Wenn sich jetzt der Verein für Socialpolitik in Wien trifft und über Geldwettbewerb, Privatwährungen und eine neue Geldordnung diskutiert, ist das eine späte Hommage an Carl Menger und Friedrich August von Hayek.
Als ich 2009 gemeinsam mit Norbert Tofall, Michael von Prollius und Thorsten Polleit in der FAZ in der Rubrik „Ordnung der Wirtschaft“ einen ganzseitigen Artikel unter der Überschrift „Die Überwindung der Krise durch gutes Geld“ platzieren konnte, und wir zur Überwindung der Finanzkrise einen Geldwettbewerb staatlicher und privater Währungen vorschlugen, war das für viele Leser schwere Kost. Viele hielten und halten das nach wie vor für eine verrückte Idee. Es ist doch so viel einfacher, immer nur mit einer Währung zu rechnen und zu bezahlen – egal was es kostet.
Als ich im Frühjahr 2011 bei einer Veranstaltung in Hamburg war, und einen Vortrag zur Überwindung der Euroschuldenkrise hielt, meldete sich im Anschluss der Diskussion Prof. Bernd Lucke, damals noch CDU-Mitglied, und sagte sinngemäß, es sei alles richtig, was ich zur Eurokrise gesagt hätte, aber den Passus mit dem Geldwettbewerb solle ich doch lieber weglassen, das sei nicht realistisch. Nun, ich habe seinen Rat anschließend nicht befolgt, sondern bin immer noch ein Freund der Hayekschen Idee des Geldwettbewerbs.
Entnationalisierung des Geldes
Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek hatte 1976 in seinem Buch „Die Entnationalisierung des Geldes“ vorgeschlagen, Geld wie jedes andere Gut zu behandeln und dem privaten Wettbewerb auszusetzen. Das erfordert, dass der Staat andere Währungen nicht diskriminiert, indem er sein eigenes Geld nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel definiert und mit einem Annahmezwang verbindet. Wäre dies der Fall, dann würde das gute, also das knappe und werthaltige, Geld das schlechte, nämlich das staatliche und inflationäre, verdrängen oder zur Solidität zwingen. Denn niemand will dauerhaft schlechtes Geld behalten. Hayek glaubte, dass dadurch ein evolutorischer Übergang zu gutem Geld möglich sei, der sonst nur durch schwere ökonomische Verwerfungen gelingen kann. Denn jede klassische Währungsreform hat schwerwiegende Folgen für die Geldhalter, insbesondere dann, wenn die alte Währung am Ende ist.
Die Zeit mancher Idee kommt spät
Viel entscheidender sind derzeit jedoch die Übergangsprobleme, die bei den verschiedenen Lösungsvorschlägen meist keine Rolle spielen. Sie sollten jedoch in den Blick gerückt werden. Nicht nur die Frage der Target-Salden in den Zahlungsbilanzen der Notenbanken sind hier entscheidend, sondern auch die Forderungen von heimischen Bürgern und Unternehmen gegenüber Bürgern und Unternehmen im übrigen Euro-Raum. Sie müssten auf einen Schlag abgeschrieben und wertberichtigt werden, was viele wirtschaftlich nicht überleben würden.
Die Wurzel des Übels ist die ungedeckte Kreditausweitung
Der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie Carl Menger war es, der 1883 den Methodenstreit mit Gustav von Schmoller, dem langjährigen Vorsitzenden des Vereins für Socialpolitik, führte. Schmoller vertrat die Auffassung, dass die Ökonomie quasi wie in der Naturwissenschaft durch die Beobachtung von Vorgängen zu einem Ergebnis kommen könne. Menger hielt das für falsch und behielt letztlich recht. Dennoch prägte Schmoller mit der „Historischen Schule“ über viele Jahrzehnte die Volkswirtschaftslehre und die entsprechenden Lehrstühle im deutschsprachigen Raum Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – und vielleicht noch heute.
