Das Prinzip Waldsterben

Das Waldsterben bildete den Kristallisationskern für eine amorph schon entstandene Natur-Ersatzreligion. Weg von „Gott Vater“ zu „Mutter Erde“ und den Heils- und Sinnversprechen ihrer Hohepriester. Georg Keckl schöpft aus reicher Erfahrung.

Der Wald - deutscher Sehnsuchtsort. Ausgenutzt von der Öko-Religion.

Das Waldsterben, nur ein Jugendschwarm? Warum an eine peinliche Liebschaft erinnern, die Hingabe an einen redegewandten, dominanten Macho? Warum die tröstliche Verklärung („war letztlich doch auch ein Guter“) entzaubern, die gefundene Ruhe stören? Weil ohne die Kenntnis der Vorgänge um das „Waldsterben“ fundamentale Entwicklungen der deutschen Gesellschaft schwer nachvollziehbar sind, die Streitereien um die Klimawissenschaften unverständlich bleiben. Weil aus dem „Waldsterben“ Lehren zu ziehen sind, um die ständigen Wiederholungen zu erkennen und zu vermeiden.

Das „Waldsterben“ hat mehr Schlechtes als Gutes bewirkt

Auch in Ländern ohne Waldsterbenshysterie wurde der Umweltschutz Schritt für Schritt verbessert. Aber, mal von einigen Übertreibungen und Peinlichkeiten abgesehen, hat nicht das Waldsterben trotzdem fast nur Gutes bewirkt: die Luftreinhaltungsmaßnahmen kamen schneller, das Umweltbewusstsein wurde gestärkt, die Grünen zogen mit dem Thema in den Bundestag, die NGO’s wurde eine moralische Instanz? Dieses altersmilde Urteil hat sich durchgesetzt, die Kehrseite der Medaille ausgeblendet:

  1. Das „ökologische Bewusstsein“ wurde zur deutschen Ersatzreligion [1];
  2. Wissenschaftliche Beweise wurden durch das moralische Bauchgefühl von Öko-Wissenschaftlern oder Ökoaktivisten, dem „Vorsorgeprinzip“, ersetzt;
  3. Die NGO’s wurden neben den Parlamenten als Anwälte, Aufpasser, Erzieher und Nebenrichter einer demokratisch nicht legitimierten, elitären „Zivilgesellschaft“ anerkannt, ähnlich einem „Big Brother“ aus dem Roman „1984“;
  4. Die mühsame Erforschung von Ursachen, Lösungsmöglichkeiten und Nebenwirkungen ist zu Gunsten von zivilgesellschaftlichen Einfachrezepten und lauten Schuldzuweisern entwertet worden.

Die Sage vom Öko-Glaubensritter, der den Drachen Waldsterben tötete, überlebte durch das Prinzip Penetranz: Es wurde so oft wiederholt, bis es als ein Gründungsmythos einer neuen Religion, die zu neuartiger Buße und Umkehr mahnt, weit in das öffentliche Bewusstsein drang. Jede Kritik daran erschien bald als inkompetentes, abwegiges „Schlechtsprech“, welches mit Ausgrenzung („Verschwörungstheorie“) geahndet wird. Wird heute ein irgendwo Baum dürr, ist es für viele ein Zeichen des „Waldsterbens“. Angstmacher vor Katastrophen haben niemals Unrecht: passieren sie, ist man bestätigt, bleiben sie aus, hat man erfolgreich gewarnt. Beweisen sie mal, dass die Welt demnächst nicht untergeht!

Wie das Waldsterben erfunden wurde

Bei einem Spaziergang mit seiner Frau im Harz sah Prof. Bernhard Ulrich, laut taz der „Erfinder“ des Waldsterbens [2], die abgeräumten Kahlschläge in den Harzwäldern, die auf Schäden durch Stürme („Capella-Orkan“ 1976 und „Niedersachsen-Orkan“ 1972 [3], dem folgenden Käferbefall, Sonnenbrände und Trockenheit zurückzuführen waren. Da kam ihm die Idee, seine kaum beachtete These vom „Sauren Regen“ als kommenden Waldkiller mit ein paar anderen Problemen im Wald und mit diesen traurigen Bildern von braunen Baumstümpfen, wo vorher grüner Tann war, zu einem unabwendbaren „Waldsterben“ zu verrühren. Das bescherte ihm zum Ende seiner Karriere ab 1981 endlich die große Aufmerksamkeit für seine düsteren Prognosen und eindringlichen Aufrufe zur ökologischen Umkehr in Politik und Gesellschaft [4].

