SPD – Für Merkel in die Liga der U20-Parteien?

Sind wir erneut auf dem Weg in eine GroKo? Wird uns das, was wir in den letzten vier Jahren erlebt haben in nahezu unveränderter Form erhalten bleiben? Frank Mußhoff über seine Gefühle frisch aus dem Ruhrpott.

© Adam Berry/Getty Images

Die Interpretation, dass der Souverän die GroKo, mit Blick auf das Ergebnis der letzten Bundestagswahl, abgewählt hat, erzeugt sicherlich wenig Widerspruch. Eine nach der Wahl sich neu bildende, weitaus größere Opposition als zuvor ließ Hoffnung aufkeimen. Der Versuch der Quadratur des Kreises in Form einer Jamaika-Koalition versprach nach vier Jahren gefühlter Einheitspartei endlich wieder die Existenz einer echten Opposition. Mit SPD, AfD und der Linkspartei formierte sich ein illustrer bunter Kreis, durchaus mit den Qualitäten politischer Wadenbeisser versehen.

Doch dann widersetzte sich der Kreis seiner Quadratur und Jamaika scheiterte schon in den sogenannten Sondierungsgesprächen. Von den drei restlichen, als realistisch zu betrachtenden Optionen schloss man leider viel zu schnell die maximale Demokratie verheißende Minderheitsregierung aus. Neuwahlen nur im äußersten Notfall, der Souverän könnte sich ja erdreisten, wieder so ein unerwünschtes Durcheinander zu erzeugen. Innerhalb kürzester Zeit noch einmal um die Sicherung des Lebensunterhalts zittern zu müssen, macht auch den hartgesottenen Parlamentarier mürbe.

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Was bleibt? Unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat es dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz ins Aufgabenheft diktiert: Sprich mit Mutti. Wenn auch widerwillig und entgegen der eigenen Überzeugung durfte Schulz nun eine 180 Grad Wende hinlegen. Wie auch immer es die Genossen letztlich verpacken werden: Sollte es nachher wieder eine gemeinsame Regierung von CDU/CSU und SPD geben, dann ist das eine (wenn auch prozentual deutlich geschrumpfte) GroKo. Viele Granden haben nach und nach den Charme des Regierens wiederentdeckt und folgerichtig Druck auf den Parteivorsitzenden ausgeübt. Für Martin Schulz wird die Luft dünner. Nach seiner wiederholt deutlichen Positionierung gegen eine GroKo, fallen ihm nun der Bundespräsident und viele Genossen der Führungsetage in den Rücken. Ein durch das Wahldebakel bereits angeschlagener SPD-Chef muss dadurch weitere schwere Treffer hinnehmen. Sollte man so mit einem Parteichef, den man nur wenige Monate zuvor zum Mister 100% gekürt hat, umgehen? Das ist leider nichts Neues in der SPD: Stehst du erst mal an der Front, siehst du nicht mehr, was hinter deinem Rücken abgeht. Mit Stärkung desselben hat das meist nichts zu tun.

Mit letzter Kraft und ein wenig Trotz will Martin Schulz aber auf jeden Fall die Mitglieder der SPD darüber befinden lassen, ob die „wir-nennen-es-nicht-groko“-GroKo, eben diesen genehm sei. Bedeutet: Weniger als 500.000 Mitglieder der SPD werden dann aufgefordert sein, für mehr als 82 Millionen Bürger Schicksal zu spielen. Weniger als 1% der Bevölkerung können dann das Wahlergebnis umkehren und den Willen des Souveräns wie eine Seifenblase platzen lassen.

Es kommt nicht allzu oft vor, dass ich mit unseren Jusos einer Meinung bin, aber für die ablehnende Haltung gegenüber einer Neuauflage der GroKo habe ich vollstes Verständnis.

