Internationale Presse zur Berufung von Jens Spahn

Als Zeichen ihrer Schwäche noch mehr denn als Einbindung in die Kabinettsdisziplin deuten ausländische Medien Merkels Nominierung von Spahn als Minister.

© Stefanie Loos/AFP/Getty Images

Die internationale Presse sieht eine schwächelnde Kanzlerin Merkel, in der Riege der „Neuen“ überstrahlt Jens Spahn alle. „Ihrem Erzkritiker“ habe die Kanzlerin nun „einen Job in ihrem neuen, jungen Kabinett angeboten“, schreibt „Reuters“.

Die AFP-Meldung bei den „Arab News“ lautet: Merkel, die frühere „unbesiegbare Führerin ihres Landes und ihrer Partei“ habe durch die Aufnahme einer ihrer lautesten CDU-Kritiker ins Kabinett eine Rebellion in der Partei, „die sie seit 18 Jahren ständig immer weiter in die politische Mitte gesteuert habe“ abgewendet.

Die „Times“ sieht Jens Spahn als „aufgehenden Stern der Rechten“, dessen Beförderung ihn nun dazu bringen dürfte, „seine Kritik an der Kanzlerin „und deren Haltung, Flüchtlinge willkommen zu heissen“, einzustellen. Die Aufnahme ihres herausragendsten parteiinternen Kritikers ins Kabinett „sei als Zeichen ihrer Schwäche zu sehen.“

Die „Newburgh Gazette“ aus Illinois hält es noch nicht für ausgemacht, „dass Spahns Nominierung die CDU-Kritiker zum Schweigen bringen werde, die mehr Konservative Politik forderten, um Wähler zurückzuholen. Es sei zuletzt sehr darüber spekuliert worden, ob die 63-Jährige Spahn fördern oder ignorieren werde.“

„Bloomberg“ nennt Spahn den „konservativen Fahnenträger“, dessen Unterstützung durch Nationalkonservative in der CDU besonders seit der 2015/16 Flüchtlingskrise gewachsen sei, wobei viele in diesen Kreisen gegen die zunächst von Merkel verfolgte Politik offener Grenzen seien. „Diese Debatte sei auch um Themen der Nationalen Identität und Konservativer Werte geführt worden, die nach Meinung dieser Kreise von Merkel verraten worden seien.“

Für „The National“ aus den Arabischen Emiraten zählen vor allem die islamkritischen Äusserungen des „Kritikers der Deutschen Zuwanderungspolitik“, der sich selbst als ‘burkaphob’ bezeichnet „und eine stärkere Kontrolle von Moscheen gefordert habe.“ Die Nominierung von Spahn unterstreiche, wie sehr Deutschland sich einer schärfereren Einwanderungspolitik nach den Gewinnen der extremen Rechten in den Wahlen im vergangenen Jahr genähert habe. „Der ehrgeizige Spahn sei so etwas wie ein Standartenträger für den Rechten Flügel der Partei und habe unter anderem gefordert … dass Imame in Deutsch predigten sollten, um Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern“, er habe die Finanzierung von Moscheen in Frage gestellt und Merkels Zuwanderungspolitik als „zerstörerisch für unseren Staat“ bezeichnet. Er habe dem „Observer“ 2016 gesagt, dass „Deutschland nicht das richtige Land für diejenigen sei, die ihre Ehefrau in Burka oder Niqab sehen wollten, besonders nicht, nachdem man zu solch einem populären Ziel für so Viele geworden sei“. Ausserdem solle er der „Times“ gesagt haben, dass „Migranten besonders aus Arabischen Staaten und Nordafrika oft eine Herausforderung darstellten“ und er habe ausserdem gefordert, dass die scharfen deutschen „Hasskommentar“-Gesetze dafür eingesetzt werden sollten, Menschen anzuklagen, die Nicht-Muslime als „Ungläubige“ bezeichneten.

