Ramadan im Unternehmen 2018

Religionsausübung ist Privatsache, also ist es nicht legitim, Unternehmen und anderen Aebeitgebern die Kosten derselben anzulasten.

© Carsten Koall/Getty Images

Den Auftakt zur ausschließlich religiös konnotierten deutschen Medienberichterstattung zum diesjährigen Ramadan (16.05.-14.06.2018) machte das Handelsblatt am 14.05.2018 mit einem spirituellen Artikel unter dem Titel „Im Ramadan arbeiten wir weniger“. Verschiedene Muslime berichten über ihre Erfahrungen im Ramadan, so z. B. Karim (38): „Im Ramadan bekomme ich meine Energie von Gott“.

Ein muslimischer Unternehmer sagte: „Aber meine Angestellten müssen nicht wie sonst acht Stunden arbeiten, sondern nur so sechs, sieben. Und wenn ich sehe, jemand wirkt müde oder taumelt, schicke ich ihn an die frische Luft. Wer es wirklich nicht aushält, kann auch tagsüber was trinken oder essen.“

Das Handelsblatt berichtet aber nicht, wie die Rechtslage in Deutschland ist. Muslimische Unternehmer mögen ja tun und lassen, was sie wollen im Ramadan – die nicht-muslimischen Unternehmer haben sich aber den hiesigen Gesetzen zu unterwerfen. Und die sehen nun mal vor – wenn keine Neutralitätsregel im Unternehmen besteht – dass der Unternehmer die Minderleistung des religiös fastenden Muslim so wie auch sein Gebet während der Arbeitszeit zu bezahlen hat.

Ein religiöser Muslim ist davon überzeugt, dass die nicht korrekte Religionsausübung im Jenseits durch Allah hart bestraft und er Höllenqualen erleiden wird. Da es heute eine stärkere Religiosität in der islamischen Welt gibt als vor 50 Jahren (wo auch in Kabul kaum Kopftücher getragen wurden) widerspiegelt sich diese Frömmigkeit auch in deutschen Firmen mit muslimischen Personal.

Bei gesetzlich gegebener Religionsfreiheit am Arbeitsplatz bestimmt der Gläubige die Intensität der Ausübung seiner religiösen Pflichten – und nicht der Unternehmer. Dieser muss nach BGB § 616 die Religionsausübung während der bezahlten Arbeitszeit erlauben und auch die Kosten der Minderleistung im Ramadan tragen.

Die 2-3 täglichen Pflichtgebete sowie die Minderleistung im Fastenmonat können sich auf bis zu 40 Arbeitstage im Jahr aufaddieren – bei 250 Arbeitstagen im Jahr wären das bis zu 16 %.

Allein bei Zahlung des Mindestlohns von aktuell 8,84 € brutto sind das (einschließlich der Abgaben des Unternehmens) fast 11 € /h – bei einem 8-Stundentag etwa 88 Euro. Bei Stundenlöhnen von 17 € sind das dann fast 170 Euro pro Tag, die ein religiöser Muslim den Arbeitgeber zusätzlich kostet.

Da ist es schon interessant, dass das Handelsblatt darüber die Unternehmen nicht informiert. Ist das Handelsblatt im Prozess der Transformation zu einer muslimisch-spirituellen Wirtschaftszeitung?

Apropos informieren:

Kennen Sie das EuGH-„Kopftuch-Urteil“ von 2017? Vermutlich nicht. Auch dieses Urteil hat mit dem Ramadan zu tun. Der EuGH hat mit dem „Kopftuch-Urteil“ die Sonderrolle des AGG gekippt, was vielen Politikern und Meinungsbildnern in Deutschland offenbar schwer im Magen liegt.

Nicht mehr Politik und Gerichte bestimmen, ob die islamische Religion am Arbeitsplatz ausgeübt werden kann, sondern über 3 Mio. christliche und atheistische Arbeitgeber, beflügelt vom Profit.

Die Chefin der Anti-Diskriminierungsstelle der Bundesregierung, Frau Lüders, lieferte den einzigen amtlichen Kommentar zum EuGH-Urteil. 150 Worte der Ablehung sind die offizielle Stellungnahme der Bundesregierung zum EuGH-Urteil, das auch in Deutschland geltendes Recht ist.

