Der Wissenschaftliche Dienst (WD) soll Abgeordete und Parlament unterstützen

Ist die Disziplinierung des öffentlichen Dienstes inzwischen so weit, dass Fachleute dort regierungskritische Erkenntnisse immer öfter zwischen konformen Feststellungen verstecken müssen?

© Carsten Koall/Getty Images

Als Assistent von mehreren Bundestagsabgeordneten lernte ich den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages (WD) früh kennen und schätzen. Die Recherchekapazität, die Assistenten der Abgeordneten nicht haben konnten, ersetzte der Dienst meist relativ schnell und oft in einer Qualität, mit denen den Ministerien Paroli geboten werden konnte, die Gesetzesvorlagen, Antworten auf Kleine und Große Anfragen, aber auch Antworten der Bundesregierung in den Fragestunden lieferten.

Es gab Virtuosen in den Ministerien und im Wissenschaftlichen Dienst, zwischen denen Personen im Laufe ihrer Karriere auch wechselten, die sich unbemerkt von ihren Oberen Bälle hin und her spielten.

Löchriges Alibi
Antifa: Nicht extremistisch, weil das Geld vom Staat kommt?
Vor diesem Hintergrund interessierte mich Roland Tichys scharfe Kritik jenseits seines Befundes in der Sache, haben Regierung, die sie tragenden Fraktionen und jene fast alle, die sie unterstützen, den Wissenschaftlichen Dienst als Waffe der einzelnen Abgeordneten stumpf gemacht? Beim Lesen der Studie «Linksextremismus in Gestalt der so genannten „Antifa“ – Organisationsbezogene strafrechtliche Implikationen» erinnerte ich mich an Bücher in der DDR, die der Geübte unter Auslassung der SED-konformen Einschübe lesen konnte wie ziemlich ideologiefreie Werke. Das in der DDR 1974 erschienene Buch zum Hambacher Fest ist mir noch in Erinnerung.

Über eine höchst regierungskritische Ausarbeitung des WD zur Verfassungswidrigkeit des NetzDG erschien ein Bericht auf TE, dem TE-Bericht über die Europarechtswidrigkeit des NetzDG stützte sich ebenfalls auf den WD. Gleiches gilt für den Bericht über jede fehlende Grundlage für „Merkels Grenzöffnung“. Über diese Studie hatte auch Robin Alexander in der WELT geschrieben.

Ist die Disziplinierung des öffentlichen Dienstes inzwischen so weit, dass Fachleute dort regierungskritische Erkenntnisse immer öfter zwischen konformen Feststellungen verstecken müssen?

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Kommentare ( 23 )

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Hans Wurst
6 Jahre her

Nach der im Gutachten gegebenen Definition wäre auch eine polygame Ehe eine kriminelle Vereinigung im Sinne des StGB.

GermanMichel
6 Jahre her

Ein Aspekt der 68er Revolution wird viel zu wenig beachtet – es war vielleicht auch eine Revolution der IQ100 Menschen?
Nicht mehr bauernschlau und gerissen, handwerklich minderbegabt, aber für Studium und Wissenschaft definitiv zu blöde. Genaues Mittelmaß, kollektivistisch, angepasst, Phrasen dreschend, Unsinn glaubend, immer auf Masse Mehrheit und Moral bauend anstatt auf Kant (habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen).

Franz Reinartz
6 Jahre her

Na ja, das „bossing“ ist stark im öffentlichen (nicht nur wissenschaftlichen) Dienst. Wer noch am Beginn der Laufbahn steht, überlegt halt mindestens zwei Mal, ob er „wider den Stachel löckt“. EdeKa (Ende der Karriere) ist schnell. Und zweimal nicht befördert senkt die Pension doch dauerhaft.

Hoffnungslos
6 Jahre her

Die Frage ist doch, wie unabhängig darf der wissenschaftliche Dienst heute denn überhaupt wissenschaftlich arbeiten? Bei dem herrschenden politischen Meinungskartell dürfte es mit der wissenschaftlichen Objektivität nicht so weit her sein.

Berndi
6 Jahre her

Die Frage lautet nun also, wo ist Winston im WD?

Heinrich Niklaus
6 Jahre her

Der Marsch durch die Institutionen ist eine 1967 von Rudi Dutschke artikulierte Methode, in einer langfristigen politisch-strategischen Perspektive den Staat zu unterwandern. Die Formulierung sollte an den Langen Marsch von Mao Zedong erinnern. Dieser Marsch durch die Institutionen ist längst vollzogen. Es gibt gegenwärtig keinen Bereich in Deutschland, der nicht betroffen wäre. Die Gerichte bis hin zum BVerfG, der Öffentliche Dienst, die grün wählende Beamtenschaft, die links-grünen Medien, die Lehrer, Hochschullehrer etc. etc. und selbstverständlich auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Die „Willkommenskultur“ des Jahres 2015 ist zum Beispiel von diesen überall agierenden Internationalen Sozialisten getragen worden. Die gesamte Politik… Mehr

