Die Deutschen fürchten Charaktere

Die Deutschen bewundern Monarchien, wären einer solchen Staatsform aber gar nicht gewachsen.

© Andrew Parsons - Pool/Getty Images

Nun steht es den Deutschen mal wieder bevor, ein Spektakel, das schlichtere Gemüter gerne „Märchenhochzeit“ nennen. Es wird prunkvoll, majestätisch, nicht wenig kitschig, also im besten Fall gekonnte Unterhaltung werden. Nichts, was wir von der britischen Uraltmonarchie nicht erwartet dürfen, nichts, was es wert wäre, tiefgründig beschrieben werden zu müssen oder wie die trotz aller Show-Erfahrung doch abgeklärten Engländer (die die längeren Pub-Öffnungszeiten mehr zu interessieren scheinen) zu sagen belieben: „nothing to write home about.“

Tja, wenn da nur die Deutschen nicht wären! Die schaffen es bei jeder dieser Veranstaltungen, in ihrer royalen Begeisterung hyperventilierend ungefragt den königlichen Ausnahmezustand auszurufen, die Yellow Press produziert Tonnen von royalem Zusatzschmutz und die deutschen Fernsehsender ZDF und RTL, sich sonst in herzlicher Abneigung verbunden, finden nichts dabei, sich für geschlagene vier Stunden „gleichzuschalten“, um das Geschehen mit mehr oder weniger fachkundigem Expertenaufgebot unters emotional adelsdurstige republikanische Volk zu senden. Und zu schlechter Letzt darf (natürlich) die allfällige Umfrage nicht fehlen, wonach 37,1 Prozent der Bundesbürger europäische Monarchien für eher oder absolut erhaltenswert befinden oder aber gar jeder 10. Bundesbürger sich eine solche Staatsform (zurück)wünscht.

„What for“? würden da die royalen Insulaner aus England fragen. Wozu? Was erwarten die Deutschen für Vorteile außer der gelegentlichen Emotional-Berieselung, für die man dann endlich nicht mehr auf ausländisches Königs-Personal angewiesen wäre. Für die Staatsform einer Monarchie muss eine Gesellschaft vor allem über die nötige Reife, den entsprechenden Charakter, eine gewisse Grundanständigkeit und eine im besten Sinne „adelige“ Geisteshaltung verfügen. Wahre Monarchie spielt sich nämlich weit mehr im Kopf, in Haltung und Benehmen, vor allem aber in Standhaftigkeit ab als im Herz oder in der Tränendrüse. Eine monarchische Gesellschaft hat kein gestörtes Verhältnis zur Ratio, eine monarchische Gesellschaft hält es aus, wenn ihr unbequeme Wahrheiten zugemutet werden, wenn ihr Staatsoberhaupt in Streitfragen nicht wankt und weicht. Dafür hält sie sich König oder Königin, deren Schicksale von keinerlei Wahlen oder Abstimmungen abhängig sind und die damit im wahrsten Sinne des Wortes über den Dingen stehen sollen. Es gibt einige durchaus beeindruckende Beispiele aus europäischen Monarchien, wo der gekrönte Staatschef durch seine feste Überzeugung für die Aufrechterhaltung von Werten eingestanden ist.

Wozu also, Ihr Deutschen? Ihr seid gar nicht bereit für eine solche Staatsform. Euch fehlt es elementar an dem Willen, solche fest verankerten Personen, die eine Monarchie üblicherweise hervorbringt, auszuhalten. Ihr wollt und vertragt keine offenen Worte, keine gegen den Mainstream gebürsteten Diskussionen und daraus resultierende Entscheidungen. Ihr wollt diese „Eintagspolitiker“, die Euch heute dies und morgen das versprechen. Die vor allem immer schön das aufsagen, was ihr hören wollt. Man kann sich eben nur an jemandem aufrichten, an dem man sich auch reiben kann. Der deutsche Staatsbürger möchte sich aber nicht an jemandem reiben, er möchte es kuschelig haben, er ist harmoniesüchtig bis zur Selbstverleugnung, er reagiert (und wählt) sprunghaft und hochgradig emotional. Mit einem Wort: der Deutsche ist einer Monarchie nicht gewachsen!