Im Duktus einer ostelbischen Gutsbesitzerin von 1850 mokierte sich die politische Beamtin, deren Dienststelle in einem von der SPD geführten Ministerium angesiedelt ist:

„Zukünftig kann sich jede Arztpraxis, jede Eisdiele oder jeder Großbetrieb für weltanschaulich neutral erklären – und damit de facto Frauen mit Kopftuch ausschließen … Ich kann nur hoffen, dass die Arbeitgeber begreifen, dass sich hinter dem Gedanken der „weltanschaulichen Neutralität“ im Klartext der Ausschluss einer ganzen Gruppe verbirgt. Das aber kann und darf nicht im Interesse einer vorausschauenden und inklusiven Personalauswahl sein!“

Der EuGH verkündete das Urteil am 14. MÄRZ 2017. Zur Gleichschaltung der deutschen Medien erfolgte die obige Stellungnahme von Frau Lüders bereits am 18. FEBRUAR 2017, also 25 Tage vor der Veröffentlichung, so dass genügend Zeit verblieb, das deutsche Medienecho zu orchestrieren. Offenbar hatte sie vergessen, das Datum auf den 14.03.2017 zu ändern und stellte das Original ins Netz – oder wollte sie eine subtile Message senden?

Es gab – wen wundert’s – am 14.03.2017 nur zwei unterschiedliche Varianten der Aufmacher in den deutschen Massenmedien, was Sie bei Google schnell nachprüfen können.

  • Mitteilungen der empörten Islamverbände (Diskriminierung!), eine dpa-Meldung.
  • Bekundungen lininentreuer Unternehmen, wie die von Kaufland: „Wir respektieren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren unterschiedliche Kulturen, Religionen sowie die damit verbundenen Traditionen. Für uns ist es daher selbstverständlich, dass unsere muslimischen Mitarbeiterinnen ein Kopftuch tragen.“

Andere Kommentare gab es – wie weiland in der DDR bei ähnlichen Akklamationen – nicht. Warum zitiere ich das Kopftuch-Urteil im Zusammenhang mit dem Ramadan?

Weil der EuGH eine Neutralitätsregel für vereinbar mit dem EU-Recht erklärt hat, die dem UNTERNEHMER die Entscheidung überläßt, ob in seinem Betrieb religiöse ZEICHEN und RITEN ausgeübt werden können. Unter Riten fallen das Gebet und das Fasten.

Darum gibt es keine Informationen zum Urteil in Deutschland. Damit deutsche Unternehmen das Fasten, Beten, Kopftuch-Tragen und Vollverschleierung am Arbeitsplatz nicht verbieten – obwohl sie es KÖNNTEN.

Über 22 Mio. Arbeitgeber in 27 EU-Ländern können jetzt eine Neutralitätsregel aufstellen und ihren Mitarbeitern mit Sichtkontakt zu Kunden der Firma verbieten:
„Am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen zu tragen und/oder jeglichen Ritus, der sich daraus ergibt, zum Ausdruck zu bringen“.

Nachbemerkung der Redaktion:

In Dänemark vertritt ein Mitglied der Regierung die Meinung, Muslime sollten im Ramadan Urlaub nehmen. Das finden wir eine interessante Idee für Deutschland: Warum sollten nicht die Gläubigen aller Religionen bis auf wenige Feiertage, die europäische Tradition sind wie Weihnachten und Ostern, für ihre Privatsache Religion Urlaub nehmen, wenn sie ihrem Glauben in Arbeitszeiten nachgehen wollen?


Weitere Informationen: erschienen bei Amazon.de

Das Kopftuch-Urteil des EuGH und seine Auswirkungen auf die Integration von 6
Mio. Muslimen in Deutschland: Basiswissen Arbeitgeber

Rainer M. Wolski, Sarajevo / 9. Ramadan 1439

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Kommentare ( 63 )

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Hebstreit
6 Jahre her

Der ausufernden Religionspraktizierung im Rahmen der „Religionsfreiheit“ wird man nur Herr, wenn man zeigt, dass Christen dies genauso können. Sich einfach mal den muslimischen Kollegen*innen anschließen und sich auch in den Gebetsraum oder neben den Gebetsteppich setzen und ein paar Ave Maria beten, gerne auch hörbar, denn so ist es Tradition. Wer noch eine passende „religiöse“ Grundlage sucht:

Seid allezeit fröhlich, BETE OHNE UNTERLASS, seid dankbar in allen Dingen; DENN DAS IST DER WILLE GOTTES in Christus Jesus für euch.
1 Thessalonicher 5:16-18

Daphne
6 Jahre her

„Andere Länder andere Sitten“ Leider gilt dies nicht für die hier lebenden Muslime.
Was müssen wir noch machen, damit sie endlich zufrieden sind?

