SPD beschwert sich beim Deutschen Presserat

Die SPD hat die Berichterstattung von BILD über den GroKo-Mitgliederentscheid scharf kritisiert und sich an den Deutschen Presserat gewandt. Der BILD-Bericht "Dieser Hund darf über die GroKo abstimmen" sei "in seiner Kernaussage falsch", so die SPD.

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BILD habe bei der Recherche durch Angabe falscher Identitäten beim Parteieintritt den deutschen Pressekodex verletzt. Es handele sich um „grobe Verstöße gegen die Grundsätze der journalistischen Ethik“, so beschwert sich die SPD.

Zur Vorgeschichte: Ein BILD-Redakteur hatte für eine Hündin namens Lima eine Mitgliedschaft in der SPD beantragt. Die SPD zeigte sich erfreut und antwortete prompt – natürlich ohne zu wissen, dass Lima eine Hündin ist: „Wir freuen uns, dass Du Dich entschieden hast, Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zu werden.“ Der Antrag sei „erfolgreich versendet. Nach erfolgreicher Prüfung erhältst Du Dein persönliches Parteibuch.“ Am 6. Februar, 18.03 Uhr – drei Minuten nach Ablauf der Frist schrieb die SPD-Landesgeschäftsführerin: „Liebe Lima, ich freue mich sehr über Deinen Eintritt in die SPD. (…) Dein Eintritt wurde in die Mitgliederdatenbank erfasst, das bedeutet: Du kannst am Mitgliedervotum über einen möglichen Koalitionsvertrag teilnehmen!“

BILD wollte zeigen, wie oberflächlich neue Mitgliedschaftsanträge der SPD – vor dem Mitgliedervotum – geprüft werden. Die SPD hatte behauptet, alle Anträge würden sorgfältig unter die Lupe genommen.

Getroffener Hund bellt

Und nun beschwert sich die SPD über BILD beim Deutschen Presserat. Das ist erstaunlich! Wer war denn der große und begeistert gefeierte Held aller Linken in Deutschland – auch und gerade der SPD? Günther Wallraff alias Hans Esser und alias Ali und alias vieles andere. Der Mann, der BILD entlarvte – und auch sonst überall gegen Ungerechtigkeit und kapitalistische Ausbeutung kämpfte, stets unter Angabe falscher Identitäten. Im Jahre 1977 arbeitete Wallraff dreieinhalb Monate lang als Redakteur bei BILD, und zwar unter falscher Identität. In seinem Buch „Der Aufmacher. Der Mann, der bei ‚Bild‘ Hans Esser war“ schildert er seine Erfahrungen in der BILD-Redaktion und kritisierte journalistische Versäumnisse und unsaubere Recherchemethoden des Blattes. Das Buch war Pflichtlektüre in vielen Schulklassen – auch ich habe es als Schüler mit Begeisterung gelesen. Und mein Deutschlehrer war ebenso begeistert von Wallraff und seinen Recherchemethoden.

Der Deutsche Presserat, bei dem sich die SPD jetzt beschwert, sprach damals allerdings sechs Rügen aus – sowohl gegen BILD als auch gegen Wallraff. Wallraff wurde für seine „nicht zulässige verdeckte Recherche“ gerügt. Die Axel Springer AG verklagte Wallraff daraufhin mehrfach, sodass in den weiteren Auflagen etliche Passagen geändert wurden.

Wallraff ist jedoch bis heute ein gefeierter Held, und zwar gerade wegen seiner verdeckten Recherchemethoden. BILD hat jetzt – durch Beantragung der Parteimitgliedschaft eines Hundes bei der SPD – mit ähnlichen Methoden gearbeitet, für die Wallraff stets gefeiert wurde. Aber wenn BILD selbst Wallraff spielt, versteht die SPD keinen Spaß. Vielleicht wird man aber auch bei Umfrageergebnissen um die 16 Prozent ein wenig dünnhäutig.

