Groko-Sondierung zum Wohnungsbau: „Warum zu wenig gebaut wird“

Die Groko will 1,5 Millionen Wohnungen bauen lassen. Bauland soll mobilisiert, der Soziale Wohnungsbau gefördert werden, die Mietpreisbremse schärfer greifen, was den Wohnungsbau bremst: Warum für Normalverdiener zu wenige Wohnungen gebaut werden.

© Sean Gallup/Getty Images

Der Neubau von Wohnungen wird sich verlangsamen. Davon geht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seiner Prognose des Bauvolumens aus, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. „Im Wohnungsbau kündigt sich das Ende des Neubaubooms an“, heißt es in der Studie des DIW, die das Berliner Institut jährlich im Auftrag des Bundesbauministeriums und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung erstellt.

278.000 Wohnungen wurden 2016 neu errichtet. 2017 dürften es um die 300.000 gewesen sein. 2018 könnte die Zahl auf 320.000 steigen. Doch der Zuwachs werde „stark an Dynamik verlieren“, so das DIW. Das ohnehin schon knappe Bauland in den gefragten Lagen der großen Städte werde noch knapper. Die Bauwirtschaft arbeite an der Grenze ihrer Kapazitäten. Die Baupreise, die 2017 laut DIW um gut drei Prozent gestiegen sein dürften, werden wegen der starken Nachfrage auch 2018 und 2019 voraussichtlich um jährlich mehr als drei Prozent zulegen, gepaart mit höheren Preisen für Energie und Rohstoffe. Ein Alarmsignal: Die Zahl der genehmigten Wohnungsneubauten stagniert! Bei den Genehmigungen zeichnet sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr erstmals seit 2008 ein Rückgang ab.

Was läuft schief?

Die größten Probleme beim Wohnungsneubau sind:

  • Irrsinnig lange und komplizierte Genehmigungsprozesse und zehntausende Vorschriften in den Ländern.
  • Zu wenig Bauland, das von den Kommunen ausgewiesen wird.
  • Ständig neue Regulierungen und Restriktionen für die Bauträger.
  • Stark steigende Baukosten, u.a. durch den Wahnsinn immer schärferer Energiesparverordnungen.
  • Steigende Kosten durch massiv angezogene Grunderwerbsteuer.
  • Zusätzlich werden die Immobilienpreise durch die Nullzinspolitik der EZB in die Höhe getrieben: Institutionelle Investoren, die vor wenigen Jahren nicht mehr als das 20-fache der Jahres-Nettokaltmiete für eine Wohnimmobilie zahlten, sind heute teilweise bereit, das 30-fache zu bezahlen, weil sie mit Anleihen eben gar keine Verzinsung mehr erzielen. Das treibt die Immobilienpreise und damit die Mieten.
„Schwarzbuch Wohnungsbau“ wäre dringend notwendig

Wohlstand auf tönernen Füßen
Vorhersehbare Katastrophe auf dem Wohnungsmarkt: Zuwanderer vs. Einheimische
In der Öffentlichkeit kaum bekannt sind die Probleme, mit denen jeder Projektentwickler täglich bei den Genehmigungen zu kämpfen hat. Es ist keine Seltenheit, wenn vom Kauf eines Grundstückes bis zur Fertigstellung des Hauses fünf oder gar zehn Jahre vergehen. Warum muss das so lange dauern? Das Bauen kostet vielleicht zwei Jahre. Der Rest der Zeit wird benötigt für einen andauernden Kleinkrieg mit den Behörden, die erstens chronisch unterbesetzt sind und in denen zweitens oft Leute arbeiten, die die Investoren als Gegner empfinden. Und die selbst gelähmt werden durch Ökovorschriften, die dem „Klimaschutz“ und dem Tierschutz dienen sollen: Wenn nur drei oder vier Zauneidechsen irgendwo entdeckt werden, kann das den Prozess um ein Jahr oder länger verzögern: Es müssen Gutachter vor Ort die Zahl der Tiere zählen, hochrechnen, Gutachten schreiben, es müssen Lösungen für die Tiere gefunden werden usw. Nichts gegen Tierschutz: Ich bin selbst sogar Vegetarier, so tierlieb bin ich. Aber was hier an Übertreibungen geschieht, kann sich der Laie, der nicht mit diesen Themen konfrontiert wird, nicht vorstellen. Die Bedürfnisse eines Hamsters oder einer seltenen Insektenart wiegen jedenfalls viel schwerer als jene der Menschen, die dringend Wohnungen suchen.