Der „Express“ zitiert den Historiker Niall Ferguson mit der Aussage, „dass Angela Merkel bald den Preis für ihre impulsive Entscheidung bezahlen könnte, mehr als 1 Million Flüchtlinge nach Deutschland hineinzulassen. Die politische Gegenreaktion habe gerade erst eingesetzt.“ In einer Kolumne für die “Times” habe Hr. Ferguson davor gewarnt, dass sie ihre Entscheidung, die sie, wie er behauptet, getroffen habe, nachdem ein Palästinenisches Flüchlingsmädchen vor ihr in Tränen ausgebrochen sei, noch während der Bemühungen um eine stabile Regierung verfolgen werde. Der Historiker habe die 180-Grad-Wendung der Deutschen Kanzlerin als den „grössten Fehler in der Politik Nachkriegsdeutschlands“ bezeichnet. Ferguson habe prophezeit, dassAls Zeichen Europas „Mutti“ bei dem Versuch, der Linken und ihrer Konservativen Partei zu gefallen, die „Mutter allen politischen Murks“ gemacht haben könnte.“

„Il Giornale“ ist der Meinung, dass die Kanzlerin also nun während einer kritischen Warteperiode Ordnung in der Partei mache. Optimismus zur Schau stellend, habe Merkel sich zu Wort gemeldet und unter Rivalen und Vertrauten, neuen Gesichtern und Symbolen für Kontinuität eine Auswahl getroffen unter denen Spahn, 37, Jurist, als junger Unionist hervorsteche, der die Kanzlerin für ihren Linksdrall bei der Willkommenskultur während der letzten Monate am meisten herausgefordert habe. Mit der Nominierung dieses Wunderknaben der CDU wolle sie nun den Nervereieien derselben Jüngeren eine Ende setzen, die sie dazu gedrängt hätten, einen neuen Parteitag anzusetzen, um die Parteilinien neu zu diskutieren.

„Libération“ intepretiert die Ankündigung der Beförderung Jens Spahns Sonntag Abend als „Bemühung, den Zorn des rechten Flügels vor dem Parteitag zu entschärfen. Seine Aufnahme solle widerspiegeln, dass die Partei pluralistisch sei.“ habe sie gesagt. „Mit 37 sei der sichtbarste interne Gegner der Merkel-Linie der Auffassung, dass die CDU zu sozialdemokratisch geworden sei“.

„Radio Canada“ meint: „Angela Merkel habe ihren erbittertsten Gegner zum Minister gemacht“, und der frühere CDU-Gesundheitsexperte „verhehle nicht seine Ambitionen, zur rechten Zeit auch an die Spitze der Regierung zu gelangen.“
Der Sender zitiert abschliessend den CDU-Vorsitzenden Daniel Günther aus Schleswig Holstein mit der kryptischen Aussage, dass man „manchmal den konservativen Charakter der Konservativen noch stärker betonen könne.“

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Kommentare ( 18 )

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schwarzseher
6 Jahre her

Fachgebiete von Herrn Spahn sind angeblich ( kann ich selber nict beurteilen ) Wirtschaft und Finanzen. Da beide Ministerien anderweitig vergeben wurden, das Finanzministerium sogar an die nicht mit Geld umgehen könnende SP(D), hätte Herr Spahn als angeblicher Merkel Kritiker die Übernahme des Gesundheitsministeriums ablehnen müssen. Zumal dieses Ministerium in der GroKo ( Bürgerversicherung !!! ) ein Schleudersitz ist. Der angebliche Hoffnungsträger ist offensichtlich keiner. Die vielen “ angeblich “ sind bezeichnend für die Beliebigkeit und Unzuverlässigkeit der GroKo Parteien und deren Politiker.

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Die Journalisten im Ausland lesen offensichtlich deutsche Presse? Einfach mal die Einschätzung hier au TE von Fritz Goergen (Fritz Fliszar) lesen, welcher ich voll zustimme. Sie ist gerade aktuell auf TE zu finden.

Merkelfan3000
6 Jahre her

Jens Spahn wird meiner Ansicht nach massiv überschätzt. Dass der sich als Konservativer in der CDU bezeichnen darf, liegt doch nur an der schwachen bzw weitgehend nciht vorhandenen Konkurrenz.