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Kommentare ( 81 )

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as140
6 Jahre her

Und ich hatte mich letztes Jahr schon gewundert, was das für Leute sind, die massenhaft in die SPD eingetreten waren.

auchdasnoch
6 Jahre her

Und was macht die satirisch angehauchte ZellerZeitung (ZZ) daraus:

„Dieser Hund ist der Hoffnungsträger der SPD, weil er als neues Mitglied für den Koalitionsvertrag stimmen wird. Die SPD hat sich ausdrücklich für Hunde geöffnet, ohne zu bedenken, dass sich Katzen diskriminiert fühlen könnten. “Katzen kann man sowieso nicht dazu bringen, irgendwo einzutreten”, sagte Manuela Schwesig etwas zugeknöpft. Indes soll eine Quote für Hündinnen demnächst auf den Weg gebracht werden, man weiß noch nicht, auf welchen.“

🙂

S. Held
6 Jahre her

Den deutschen Presserat kann man doch in der Pfeife rauchen, sonst müssten das ehemalige Nachrichten Magazin Spiegel und Zeit Online tagtäglich wegen ihrer verlogenen Bericht Erstattung und islamistischen Halsabschneider Propaganda über Syrien angeklagt werden, nur noch schlimmer treibt es die BLÖD Zeitung mit dem üblen Hetzer Reichelt.

as140
6 Jahre her
Antworten an  S. Held

Der Reichelt hat nie Propaganda für Islamisten gemacht, im Gegenteil.

HEIKO W:
6 Jahre her

Ganz schlau liebe Sozen, nur noch mehr die Sache aufbauschen, anstatt das ganze zu vergessen.

Silas
6 Jahre her

BILD dokumentiert hier nebenbei plastisch den untergeordneten Wert einer solchen Mitgliederbefragung. Egal wie sie ausgeht, der einzelne Abgeordnete der SPD darf das Votum sowieso nur als Handlungsempfehlung verstehen. Der Abgeordnete ist nämlich mehr als seiner Partei seinen Wählern verantwortlich, er ist in erste Linie Treuhänder des Wählerwillens, nicht des Parteiwillens. Er hat hier seinem Gewissen zu folgen und nicht einfach Weisungen zu befolgen. Im Zweifelsfall auch nicht die von Partei bzw. Fraktion. So steht es jedenfalls im Grundgesetz.

as140
6 Jahre her
Antworten an  Silas

Als ob die SPD-Wähler nicht ihre Partei in der Regierung sehen wollten…

Kairo
6 Jahre her

Auch hier fehlt mir ein rechtlicher Aspekt,,den ich noch nirgends thematisiert fand:

Die SPD hat auch Mitglieder, die nicht über einen deutschen Pass und mithin das Wahlrecht für den BT verfügen. Stimmen diese nun über den K-Vertrag ab, entstehen doch zwangsläufig Unvereinbarkeiten zwischen Wahlrecht und dem Zustandekommen einer Koalitionsregierung.

Gehe ich hier in die Irre?

Rechtliche Prüfung erwünscht.

as140
6 Jahre her
Antworten an  Kairo

Nein, da es sich hier rechtlich gesehen wohl nur um eine einfache Umfrage handeln dürfte. Mit dem Wahlrecht hat das nichts zu tun.

Christina Hatzoglos
6 Jahre her

Danke an alle die was zu sagen haben bei der SPD. oder auch nicht !!!!!!!!!!!!! bei euch ist der Spass zuhause und jeder darf lachen. Das nenne ich gelebte Demokratie :))

Greifenstein
6 Jahre her

Pressekodex! Ich lach mich tot.

Hosenmatz
6 Jahre her

Ich bin für Wum als Kanzler und Wendelin als Außenminister 🙂

Snakebite
6 Jahre her

Der Grundtenor des Artikels ist meiner Ansicht, das es laut SPD und Presserat also verboten ist oder zumindest unterbleiben sollten, das Recherchen von Journalisten unter einer „falschen Identität“ stattfinden dürfen? Bzw. das solche Rechercheergebnisse nicht veröffentlicht werden dürfen/sollten? Da wirft sich aber doch eine Frage auf, WIE SOLL DANN INVESTIGATIVER JOURNALISMUS AUSSEHEN? Wie sollen sonst vertuschte Misstände aufgedeckt werden? Soll nun jeder Aussage von zB. Politikern, Behörden, Ämtern, Firmen usw., uneingeschränkt geglaubt werden ohne Prüfung? Und wie sollen dann vertuschte Misstände, die es offiziell nicht gibt, aufgedeckt werden? Man kann ja über Günter Wallraff geteilter Meinung sein, aber er ist… Mehr

as140
6 Jahre her
Antworten an  Snakebite

„Ob und was dran ist, auf diese Diskussion lasse ich mich nicht ein“
Wenn man sich auf eine Diskussion nicht einlassen will, sollte man auch keine These in den Raum werfen.
„“ wobei auch der „Pressekodex“ eine Rolle spielen soll (kein negatives Wort über Flüchtlinge zB.).“
Der Pressekodex sieht jedenfalls vor, dass ausländische Herkunft von Straftätern nicht genannt werden soll. Welches andere Motiv gibt es für diesen Passus?