Wettbewerb als Entdeckungsverfahren
Wie es anders geht, hat Hayek dargelegt. Sein Modell startet nicht einen neuen Großversuch, sondern ermöglicht ein Entdeckungsverfahren im Kleinen. Einzelne gehen einen neuen Weg auf eigenes Risiko. Scheitern sie, dann verschwinden sie vom Markt. Haben sie Erfolg, dann finden sie Unterstützer, Nutzer und Nachahmer. Selbst staatliche Notenbanken werden dadurch gezwungen, gutes Geld zu produzieren, die Geldmenge also nicht übermäßig auszuweiten. Ansonsten steigen die Zinsen für die Nutzer des staatlichen Geldes, weil die Nachfrage danach sinkt und Alternativen genutzt werden. Nimmt die Regierung Kredit in dieser staatlichen Währung auf, muss sie so lange mehr Zinsen bezahlen, bis sie wieder eine seriöse Finanzpolitik macht. Ein Aufschieben der Anpassung kann nicht passieren, der Markt bestraft unsolides Handel sofort und entschlossen. Das hilft am Ende allen: Den Regierungen, die für solide Finanzen belohnt werden, und den Bürgern, die nicht mehr Gefangene eines währungspolitischen Großversuches sind.
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Schon recht, Herr Schäffler. Da haben Sie fleißig für den Wettbewerb von Geldsystemen geworben. Und damit liegen Sie m.E. Erachtens ja völlig richtig. Denn nur im Wettbewerb könnten Geldsysteme gefunden werden, die für die im Markt Handelnden das -aus ihrer subjektiven Sicht- beste wären. Nur, wer hört denn Ihre Ansicht, deren Überschrift sich an Mises Vorlesungen, die unter dem Titel „Vom Wert der besseren Ideen: Sechs Vorlesungen über Wirtschaft und Politik“ veröffentlicht wurden, anlehnt? Etwa Lindner? Sonst wer in der FDP? Weder die FDP noch die Mehrheit der Untertanen hört sie. Und falls sie gehört würde, würde sie nicht verstanden.… Mehr
Wir sollten näher an der Realität bleiben. Jemand mit 50% Übergewicht und chronischer Arthrose ( der Wirtschaftskörper der Sozialstaaten nach 60 Jahren auf dem Weg in die Knechtschaft ) braucht nicht darüber zu sinnieren, was er mit ‚Idealgewicht‘ für schöne Yoga-Übungen machen könnte. Wir können nur realitätsbezogen daran arbeiten, dass die Leistungsfähigkeit so gut es geht erhalten bleibt.
An erster Stelle müsste man Kriterien begründen und festlegen, was ein Geldsystem bewirken soll und vorher noch, ob es überhaupt etwas bewirken soll. Jede durch die Konstruktion des Systems ihm innewohnende Wirkung als Einfluss bzw. Wechselwirkung mit der Wirtschaft wäre wie ein fest ins Geldsystem eingebautes Handlungsgesetz, das auf der einen Seite zu bestimmten Handlungsweisen zwingt und somit auf der anderen Seite Handlungsfreiheiten einschränkt. Wem Freiheit über alles geht, hätte Gründe, sich das von dieser Seite her zu überlegen. In praxi und vor allem wenn Währungen unsicher bis crashgefährdet sind, besteht die Neigung in zuverlässige Währungen umzusteigen. Gold ist so… Mehr
Kann ich dann auch mit Kartoffeln Steuern zahlen? Geld ist dann ja auch nur noch Ware.
Eigentlich schon,
bloß, das Finanzamt
hat nicht ausreichend Speicher und Lagerhallen!