Es mag sich wie Wählerbeschimpfung anhören und ist doch nur eine Zustandsbeschreibung: die Deutschen sind nicht monarchisch gelassen, sondern schon seit geraumer Zeit eine hypochondrische Nation, die vor allem und jedem Angst hat (noch ein Anglizismus: „the german angst“), sich wie der eingebildete Kranke pausenlos selber beobachtet, alles Leid der Welt augenblicklich auf sich bezieht und deswegen am liebsten Zuflucht in den Armen der Untergangspropheten sucht. Viele politische Vorgänge der letzten Jahre sind eigentlich nur so zu erklären. Wenn die Deutschen beklagen, sie hätten keine politischen Persönlichkeiten, an denen sie sich auf- und ausrichten könnten, dann beweisen sie ihre eklatante Politik-Unmündigkeit schon allein daran, dass sie die Wenigen, die es sind, mit Vorliebe bei Wahlen wieder „entsorgen“. Wer eine Persönlichkeit will, muss sie auch aushalten, wenn eben diese ihren Charakter dadurch beweist, dass sie dem Bürger nicht nach dem Mund redet. Was sonst macht denn eine Persönlichkeit aus?

Nein, Ihr deutschen Bürgersleut, bleibt bei Euren republikanischen Leisten: ihr seid politisch nicht reif, Ihr verachtet die dazu nötige Ratio, Ihr wollt für Eure Entscheidungen nicht geradestehen, Ihr verdrängt Unpopuläres und ächtet den einsamen Rufer in der Wüste der Minderheitsmeinung.

Eine Deutsche Monarchie? „What for“!

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Kommentare ( 35 )

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Alexis de Tocqueville
6 Jahre her

Werter Prinz von Croy
Wieso „ihr“ Deutschen? Ist der Herr Prinz kein Deutscher? Mit der royalen Höflichkeit hapert es wohl noch, sonst hätte der werte Prinz, so Er denn selbst ein Deutscher ist, „wir“ geschrieben, auch wenn Er sich selbst natürlich nicht meint. Aber Er glaubt doch wohl auch nicht, dass alle Deutschen außer Ihm allein seinen Zeilen entsprechen. Oder, Herr Prinz?
Also bitte, sage Er „wir“ Deutschen. Ansonsten hat er ja recht.

Yuminae
6 Jahre her

Leider sind Monarchien und Adel längst nicht mehr die Gestalten der Geschichte wie man sie aus der deutschen Geschichte beispielsweise kennt: Naturschutz, Krankenversicherung, Schulpflicht… allein Friedrich der Große hätte ich gerne kennengelernt. Aber der heutige (Alt-)Adel? Die Monarchien von Schweden und England lächeln, winken und feiern Hochzeiten und bekommen abgeschirmt vom Elend Kinder, während sie das eigene Volk nicht mal mehr kennen und fernab von allem nichtmal sehen wie ihr eigenes Land dem Untergang zusteuert. Heutige Monarchien in Europa sind für mich wie langjährige Berufspolitiker in Deutschland. Niemals zu vergleichen mit einem König wie der kürzlich Verstorbene in Thailand. Dem… Mehr

Berlindiesel
6 Jahre her

Das Problem mit einer deutschen Monarchie, daß ja auch 1871 nicht befriedigend gelöst wurde, oder 1866 zum Deutschen Krieg führte, sehe ich in der unseligen Tradition und Vergangenheit der Kleinstaaterei, die mit dem (völlig überflüssigen) Föderalismus 1949 fortgeschrieben wurde. An die deutschen Kaiser vor 1804 erinnert sich kein Mensch mehr, die Hohenzollern-Monarchie ist durch den ersten Weltkrieg kontaminiert worden, obwohl sie an ihm keine überwiegende Schuld trug, und sie war zu preußisch geprägt. Welche Sehnsucht hier dennoch unbedient bleibt, zeigt die große Popularität von seinerzeit Richard von Weizsäcker, einem Adligen als Bundespräsidenten, der aber nicht nur adlig war, sondern eben… Mehr

