DSGVO: Merkel macht ein Blitzgesetz gegen Merkel

Es klingt wie ein schlechter Witz, ist aber die GroKo Marke Merkel: Die Regierung will ein Blitzgesetz gegen ein Gesetz verabschieden, das sie gerade in Kraft gesetzt hat. Eine Blamage für das politische System aus Bundesregierung und Bundestag.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Bundestag hat am 27. April 2017, also vor knapp einem Jahr, das „Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU (DSAnpUG-EU)“ verabschiedet – die berühmte Datenverunsicherungsgrundverordnung. Man hätte ja schon beim Buchstabensalat DSAnpUG-EU ahnen können, dass da was schief läuft. Seit Donnerstag läuft es richtig gegen die Wand – am Tag vor seinem in Kraft treten haben Politiker der CDU und CSU ein „Blitzgesetz“ verlangt, um die schlimmsten Auswüchse zu verhindern.

Ein Blitzgesetz gegen Merkel

So fordert der Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU (MIT), Carsten Linnemann, von der Bundesregierung Schritte gegen das Abmahnwesen, das jetzt flächendeckend gegen Unternehmen, Handwerker, Blogs und Fußballvereine zu Felde ziehen und abkassieren kann. „Die Regierung muss jetzt schnell dafür sorgen, dass mit Abmahnungen kein Unwesen getrieben wird und dass die Betroffenen sicher wissen, dass versehentliche Versäumnisse nicht zu Bußgeldern führen“.

„Wir können die berechtigten Sorgen der Mittelständler und ehrenamtlich tätigen Bürger nicht einfach aussitzen“, so Linnemann, der auch Fraktionsvize der Unionsbundestagsfraktion für den Bereich Wirtschaft ist. „Wir müssen sie vor dem Missbrauch des Abmahnrechts schützen“. Der MIT-Chef sagte mit Blick auf entsprechende Regelungen im Nachbarland weiter: „Österreich macht vor, dass es geht.“ Recht hat er. In Österreich wurde das nationale Datenschutzgesetz mit Blick auf die neuen europäischen Regelungen so geändert, dass Verstöße gegen das DSGVO kaum beziehungsweise nur im Wiederholungsfall bestraft werden.

Wie gesagt, Linnemanns Notmaßnahme ist berechtigt. Sie kommt nur zu spät.

Eine lächerliche Regierung und ein überflüssiges Parlament

Man weiß nicht genau, ob man Lachen oder Weinen soll – eine Regierung, die ein Gesetz gegen ein Gesetz macht, das sie gerade verabschiedet hat? Sicherlich zum weinen. Und nicht zum lachen, dass sich der Deutsche Bundestag ebenfalls bis auf die Knochen blamiert hat: Das größte Parlament der Welt – nach dem Pekinger Volkskongress – hat nicht begriffen, worüber es da abgestimmt hat. 711 Abgeordnete wissen von nichts? Die Blamage geht weiter: Die DSAnpUG-EU wurde auch vom Bundesrat durchgewinkt. Auch die Länder haben nicht begriffen, was sie da verabschiedet haben. Das gesamte politische System Deutschlands, fett, aufgeblasen, wichtigtuerisch wie es ist, hat ein Gesetz durchgehen lassen, das von einer Gruppe meist grüner Europaparlamentarierer um Jan-Phillip Albrecht erfunden wurde. Es sind 86 einbedruckte Seiten voller Widersprüche, unklarer Begriffe, nicht handhabbarer Vorschriften und einer detaillierten Regelungswut, die ihresgleichen sucht und im Ergebnis sein angeblich eigentliches Ziel verfehlt: Facebook, Google und die anderen Datenkraken.

Denn weiter und unverändert arbeiten Facebook, Twitter und die Datenkrake Google – denen angeblich das Handwerk gelegt werden soll.

Unsere Welt wird ärmer

Was es tatsächlich nicht mehr geben darf, sind die Jubilarien-Seiten von Tageszeitungen, Newsletter von Freunden. Viele Blogs stellen ihr Erscheinen ein, der Fußballverein muss mehr Anstrengung auf Datenschutzrichtlinien setzen als auf Jugendarbeit. Whats-App-Gruppen von Schülereltern sind illegal. Wer auf Elternabenden fotografiert oder auf Schulabschlußfeiern und Sportfesten schießt, der macht sich verdächtig, einen „illegalen Datenspeicher“ anzulegen. Wir werden unseren Kindern und Enkeln Fotos von menschenleeren Stränden und Straßen hinterlassen, denn digitale Fotografie wird zum Straftatbestand. Die Datenschutzgrundverordnung ist ein Bürokratiemonster, das nur Papier und Streit und Zank erzeugen wird. Alle reden von Digitalisierung, Deutschland verbietet sie. Jetzt werden zwangsweise Kontakte gelöscht. Unsere Welt wird wieder ein Stück ärmer, kälter. Kommunikation wird zum Straftatbestand, Geburtstagsgrüße vom Handwerkermeister sind künftig so illegal wie die Kundendatei einer Modeboutique. Facebook, Twitter und Google ist das egal. Sie sind die vorgeschobene Begründung – der Bürger ist der Feind dieser Regierung.