Ich spreche täglich mit Projektentwicklern, die mir diese Probleme schildern. Man müsste das in einem „Schwarzbuch Wohnungsbau“ zusammenfassen, damit öffentlich klar wird, warum zu wenig gebaut wird. Doch jeder Bauträger hat Angst, seine Erfahrungen im Umgang mit den Behörden öffentlich zu machen, weil diese eben am längeren Hebel sitzen und er befürchten muss, dass dann irgendwann gar nichts mehr geht. Daher wird es dieses Schwarzbuch leider nie geben.

Sonderfall Berlin

Kaum irgendwo sonst steigen die Preise und Mieten so stark wie in Berlin. In den vergangenen Jahren sind jährlich etwa 40.000 Personen neu nach Berlin gekommen. Aber in Berlin ist eine Senatorin der LINKEN für den Wohnungsbau zuständig. Sie hat sich von Beratern umgeben, die fast ausschließlich aus der linken Szene kommen. Ein Dialog mit der Wohnungswirtschaft ist weitgehend unerwünscht. In den Bezirken der Hauptstadt wird es teilweise noch schlimmer getrieben, insbesondere von den Grünen. Die warfen in Kreuzberg neulich sogar der LINKEN in einer Bezirksversammlung vor, sie liefen den kapitalistischen Investoren hinterher. Ich kenne Projekte, die sich seit vielen Jahren völlig unnötig verzögern – wegen des Kleinkrieges, den Bezirkspolitiker gegen Investoren treiben. Viele Berliner Bauträger haben die Nase voll und bauen jetzt lieber Bürogebäude oder wandern in den Speckgürtel von Berlin ab (also nach Brandenburg), wo die Politik teilweise deutlich Investoren-freundlicher ist (selbst wenn dort die LINKE das Sagen hat).

Warum für Normalverdiener zu wenig gebaut wird

In den meisten Städten – Hamburg, München, Berlin usw. – werden Projektentwickler heute gezwungen, einen bestimmten Teil der Wohnungen (z.B. 30 %) als Sozialwohnungen mit niedrigen Mieten zu errichten. Das rechnet sich nur durch Quersubventionierung, also indem der Rest der Wohnungen besonders teuer gebaut wird, mit hohen Mietansätzen. Ergebnis: Für den Normalverdiener werden zu wenige Wohnungen gebaut. Es werden eher zu viele teure, hochwertige Wohnungen errichtet – so dass man sich fragt, ob die überhaupt alle gebraucht und verkauft werden. Die Regulierung führt, wie so oft, teilweise zum Gegenteil des Gewollten. Leidtragende sind die Bürger, die Wohnungen suchen. Die Politik lenkt dann gerne ab und macht „Baulöwen und Immobilienhaie“ verantwortlich. Und, jawohl, es gibt schwarze Schafe, die Grundstücke aus spekulativen Gründen horten und die selbst gar nicht bauen, sondern nur teurer weiterverkaufen wollen. Für die Bauträger sind diese Leute selbst ein Ärgernis. Zum Glück sind das aber Ausnahmen, denn die Projektentwickler sind ja die, die unbedingt bauen wollen. Sie verdienen ihr Geld damit. Die Blockierer sitzen in der Politik und den Behörden.

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Kommentare ( 27 )

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27 Comments
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elly
6 Jahre her

„Zu wenig Bauland, das von den Kommunen ausgewiesen wird.“
Die Grunderwerbsteuer ist eine großen Einnahmequelle der Kommunen und sie richtet sich nach dem Verkaufspreis einer Immobilie. Weshalb also sollten Kommunen mehr Bauland ausweisen und damit riskieren, dass Immobilien günstiger werden könnten?

