Krisenfelder der Weltwirtschaft: Euro, EU und Türkei. Der Euro rutscht ab und die Angst vor Trumps hartem Handelskurs wächst - und trifft Deutschland.
Die Zinsen steigen. Die amerikanische Notenbank hat den Leitzinssatz soeben zum zweiten Mal in diesem Jahr um einen Viertelprozentpunkt erhöht, die Spanne liegt jetzt bei 1,75 bis 2,0 Prozent. Die US-Zentralbanker ließen überdies durchblicken, dass sie zügig auf diesem Pfad voranschreiten wollen. Fed-Präsident Jerome Powell sprach von einer sehr starken US-Wirtschaft mit anziehendem Konsum, die Inflation werde im laufenden Jahr leicht über dem Fed-Ziel von zwei Prozent liegen. Beobachter rechnen jetzt mehrheitlich damit, dass es in diesem Jahr noch zwei weitere Anhebungen geben wird. Vor der Sitzung wurde nur eine weitere Erhöhung erwartet. Dennoch reagierte die Wall Street nur mit einem moderates Minus. Auch die EZB hat ein deutliches Zeichen gesetzt. Präsident Mario Draghi will die Anleihekäufe ab Dezember einstellen. Der Leitzins bleibt in der Eurozone dabei mindestens bis Sommer 2019 bei null, hier läuft die Konjunktur nicht rund. Das Ergebnis der aktuellen Notenbank-Runde fiel für DAX-Anleger erfreulich aus: Der Euro rutschte ab, was bekanntlich den Exporteuren zugutekommt, der Leitindex sprang an und überwand wieder die Marke von 13 000 Punkten.
Die geopolitischen Turbulenzen liegen den Wirtschaftsführern zurzeit schwer im Magen. Trotz der guten Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft vom Jahresbeginn zweifeln die Analysten inzwischen, ob sich die Hoffnungen erfüllen. Das Meinungsklima der Experten in internationalen Finanzmedien ist im Hinblick auf Länder wie Frankreich und Ungarn besonders positiv gestimmt. „Hoffnungen auf mehr Wachstum aufgrund von Fortschritten bei den Reformen stecken hier bei den Einschätzungen zu Frankreich dahinter“, so Matthias Vollbracht, Leiter Medienanalyse bei Media Tenor International in Zürich. Auch die fundamentale Einschätzung zum weltwirtschaftlichen Wachstum und der Entwicklung in Deutschland seien weiter eher positiv. Allerdings sehen die Finanzexperten auch deutliche Risiken: Die Auswirkungen der US-Sanktionen auf die russische Wirtschaft werden von den Analysten als sehr gravierend angesehen. „Mit den Verhandlungen zur Regierungsbildung in Italien sind die Risiken für den Euro und die Eurozone ebenfalls ganz neu in den Blick gerückt“, so Vollbracht. Kritisch wird auch die Entwicklung in der Türkei gesehen. Insgesamt wurden 2203 Aussagen von Analysten im zweiten Quartal in internationalen Leitmedien ausgewertet.
Während sich Donald Trump vergangene Woche in Singapur um den Weltfrieden verdient machte, setzte es zu Hause eine krachende Niederlage. In Washington entschied ein US-Gericht, dass AT & T den Medienkonzern Time Warner entgegen des ausgesprochenen Wunsches des US-Präsidenten für 85 Milliarden US-Dollar nun doch übernehmen darf. Kartellrechtliche Bedenken, die Trump angeführt hatte, gab es nicht. Nur wenig später gab der US-Kabelkonzern Comcast eine verbesserte Offerte von 65 Milliarden US-Dollar für große Teile des Filmkonzerns 21st Century Fox ab. Dies wiederum setzt den Unterhaltungsgiganten Disney unter Zugzwang, der sich mit Fox auf einen Kaufpreis von 52 Milliarden Dollar geeinigt hatte. Hintergrund für das Fusionsfieber ist der boomenden Web-Streaming-Markt, der dank Netflix und Co als Goldgrube gilt. Leidtragende des Trends sind Kabelnetzbetreiber wie AT & T und Comcast, die mit dem Scheckheft nun nach attraktiven Medienunternehmen greifen.
