Nachdem es der CSU bislang nicht gelungen ist, durch ihre konservative Neuausrichtung die AfD aus dem Feld zu schlagen, bedient sie sich nun wie andere Parteien zusätzlich der „Nazi-Keule“. Diese Taktik kann jedoch ins Auge gehen und die AfD auch in Bayern sogar noch mehr stärken.
Obwohl inzwischen selbst der grüne Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer öffentlich verkündete, dass die „Nazi-Keule“ im Kampf gegen die AfD den etablierten Parteien nicht hilft, scheint sich diese Erkenntnis (noch) nicht bis zur Führung der CSU in München herumgesprochen zu haben. Am Wochenende wurde ein vom neuen Generalsekretär der CSU, Markus Blume, verfasstes Strategiepapier publik, in dem die AfD laut Spiegel online und anderen Medien als „brauner Schmutz“ sowie als „Feind von allem, wofür Bayern steht“ bezeichnet wird. Es war Grundlage einer CSU-Klausurtagung, bei der es um die Frage ging, mit welcher Wahlkampftaktik das strategische Ziel des Erhalts der absoluten Mehrheit am 14. Oktober 2018 erreicht werden kann.
Das Erreichen dieses Ziels steht laut einer aktuellen, von der Augsburger Allgemeinen in Auftrag gegebenen Umfrage in Frage. Demnach liegt die CSU derzeit bei 42,1 %, die SPD bei 13,7 %, die Grünen bei 13,5 %, die AfD bei 12 %, die Freien Wähler bei 6,6 Prozent und die FDP bei 5,1 Prozent. Sollten alle sechs Parteien, die derzeit über die Fünfprozentmarke kommen, in den bayerischen Landtag einziehen, fehlen der CSU etwa fünf Prozentpunkte, um mit knapper Mehrheit wieder alleine die Regierung stellen zu können. Die ihr fehlenden Stimmen will sie offenkundig in erster Linie von den rund zwölf Prozent bayerischen Wählern erhalten, die schon bei der letzten Bundestagswahl für die AfD gestimmt haben und dies bei der anstehenden Landtagswahl nach der Umfrage offenkundig erneut tun wollen. Auch in Bayern hätte sich damit rechts von der CSU eine neue Partei etabliert, was der Große Vorsitzende der CSU, Franz Josef Strauß, als unbedingt zu verhindernden politischen Super-Gau gebrandmarkt hatte.
Die bisherigen Versuche der CSU, der AfD im Sinne von Strauß das Wasser dadurch abzugraben, indem sie sich neuerdings für eine „konservative Revolution“ ausspricht, eine restriktivere Flüchtlings- und Migrationspolitik fordert, die „Asyl-Industrie“ attackiert und den (politischen) Islam als kulturell nicht integrierbar kritisiert, scheinen laut der vorliegenden Umfrageergebnisse bislang jedoch nicht zu dem gewünschten Niedergang der AfD zu führen. Dies dürfte zum einen damit zu tun haben, dass viele bayerische Wähler, die früher die CSU oder die SPD gewählt haben, ihre Interessen von diesen Parteien nicht mehr ausreichend vertreten sehen. Gleichzeitig haben die Wähler der AfD aber auch gelernt, dass die genannten Parteien nur dann bereit sind, ihre Interessen überhaupt (wieder) zur Kenntnis nehmen, wenn ihnen ein Wettbewerber im Nacken sitzt, mit dem sie von ihren bisherigen Wählern unter Druck gesetzt werden können. Kehrten diese zur CSU oder SPD wieder zurück, würden sie das wichtigste Druckmittel, das ihnen zur Verfügung steht, um auf deren politische Ausrichtung Einfluss zu nehmen, wieder verlieren. Dies wissen viele Wähler. Nicht nur die Parteien, sondern auch die Wähler wenden daher inzwischen eigene, recht raffinierte Taktik(en) an, mit denen sie versuchen, ihre Interessen und (strategischen) Ziele zu erreichen. Dazu gehört unter anderem die Wahl alternativer Parteien, deren wichtigste Funktion darin besteht, Druck auf die etablierten Parteien auszuüben, ihre politischen Positionen zu verändern. So entstanden vor mehr als dreißig Jahren zum Beispiel die Grünen, die durch ihre Erfolge dafür sorgten, dass die anderen Parteien sich ebenfalls ökologisch ausrichteten.