Hans Ecke
6 Jahre her

Was hat die GroKo nun dazu konkret sondiert? Gibt es das Baukindergeld für Familien, mit dem die CDU auf Stimmenfang war? Oder geht es wieder nur um Maximalprofit für die Versorgungssuchendenversorger. Ich hätte gern die Ausgangsinformation.

Wer soll 1,5Mio. Wohnungen bauen oder planen, selbst wenn Bauland ausgewiesen würde? Jetzt muß erstmal jede Straße in Deutschland umgegraben werden, um das neue Breitbandnetz bis in jedes Haus zu verlegen. Auch dafür gibt es nicht genügend Baukapazitäten. Alles nur Politikerdummbatz.

Uferlos
6 Jahre her

Ein grossers Problem ist die Tatsache, dass es für Frauen zu wenig attraktive Arbeitsplätze ausserhalb der Ballungsräume gibt. Medien, Biotechnik, Medizintechnik, Beratung , Kultur, all das findet vorwiegend in Städten statt. Junge Frauen zieht es in die Großstädte, dort gründen sie später ihre Familien. Und das elterliche Haus bleibt ohne Nachfolger /in, da auch die Männer den Frauen nachziehen müssen, wenn sie eine abbekommen wollen. Es braucht moderne Arbeitsplätze ,im ländlichen Raum, erst dann hört der Run auf die Metropolen auf. Zu glauben, dass die Metropolen bald zu gefährlich werden und ein Rückzug auf das Land stattfinden wird, ist nur… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Tjaja. Die Deformation des Geldmarktes durch die Drahgische Politik der EZB bleibt entfaltet eben nicht nur bei den Bankkonten risikoaverser Normabürger, sondern beginnt die gesamte Wirtschaft tief zu penetrieren. Besonders die Bauwirtschaft.
Mit einer GroKo(tz) ist nicht mit einer Politik zu rechnen, die dem Einhalt gebieten könnte, oder sogar wollte. Merkel, Schulz, Nahles, etc. alles keine Markt- sondern Planwirtschaftler. Sozen halt. Neid sells.

R. Scholl
6 Jahre her

Nun ja, es haben auch genug Investoren aus dem Ausland ihr Geld hierzulande in Immobilien untergebracht und der niedrige Zins tut sein Übriges. Steigende Nachfrage führt zu steigenden Preisen. Inwiefern das eine Ausnahme ist, die nur einen ach so schwachen Anteil wie von Ihnen dargelegt an der Entwicklung der Gesamtsituation hat, vermag ich aufgrund fehlenden Datenmaterials nicht zu beurteilen. Aber können Sie Ihre These belegen? Mir ist die Geschichte von den zu bemitleidenden Projektträgern gerade zu einseitig. Nehmen wir die Dänen. Die haben ihre Bürger vor Investoren von Außen geschützt und damit vor steigenden Preisen aufgrund dieses einen Faktors zumindest.… Mehr

Schwabenwilli
6 Jahre her

https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/wohnungsmarkt-zuwanderung-wohnungsmangel/

Herr Zitelmann, ihr Kollege Wallasch hat es in einem ähnlichen Artikel auch so geschrieben und man kann es auch nicht oft genug wiederholen, denn das was sich hier anbahnt ist nicht nur ein sozialer Gau sondern auch bald ein politischer.
Was glauben sie was los ist wenn junge deutsche Paare und Familien keine Wohnung, keinen Bauplatz bekommen oder es sich schlich nicht mehr leisten können, die Gründe haben sie schon aufgezählt. Wenn Deutsch erfahren das Migranten bevorzugt werden, da wächst etwas heran das dann nicht mehr zu stoppen ist.

Teilhaber
6 Jahre her
Antworten an  Schwabenwilli

Die sogenannten „Flüchtlinge“ werden doch jetzt schon an allen Ecken bevorzugt, jedem H4 -Empfänger geht es schlechter und er hat mehr Repressalien zu fürchten.
Den „Flüchtelanten“ wird nichts gekürzt wenn sie nicht das machen was gefordert wird.