Werner Arning
6 Jahre her

Die internationale Presse überschätzt wohl Jens Spahn und kennt Merkel schlecht. Wenn sie ihn berufen hat, dann um ihn zu zähmen. So kann er ihr nicht gefährlich werden. Ob er das allerdings überhaupt jemals geworden wäre, ist wohl eher zweifelhaft. Aber Merkel baut lieber vor. Spahn hätte ja schließlich zu einem echten Gegner „aufgebaut“ werden können. Das hat die nun unterbunden. Wenn jemand weiß, wie Macht geht, dann Merkel.

Ben Krüger
6 Jahre her

Jens Spahn? Ich nehme jede Wette an, dass JS auf den Schleudersitz gesetzt wurde, und man ihn bald vergessen wird. Merkel wird ihn abschießen. Die CDU ist in meinen Augen ein Haufen von Feiglingen.

Tom Hess
6 Jahre her

Vor seiner „Kritik“ ist er mir vor allem durch seine Hörigkeit pro Merkel in diversen Talkshows auf den Keks gegangen. Wenn er das jetzt annimmt, ist es klar, dass diese „Kritik“ nur Alibifunktion als Blitzableiter hatte. Und dass er seine angeblichen Werte zu einem echt billigen Preis verramscht. Damit hat er sich für die Zeit nach Merkel eher disqualifiziert als qualifiziert.

onkelfredi
6 Jahre her
Antworten an  Tom Hess

die Berliner nenne Spahns Verhalten einen „Koofmich“

Queensland
6 Jahre her

Dass ein Talk-Show-Dampfplauderer wie Spahn hier in Deutschland und offensichtlich auch im Ausland als Widersacher Merkels wahrgenommen wird, zeigt doch nur, wie erbärmlich das Potential an Nachwuchs-Poltikern ist.

Hippiemädchen54
6 Jahre her

Ich verstehe den Hype um Jens Spahn nicht. Was hat er denn bisher geleistet? Wo ist er denn ein Merkel-Kritiker? Er sympathisiert ganz offen mit den Grünen, sitzt mit Omnipour in Berlin beim Wein, auf seinem Account bei facebook war er sehr für die Jamaikakoaliton, was ist daran konservativ? Das bisschen Islamkritik äußert er nur, weil er unter Umständen als Homosexueller als erster dran glauben könnte, sollte sich das Verhältnis zuungunsten der autochtonen Bevölkerung hin zu mehr Einfluss eines politischen Islam ändern. Und, als Kanzlerkandidat wird er wahrscheinlich nie aufgestellt, der nächste Kanzlerkandidat von der CDU ist wahrscheinlich katholisch, verheiratet… Mehr

Felix Schmidt
6 Jahre her
Antworten an  Hippiemädchen54

Spahn auf dem Abstellgleis. Nicht, dass wir viel Hoffnung auf diesen angeblichen „Fahnenträger der Konservativen“ setzen würden. Wer als Homosexueller sagt, der Islam gehöre zu Deutschland hat den Ernst der Lage noch nicht erkannt, oder hat so viel Geld, dass es sich Heerscharen von Bodyguards leisten kann.
Die nächste Kanzlerkandidatin der CDU wird Frau Merkel sein. Warten Sie es ab. Diese Frau ist machtkrank, hochgradig abhängig und wir glauben nicht, dass sie freiwillig gehen wird. Auch 2021 nicht. Sie muss „gegangen werden“!

ruhrler
6 Jahre her

Die Umarmung und Marginalisierung des Feindes war und ist Merkels große Stärke. Das funktioniert bei ganzen Parteien, aber auch bei einzelnen Personen. Herr Spahn ist jetzt erst mal ruhig gestellt, und da er ein eigenes Ressort hat werden sich seine Kollegen schon die Einmischung in ihre Ressorts verbitten. Also Einer weniger der Ärger macht. Soll er sich an der SPD und ihren Träumen von der Bürgerversicherung abarbeiten, das wird ihn schon einhegen.

dunkelstrasse48
6 Jahre her

Die haben alle keine Ahnung von der wirklichen Stimmung hier in Deutschland.
Die erbärmliche Lächerlichkeit dieser holpernden und stolpernden „Regierungsbildung“ sieht mal wohl aus der Ferne nicht.