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Doch was wird mit Martin Schulz im Falle einer GroKo geschehen? Als unterlegener Herausforderer und ehemaliger EU-Parlamentspräsident dürfte es ein persönlicher Abstieg sein, als Minister unter einer siegreichen Verliererin. Also weiter einfaches Mitglied des deutschen Bundestages und Parteichef mit fragwürdiger Macht? Das Nichtvorhandensein derselben und eines daraus resultierenden Verlustes an Autorität sind keine guten Voraussetzungen. Ein schwacher Vorsitzender wird die SPD nicht führen können. An internen Machtspielen und Querelen sind auch schon andere, beispielsweise Kurt Beck, gescheitert. Der Eindruck, dass der stärkste Gegner der SPD die SPD selbst ist, würde durch dieses nicht ganz so fiktive Szenario neue Nahrung finden.

B90/Die Grünen haben sich auf ihrem Parteitag schon mit der Rolle als kleinste Gruppe der Opposition abgefunden. Vielleicht wird dadurch die neue alte GroKo zur self fulfilling prophecy?

Opposition ist zwar Mist, wie Franz Müntefering wusste, aber sie kann auch eine Partei zu neuer Stärke verhelfen. Opposition ist von den Fesseln der Macht befreit. Sie kann ohne störendes Regieren viel leichter Utopien zu Konzepten entwickeln und einen neuen Plan für die Zukunft des Landes entwerfen und zur nächsten Wahl eine ernst zu nehmende Alternative anbieten. Nach sechzehn Jahren Kohl haben wir eine starke SPD erlebt. Warum nicht jetzt in die Opposition gehen, um als Phönix aus der Asche aufzuerstehen, um die Regierungsverantwortung federführend zu übernehmen? Weitere vier Jahre als Juniorpartner können auch den Abstieg in die Liga der U20 Parteien bedeuten. Die nächsten Schritte wollen also wohl überlegt sein. Harren wir der Dinge, die da über uns kommen.


 Frank Mußhoff nennt sich ein Kind des Ruhrgebiets, ist selbständiger Unternehmer und Geschäftsführer im IT-Bereich, ehrenamtlich in der Kommunalpolitik tätig.

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Kommentare ( 55 )

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Der Ketzer
7 Jahre her

Das Ganze ist nur ein „Schwarzer Peter“-Spiel. Die SPD geht mit Bedingungen in die Verhandlungen, von denen sie glaubt, dass die CDU sie nicht akzeptieren wird. Dies geschieht in der Hoffnung, dass sie nacher mit dem Finger auf die CDU zeigen und sagen kann: „Die wollten ja nicht!“
An Schulz‘ Stelle wäre ich da aber vorsichtig, es könnte sein, dass die Kanzlern (pardon: ‚Geschäftsführerin‘) sich aus Gründen des bloßen Machterhalts darauf einlässt und dann hat die SPD ein Problem – spätestens bei den nächsten Wahlen.

Marc Hofmann
7 Jahre her

Das Problem von Schulz ist, dass er nicht KÄMPFEN kann und will. Schulz hätte zu den NEIN zur Groko stehen müssen und hierbei die Vertrauensfrage stellen sollen. Die Jusos und Linken hätte er auf seiner Seite…die Korrupten SPD Funktionäre (Bundestagsabgeordnete und Minister) hingegen hätte er gegen sich. Der Schulz ist jedoch kein Machtmenschen sondern ein Egomane…der nur das Geld und den weichen Ruhe-Arbeitsplatz im Kopf hat. Wie soviele andere auch….darum hat Merkel auch so leichtet Spiel mit denen….Scheiß Sie mit Geld zu und die mache für dich, was Du willst….die deutsche Politik ist korrupt und käuflich geworden….und das in einen… Mehr

Klaus
7 Jahre her

Der SPD ist nichtmehr zu helfen wenn sie einen Merkel-Rücktritt nicht als Vorbedingung formuliert.

Die sozialen Probleme der Armutszuwanderung werden jetzt (auf für Halbblinde) Stück für Stück sichtbar und werden der SPD max. auf die Füsse fallen, insbesondere wenn man Merkel bei der Flüchtlingsfrage weiter linksextrem überholen will.

