„Die Presse am Sonntag“: Klarsicht auf die EU

Der Kanzlerin EU-Event ist lediglich eine illusionistische David-Copperfield-Nummer ... Sie verkauft das vage Versprechen, den bestehenden Rechtsanspruch auf Rücküberstellung von Asylwerbern schneller als bisher durchzusetzen, als Errungenschaft.

„Merkels Taschenspielertrick” heißt der Leitartikel von Christian Ultsch. Welch wohl tuender Kontrast zu den Ergebenheitsadressen der Berliner Hofpresse. Hier die Ultsch’schen Schmankerl:

«Die deutsche Kanzlerin will ihre Koalition und die Union mit einer Luftakrobatiknummer retten. Mit bilateralen Deals verkauft sie den Rechtsanspruch auf Zurückweisung von Dublin-Fällen neu …

Um ihren Koalitionsstreit mit CSU-Innenminister Horst Seehofer beizulegen, spannt die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, halb Europa ein …

es ist lediglich eine illusionistische David-Copperfield-Nummer … Sie verkauft das vage Versprechen, den bestehenden Rechtsanspruch auf Rücküberstellung von Asylwerbern schneller als bisher durchzusetzen, als Errungenschaft …

… Vor allem aber ist der Migrationsstreit Ausdruck eines Richtungskampfs in der Union, der an Heftigkeit zunehmen wird, je näher das unweigerliche Ende der Ära Merkel rückt.»

Ratspräsidentschaft

Das Bundeskanzleramt schaltet in der Sonntagszeitung am Tag des Beginns der Ratspräsidentschaft einen Offenen Brief von Kanzler und Vizekanzler an die Österreicher als bezahlte Anzeige, wo es unter anderem heißt (Hervorhebung Red.):

Der Vorsitz bietet die Möglichkeit, konkrete Ergebnisse bei wichtigen Anliegen zu erzielen. Unsere Schwerpunkte sind der Kampf gegen illegale Migration und für einen wirksamen gemeinsamen Außengrenzschutz sowie die Sicherung des Wohlstandes und eine gute Nachbarschaftspolitik.

Es ist uns wichtig, das Vertrauen in die EU wieder zu stärken und sicherzustellen, dass die EU ihre großen Aufgaben lösen kann. Um dieses Ziel erreichen zu können, setzen wir auf das Subsidiaritätsprinzip: Die Europäische Union soll in Zukunft weniger tun – das dafür aber effizienter.

Innovation

Ein Interview von Herhard Hofer hat nur scheinbar nichts mit der EU zu tun, in Wahrheit konterkariert es den sozialdemokratischen Bürokratengeist der Kommission wie aller internationalen Organisationen und praktisch aller Parteien Europas.

Warum haben wir den Glauben an den Fortschritt weitgehend verloren? – dieser Frage geht der Wirtschaftspublizist Wolf Lotter in seinem neuen Buch „Innovation“, „Streitschrift für barrierefreies Denken“ nach. Hier Auszüge:

«Wolf Lotter: Bei vielen Menschen ist die Vorstellung verbreitet: Es kann nicht mehr besser werden. Wir haben verlernt, an den Fortschritt zu denken, wir haben gelernt, an den Erhalt des Systems zu denken. „Industria“ heißt ja Fleiß. Deshalb ist die Industriegesellschaft eine Gesellschaft, die die Fleißigen fördert. Allerdings jene, die immerzu das Gleiche tun und nicht jene, die innovativ sind …

… deshalb geht es darum, eine Innovationskultur zu etablieren …

Wir geben der Wissensgesellschaft Namen wie „Industrie 4.0“ und suggerieren so, dass eh alles beim Alten bleibt …

„Sag mir eine bessere Lösung als jene, die du bereits kennst.“ Diesen Ansatz muss man von klein auf motivierend fördern. Dann gäbe es auch weniger Menschen, die das Gefühl haben, nicht mehr gebraucht zu werden.

Aber das Gegenteil passiert. Jede politische Partei verspricht, dass sich nichts dramatisch ändert.

Eine Organisation ist – unabhängig davon, ob es sich um ein Amt, eine Firma oder eine Partei handelt – dazu da, dass sich Dinge nicht ändern. Das ist ja durchaus sinnvoll, so werden bestimmte Dinge standardisiert, normiert und vereinfacht. Aber: Wenn das der einzige Zweck ist, dann entsteht Bürokratie. Und Bürokratie ist der Todfeind aller Innovation und Veränderung …

… Erneuerung funktioniert deshalb nur, wenn man all diese Organisationen aufbricht – brutalst möglich.

Es gibt eine Pendelrückschlagbewegung, die zu Trump und anderen Anführern oder Missionaren führt …

… Der klassische junge Rechte und der klassische junge Linke unterscheiden sich doch kaum. Beide sind für Regulierung, für härtere Maßnahmen, für einen stärkeren Staat, sie sind aber gleichzeitig für alle Vorteile, die die Marktwirtschaft und der Kapitalismus bieten. Sie sind gegen das Gesamtsystem. Sie sind – um es offen zu sagen – ungebildet.

… Das Selberdenken wird vernachlässigt. Im Gegenzug werden die Leute mit sinnlosem Schrottwissen zugestopft. Kein Wunder, dass die alle desorientiert sind, nach einem Führer rufen oder nach einer Revolution. Den Menschen fehlt der Kompass und der Sextant, und das ist humanistische Bildung. Zuhören, verstehen wollen, neugierig sein und zweifeln. Heute wollen die Leute nur „was anderes“ haben. Aber das ist noch kein Zweifeln. Zweifeln heißt: Wie kann ich die Dinge besser machen? Da beginnt Innovation.»