Ich konnte es deswegen nicht verstehen, weil jegliche funktionell plausible Erklärung fehlte und auch nicht nachgereicht wurde. Da helfen auch keine Bauernregeln. Ich möchte mich auch nicht mit libertären Glaubenssätzen zufriedengeben. Über das Vertrauen, dass Sie ebenfalls als Notwendigkeit betrachten, müsste man auch noch nachdenken. Nur weil man dem (von Bürgern gewählten!) Staat nicht vertrauen kann, hat man ja konstruktiv noch keine belastbare Alternative. Darf man nicht davon ausgehen, dass es bei privaten(!) Geldsystemen um eigene Profitinteressen gehen würde? Und welcher Grund sollte Anlass zu Vertrauen geben? Sind doch alles fremde Leute. Noch nicht einmal demokratisch könnte man dann etwas… Mehr
Wir hätten mit der DM auch nicht überleben können genau wie der Dollar. Diese Geldsysteme sind insbesondere hinsichtlich der Gelderschaffung nämlich auf dieselbe Art konstruiert, die langfristig auch ihren Crash präjudiziert. Das Schlimmste ist, dass Systeme dieser Art überhaupt eine Menge Betreuung brauchen und eine Schleppe weiterer, vielfältiger Services nach sich ziehen, die nicht gerade vor Transparenz strotzen. Schuld ist nicht, dass wir in Europa dieselbe Währung haben, sondern ihr inhärenter Wirkungsmechanismus. Griechenland wäre auch mit der Drachme früher pleite gegangen als wir es mit diesem System noch werden, wenn wir es nicht rechtzeitig ändern. Ich verstehe nicht, was ich… Mehr
“ … Geld wie jedes andere Gut zu behandeln …“ aber genau das ist Geld nicht. Geld ist ein Versprechen. Nämlich, dass ich für 2 Geldeinheiten, heute morgen und übermorgen etc. die gleiche Menge z.B. an Eiern kaufen kann. Wird dieses Versprechen nicht mehr sicher gestellt, reden wir von Inflation oder von Rezession. Für das Stückchen Papier, dass ja das eigentliche Gut wäre, würde niemand eine Stunde arbeiten gehen. Man macht es für das Versprechen, dass es für dieses Stückchen Papier, ein Kilo Rindfleisch, oder 25 kg Kartoffeln, oder 15 Liter Sprit gibt. Wenn das Versprechen nicht da ist, dann… Mehr
Geldpolitik wurde schon immer als Instrument der Steuerung von Konjunktur und Berschaeftigung eingesetzt und diente damit dem Machterhalt der Regierung. Richtig von Uebel ist allerdings der Einsatz der Geldpolitik, aus dem Ruder gelaufene Staatsverschuldung tragbar zu machen. Beide Verhaltensweisen sind dem langfristigen Erhalt einer stabilen Volkswirtschaft nicht foerderlich. Ein erster vernuenftiger Schritt waere, Zins und Liquiditaet dem Markt zu ueberlassen. Der Markt wuerde der Verschuldung Grenzen setzen oder mit Konkursen Fehlentwicklungen korrigieren. Vor einem voelligen Zusammenbruch der Waehrung wird sich Vernunft nicht durchsetzen. Auch nach einem Zusammenbruch wurede ich eher mit Lebensmittelmarken und einer staatlichen Zuteilungswirtschaft rechnen als mit einem… Mehr
Gutes Geld soll aus einem Geld-Wettbewerb hervorgehen? – Geld wurde eingeführt, um den Güteraustausch durch ein „immaterielles Wertmaß“ zu vereinfachen. Diese „Idee“ hat offensichtliche Nachteile: 1) Nicht alle Kosten fließen in den Preis ein: bspw. in der Bekleidungsbranche in Bangladesh tragen Umweltkosten die Allgemeinheit. 2) Das „immaterielle Finanzwesen“ schafft seine eigene Wirklichkeit: bspw. Geld existiert in einem offenen Zahlenraum von minus bis plus Unendlich. Dadurch wird der Glaube an unendliches Wachstum gefördert. Nach der speziellen Relativitätstheorie und dem Energieerhaltungssatz gilt für die Realwirtschaft der Zahlenraum [0, …, 1] – also eine begrenzte Unendlichkeit. 3) Das Finanzwesen ist selbstreferentiell! Es gilt:… Mehr
Wie sollen Millionen Personen vom Kinde bis zum Greis eine unbegrenzte Zahl verschiedener Währungen inhärent verstehen, laufend Informationen über aktuelle Entwicklungen der jeweiligen Währungen verarbeiten und damit umgehen können? Die meisten (sogar bis in die Politik hinein) verstehen noch nicht mal das eine Geldsystem, das wir jetzt haben, mit seinen inhärenten, kurz- und langfristigen Wirkungen. Wie viele Währungen muss man im Portemonnaie oder Konto parat haben, damit man sicher sein kann, dass wenigstens eine davon akzeptiert wird, bei den zahlreichen Instanzen, wo man einkaufen will oder zahlen muss? Was ist mit den Verlusten wegen der Spreads zwischen Kauf- und Verkaufspreis… Mehr
dann verwenden Sie doch einfach den Euro weiter…
Wann zerbrechen Sie sich mal nutzbringend den Kopf?