Julian Schneider
6 Jahre her

Monarchie? In England? So was von schnurz. Gerade wurde in Sheffield (wieder einmal – nach London) ein Moslem zum Bürgermeister gewählt: Der ließ schon verlauten, dass er nie einen „Toast“ auf die Königin aussprechen würde. Die Monarchie geht in England bereits sang- und klanglos unter. Zusammen mit den Engländern. Das merken die Engländer nicht einmal. Die meisten möchten es ja nicht anders, also wie bei uns auch.

Wally P.
6 Jahre her

Na ja, werter Prinz, da erheben Sie sich aber kraft Ihres blauen Blutes ein wenig hoch über das deutsche Volk. Wie anders ist es denn zu erklären, dass Sie ständig über „die Deutschen“ statt über „wir Deutschen“ reden? Wenn man in Mülheim an der Ruhr geboren ist und Sie mitten unter uns wohnen, mutet das zumindest ein wenig überheblich und befremdend an. Ihr Artikel könnte fast von Deniz Yücel sein.

Meister Petz
6 Jahre her

„Für die Staatsform einer Monarchie muss eine Gesellschaft vor allem über die nötige Reife, den entsprechenden Charakter, eine gewisse Grundanständigkeit und eine im besten Sinne „adelige“ Geisteshaltung verfügen.“

Ich bin überrascht! – Hätte nicht gedacht, dass ich gerade auf TE mal solche Aussagen über die Einwohner von Marokko, Jordanien, Saudi-Arabien, der Emirate, Bahrain, Quatar und Oman lesen darf. Aber ich sags nicht weiter, versprochen!

mlw_reloaded
6 Jahre her

Eigentlich haben wir ja eine Monarchie. Nicht mit Erbfolge, sondern eine quasi-adelige Gruppe alternativlose Spitzenpolitiker. Echte Visionäre, über alles erhaben, immun gegen Fakten oder Experten, die doch bloß nicht das große Ganze sehen. Das Volk hat es kuschelig, eingehegt durch die beruhigenden Worte Ihro Gnaden und der Hofberichterstattung. Für alle Fragen und Sorgen gibt es ein Amt das gerne nach Kräften weiterhilft. Für diesen Luxus des im-Staate-schwelgens ist man doch gerne bereit, vier oder fünf „Zehnte“ abzugeben. Zum Wohl aller!

W aus der Diaspora
6 Jahre her

Die Deutschen, die sich eine Monarchie wünschen, wünschen sich wohl zum größten Teil einfach nur „einen starken Mann“, der ihnen sagt wo es lang geht. Viel zu viele sind nicht bereit selbst zu denken. Aus diesem Grund erhält auch Merkel nach wie vor so viele Stimmen. Sie gibt die Richtung vor, auch wenn sie das ohne Charakter macht und ab und zu eine 180 Grad Drehung vornimmt, sie steht unbeeindruckt von aller Kritik da. Das ist für viele maßgeblich.

Mia
6 Jahre her

„Für die Staatsform einer Monarchie muss eine Gesellschaft vor allem über die nötige Reife, den entsprechenden Charakter, eine gewisse Grundanständigkeit und eine im besten Sinne „adelige“ Geisteshaltung verfügen. Wahre Monarchie spielt sich nämlich weit mehr im Kopf, in Haltung und Benehmen, vor allem aber in Standhaftigkeit ab als im Herz oder in der Tränendrüse.“ etc. bla-bla … sorry … gehts noch? … habe auf dieser Seite hier zum Glück extrem selten derartige Tieffliegerei erlebt.

Reinhard Peda
6 Jahre her

Na, ja, die meisten meiner Assimilierten deutschen Landsleute können auch keine Demokratie. Den Beweis dafür findet man, in der Mehrzahl, in den Parlamenten.