Ein Dossier zur österreichischen Ratspräsidentschaft findet sich auf Die Presse online. Danach sieht alles nach dem Schwerpunkt auf einer echten EU-Außengrenztruppe von 10.000 Mann aus.

Das ist was, wäre es alles, müsste es schon jetzt als zu kurz gesprungen beurteilt werden.

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Kommentare ( 21 )

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Kaltverformer
6 Jahre her

Man kann durchaus sagen, dass der Sozialismus in Deutschland gewonnen hat.

Tigerlein
6 Jahre her

Was sich im Moment in der Bundesregierung abspielt ist das reinste Kasperletheater wenn nicht gar Irrsinn.
Die Kanzlerin ist auf einem rotgrünen Trip,der Innenminister ringt um sein Profil und der Rest des Kabinetts ringt kopflos die Hände!!!
Das kann doch kein Mensch mehr ernst nehmen!

Imre
6 Jahre her

Halte den Kurz für intelligent genug, Tipps einer untergehenden Kanzlette zu ignorieren, oder ihr einen Rettungsring zuwerfen zu wollen!

Mozartin
6 Jahre her

Bedauerlicher Weise hat sich Obama davon zuwenig unterschieden, was man ihm aber nicht wirklich vorwerfen kann. Es gilt zu bedenken, dass er der erste „schwarze“ Präsident der USA war und dass er über eine begeisterte Bewegung ins Amt getragen wurde. Das geht dann nicht auf dem gleichen Weg wie Trump, aber missionarisch war er eher für den Zusammenhalt der US-Gesellschaft, ohne es ausreichend zu erden, ansonsten eher pragmatisch. Obama war für mich schon ein großer US-Präsident statt einer wie ich vermuten würde „Hillary, überhaupt Clinton-USA“. Darin folgt ihm Trump, deshalb wirkt die parlamentarische Demokratie auch so vital in den USA.… Mehr

pcn
6 Jahre her

Der österreichische Bundeskanzler ist nun die letzte Hoffnung.

giesemann
6 Jahre her

Du fragst dich: So viel intellektueller Aufwand bei der Bklerin, nur um die sunnitischen Migranten in’s Land zu zerren? Was soll das? Was wollen die Deutschen? Fragen sich alle ringsum immer lauter und deutlicher. Mehr sog‘ i net.

Anton Weigl
6 Jahre her

Kretschmann war doch beim KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland.
Eine Gruppierung die Pol Pot gehuldigt hat.
Auch viele weitere Grüne waren früher beim KBW.

pcn
6 Jahre her
Antworten an  Anton Weigl

So ist es!

Bernhard F.
6 Jahre her
Antworten an  Anton Weigl

Der KBW, neben anderen kommunistischen Vereinigungen, wurde von der DDR finanziert. Honnecker ist es gelungen – nach Guillaume – ganz, ganz viele Kommunisten in Führungspositionen der BRD zu infiltrieren. Und der Oberkommunist, der sich so hervorragend mit den Grünen versteht, ist unser Bundeskanzler. Ich kann garnicht soviel fr….. wie ich k….. möchte.

Hajo
6 Jahre her

Wäre es aus dem frommen Wunsch heraus eine Luftnummer, dann könnte man noch lächeln, aber hier werden wieder ganz üble Tricks nach altbekanntem Muster angewandt und die Lüge dabei ist erkennbar, denn viele Länder haben nach Zeitungsberichten die Absprachen bereits dementiert und die deutsche Kanzlerin mit ihren Aussagen, sofern alles stimmt, zur Lügnerin erklärt und das ist eine ungeheuerlich Beschuldigung und sie scheint nicht einmal vor dieser Blamage zurückzuschrecken, nur um ihre eigene Haut zu retten und sowas ist oberste Repräsentantin eines Staates, da kann man sich nur noch angewidert abwenden und sein Heil bei anderen Parteien suchen, denn sie… Mehr

Heinrich Niklaus
6 Jahre her

Die aktuellen Aufrufe verschiedener Politiker, die CSU solle staatspolitische Verantwortung wahrnehmen, oder man solle die Regierung nicht gefährden bis hin zu der Schwachsinns-Äußerung von Herrn Günther aus Schläfrig-Holstein, „er glaube noch an das Gute“, zeigen sehr deutlich, dass es den Damen und Herren um alles Mögliche geht, nur nicht um Deutschland. Und bei den Medien, die mit einer Merkel-die EU-Gipfel-Siegerin-Kampagne der Kanzlerin zur Seite standen, dürfte auch klar sein, dass die uns, wenn es eines Tages soweit ist, die Scharia als etwas Erstrebenswertes verkaufen werden. Sie sind bis auf wenige Ausnahmen derart korrumpiert, dass man eigentlich nach der Methode „Erdogan“… Mehr

Peter Kern
6 Jahre her

Es gibt in der „Die Presse“ genau zwei Autoren, Christian Ultsch und vielleicht noch Christian Ortner, die das können und anscheinend auch dürfen. Die große Mehrheit der anderen Autoren folgt genauso dem linken Mainstream. Aber in Zeiten wie diesen muss man schon für diese Lichtblicke von Zeit zu Zeit dankbar sein.