Prof. Ulrich beobachte in einem Waldstück bei Göttingen den Eintrag von Luftschadstoffen in den Waldboden. Vermutlich deshalb wurde er gern als „Waldexperte“ vorgestellt. Er vermutete schlimme Folgen durch einen vermehrten Säure- und Stoffeintrag für den Wald. An einem Siechtum der Bäume konkret messen konnte er das nicht. Jede Nadelverfärbung irgendwelcher Ursachen sah er gern als ersten Hinweis für das, was nach seinem Bauchgefühl kommen würde. Er war Ökosystemwissenschaftler, kein Förster, ein Bodenkundler, der gerne den Weltuntergang vorhersagte: „Der Mensch müsse sein Wirtschaften nach den thermodynamisch begründeten Regeln der Ökosysteme ausrichten, also beispielsweise Energie sparen, sonst drohe das Aussterben der Menschheit.“ [5] Seine Warnungen vor dem ökologischen Ungleichgewicht samt Weltuntergang war eine von vielen in der Zeit [6], wurden vor dem „Waldsterben“ nicht sehr ernst genommen.

Waldsterben und Wunder-Heilungen

Spätwinter 1982 im Bayerischen Wald am Fuße des Großen Falkensteins: In allen Medien war im Herbst zuvor die düstere Analyse des Göttinger Ökosystem-Wissenschaftler Prof. Bernhard Ulrich „Die ersten großen Wälder werden schon in den nächsten fünf Jahren sterben. Spätestens nach dem nächsten heißen Sommer. Sie sind nicht mehr zu retten“ zu lesen. Eine Gruppe von jungen Agraringenieuren, darunter zwei Bio-Gärtner, diskutieren auf einer Skitour an einer alten Tanne, ob hier schon Anzeichen des Waldsterbens zu erkennen sind: vergilbte Nadeln, eine „Storchennestkrone“. Es war nichts Ungewöhnliches zu erkennen, die Tanne steht noch heute. Das wiederholte sich jedes Jahr. Forstarbeiter kannten auch keine „Waldsterbensecken“, obwohl es doch im Bayerischen Wald so schlimm sein sollte. In späteren Jahren sah man kilometerweit abgestorbene Fichten und Tannen, als der Nationalpark die Borkenkäferbekämpfung einstellte, aber das hatte nun nichts mit dem „Sauren Regen“ zu tun. Seither fällte ich tausende von Bäumen, nie gab es irgendein Indiz, dass die Bäume anders als zu Großvaters Zeiten waren, höchstens, dass sie schneller wuchsen, die Jahresringe größer wurden. Die Wälder wurden nicht mehr „gefegt“, das Streu- und Laubsammeln war nicht mehr wirtschaftlich, die Wurzelstöcke wurden nicht mehr mühsam als Brennholz ausgegraben, alles düngte jetzt die Böden. Ein „Waldsterben“ fand in 99,9% der Wälder nicht statt, der Wald wuchs besser als jemals zuvor, seit er in Privatbesitz kam und planvoll bewirtschaftet wurde.

Das Waldsterben bezeichnet heute die Geschichte einer Irrung, einer Kampagne, nicht eines flächenhaften Waldtodes. Im Laufe der Jahre konnte ich die angeblichen Zentren des Waldsterbens besuchen und bewandern, mir ein eigenes Bild machen und mich ärgern, dass auch ich dieser Scharlatanerie so arglos geglaubt habe. Aus einem eifernden Schwindel, den man mit einer Aufmerksamkeits-Not entschuldigte, wurde für viele ein lohnender Betrug, eine eigensüchtige Volksverdummung, und die Betrüger werden weder materiell noch ideell zur lehrhaften Buße gezogen. Es ist verwunderlich, was Opportunisten in grünen Anzügen unbedarften Besuchern alles erzählten (Fichtensterben, Lamettasyndrom, Säuresteppe, unnatürliches Wachstum, multiple Stressfaktoren), diese Gruselgeschichten teilweise selbst glaubten, zu verbeamteten Sektenmissionaren wurden. Die Opportunisten nisteten sich in ihren neu geschaffenen Labertaschen-Stellen ein.

Links: Autor beim Beheben von Waldschäden

Schon die einfachste Logik hätte gereicht, um die These vom „Sauren Regen“ als Ursache eines drohenden „Waldsterbens“ zu stürzen. Abgase und „Saurer Regen“ wüteten besonders in Städten, in den Lungen von Kindern und an Kunstdenkmälern, hätten die benachbarten Stadtforste besonders schädigen müssen, nicht die Wälder der Luftkurorte in den Mittelgebirgen. In den Kalkgebirgen gab es keine Versauerung der Böden, trotzdem sollte der „Saure Regen“ auch dort wirken. Es war ein Fehler der Gesellschaft, die steilen Waldsterbens-Thesen für das Ergebnis von wissenschaftlichen Berechnungen und Beweisen zu halten, nur weil Ökowissenschaftler den Ruf der Universitäten als eine Zulieferindustrie für Kampagnen nutzten.