Old-Man
6 Jahre her
Antworten an  Daphne

Sie wieder dahin schicken,wo sie herkamen!
Da sind sie unter ihres gleichen,da können sie sich benehmen wie sie wollen!
Wem es hier nicht passt,der soll wieder gehen,wir brauchen die nicht,sondern die uns!
Wer immer sich ein wenig mit dieser „Kultur“ beschäftigt,der weis was Ich meine!

Thorsten
6 Jahre her
Antworten an  Daphne

Wie wäre es mit einem Ticket in ihr gelobtes Land? Ich sehe mich nicht als Dienstleister und Finanzierer diverser Sonderwünsche…

Daphne
6 Jahre her

Wenn den Muslimen ihre Religiosität so wichtig ist, dann sollten sie in ein islamisches
Land umziehen, da können sie dann ihre Religion, die Scharia, die Verschleierung,
das Kopftuch tragen, ihre geliebte Lebensweise und den fundamentalistischen Islam so
richtig umsetzten und leben. Warum ist ein christliches Land verpflichtet so eine kriegerische, feindselige Religion, wie der Koran einmal ist ( hab fast noch nie so was paranoides gelesen), zu hoffieren!
Keine Toleranz, gegenüber Intoleranz!!!

Der Ketzer
6 Jahre her
Antworten an  Daphne

Das was hier läuft, würden Börsianer als „feindliche Übernahme“ bezeichnen und im vorliegenden Fall alle Aktien verkaufen, da die Übernahme sich für das „Unternehmen“ nicht vorteilhaft auswirkt und der Wert der Aktien absehbar ins bodenlose fällt.

Dieter Rose
6 Jahre her

ich mag nicht mehr
in diesem unseren Lande leben.(PUNKT)

elly
6 Jahre her

Wie praktisch doch Teamarbeit ist: mehrere Kollegen und Kolleginnen erledigen einen Auftrag. In der Nachbarabteilung kann ich regelmäßig beobachten, wie Kollegen und Kolleginnen abkotzen, weil sie in Zeiten des Ramadam doppelte Arbeit leisten müssen. 2 muslemische Frauen jammern und klagen den ganzen Tag über Kopfschmerzen, Hunger, Durst, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Sie machen Fehler,die andere korrigieren müssen und arbeiten weniger, das muss von anderen aufgefangen werden.
Die Vorgesetzten machen sich das Leben leicht und reden von Teamzusammenhalt. Diese Woche haben sich 3 Mitarbeiter krank gemeldet. Überlastung.

Old-Man
6 Jahre her
Antworten an  elly

Ich bin schon geraume Zeit im Ruhestand,aber zu meiner aktiven Zeit habe Ich schon dafür gesorgt,das solche Leute bei uns nicht beschäftigt wurden,alles vollkommen legal und Rechtskonform,und da gab es das Urteil vom EuGH noch gar nicht.Wer sich in seine betrieblichen Dinge von außen reinreden läßt,ist selber Schuld,es gibt genug Möglichkeiten diese Leute aus dem Betrieb zu halten,denn über „mein“ Eigentum bestimme nur Ich,und nicht der Staat mit irgendwelchen krummen Winkelzügen. Wie Sie so schön schildern bewegen sich die „Damen“ auf sehr dünnem Eis,da ist es ein leichtes sie aus dem Betrieb zu entfernen,dafür gibt es Spezialisten,und die sind allemal… Mehr

