Rettet die FAZ! Eine große Zeitung braucht das Land. Eine Chronologie des Niedergangs

Ach ja, das täglich fortgeschriebene Medienkrisenspektakel ist schon amüsant und kippt immer wieder ins tragische Fach. Amüsant ist, wie sich der SPIEGEL selbst zerlegt. Das selbsternannte „Sturmgeschütz der Demokratie“ (Rudi Augstein) kartätscht die eigenen Reihen nieder. Das kann man sich in Ruhe anschauen. Echte Sorge bereitet die FAZ: Wenigstens eine gute Zeitung braucht das Land. Das ist eine nationale Notwendigkeit. Mittlerweile entsteht hier am Ende des Beitrags in kürzester Zeit ein Archiv über den Niedergang des gedruckten Wortes. (Zuletzt 25.9.2014)

Keine Koof-Michs beim SPIEGEL und baldiges Ende?

Aber erst mal die SPIEGEL-Posse. Jetzt bekämpft also auch noch der Betriebsrat den Chefredakteur. Titanic fährt flott, der Eisberg ist in Sicht, die Brücke streitet. Büchner hatte seinerseits seinen heftigsten Gegnern unter den Ressortleitern und gleichzeitigen Vertretern der Mitarbeiter-KG, eine fette Abfindung und einen zweiwöchigen Urlaub zum Nachdenken für´s Ausscheiden angeboten.

Nun ist das ja ehrlicherweise ein Vorgehen, das man unter der Abteilung „heftiges Kopfschütteln“ ablegen möchte: Seinen Gegnern, die ja die Interessenvertreter der Belegschaft sind, Cash anzubieten, grenzt an Bestechung und kann nur zurückgewiesen werden – als Koofmich kann keiner gehen, der einen Rest Anstand hat.

Und wenn man feuert, muß man schnell feuern – nicht nach Bedenkzeit. Wer sich Respekt erkämpfen will, soll Ex-Spiegel-Chef Stefan Aust gesagt haben, der muß am Anfang mal ein paar Leichen aus dem Fenster auf den Hof werfen. Für´s Wohlfühlklima war der Spiegel noch nie berühmt, und dafür werden Zeitschriften ja auch nicht gekauft. (Aust hat mir mittlerweile mitgeteilt, dass ihm dieses Zitat fälschlich zugeschrieben werde. Nun gut. In seiner Schärfe hätte es gut von ihm sein können und inhaltlich teile ich es.)

Büchner schubst keinen mehr vom Fensterbrett.

Jetzt kann er nur noch selber springen; so gut wie tot ist er schon.

Das bestätigt sich; so die aktuellen Meldungen vom 25. 2. 2014. „Entscheidung zum Wochenende?“, schreibt der Mediendienst Turi und weiter: “ Die mächtige Mitarbeiter-KG, mit 50,5 % Mehrheitseigner des Spiegel-Verlags, wird auf der Gesellschafterversammlung am Freitag wohl die Ablösung von Chefredakteur Wolfgang Büchner fordern, berichten unisono „Horizont“ und „Handelsblatt“. Gruner + Jahr muss der Ablösung allerdings zustimmen, noch ist offen, ob der Verlag das tun wird. Denn G+J besteht darauf, dass ein Nachfolger bereit steht, bevor Büchner geschasst wird. weiterlesen auf turi2.de, „

Mehr Geld für kluge Köpfe

Mehr Sorge mache ich mir um die FAZ. Deutschland braucht eine Zeitung von klugen Köpfen für kluge Köpfe; eine Zeitung, die wirklich kompetent ist, ein weltweites Korrespondentennetz genauso unterhält wie Redaktionsbüros vor Ort. Deutschland braucht eine Stimme, die wegen ihrer Einsichtsfähigkeit auch global gehört und verstanden wird. Diese Zeitung muss auf Augenhöhe mit dem Wallstreet Journal oder der Financial Times schreiben; sie muss unabhängig sein. Manche Blätter schreiben ja schon wie ein windiger, publizistischer Einflußagent Putins; und bezahlt werden sie ja auch dafür, wie man hört. Sumpfblüten mag es ja geben, aber solche schillernden, herumirrenden Schaumschlägereien reichen nicht für ein großes Land und eine der größten Volkswirtschaften.

Was wir brauchen, ist eine unabhängige, unbestechliche Stimme. Schon jetzt, sagt der Historiker Arnulf Baring, „spürt man die Kümmernisse einer Redaktion, die sich immer mehr einschränken muß“. Aber die Qualität darf nicht leiden, daran müßten auch jene Interesse haben, die nicht jeden Tag diese Zeitung lesen.

Hoffentlich verfügt die FAZ-Stiftung noch über die Mittel, um die Restrukturierung vorzunehmen und neue digitale Geschäftsfelder zu erschließen. Hoffentlich gelingt es der FAZ, ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit sicherzustellen und sich für das digitale Zeitalter fit zu machen.

Sollte dies nicht der Fall sein, braucht diese Zeitung eine weitere, privatwirtschaftlich getragene Auffanglösung. Es kann doch nicht sein, dass wir den täglich gesendeten Quatsch der öffentlich-rechtlichen Sender mit Rundfunksteuern in einer Größenordnung von 8 Milliarden € jährlich finanzieren – aber es an ein paar Dutzend Millionen für eine notwendige publizistische Stimme fehlt. Arnulf Baring fordert eine „Nationale Stiftung“, um den Qualitätsjournalismus zu retten. Bemerkenswert: Erste massive Angebote zur Hilfe werden schon diskutiert. Die Bereitschaft ist vorhanden.

Es gibt viele Weg zum Ziel. Aber nicht mehr viel Zeit.

Update: Das hier vorgestellte Stiftungsmodell zur Rettung der FAZ wird breit diskutiert. Hier das Hamburger Abendblatt – bei mir mit Quellenangabe – übrigens ein Merkmal der Qualitätspresse, zu dem sich das Hamburger Abendblatt ausdrücklich nicht bekennt.

Und das Sterben beschleunigt sich

Die hessische Echo-Mediengruppe („Darmstädter Echo“) will mehr als die Hälfte ihrer 300 Vollzeitstellen streichen und die Tageszeitung künftig mit nur noch 140 Mitarbeitern produzieren. Bei den 120 fest angestellten Redakteuren soll es eine „geringere Abschmelze“ geben. Laut Newsroom.de kommen die überregionalen „Echo“-Seiten künftig von der Verlagsgruppe Rhein-Main („Allgemeine Zeitung Mainz“), die bereits Druckpartner der Darmstädter ist. Ganze Verlagsbereiche wie Callcenter, IT und Rechnungswesen werden ausgegliedert. Das Verlagsgebäude in Darmstadt wird verkauft.

Eine Übersicht über die jüngsten Krisen hat hier das Fachblatt Horizont zusammengestellt.

Und in der Meinungsspalte finden Sie den Beitrag einer Kollegin, die sagt: „Endstation Winzerfest“  – nicht das Internet bringt die Zeitung um, sondern ihre Phantasielosigkeit.

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