Der nützliche Verdacht löste den wissenschaftlichen Beweis ab

Ernsthafte Beweise für die Waldwirkung des „Sauren Regens“, für ein „Waldsterben“ außerhalb der Abgasfahnen der Ostblock-Braunkohlekraftwerke („Katzendreckgestank“) im Erz-, Fichtel- und Riesengebirge gab es nicht [7]. Die Öffentlichkeit wurden von Forstexperten kaum über die Substanz der Waldsterbens-Thesen aufgeklärt, der Verdacht von Professoren genügte für scheinbar sichere Urteile, der wissenschaftliche Beweis wurde durch die selbstherrliche Gewichtung eines „Vorsorgeprinzipes“ ersetzt. Man schwieg lieber, als die „gute Sache“ durch Fakten zu stören, sich missliebig zu machen, mehr Mittel für die eigene Wissenschaft und ein besseres Fortkommen zu gefährden [8]. Für beamtete Wissenschaftlicher ist ein solches Verhalten moralisch verwerflich, auch wenn Charakterfestigkeit gefragt war als NGO’s mit Hilfe des SPIEGEL die Kritiker des „Waldsterbens“ moralisch in die Nähe der Holocaustleugner rücken durften: „Für dieses Sterben ist der Ausdruck “ökologischer Holocaust“ wohl nicht zu stark“ [9]. Für ein zusätzliches Missverständnis sorgte die Waidmannsprache, die „sterben“ synonym für „krank“ verwendet, z.B. „Tannensterben“ statt „Tannenkrankheit“, was zum Missverständnis „sterbend“ statt „krank“ führte.

Statistische Eseleien mit den „Waldschadensberichten“

Schon seit Prof. Ulrichs apokalyptischer Prognose (1981) war, trotz der Medienkampagne, Forstexperten die wackelige Beweislage für das behauptete „Waldsterben“ bewusst. Um Steuergelder zu verteilen und Kosten zu verursachen, brauchte die Politik exakte Messwerte über die Schäden und erhoffte sie von einer ersten „Waldinventur“ 1982, einer flächendeckenden Schadensaufnahme im Wald. In der Hitze der Kampagne wurde das Vorhaben nicht „Inventur“ oder „Zustandsbericht“ genannt, sondern gleich wertend „Waldschadensbericht“. Der Gesundheitszustand des Waldes, bzw. die „Waldschäden“, sollten hauptsächlich über die „Verlichtung“ der Kronen, also der Blatt- und Nadelausdünnung der Bäume gegenüber einer vollen Belaubung, von Förstern eingeschätzt werden [10].

Keine Erwärmungsgefahr
Wasser, Wolken und Iris
Nun kann eine schüttere Belaubung sehr viele natürliche Ursachen haben (Trockenheit, Frost, Insekten, Pilzkrankheiten, waldbauliche Fehler). Stehen z.B. die Bäume zu dicht, sinkt die Belaubung des Einzelbaumes, der Holzzuwachs wird gebremst, die Jahreszuwachsringe kleiner, einzelne Bäume werden und der Bestand insgesamt wird anfällig für Stürme, Schneebruch und Schadinsekten. Nach Ausdünnungsmaßnahmen (Fällen und Entnahme schwacher Bäume) steigen Belaubung und Holzzuwachs der nun freieren Bäume wieder, der Bestand wird stabiler, die schwachen, krankheitsanziehenden Bäume sind weg. Nun wurden die natürlichen, ewigen Schwankungen in der Belaubung nicht „Verlichtungsstufen“ genannt, sondern „Schadensstufen“, aus einem meist natürlichen Vorgang wurde immer eine Krankheit. Dieser eifernde Benennungs-Fehler, dieser fachliche und statistische Blödsinn, wurde erst 1998 korrigiert, aus Schadensstufen wurden Verlichtungsstufen [11]. Es gab nie einen deutschen Wald mit 100% dicht belaubten Bäumen. Man ließ aber die Allgemeinheit in dem Glauben, vor dem „Waldsterben“ wäre der Wald zu 100% gesund, ohne Schaden, zu 100% dicht belaubt gewesen. Das war er nicht, der sah fast überall so aus wie immer.

