässig sein Kann, die Grenzen sperrangelweit offen zu lassen und damit Kriminellen und Gefährdern Tür und Tor zu öffnen. Der bombastische Aufwand, der aus nichtigem Anlass den Franz-Josef Strauß (der hätte sich totgelacht über den Irrsinn) – Flughafen lahm legte steht in eklatantem Missverhältnis zu der permissiv-verantwortungslosen Asylpolitik. Was das Angst-machen angeht, das ist zu einem Geschäft linksgrüner Wichtigtuer geworden. Dieselben Leute, die uns glauben machen wollen, Salz (das seit Millionen von Jahren in der Erde lagert ohne schlecht… Mehr