In gleicher Weise haben die Wähler der AfD in Bayern spätestens seit der Bundestagswahl dafür gesorgt, dass die CSU in der Flüchtlings- und Migrationspolitik Schritt für Schritt Positionen bezogen hat, die sich von denen der AfD kaum oder gar nicht unterscheiden. Sie stehen nun vor der Frage, ob sie deswegen bei der anstehenden Landtagswahl ihre Stimme (wieder) der CSU geben oder die Christ-Sozialen mit Hilfe der AfD weiter unter Druck setzen sollen, ihre Ankündigungen auch in die Tat umzusetzen. Da demoskopisch feststeht, dass die CSU mit Markus Söder weiter den Regierungschef stellen wird, befindet sich die CSU-Führung bei der anstehenden Landtagswahl in einem ähnlichen Dilemma wie die CDU-Führung bei der letzten Bundestagswahl. Die Regierungsführung ist ihr so sicher, dass ihr ein Teil der konservativen Wählerschaft den Rücken kehren kann, ohne damit Gefahr zu laufen, die nächsten Jahre von einem Sozialdemokraten, einem Grünen oder gar einem Linken als Regierungschef regiert zu werden.
Diese recht verzwickte Sachlage hat die CSU-Führung nun offenkundig dazu bewogen, den Versuch zu unternehmen, die Wähler der AfD nicht nur mit Hilfe einer restriktiveren Flüchtlings- und Migrationspolitik, der Ankündigung einer „konservativen Revolution“ und einer islamkritischen Haltung dazu zu bewegen, (wieder) die CSU zu wählen, sondern sich wie die SPD, die Grünen und die Linke der „Nazi-Keule“ zu bedienen. Dahinter steckt die Absicht, sich den AfD-Wählern gleichsam als das polit-hygienisch saubere, bayerische Original eines neuen Konservativismus zu präsentieren, das sich in zahlreichen Positionen vom Konservativismus der AfD zwar nicht unterscheidet, sich dafür aber von derem „braunen Schmutz“ abgrenzt. Mögliche Zweifler unter den AfD-Wählern sollen so dazu gebracht werden, diese nicht nur „rechtsradikale“, sondern „unbayerische“ Partei nicht mehr zu wählen.
Dieser Verdacht liegt insbesondere bei einer Partei nahe, die sich bis heute auf die Fahnen geschrieben hat, dass sich rechts von ihr keine nennenswerte politische Konkurrenz etablieren darf und deswegen von links selbst immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt war, sich mit im „rechtsradikalen Sumpf“ zu bewegen. Das Strauß’sche Versprechen an die eigenen Mitglieder und Anhänger kann die CSU bei der kommenden Landtagswahl inzwischen aber nicht mehr einlösen. Die AfD wird in den bayerischen Landtag einziehen, es fragt sich nur, in welcher Stärke. Das weiß auch die Führung der CSU. Landet die AfD deutlich unter dem Ergebnis der Bundestagswahl, kann die CSU dies nicht zuletzt auch in Berlin als Erfolg ihrer konservativen Neuausrichtung und ihres AfD-Bashings verkaufen. Landet sie darüber, wird die CSU nicht nur die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag verlieren, sondern darüber nachdenken und begründen müssen, warum die konservative Umarmung der AfD-Wähler zusammen mit dem AfD-Bashing nicht zu dem strategischen Ziel des Niedergangs der neuen konservativen Konkurrenz geführt haben. Sie wird sich dann gegenüber der AfD nicht nur taktisch, sondern auch strategisch neu positionieren müssen.
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Der geneigte AfD-Protestwähler wird von der CSU keine Reden mehr hören wollen, keine Forderungen und keine verbalen Zugeständnisse. Er will Taten sehen, denn Worte sind genug gewechselt; und dass die bayerischen Hunde umso unterwürfiger um der Herrin Wadeln scharwenzeln, je lauter sie vorher gebellt haben, auch das hat das bayerische Gemüt schnell erfasst.