1982 wussten die Förster beim ersten „Waldschadensbericht“ nicht recht, was sie denn so schätzen sollten, wie „100% voll belaubt“ definiert ist, aber sie wussten natürlich, wie „geschädigt“ aussieht oder sich ankündigt. Sie gingen also nach ihrer beruflichen Erfahrung zu Werke. Das Ergebnis 1982 mit nur 8% „geschädigt“ wurde gleich heftig als „beschönigend“ kritisiert. Das verunsicherte die Einschätzer und langsam sprach sich rum, dass so 25% „stark geschädigt“ und nochmals 30% geschädigt „normal“ sein würden, jedenfalls ein Wert, mit dem man nicht auffällt und man sich nicht rechtfertigen muss. Das ist ein typisches Verhalten für öffentlich Bedienstete. Die zweite „Waldschadenserhebung“ 1983 ergab dann schon 34% kranke („geschädigte“) Bäume und die dritte 1984 ergab die gewünschten Soll-Werte: 56% „geschädigt“ (23% „stark geschädigt“ und 33% „Warnstufe“), ohne dass sich Wälder gegenüber der ersten Erhebung 1982 mit nur 8% „geschädigt“ tatsächlich verändert hätten. Seit 1984 haben sich diese Einstufungen kaum geändert, sie geben einen Normalzustand wider.

Die Wirkung dieser Gängelung zu „aufmerksameren Schätzungen“ 1982 und 1983 war nun die, dass alle von einer gemessenen, rasanten Zunahme der Schäden, von 8% in 1982 auf 56% in 1984, sprachen, statt von „statistischen Nachjustierungen“ [12]. Der Öffentlichkeit und der Politik wurde das von „Experten“, Scharlatanen und Opportunisten als Beweis für die explosionsarte Zunahme der Schäden verkauft. Eine bleibende Schande für die Forstwissenschaften, die sich nicht gegen solche fanatische Eiferer wehrten, Stellung und Fördermittel riskierend. Nach der herbeigezauberten Zunahme wäre der Wald tatsächlich in 10 Jahren von einer „Säuresteppe“ abgelöst worden. 23% „stark geschädigt“ (Definition: mehr als 25% geringerer Nadel- und Blattbehang) wurde nun allgemein und völlig grotesk als „kurzfristig sterbend wegen saurem Regen, bzw. dem Waldsterben“ interpretiert. Die ersten beiden Waldschadensschätzungen 1982 und 1983 werden heute zumeist mit der vorgeschobenen Begründung „wandelnde Erhebungs-Methodik“ verschwiegen[13]. Die Methodik war tatsächlich verschieden, aber die Frage nach dem Merkmal „geschädigt“ war gleich, ebenso die Befragten. Die statistische Lebensdauer identischer Glühbirnenserien kann z.B. nicht deswegen schlechter sein, weil sich die Untersuchungsmethodik verändert. Welche statistische Methode, welches Ergebnis, hätten’s denn gerne? Einige Naturschutzaktivisten unter den Förstern erkannten ihre Ermessenspielräume bei dieser Schätzerei und nutzten die hysterische Stimmung, um mit einer „100%-geschädigt“- Schätzung nochmals mehr Stimmung zu machen. So entstand 1984 die „Der Schwarzwald stirbt“–Kampagne [14]

Das „Waldsterben“ wurde zur Vorlage für viele Ökokampagnen

Wald-Ministerin Künast wollte 2003 das für die deutsche Wissenschaft peinliche Waldsterben vergebens für beendet erklären. Sie erntete eine Lektion in grüner Dogmatik [15]. Die ungeplante, hysterische, aber aus Sicht der NGOs sehr erfolgreiche Entwicklung des „Waldsterbens“ ist zur Blaupause für Ökokampagnen geworden. Motto ist, wie mal die taz einen Artikel zum Waldsterben überschrieb: „Hysterie hilft“ [16]. PR-Profis wie das Kampagnennetzwerk „Campact“ in Verden testen ihre Kampagneideen wie Waschmittelkonzerne die Produktchancen für ein neues Waschpulver [17].

Erfolgreiche Kampagnen folgen dem Rezept:

1) Geeignetes Problem finden oder erfinden und Skandal-Marktchancen austesten,

2) Moralgeschichte dazu erzählen,

3) maßlos um einen kleinen Alibikern herum übertreiben,

4) emotionalisieren mit Bildern,

5) die Anhängerschaft in den Medien „einbetten“,

6) die Öffentliche Meinung verändern.

Das Waldsterben hat diese Schritte noch ohne professionelle Lenkung chaotisch durchlaufen. Nach dem erkannten Muster perfekt geplant war dann schon 1987 die Greenpeace-Kampagne um die Versenkung der Tankboje „Brent-Spar“ [18]. Das Waldsterben zog um diese Zeit schon nicht mehr so gut, die Fünfjahesfrist der Prognose von Prof. Ulrich zum rettungslosen Tod großer Waldgebiete löste sich langsam in der guten Waldluft auf, man brauchte einen neuen Hype.