Vergangene Woche sorgte der Bitcoin für Schlagzeilen. Ein Hackerangriff auf eine Kryptowährungsbörse in Südkorea hat Anleger in digitalen Währungen erschüttert und eine Verkaufswelle ausgelöst. Dabei verlor der Bitcoin so stark an Wert wie seit Mitte Februar nicht mehr. Seit Dezember 2017 ist es für die Webwährung um 65 Prozent nach unten gegangen. Beigetragen haben auch Verkäufe von Großinvestoren, den sogenannten Bitcoin Whales. Diese besitzen nach Angaben der „Financial Times“ allein ein Drittel aller Bitcoin im Wert von 37,5 Milliarden US-Dollar. Soll heißen, ein relativ kleiner Personenkreis weltweit kann mit Käufen und Verkäufen die Bitcoinkurse kräftig bewegen, was die hohe Volatilität der Kryptowährung zumindest teilweise erklärt.
Die Eskalation des internationalen Handelsstreits hat am Freitag an der Wall Street doch ein wenig etwas auf die Stimmung gedrückt. US-Präsident Donald Trump machte ernst und verhängte gegen China Strafzölle auf Waren im Wert von 50 Milliarden US-Dollar. Die Zölle werden vom 6. Juli an fällig. Als Reaktion kündigte Peking ebenfalls ab 6. Juli Vergeltungszölle auf amerikanische Waren im Wert von zunächst 34 Milliarden Dollar an. Insgesamt sollen die Zölle am Ende auch insgesamt Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar betreffen.
Der Leitindex Dow Jones Industrial fiel leicht auf 25 090,48 Punkte. Auf Wochensicht ergab dies ein Minus von 0,9 Prozent. Der marktbreite S&P-500 gab um 0,1 Prozent auf 2779 Zähler nach und der Technologiewerte-Index NASDAQ 100 schloss 0,3 Prozent tiefer bei 7256 Punkten. Dieser hatte am Vortag noch ein Rekordhoch erreicht.
Die jüngste Handelsbilanz der EU dürfte Trump in seiner Kritik an großen Exportländern wie Deutschland bestärken. Denn die Ausfuhren der EU in die USA legten in den ersten vier Monaten des Jahres um drei Prozent zu, während die Einfuhren aus den USA um 3,1 Prozent zurückgingen. Vor einer Woche hatte bereits China trotz eines insgesamt rückläufigen Handelsüberschusses einen Anstieg im Warenaustausch mit der weltgrößten Volkswirtschaft berichtet.
Unternehmensseitig litten besonders konjunktursensible Aktien unter der Verschärfung des Handelskonflikts. So büßten die Papiere des Baumaschinenherstellers Caterpillar und des Industrieriesen General Electric jeweils mehr als zwei Prozent ein. Dagegen gewannen die Aktien von General Motors knapp ein Prozent. Der Autobauer erwägt laut Insidern einen Börsengang des Geschäftsfelds autonomes Fahren.
Übernahmegerüchte bescherten den Aktien des Nutzfahrzeugherstellers Navistar sogar ein Plus von gut neun Prozent. Die Anleger spekulierten einem Händler zufolge, dass Großaktionär Volkswagen das Unternehmen vollständig erwerben könnte. Stephen Volkmann vom Analysehaus Jefferies zufolge könnten die Wolfsburger Navistar helfen, die Forschungs- und Entwicklungskosten zu senken sowie den weltweiten Erwerb von Rohmaterialien erheblich zu erleichtern. Die VW-Vorzugsaktien reagierten derweil in Frankfurt kaum auf die Spekulationen und lagen am Ende mehr als ein Prozent im Minus.
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