Fahrverbote – die Folgen für die Städte sind noch offen

Also noch kein Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das Gericht vertagt seine Entscheidung auf den 27. Februar.

© Lukas Schulze/Getty Images

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ging es heute um die Frage, ob Städte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhängen dürfen und ob solche Fahrverbote ein rechtmäßiger Weg wären, auf dass die Luft in den Städten sauberer werde.

Bisher gab es zwei Verwaltungsgerichtsurteile, die die Städte verpflichteten, EU-Grenzwerte einzuhalten. In Stuttgart sagten die Verwaltungsrichter „Ja“ zu einem möglichen Fahrverbot; der Gesundheitsschutz sei höher als die Interessen von Dieselfahrern zu bewerten. Die Verwaltungsrichter in Düsseldorf hatten die Bezirksregierung dazu verurteilt, einen Luftreinhalteplan für Düsseldorf schnellstmöglich so zu überarbeiten, dass überall im Stadtgebiet der NO2-Grenzwert eingehalten wird.

Es gehe um „Gesundheitsschutz“, betonen allenthalben die Grünen. Wohl kaum eine Aussage stimmt weniger als diese. Aus den Daten des Umweltbundesamtes geht hervor, dass der gesamte Autoverkehr nur zu 43 Prozent Stoffe zur Luftverschmutzung beiträgt, den größten Teil machen die Abgase der Heizungen aus. Wenn jetzt in der kalten Jahreszeit wieder viele Stuttgarter in Halbhöhenlage ihre Holzkamine anwerfen, verschärft das die schlechte Luftlage im Talkessel dramatisch. Politisch korrekt wäre jetzt „Kamin aus“ und „Frieren gegen Feinstaub und Stickoxide“.

In den Städten ist es stinkig, dreckig. Das schreibt sich in den Berichten so schön, doch wird es von einem Blick in die Daten des Umweltbundesamtes nicht gedeckt. Um zu ermessen, worüber wir reden, lohnt ein Blick auf die Daten des Umweltbundesamtes. In den vergangenen 25 Jahren sind die Stickstoffoxide insgesamt um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Genauer um 59 Prozent.

Die Stickoxide noch weiter zurückzudrängen wird immer aufwändiger und damit teurer. Denn dem steht das andere Umwelt-Mantra entgegen: Das böse CO2 soll weg! Das sei schließlich der menschengemachte Anteil am Klimawandel. Wer den nicht will, muss „CO2 weg!“ sagen. Das bedeutet für die Motorenentwickler wiederum, Verbrennungstemperaturen und Druckverhältnisse im Brennraum des Motors zu erhöhen. Je mehr, desto besser wird der Treibstoff ausgenutzt, desto sparsamer läuft der Motor. Gleichzeitig aber steigt damit die Bildung von Stickoxiden.

Ausgerechnet der ADAC präsentierte kurz vor dem Termin des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig eine „Und es funktioniert doch!“-Lösung für ältere Dieselfahrzeuge. „Alte Diesel können sauber werden“ will der Verein weismachen. Ausgerechnet der ADAC, jener Automobilclub, wir erinnern uns, dem keiner glaubt, weil er bei der Wahl der Autos des Jahres Leservoten kräftig manipuliert hat, der will jetzt erzählen, eine Nachrüst-Lösung für Dieselfahrzeuge getestet zu haben.

Sie bauten Dieselfahrzeugen einen zusätzlichen Katalysator mit Ad Blue Tank in den Abgasstrang ein. Probefahrten ergaben deutlich geringere Stickoxid-Emissionen – stolz in Stuttgart präsentiert von ADAC und dem grünen herrlich inkompetenten Verkehrsminister Herrmann. Resultat der Testfahrten: „Sie zeigen jedoch sehr klar das Potential dieser Technik!“ erzählt der Leiter Test und Technik des ADAC, Reinhard Kolke.

Nur das Entscheidende, die Verantwortung für Standfestigkeit, Garantie und Motorlauf, würde der saubere ADAC dennoch nicht übernehmen. Genau darauf aber kommt es an. Denn in den Details sind erhebliche Arbeiten und Mühen verborgen. Mit dem Einbau eines solchen Katalysators ist es nicht getan; die notwendige Steuersoftware ist auf die richtigen Sensoren angewiesen und greift tief in das Motormanagement ein. Das muss für jeden Wagentyp, für alle Motorenvarianten und Getriebekombination sorgfältig entwickelt und ausgiebig getestet werden. Zwei bis drei Jahre Entwicklungsarbeit schätzen erfahrene Motorenbauer.

