Das Merkel von Bayreuth in Bronze

Warum geht Angela Merkel Jahr um Jahr nach Bayreuth? Zu Richard Wagner? Zu diesem Wagner, der nun mal unausweichlich so deutsch ist wie Verdi italienisch, da beißt die Maus keinen Faden ab. Eine Spurensuche.

Es muss nicht immer Schwarzbrot sein! Zumindest einmal im Jahr wollen wir uns am Leichten erfreuen, an Musik und Mummenschanz! Was bei Donald Trump die zu langen roten Krawatten, das ist bei Merkel … ach, lesen Sie selbst.

Stellen Sie sich vor, Sie heißen Julia Jäkel (Gruner und Jahr) oder Friede Springer und ihre ziemlich beste Freundin heißt Angela Merkel – dann wären Ihre Redakteure gut beraten zu schreiben, La Merkel habe sich anlässlich der Wagner-Festspiele in Bayreuth „wieder herausgeputzt“. Und sie loben „ein glänzendes Outfit in schimmerndem Bronze mit typischem Blazer und langem Rock“. Hahaha. Sie müssen sich das Bild anschauen! Als wäre die Uhr zurückgedreht, auf kurz nach der Wende. Tante Angela in einem Etwas, das übergroßen glänzenden Kissenbezügen ähnelt, und Onkel Joachim in schief geknöpftem Smoking. Die arme Verwandtschaft von drüben.

Sehr unhöflich, wird nun mancher meinen, aber leider, es muss sein, denn immerhin gibt hier die Führerin der freien Welt ein Bild von sich. Und ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Was aber will sie uns damit sagen? Ich ehre die deutschen (Schneider-)meister nicht? Übrigens, eine sachkundige KollegIn (Frau!) ergänzte: „Es ist ja noch viel schlimmer. Da hat jemand einen ihrer Alltagsblazer in Taft (seit 2005 out) geschneidert und wo sonst eine Hose ist einen Sack dazu. Ich versteh es nicht – es gibt so viel Cooles von Peek und Cloppenburg, auch was mit Rüschen, ab 180 Euro in der Abendkleidabteilung – alles, wirklich alles da, sieht besser aus als der Zweiteilersack.“

Dieses – nennen wir es netter – ‘Verlegenheitsensemble‘ zeigt, dass es Merkel nicht um „das Gesellschaftliche“, das „Sehen und Gesehen werden“ gehen kann. Nebenbei zeigt es, dass unsere Kanzlerin absolut beratungsresistent ist. Nicht nur politisch, sondern auch in Zeiten der Shopping-Queens – ästhetisch.

Schief geknöpft und glänzend gewickelt

Also, warum geht sie Jahr um Jahr nach Bayreuth? Zu Richard Wagner? Hören wir zunächst, was sie selbst dazu sagt:

„Es ist nichts Verrücktes daran, in Bayreuth bis tief in die Nacht seine Zeit zu verbringen, sondern es fügt sich alles wie von selbst.“ (Merkel 2005)

„Es hat mir gut gefallen, es war ein schöner Abend.“ (Merkel 2013)

„Es hat mir gut gefallen.“ (Merkel 2015)

Kein Satz, den sie nicht genauso nach dem Besuch einer Theateraufführung in einer Flüchtlingsunterkunft verwenden könnte. Oder nach einer Busreise nach Rimini mit Steppdeckenverkauf.

Im unauffälligen Merkeljahr 2008 wurde die Erratische noch mit großem Jubel empfangen, die Berichterstatter ergötzten sich an einem „petrolfarbenem Kleid mit tiefem Ausschnitt“. Im Schicksalsjahr 2015 (Merkel öffnete alle Schleusen) ist sie – der Herrgott hat anscheinend Spaß am Sinnbildlichen – „in der Konzertpause vom Stuhl gefallen“. Ein Jahr später – Merkel trägt Flieder – haben sich bereits hunderttausende Migranten niedergelassen, und die Festspiele finden erstmals „wegen der Terrorgefahr“ ohne roten Teppich unter verschärften Sicherheitsbedingungen statt. Merkel selber kam lieber eine Woche nach der Eröffnungsveranstaltung. Wenn die Kanzlerin so weiter macht wie bisher, bleibt die Frage, wann die Festspiele ausfallen wie zu Kriegszeiten.

Diesmal aber noch pünktlich in Bronze. Nur die Frage bleibt: Warum Wagner? Woody Allen sagte mal: “I just can’t listen to any more Wagner, you know… I’m starting to get the urge to conquer Poland.” Keine Sorge, liebe Wagner-Fans, wir machen das alte Fass nicht auf, immerhin wurde der lange vor dem dritten Reich geborene Meister und seine Nachkommen, inklusive Festspielhaus, offiziell „entnazifiziert“ und sogar die DDR 1.0 hatte eine 10-Mark-Gedenkmünze. Aber Wagner ist so deutsch wie Verdi italienisch, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und Merkel verkauft sich eher als eine, die schon länger hier lebt, als irgendetwas sonst. Nach der letzten Wahl 2013 hat sie Parteifreund Hermann Gröhe die Deutschlandfahne weggenommen und kopfschüttelnd entsorgt. Weder im In- noch im Ausland vertritt sie deutsche Interessen, nur ihre eigenen. Hört sie die Worte gegen Ende der Oper?