Digitalisierung wird verboten

Man wird nicht geschützt, sondern bevormundet. Zudem sind die Hauptprobleme nicht gelöst. Unsere Daten werden immer noch in den USA – oder in einer diffusen, raum- und zeitlosen Cloud – gespeichert und verarbeitet. Die DSGVO holt sie nicht nach Europas zurück, leider.

Auch an der Überwachung durch NSA und andere Geheimdienste ändert sich nichts. Und natürlich auch nicht am “Big Brother”, den die EU-Staaten mit freundlicher Hilfe der EU-Kommission überall in Europa installieren, um lästige Kritik im Netz ab sofort via DSGVO zu blockieren. Die EU hat es nicht einmal fertig gebracht, dass alle Mitgliedstaaten auf die neuen Regeln und ihre Durchsetzung vorbereitet sind. Rund ein Drittel hinkt hinterher – dabei soll eine Verordnung eigentlich unmittelbar wirken.

Das Ganze ist ein Sinnbild dafür, was in der EU schief läuft. Man beschließt etwas, und kümmert sich nicht um die Verwirklichung. Wenn es dann schief läuft, ist natürlich “Brüssel” schuld. Und mit der Bürokratie will auch keiner was zu tun haben.

Das Versagen der Regierung Merkel

Aber es bleibt das Versagen der Regierung Merkel. Denn die deutsche Regelung ist geradezu eine Perversion. Erst durch die Kombination von EU-Recht und Datenschutzrecht kommt es in Deutschland und nur hier zu dieser totalen flächendeckenden Vernichtung von Kommunikation und diesem überbordenden Aufbau von Erlaubnissen, Genehmigungen und Protokollierungspflichten – und wer dagegen verstößt, macht sich strafbar. Eigentlich jeder.

Berlin hat aus den Augen verloren, dass jede Kommunikation voraussetzt, dass die Teilnehmer sich etwas merken – Eigenarten, Gespräche, Geschichte des Gegenüber. Für jede dieses Äußerungen ein Protokoll und eine Genehmigung einzuholen, ist erkennbar pervers wie wirklichkeitsfern – und hätte von einer vernünftigen Regierung niemals einem Parlament vorgelegt werden dürfen.

Nur eine Partei darf sich als Gewinner fühlen: die Grünen. Datenschutz und Ablehnung moderner Technik ist ihr Verdienst. Die ersten Bundestagsabgeordneten der Grünen waren stolz auf die Aufkleber an den Bürotüren: Hier steht kein PC, so hieß es in den 80ern. Merkel und ihre CDU hat diese Technikfeindlichkeit, die nach der IT die Kernforschung, dann die Gen-Technik, neuerdings die Automobilindustrie erreicht, schrittweise übernommen. Merkel als Obergrüne setzt jetzt ihre Phantasien um.

Aber es ist nicht nur Merkel. Jedes Parlament der Welt  hätte eine solche Vorlage abgelehnt – nur nicht die Ja-Sager im Deutschen Bundestag.

Demokratische Kontrolle? Fehlanzeige.

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Kommentare ( 161 )

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161 Comments
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Wuidara
6 Jahre her

Als Gestalter einer Webseite eines kleinen Vereins habe ich mich gezwungen gesehen diese Seite vorerst still zu legen – nicht zuletzt um Abmahnern zu entgehen und das komplizierte „Regelwerk“ zu vollziehen. Welch ein Aufwand für nix!

Berndi
6 Jahre her

Währenddessen: munter Newsletterbombardement mit dem Verweis, man könne sich ja unter Link XY abmelden. Wer außerhalb der EU operiert, den juckt das nicht, denn: vor welchem Gericht soll man verklagt werden? Klappt alles wieder mal nur in der Theorie. In stalinistischem Größenwahn die restliche Welt zur EU-Provinz erklärt. So geht grün.

Maskenball
6 Jahre her

„Noch ist der Mensch imstande, erst zu denken und dann zu handeln. Davon sollte so lange…“

Kann nicht sein, bei diesen Wahlergebnissen.