Markus Gerle
6 Jahre her

Mir kommt die Diskussion hier eher wie eine Scheindebatte mit sehr anachronistischen Ansichten über Arbeit vor. Ich bin seit meiner aktiven Zeit bei der Bundeswehr ein großer Fan der Auftragstaktik anstelle der Befehlstaktik. Wenn ich heute ein großes Projekt leite, ist es mir egal wie viel die Projektmitarbeiter arbeiten bzw. anwesend sind. Wichtig ist eher, dass die geplanten Ziele innerhalb des maximal eingeplanten Aufwandes erreicht werden. Wie die Mitarbeiter dies schaffen, ist ihnen überlassen, wobei die Führungskraft selbstverständlich dabei unterstützen muss. Das funktioniert mit qualifizierten Leuten deutlich besser, als ständig auf die Uhr zu schauen, um zu prüfen, wie lange… Mehr

friedrich - wilhelm
6 Jahre her
Antworten an  Markus Gerle

……….so? da habe ich aber ganz andere erfahrungen gemacht mit unseren industrieanlagen. ohne erfahrene monteuere läuft dabei garnichts! das gilt gerade
für staaten mit muslimischer mehrheitsbevölkerung!

Thorben Friedrich-Dohms
6 Jahre her

Man sollte einfach eine neue Religion begründen, und es sich dann im Staate Buntland gemütlich machen. Wenn ich erzähle, mir sei Gott erschienen, wollen Sie mir nicht glauben? Er ist mir aber letzte Nacht erschienen und ich werde nun niederschreiben, was er mir aufgetragen hat. 1. Der wahre Gläubige soll kein Kängurufleisch essen, weil Beuteltiere unrein sind. 2. Der wahre Gläubige soll weder Absinth noch Eierlikör trinken. 3. Der wahre Gläubige muss 10 Minuten pro Stunde ruhig auf dem Rücken liegen und den Blick gen Himmel richten. 4. Dem wahren Gläubigen darf kein Nachteil aus 3. erwachsen. Ich schätze ich… Mehr

Kaffeesatzleser
6 Jahre her

Sechs Wochen Urlaub zum fasten. Dann noch die üblichen Feiertage der verhassten kulturlosen Christen, Brückentage und vielleicht noch drei Wochen Grippe sowie zwei Wochen Heimaturlaub. Klasse!
Wer so jemenad einstellt hat schon verloren bevor er angefangen hat etwas zu produzieren.

Franz Reinartz
6 Jahre her

Ich habe als Konsument dann mal die Entscheidung getroffen, meine Kaufkraft solchen „linientreuen Unternehmen“ nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Noch ist das ja möglich.

thea
6 Jahre her

Hinweis zur Nachbemerkung der Redaktion am Ende des Artikels: Das dänische Regierungsmitglied hat NICHT wegen finanzieller Erwägungen, sondern wegen Sicherheitsbedenken angeregt, Urlaub zu nehmen und als Beispiel Busfahren genannt. Nachzulesen in dem Welt-Artikel, zu dem Sie in Ihrer Nachbemerkung (Tweet) verlinken. Ramadan bedeutet: bis zu 18 Stunden lang nichts essen UND auch keine Flüssigkeit trinken. Auf essen kann der Körper eher mal verzichten, aber zudem auch nicht trinken, hat gravierende Auswirkungen vor allem auf das Gehirn/die Konzentrationsfähigkeit, nachzulesen in einem FOCUS-Artikel vom 21.05.2018: „Was in Ihrem Körper passiert, wenn Sie fünf Stunden kein Wasser trinken“, siehe https://www.focus.de/wissen/mensch/fluessigkeitsmangel-das-passiert-wenn-sie-fuenf-stunden-kein-wasser-trinken_id_6759540.html Die britische Dailymail… Mehr

Fritz Goergen
6 Jahre her
Antworten an  thea

Im Nachwort der Redaktion geht es nicht um die finanzielle Seite, sondern gleiches Recht für alle.

Thorben Friedrich-Dohms
6 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Ja, werter Herr Goergen, Sie gehören zu denen die es erkannt haben: Es geht nun einmal nicht um Religionsfreiheit, sondern um Privilegierung. Ich kann in Deutschland nun wirklich keine Beschränkung der Religionsfreiheit erkennen, sondern die immer weiter reichende Privilegierung genau einer Religion. Warum dürfen Sportler nicht während der Arbeitszeit trainieren, wenn Muslime während der Arbeit beten dürfen?