„Habt Acht! Uns dräuen üble Streich‘:
 zerfällt erst deutsches Volk und Reich, 
in falscher wälscher Majestät
 kein Fürst bald mehr sein Volk versteht,
 und wälschen Dunst mit wälschem Tand sie pflanzen uns in deutsches Land;
 was deutsch und echt, wüsst‘ keiner mehr,
 lebt’s nicht in deutscher Meister Ehr‘.
 Drum sag‘ ich euch:
 ehrt eure deutschen Meister!“

Oder ist sie bereits eingedummelt nach vier Stunden Meistersinger? Und wenn sie sie hört, versteht sie sie auch? Vielleicht hört sie auch nur die Musik, und der Text ist ihr so fremd wie Kisuaheli. Verstehe einer das erratische Weib an der Spitze! Ich sei zu streng, meinen Sie? Immerhin wurden auch Tümpelforscher Hofreiter und die unsägliche Roth in Bayreuth gesichtet. Nun, da liegt der Fall anders. Claudia Roth geht überall hin, wo die Kameras blitzen. Außerdem kann sie ihre Designerkleidchen XXL ja schlecht auf dem Grünen-Parteitag tragen. Und der Hofreiter muss halt mit, wenn es eine Frau befiehlt, das gehört zur Parteiräson.

Beim Anblick dieser zwei falschen Fuffziger freut sich der Kenner zum ersten Mal über die wirklich brettharte Bestuhlung im Festspielhaus, und dass das Werk mindestens viereinhalb Stunden dauert.

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Kommentare ( 34 )

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34 Comments
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claudia50
7 Jahre her

Bevor er das Haus verlässt, werfe ich einen prüfenden Blick auf seine äußere Erscheinung.
Es ist nicht immer ein Jackett, im Blaumann soll er auch eine gute Figur abgeben; -)

Henryke
7 Jahre her
Antworten an  claudia50

;-)))

Fritz Goergen
7 Jahre her

Touché.

Alexander Meier
7 Jahre her

Herr Peatow, danke für den Bericht über die bundesrepublikanische Realsatire im Sommer 2017, die sie als historisch wichtiger Chronist aufgezeichnet haben. Ohne Sie, wäre mir das gar nicht aufgefallen. Ich habe mich noch auf die Bildersuche gemacht und konnte mich von der Wahrheit Ihres Berichts überzeugen:
https://www.welt.de/img/icon/mobile167044156/4947936607-coriginal-w780/German-Chancellor-Merkel-arrives-at-the-red-carpet-for-the-openin-2.jpg

thedomald
7 Jahre her
Antworten an  Alexander Meier

Die deutschesten Deutschen sind die Deutschen, die keine Deutschen sein wollen….stimmt!!!! Wie man unschwer erkennen kann….

franzjägerdresden
7 Jahre her

Vielleicht wird das alles später tragikomisch erscheinen, und wir werden dann Freude haben; vielleicht auch wird alles scheitern.Victor Klemperer

Siegfried Motzer
7 Jahre her

Ich kenne keine Zahl, aber ich wette, nicht alle die sich auf dem Roten Teppich knipsen lassen sitzen dann die Vorstellung auch ab. Man miss sich eben in der Öffentlichkeit als kulturinteressiert zeigen. Aber wieviel Wagner in Deutschland noch wert ist?

Horst Stamm
7 Jahre her

Hier versammelt sich die Parallelwelt und wird vom Plastiktüten behaubten Wahlvolk begafft. Man sieht wie nah sich Sozialisten aller Farben sein können und das Empfangsportal erscheint einem wie der Eingang zum Farmhaus auf der Animal Farm, mit den Dobermännern davor. Wie gesagt, ein paar haben Plastiktüten auf dem Kopf und müssen passenderweise draussen bleiben. Die, die drinnen sind, eint ihre Verachtung für Deutschland und der Wille, die Macht zu bewahren. Gehen wir davon aus, dass sich die Dinge immer wieder einmal ändern, auf der Animal Farm.

Dozoern
7 Jahre her

Nun, der Schlüssel liegt in Wagners Text, Herr Paetow: Sie flieht dem „welschen Tand“ und ist damit wieder treudeutsch. Genau so wie die Deutschen sie lieben. Jedenfalls die Mehrheit: unmodisch, ohne Stil, bloss nicht auffallen und wenn, dann durch ein scheussliches Sackkleid. Schauen sie die Pariser an, die Mailänder, die Londoner. Es gibt dort viele Menschen mit Stil. Auch Männer. Allein die Hemdenabteilung im Harrods, ein Traum. Merkel würde sich dort schon wegen ihrer komischen Outfits als Kandidatin um ein hohes Amt disqualifizieren, hier aber nicht. Hier geht man gern Grau in Grau. Und in Jeans und Schlabberpulli in die… Mehr

Davy Crocket
7 Jahre her
Antworten an  Dozoern

Das Rheingold.

Gernot Radtke
7 Jahre her

„sachkundig“ – Meinten Sie ’sackkundig‘?

Irina Vilomov
7 Jahre her

„Goldig“! (Woody Allen)

Bernd
7 Jahre her

2008 verblüffte Merkels Dekolleté alle – Merkel punktete mit tiefen Einblicken bei einer Operneröffnung in Oslo. Sie hatte dort ein Abendkleid mit einem so tiefen Ausschnitt getragen, dass man selbst in der Türkei davon Notiz nahm … Vergessen waren Merkel’s Schweißflecken, die 2005 in Bayreuth für Aufruhr gesorgt hatten. Eine Stilikone ist Merkel nicht mehr, dafür wurde sie von US-Medien zur „Führerin der Freien Welt“ erklärt und manche Medienmogule nennen sie „die mächtigste Frau der Welt“. Ein Bild der Zarin Katharina der Großen soll auf Merkels Schreibtisch stehen, die hatte allerdings einen pompösen Kleiderungsstil. Nicht die Schüssel, der Inhalt macht´s… Mehr