Maskenball
6 Jahre her

In welcher Partei sind doch gleich Mitglied Herr Linnemann und wo haben Sie wohl bei der letzten BTW Ihr Kreuzchen gemacht? Wenn Ihnen Ihre Mitglieder nicht endlich mal einen symbolischen Tritt in den Hinter verpassen, können die von mir jeden Tag von irgendwem abgemahnt werden. Man sollte immer wissen wem man sich verpfichtet fühlen muss und und für wen man arbeitet.Mit Ihrem Background und all den Zwitschervögelchen die Ihnen zur Verfügung stehen, sollten Sie eine größere Weitsicht haben.

Ede Kowalski
6 Jahre her

Sie hat dargetaner,was sie am besten kann: sich todstellen

Wosi
6 Jahre her

Lieber Herr Tichy, vielen Dank für diesen Beitrag. Hierzu müsste, anhand aktueller Beispiele, von nun an täglich der Unsinn publiziert werden, den dieses Gesetz, auf das insbesondere die GRÜN-ROTEN so stolz sind, anrichtet. Das Problem liegt übrigens nicht in Brüssel, sondern bei den Parteifunktionären im Bundestag, die wir als „Abgeordnete“ bezeichnen und die alles durchwinken, was ihnen an Vorlagen aus Brüssel auf den Tisch flattert. Die Damen und Herren in Berlin verstehen nämlich nicht, was sie im konkreten Fall beschliessen – DAS ist unser eigentliches Problem! Auch die AfD-Vertreter haben sich dieses Themas im Prinzip viel zu spät angenommen! Für… Mehr

Franz Reinartz
6 Jahre her

Es versteht sich doch von selbst, dass derartige „Gesetze“ angesichts der unbestreitbaren „Kompetenz“ der „Abgeordneten“ auf Anraten der jeweiligen „Ausschussmitglieder“ durchgewunken werden, sonst müsste man sich ja in der Sache mit etwas vertraut machen und darüber nachdenken, sich sozusagen seines Verstandes bedienen. Und es ist selbstverständlich, dass die Konsequenzen nur diejenigen treffen werden, die – in diesem Fall – mit kleinem Aufwand durch die Abmahnindustrie gegriffen werden können. Das sind nun mal Blogger, der Klempner im Dorf, der Fußballverein etc. und sicher nicht Facebook und Co. Also wie immer: Politik für die Galerie. NB: Ich habe mir wieder normale Filme… Mehr

Christian Martini
6 Jahre her

Lieber Herr Tichy, liebe 161 Kommentatoren vor mir – ihr liegt zur DSGVO alle faktisch falsch. Wirklich erstaunlich, nur eine einzige Ausnahme: Der Kommentator Markus Gerle. Damit seteht es 2 : 160, ich komme mir vor wie beim Linienexperiment von Solomon Asch 1951 und rufe Euch daher schmunzelnd zu: Ich bin ausgebildet, Linien nachzumessen und ich habe das schon für ganz Große und ganz Kleine ganz oft getan und ich habe auch hier nachgemessen und ihr liegt falsch. Leider kann ich euch die Früchte meiner jahrelangen Arbeit u.A. im Datenschutz nicht in einem einzigen Kommentar vermitteln, daher muss diese Warnung… Mehr

WEEEtoo
6 Jahre her
Antworten an  Christian Martini

Der sozialpsychologische Aspekt ist hochinteressant! Demokratische Wahrheitsfindung ist grundsätzlich nicht möglich. Schlimmer, wenn eine große Mehrheit dumm ist. Am allerschlimmsten, wenn sie absichtlich lügt. Eine kluge aber denkfaule Minderheit, welche die Wahrheit eigentlich kennt, schließt sich bewusst oder unbewusst trotzdem der falschen Mehrheitsmeinung an. Fatal, weil Politiker eher selten durch die Fähigkeit zur Selbstkritik glänzen. Sonst wären sie nicht in diese Position gelangt. So ungefähr, ja? In diesem Licht ist der so praktizierte Fraktionszwang höchst gefährlich, wenn sich Abgeordnete nicht mal die Mühe machen (brauchen), sich eine eigene Meinung zu bilden und unabhängig zu vertreten. Die oftmals fehlende Sachkompetenz wäre… Mehr

Sonni
6 Jahre her

DEXIT – Jetzt!!!
Und gleich dazu – MERKELEXIT, CDUEXIT, GRÜNEXIT, SPDEXIT.
Dann kann endlich der gesunde Menschenverstand wieder an die Macht.

Schwabenwilli
6 Jahre her

Frau Merkel fordert viel und der Tag ist lang.