Bis zu 3.300 Euro dürfte die Nachrüstung kosten, schätzt der ADAC-Mann. Wobei die Dieselfahrer die voraussehbaren Komplikationen mit dem Auto in der Werkstatt zu tragen haben ebenso wie den Mehrverbrauch an Kraftstoff. Nachrüstung – da hat VW-Chef Müller recht, bedeutet gutes Geld schlechtem hinterherwerfen. Sicher, die Filterhersteller freuen sich, die Autobesitzer weniger. Für sie wird es teuer. Sie bezahlen für puren Aktionismus mit einem zweifelhaften Nutzen. Unangenehm, wie sich der ADAC auf der Suche nach Rehabilitation an die Grünen ranwanzt: „Politik und Industrie sind jetzt gefordert, schnell zu handeln.“

Während die Politik Fahrverbote vermeiden will („Lassen sich nicht kontrollieren!“), zeigte sich gerade, mit welchen dubiose Methoden die Deutsche Umwelthilfe arbeitet. Sie warf BMW vor, Software zu manipulieren. Dessen Dieselmodell 320d hätte eine illegale Abschalteinrichtung in die Steuersoftware eingebaut, so der Vorwurf. Den konnte die DUH nicht belegen.

Im Gegenteil: Das Kraftfahrtbundesamt hatte zusätzlich geprüft und BMW entlastet: Die Abgasemissionen sind „unter normalen Betriebsbedingungen nicht zu beanstanden.“

Der Vorwurf der DUH ist also falsch! Die DUH hat also offenbar gelogen. Daraufhin platzte dem BMW-Chef der Kragen; er verwahrte sich gegen die dubiose DUH. BMW will nicht akzeptieren, wie „Wohlstand und Arbeitsplätze“ gefährdet werden. „Wer einen BMW kauft, kann sich darauf verlassen, daß unsere Fahrzeuge nicht manipuliert sind.“

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Kommentare ( 50 )

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Rudolfo
6 Jahre her

Bitte sofort Fahrverbote einführen, flächendeckend. Damit jedem klar wird das auch dieses Thema von der „handlungsfähigen“ aber unfähigen GroKo der letzten Jahre versaut wurde.

Reinhard Peda
6 Jahre her

Ja, Bitte Bitte Bitte her mit dem Fahrverbot. „In Stuttgart sagten die Verwaltungsrichter „Ja“ zu einem möglichen Fahrverbot; der Gesundheitsschutz sei höher als die Interessen von Dieselfahrern zu bewerten.“ Und gleich weitermachen, mit dem Alkoholverbot. Da sterben ja jährlich auch rund 15.000 Menschen dran. Und dann die „freundlichen“ Drogen freigeben, dann ist die Welt der Grünen wieder in Ordnung: https://www.gruene.de/programm-2017/a-bis-z/wir-schaffen-klare-regeln-in-der-drogenpolitik-statt-zu-kriminalisieren.html Es geht ja schließlich um die „Gesundheit“. Der Mensch sollte Tod auf die Welt kommen, dann hat die Krankheit keine Chance mehr. 🙂 Ich bin für ein Verbot, das die AFD mit anderen Parteien koaliert. Die Programme der etablierten Parteien… Mehr

Querdenker
6 Jahre her

Es gab heute eine interessante Diskussion im Presseclub zu diesem Thema.
Zwei wichtige Fragen wurden nicht gestellt:
Wenn 80 µg NOx zu 6.000 (epidiomolisch ermittelten) Todesfällen führen. in welchen Berufen mit bis zu 950 µg NOx am Arbeitsplatz sind Folgen als Berufskrankheit anerkannt?
Wann wird der MAK-Wert für NOx auf 80 µg gesenkt und wie viele Arbeitsplätze werden dann in andere Länder verlagert?

Riffelblech
6 Jahre her

Es gibt eigentlich nur eine Maßnahme ,die den Ökoprinten wieder Verstand ins Gehirn bläst . Wenn ein Dieselfahrverbot kommt ,was wahrscheinlich ist ,dann sollten alle betroffenen Dieselfahrer mal zwei Tage ihre Kisten stehen lassen . Und nix geht mehr . Länger als zwei Tage hält das die Wirtschaft nicht aus ,die Ökoprinten könnten dann ihre vergifteten Lungen frei blasen und am Schluß muß dann der Dieselfahrer nur noch sein Wahlkreuz an der richtigen Stelle machen . Dann sind Merkel und die Ökoprinten Geschichte .

Schleswig
6 Jahre her

Eine heutige BMW Meldung: Wir haben irrtümlich die Software vertauscht.
Mein Gott, wie ist das doof.

Harald Rapplt
6 Jahre her

Fahrverbote. Die gab es doch schon in den 80ern, aber für alle!!!
Es wäre ein Unding, wenn Diesel nicht mehr Fahren dürfte. Ich habe also eine angemeldete Karre, zahle ordentlcih Kfz-Steuer und soll nicht fahren dürfen??
Mich betrifft es nicht direkt. Ich habe zwar einen Diesel, der hat aber ein H-Kennzeichen:-)

Innerlich gekündigter Staatsbürger
6 Jahre her
Antworten an  Harald Rapplt

Es gab in den 80ern keine Fahrverbote.