Mein Gott, sind Sie höflich.
Was passt in den Kontext, Herr Goergen? Ich hatte zunächst einen inhaltsbezogenen Kommentar geschrieben und von Herrn Schäffler eine dumm-patzige Antwort darauf bekommen.
Hätte er auch inhaltlich beantworten können. War aber nicht dazu in der Lage. Die Begründung muss ich nicht wiederholen.
Made my day 🙂
Aber über Herrn Wolkenspalters Frage musste ich ebenfalls lachen.
Er liegt aber richtig mit seiner Aussage.
Ich denke das Sie Recht haben, obgleich die Frage der Akzeptanz eben auch eine Zeit- und Vertrauensfrage ist.
Zu Herrn Schäfflers Ausführungen ist noch anzumerken, dass die Finanzkrise die seinerzeit von den USA nach Europa überschwappte, m.W. nicht durch die FED, sonder durch eine Privatbank angestoßen wurde.
Aber in Herrn Schäfflers marktwirtschaftlicher Welt bilden sich nur an Immobilien- und Aktienmärkten Blasen, bei privatem/marktwirtschaftlichem Geld, sind solche Blasen selbstredend ausgeschlossen.
Herr Schäffler, in meinen Augen lassen Ihre Artikel ganz schön nach.
OMG.
Her Goergen, ich bin unenfahren: was heist, bitte, OMG?
Wo liegt Ihr Problem?
Na dann bleiben Sie eben bei ihrer D-Mark!
Ihre Verunsicherung gegenüber Privatwährungen bzw. Währungen die dem freien Wettbewerb ausgesetzt sind ist ja auch berechtigt. Dennoch finden Sie hierzu die Antwort im Text. Angebot und Nachfrage wird auch dieses Problem für Sie regeln und beseitigen. Oder denken Sie wirklich, dass die meisten Menschen Interesse daran hätten sich mit vielen unterschiedlichen Währungen sich auseinanderzusetzen?
Die meisten Menschen fixieren sich bei wichtigen Entscheidungen immer auf folgende Frage „Welchen Vorteil habe ich dadurch“. Obwohl es häufig sinnvoll wäre sich zu überlegen, welche Nachteile es gibt, die man dadurch beseitigen könnte? Und dies tut meiner Meinung nach der Verfasser dieses Artikels sehr gut.
Wie sollen Angebot und Nachfrage zu vernünftigen Ergebnissen führen, wenn man sich vor den Marktentscheidungen nicht mit den verschiedenen Systemen auseinandergesetzt hat?
Welche Mittel hat der Privatverbraucher quer durch alle Bildungsschichten überhaupt dazu? Wie soll da auf dem Markt etwas Gescheites rauskommen können? Probleme, die bei unserem jetzigen System beseitigt werden sollen (Crash), werden mit dem Prinzip „Versuch & Irrtum“ auf dem Markt zum Programm.
Wahrscheinlich werden sich einige besonders populäre Konkurrenzwährungen durchsetzen.
Wahrscheinlich. Nach betreuter Meinungsbildung durch die Massenmedien.