Wolfgang Schuckmann
6 Jahre her

Es ist eine höchst interessante Frage auch im Umgang mit der Vergangenheit. Wurden denn nicht auch in den „Schissjahren“ solche Praktiken geübt, um jede vernünftige Kritik an den damaligen Machthabern zu unterbinden. Damals war es das Reichspropagandaministerium, wo die Antworten schon vor den Fragen vorlagen. Nur gab es noch nicht diesen sogenannten wissenschaftlichen Dienst mit dem jetzt jedem Mitglied des Hauses in Berlin Unterstützung zuteil wird, sollte es sich ,aus welchen Gründen auch immer, auf etwas unsicherem Boden bewegen. Das ist erst mal als sehr gut zu betrachten, nicht jedoch, wenn diese Institution von Regierungsseite eventuell dazu mißbraucht wird um… Mehr

Zerberus
6 Jahre her

Ich würde eher vermuten, dass der/die Zuständigen für die Ausarbeitung ideologisch motivierte Überzeugungstäter waren, die schlicht mit der Wahrheit nicht rausrücken wollten, ohne dass da Druck nötig gewesen wäre.

Außerdem würde ich gerne nochmal die Werbetrommel rühren für die Gemeinsame Erklärung 2018, die jetzt im Bundestagspetitionsverfahren ist und mindestens 50.000 Unterschriften zusammenbekommen sollte, damit der Forderung endlich die Grenzöffnung zu beenden nachdruck verliehen wird.
https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2018/_05/_17/Petition_79822.nc.html

Klaus Mueller
6 Jahre her

Herr Goergen, die Frage kann man auch anders stellen: ist unser öffentlicher Dienst erneut unter Kuratel gestellt, daß diesmal ohne gesetzliche Ermächtigung, aber wissentlich Recht gebrochen wird? Oder warum findet die Remonstrationspflicht (§§ 56 BBG, 38 BRRG) keine Anwendung seitens der hoch-alimentierten und abgesicherten Staatsdiener? Rechtswidrige Entscheidungen und Gesetze vor allem durch die letzte und amtierende Bundesregierung und des Bundestags werden mindestens Historiker zuhauf beschäftigen.

Wilhelm Cuno
6 Jahre her
Antworten an  Klaus Mueller

Ihre Frage ist berechtigt, aber eher unter gesellschaftlichen Aspekten als juristisch zu beantworten: Der öffentliche Dienst ist aufgrund der unattraktiven Bezahlung, aber der hohen Arbeitsplatzsicherheit seit vielen Jahren nur noch für bestimmte Akademiker attraktiv. Das sind weniger die mutigen, idealistischen und risikobereiten, sondern die sicherheitsfixierten. Also Leute, denen es mit 27 wichtig ist, in Besoldungsgruppe A 13 einzusteigen und sich die Pension nach A 15 bereits ausrechnen zu können, auch wenn ihnen aufgrund geldpolitischer Wissenslücken unklar ist, dass zwar ihre Pension sicher ist, nicht aber die zukünftigen Preise in 40 Jahren. Das hat in Zeiten magerer Renten, ständigen Umstrukturierungen in… Mehr

WIING
6 Jahre her
Antworten an  Klaus Mueller

Danke für den Hinweis!

Wusste gar nicht daß es so was Sinnvolles gibt. Hätte zigmal im Falle der mündlichen Grenzöffnungsanweisung gebraucht werden müssen.

Jasmin
6 Jahre her
Antworten an  Klaus Mueller

Das Remonstrationsrecht ist, wenn sich die erste und zweite Leitungskraft einig sind, ausgehebelt. Auch wenn der Beamte mit der Entscheidung/ Anordnung seines direkten Vorgesetzten nicht einverstanden ist, der nächsthöhere aber die Entscheidung/ Anordnung mitträgt, verpflichtet, die Entscheidung umzusetzen. Der Beamte kann, falls sich die Entscheidung als rechtsfehlerhaft herausstellt, durch seine (gescheiterte) Remonstrationsrecht nachweisen, das er auf die Rechtsfehlerhaftigkeit hingewiesen hat, und ggf. nicht belangt werden. Der Angestellte im ö.D. hat diese Möglichkeit nicht. Ich arbeite seit über 20 Jahren als Angestellte im ö.D. einer kommunalen Verwaltung und bin seit 2015 direkt mit der Migration beschäftigt. Meine direkte Vorgesetzte wendet sich… Mehr

Hoffnungslos
6 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Unglaublich! Halten Sie durch, Jasmin!

Franz Reinartz
6 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Wenn Sie keine schriftlichen Weisungen mehr erhalten, haben Sie eigentlich nur die Chance, unmittelbar mit den Ereignissen Eigenvermerke anzulegen und diese – soweit Sie eine vertrauenswürdige Personalvertretung haben – derselben in Kopie vorerst vertraulich zur Kenntnis zu geben. Damit sichern Sie sich wenigstens minimal ab. Ob’s hilft ist dann was anderes.

Ali
6 Jahre her

Wie immer gut beobachtet Herr Goergen. Die sind auf der richtigen Spur. Danke.