Rudolfo
6 Jahre her
Antworten an  Harald Rapplt

Gegen die umweltverpestenden Autos mit H-Kennzeichen wird die DUH bestimmt auch noch was unternehmen. 🙂

Greg
6 Jahre her

In Sachen BMW hat die Realität den Glauben des Autors an die deutsche Ingenieurskunst schon überholt: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/abgasskandal-bmw-gesteht-unregelmaessigkeiten-bei-abgas-software-a-1195136.html

Sonni
6 Jahre her

1) Wie, zum Teufel, verträgt sich das eigentlich alles mit den jahrelangen Subventionen des Diesel durch die jeweiligen Bundesregierungen??? 2)Ein weiterer großer Punkt ist, dass Millionen von Menschen jahrelang in Richtung Diesel gedrängt wurden und nun wahrscheinlich auf Fahrzeugen sitzen bleiben, die kaum noch etwas wert sind, sprich nur ins östliche Ausland verkaufbar, (dort scheint man noch nicht so große Probleme mit dem Diesel zu sehen, wie bei uns). Und was machen diejenigen, die sich nicht ohne weiteres ein neues (anderes) KFZ leisten können oder einen gesamten Fuhrpark tauschen müssten? Was macht der Klempner oder Elektriker mit 10 Autos, die… Mehr

Paul Vahlen
6 Jahre her
Antworten an  Sonni

Schauen Sie nach Belgien. Seit Anfang Januar 2018 wird stufenweise gegen Autofahrer vorgegangen. Bis 2025 sollen gemäß Plan, 30 Prozent in etwa des heutigen Autoparks verschwinden, sukzessive.

Wie erfolgt die Kontrolle? Mit Hilfe der Informationstechnik, sehr schnellen Prozessoren also und „intelligenten“ Überwachungskameras. Stichwort Nummernschilderkennung. Bis Mitte 2018 sollen an circa 120 Stellen an die 170 solcher Kameras aufgestellt werden, in Brüssel und dem Rest des Landes. Das läuft dann wohl (voll)automatisch?

Rudolfo
6 Jahre her
Antworten an  Paul Vahlen

Was passiert denn zukünftig mit den umweltschädlichen Fahrzeugen der Besucher aus den Nachbarländern? Müssen die ihre Fahrzeuge vor den Städten stehen lassen? Oder müssen die vor jedem Besuch eine Sondergenehmigung beantragen?

Peter G.
6 Jahre her

Zwei große Hersteller von Umbausätzen für Diesel-Fahrzeuge ab Euro 5, die die Grenzwerte nach der Norm Euro 6d bei weitem unterbieten, haben diese den Autoherstellern angeboten. VW hat – wie bekannt – abgewunken, kein Interesse. Derselbe VW-Konzern wirbt aber immer noch damit, den alten Diesel gegen ein neues Fahrzeug seines Konzerns „umzutauschen“, obwohl aktuell keiner seiner Diesel die Norm Euro 6d erfüllt. Bei den Benzinern erreicht lediglich ein Pkw, der VW Up GTI, die Werte dieser Norm, obwohl der mit einer Motorleistung von 116 PS aus 999 ccm auch nicht gerade ein Familienfahrzeug ist. Bei BMW sind es immerhin 10… Mehr

Fahrverbote
6 Jahre her
Antworten an  Peter G.

Tja, es fehlt das Hinterfragen dieser Grenzwerte. Erlebe ich in meinem Umkreis immer wieder. Die Autobauer habe sich zu lange angeschlossen, weil es Umsatz versprach. Jetzt aber wird es langsam bedrohlich mit den ganzen Regelungen. Der ADAC vertritt doch schon lange keine vernünftige Position mehr. Bin schon vor vielen Jahren ausgetreten. Die Autobauer könnten doch die Zusatzausrüstung gegen Aufpreis anbieten. Das wäre doch mal ehrlich. Mal schauen, wie viele Käufer dann „saubere“ Umwelt vor Geldbörse setzen. Kaum einer. Daher werden für die Nachrüstzng ja auch Steuergelder gefordert. Entwicklungskosten ohne Abnehmer geht natürlich nicht. Der Einzelne wird sich im Zweifelsfall aber… Mehr

Querdenker
6 Jahre her
Antworten an  Peter G.

Den VW Passat gab es bereits seit 2009 mit Euro6 Diesel. Wie vielen Käufern war die Umwelt den Mehrpreis Wert? Heute fordern dieselben Kunden die kostenlose Nachrüstung? Ist das Ihr Rechtsempfinden?
Zu den Nachrüstsätzen noch eine Frage: Wer hat die Wirksamkeit und die Kosten dieser Sätze geprüft? Wie viele Nachrüstsätze (die nach Ihrer Beschreibung ja fertig in der Schublade der „großen Hersteller“ liegen müssten) werden auf dem freien Markt angeboten? Ich glaube, hier wird nur Reklame für eine theoretisch mögliche Entwicklung gemacht.

Simon
6 Jahre her

Welches merkwürdige Spiel treiben die Autoproduzenten in diesem Zusammenhang?
Sie spielen doch dieses Anti-Diesel-Spiel mit der Politik mit.

Beispiel: Porsche möchte Musterschüler der Politiker sein und hat schon alle Dieselfahrzeuge aus dem Verkaufsprogramm genommen.