In Bayern sagt man, wenn man lange genug daran rüttelt, dann fällt der Watschnbaum um. Wenn die Wähler die CSU demnächst abwatschen, dann war es wohl soweit.
Im Englischen gibt es das Sprichwort: „Walk the Talk“, was so viel heißt wie Taten sprechen lassen. Unsere komplette Parteienlandschaft macht massig Lippenbekenntnisse, aber liefert nicht, auch die CSU nicht (siehe Seehofer). Die AfD hat sich hier noch nicht verschlissen und erhöht den Kesselsdruck. Die Wahl fiele mir leicht.
Die CSU-Wähler erkennen, daß zwischen den Worten und Taten ihrer Partei Welten klaffen, daß CSU-Politiker genau das Gegenteil von dem tun, was sie vorher gefordert und angekündigt hatten, siehe Seehofer. Und bei Söder ist es kaum anders. Von den groß angekündigten Grenzpolizisten ist bislang nichts zu sehen. Und auch in Sachen Abschiebungen passiert nicht viel. Die schlimmen Ereignisse von Deggendorf sollten den Wähler vor Augen geführt haben, wie überfordert ihre Landesregierung mit der Abschiebung Hochkrimineller aus Afrika inzwischen ist. Weite Teile der CSU stehen den Grünen näher als der AfD, das ist eine Tatsache. Auch die völlig irrwitzige Kreuzinitiative von… Mehr
Lippenbekenntnisse hier und da. Die AFD ist die einzige Alternative für unser Land. Aus den sogenannten Trotzwählern sind inzwischen überzeugte Wähler geworden! Der ganze Müll der verfluchten Integration kommt täglich ans Licht. Werbung braucht die AFD eigentlich nicht – die unsäglichen Zustände in unserem Land sprechen für sich.
Die AfD wird die politische Kraft der neuen konservativen Mitte. Da können die Anderen so viel Heulen und Zetern wie sie wollen. Bis es soweit ist, wird es entsetzliche Gewaltausbrüche der Linken und Grünen, sowie des gesamten linken sogen. Establishments geben.
Mmw
Es wäre der CSU zu raten den Blick einmal auf die mittlere Distanz, also auf Österreich zu werfen. Dort hat sich nämlich eine Koalition etabliert, die Politik für die Bürger macht und nicht gegen sie.
Immer mehr Menschen, auch in Bayern, glauben nicht mehr an die CSU. So wenig, wie sie noch an die katholische Kirche glauben. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht mehr an die Demokratie, oder nicht mehr an Gott glauben. Ganz im Gegenteil.
Teufel oder Beelzebub, was ist mir lieber? Das ist die Frage, vor der die CSU steht. Das hat zunächst weniger mit der AfD zu tun, als es scheint, sondern mit dem Anspruch der CSU, in Deutschland die letzte noch verbliebene Volkspartei zu sein. Obwohl das völlig aus der Zeit gefallen wäre. Das Problem ist, daß die CSU in Bayern immer noch eine Bandbreite an Wählern abdeckt, wie es anderswo nicht mehr möglich ist. Urbangrüne (aber nicht linke) Münchner Spezis aus der Schickeria wählen die Partei ebenso wie „Don Alphonso“ vom Tegernsee, bekennender konservativer Radfahrer. Sie muß stets aufpassen, und im… Mehr
Zuerst habe ich AfD aus Protest gewaehlt. Danach aus Trotz. Inzwischen aus Ueberzeugung, auch wenn ich mir noch von ein paar Jahren nicht im Traum haette vorstellen koennen, konservativ zu waehlen. Notwendig ist diese Partei aber allemal.
Seehofer als Innenminister hätte es doch in der Hand, den mündlichen Erlaß seines Vorgängers rückgängig zu machen. Schwupp, viele bayerische Wähler würden es der CSU danken, daß hier nicht nur Worte („Herrschaft des Unrechts“) gemacht werden (bzw. wurden), sondern gehandelt wird. Aber dazu müßte man ja den Mut aufbringen, der Großen Vorsitzenden zu widersprechen und sich – horribile dictu – ihre Gunst zu verscherzen.