Duke
6 Jahre her

Ich kann zu diesem Thema nur eine private Erfahrung mit der Gemeinde in der ich,Land besitze und auch den Erfahrungen aus Nachbargemeinden zum Besten geben (es ist, zumindest bei uns, überall das selbe): Die Gemeinden weigern sich den Grundstückseigentümern von potentiellem Bauland vernünftige, marktübliche Preise für ihr Land zu zahlen. Wenn die Eigentümer nicht an die Gemeinde zum Ackerlandpreis (ca. 6 € pro m2) verkaufen will erlässt die Gemeinde für die Gebiete keinen Bebauungsplan. Dadurch ist es den Eigentümern auch nicht mehr möglich ihr Land privat zu verkaufen, weil jeder Käufer, der einen halbwegs angemessenen Preis für die Lage zahlt… Mehr

Rotzkäppchen
6 Jahre her
Antworten an  Duke

Das kann ich aus eigenen Erfahrungen nur bestätigen.

zu dem Satz :

..das ist zum Glück bis jetzt noch nicht möglich…Zitat

….wäre mein Bericht zum „SEM “ Enteignung / Landwirte sollen ihre Nutzflächen für neuen Bebauungsraum abgeben/München/Aktion – Heimatland!/Phönix v. 13.01.18 , für das Münchner Umland interessant.
hier im TE

Roja
6 Jahre her

Sorry, es sind 104 Hektar, also etwas mehr als ein 1km2. Bitte korrigieren Sie das.

Roja
6 Jahre her

Warum wird die „Natur“, die Tiere, die Pflanzen und unsere Umgebung in konservativen Journalisten-Kreisen immer so geringschätzig behandelt, als wäre das etwas dass einfach immer da ist? Auch das Ruhrgebiet war mal eine der schönsten Landschaften von Deutschland – weg und vorbei. Wer produziert all das was wir essen, trinken, atmen, genießen? (Tipp: Monsanto und Nestle sind es NICHT). Welch ein Glück dass es wenigstens noch Reste von Naturschutz gibt. Bei den Subventionspropellern (Wind“kraft“anlagen) z.B. werden diese ja reihenweise ausgehebelt. Wohin man schaut wird nur noch gebaut, Lärm von früh bis spät, eine Wiese/Acker nach der nächsten zubetoniert (104 Quadratkilometer… Mehr

mathilda
6 Jahre her
Antworten an  Roja

Wenn Sie im Zelt leben und zu Fuß zur Arbeit gehen, ist das völlig in Ordnung!
Andere leben eben lieber in einer festen Behausung, legen auch mal längere Strecken zur Arbeit zurück, wünschen Ihren Kindern die Möglichkeit irgendwo studieren zu können oder irgendwann von zu Hause ausziehen zu können, wünschen ihrem Arbeitgeber gutes Gelingen (und die Möglichkeit expandieren zu dürfen) oder sind einfach völlig entnervt von wahnwitzigen Vorschriften im Bauwesen.
Der eine so, der andere eben anders.

Philokteta
6 Jahre her
Antworten an  Roja

Ich kann Ihnen da zustimmen,@Roja.
In unserem eigentlich noch ziemlich dörflich geprägten Stadtteil wird in den letzten Jahren gebaut und gebaut. Immer mehr Äcker und Grünflächen verwandeln sich in Wohngebiete, allerdings für eine zahlungskräftige Klientel, die sich dann beschwert, wenn in der Nachbarschaft auf den letzten verbliebenen Bauernhöfen die Hähne krähen. Oder sich über das Muhen der Kühe aufregen. Klingt wie ein Klischee, ist aber so selbst erlebt.

Doris die kleine Raupe Nimmersatt
6 Jahre her

Das alles ist nicht neu. Ich stelle mir immer wieder die Frage, warum wollen Menschen in einer Stadt wohnen, in der sie keine Arbeit finden und keine Wohnung? In der es mehr Gewalt als in der Provinz gibt und mehr Diebstahl.