Reinhard Aschenbrenner
7 Jahre her

Die SPD-Spitze mag ja gerne wieder regieren wollen, aber die Basis wird dies hoffentlich anders sehen. Man kann ja nicht jedes SPD-Mitgliedmit einem Pöstchen versorgen wie bei den Parteigranden. Insofern habe ich da noch Hoffnung.

altermann
7 Jahre her

Nach 39 Jahren Mitgliedschaft und Mandatsträgerschaft tut mir diese Partei nur noch leid. We sich nur noch um Pillepallethemen jenseits von Schmetterlingen und Bienen kümmert, hat nicht mehr verdient. Fußballerisch würde man sagen, der Aufstieg war noch nie so leicht. Aber wenn Flüchtlinge wichtiger sind als ein Sozialticket in NRW, dann stimmt was nicht!

Peter Müller
7 Jahre her

„Wenn möglich, bitte wenden.“ Nix is mit „sie haben ihr ziel erreicht“. So oft, wie merkel das navi umprogrammiert hat, weiß doch keiner mehr, wo rechts und links ist. Ist aber eh egal, weil „gott ist groß und die bremsen sind kaputt.“. Der rückwärtsgang klemmt, was der wahre grund ist für „vorwärts immer, rückwärts nimmer.“ und sowieso braucht man ja gar keine richtung, weil sich alles irgendwie im kreis dreht. Aber wenden, in weniger als drei zügen, das wird aus dem ff beherrscht, von allen, sogar mit verbundenen augen, mit vier promille in schwärzester umnachtung bei sturm und hagel. Schulz… Mehr

Gero Hatz
7 Jahre her

Mutig ist er ja der Chulz. Aber seien wir mal realistisch, was ihm an Optionen bleibt: Brüssel wird ihn nicht zurücknehmen, in der Opposition mag zwar die Partei gestärkt werden, nicht aber Einkommen von Martin. Und nach vier Jahren winkt die Ministerpension. Klar Chulz könnte auch Bademeister in Würselen werden, aber die Bezahlung wäre doch eher bescheiden.

Karol Ulvehund
7 Jahre her

Die Leitmedien und die öffentlich-rechtlichen Medien wollen, dass Merkel Bundeskanzler bleibt. Dem hat die SPD sich zu fügen.

Davy Crocket
7 Jahre her

Herr Schulz könnte doch Frau Merkel anbieten, unter seiner Kanzlerschaft Ministerin für ‚Borstenvieh und Schweinezucht‘ zu werden.

Wenn schon – denn schon.

Imre
7 Jahre her
Antworten an  Davy Crocket

Zumindest von der Kompetenz her wäre das keine Verschlechterung, denn regieren im Interesse des Wählervolkes konnte sie auch nicht!

Michel Rieke
7 Jahre her

Die SPD könnte natürlich in einer neuen GroKo auch Politik im Sinne der großen Mehrheit der Deutschen machen. Die Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzuges z.B. wäre mit der CDU/CSU sofort machbar. Das gilt auch für eine wirklich solidarisch finanzierte Bürgerversicherung. Die darf natürlich nicht zur Versorgung von Menschen geplündert werden darf, die heute keine Beiträge zahlen und dies auch künftig nicht tun werden. Wenn die SPD dann auch laut genug für die eigenen Erfolge trommelt, muss sie in einer neuen GroKo nicht weiter schrumpfen. Wenn die Opposition endlich wieder ihrer Aufgabe nachkommt und die Folgen der Merkelschen Alleingänge mit einer… Mehr

Klaus
7 Jahre her
Antworten an  Michel Rieke

Sowas können nur Leute behaupten, die nicht verfolgen was für Auswirkungen der Verfassungsbruch von Maas und Co. aktuell in sozialen Netzwerken anrichtet.

Viele Mitglieder dieser Regierung gehören auf die Anklagebank, nicht nur die Kanzlerin.