Meeressterben statt Waldsterben: Greenpeace-Kampagne um die „Brent Spar“ 1987

Greenpeace hatte 1985 ihr vom französischen Geheimdienst beschädigtes Schiff „Rainbow Warrior I“ vor die Küste Neuseelands geschleppt und versenkt. Es ist heute ein Taucherziel, ein künstliches Riff, ein gewolltes Hindernis für die Fischerei [19]. Die Engländer legen vor Gibraltar planvoll ein künstliches Riff mit Schiffswracks an. Die englische Regierung unter Premier John Major erlaubte 1987 dem Ölkonzern Shell die Versenkung einer ausgedienten Tankboje („Spar“) auf dem Ölfeld „Brent“ zwischen Schottland und Norwegen im tiefen Nordatlantik und Shell gab das auch bekannt. Greenpeace sah darin Marktchancen für eine Kampagne nach dem Muster „rettet die Meere“ oder „kein Gift in unser Meer“, vor allem im waldsterbenskonditionierten Deutschland. Wenn das Waldsterben keine passenden Leichenbilder liefern kann, erfinden wir ein Meeressterben (Kampagne Schritt 1). Die Moralgeschichte drumrum war das Entsorgen von erfundenen „Giftmüll“ durch böse Kapitalisten (Schritt 2). Die maßlose Übertreibung (Schritt 3) bestand in der „Rettung unserer Nordsee“, im der Umwandlung der Tankboje in eine „Ölplattform“, im Aufbauschen von lächerlich geringen Ölresten in der Boje zur Gefahr für das Meer.

Kulturlos
Windräder: Das Märchenland ist in Gefahr
Die emotionalisierenden Bilder (Schritt 4) lieferte der dumme Ölkonzern, als er auf die Provokation einging und entsprechende Bilder der selbstmörderischen „Rettungsaktionen“ der verzweifelten Selbstmord-Aktivisten für eine bessere Welt lieferte. Shell konnte die Plattform nicht versenken, wenn Menschen drauf waren und die englische Regierung räumte die Plattform nicht. Greenpeace hatte ihre Anhängerschaft in den Medien mit dem Versprechen einer guten Story vor Ort geschippert und diese funktionierten wie geplant (Schritt 5). Der Aktionismus der Bilder hielt alle vom Nachdenken ab, bzw. alle Opportunisten steckten ihre Fähnchen nun in den Meinungswind, incl. der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel. Premier John Major, der unbeirrt an der Genehmigung zur Versenkung festhielt, war bei weitem nicht so flexibel wie die völlig unzuständige deutsche Ministerin Merkel, aber die Kampagne hatte die öffentliche Meinung in Deutschland schnell verändert (Schritt 6). Alle in Deutschland waren gegen die Versenkung der englischen Tankboje der englischen Firma im englischen Meer mit Genehmigung der englischen Regierung. Befürchtungen über Brandanschläge auf deutsche Shell-Tankstellen waren real, während auf den britischen Inseln die Leute sich über den deutschen Selbstmord-Fanatismus wunderten. Shell stoppte die Aktion und schleppte die Tankboje in einen norwegischen Fjord, wo sie großteils als Fundament für einen Fähranleger im Meer versenkt wurde. Aktivisten und mitschippernde Presseleute feierten den gemeinsamen Erfolg mit Tränen in den Augen. Als beim Nachmessen der Restöl- und „Giftmengen“ durch die norwegische Regierung die falschen Zahlen von Greenpeace bekannt wurden, schickte Greenpeace Deutschland ein Entschuldungsschreiben an Shell.

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Kommentare ( 9 )

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Bernd Schreller
7 Jahre her

Ich hab vor kurzem gehört, dass ein effektives Mittel gegen das Kastanien sterben bzw die Miniermotte Tapetenkleister ist, der zum richtigen Zeitpunkt rund um den Stamm aufgebracht werden muss. Dies verderbe den Miniermotten den Appetit. Als Grund dafür, dass diese einfache Methode nicht angewendet werden dürfe, nannte mir mein gegenüber, na was wohl: Umweltschutzbedenken.

Herbert Wolkenspalter
7 Jahre her

Sie würden das nie sagen. Deswegen sage ich es.

Maskenball
7 Jahre her

Wie oft muß man es noch sagen? Es wird im Islam keine, wie auch immer geartete Reform geben! Warum? Weil der Prophet es verboten hat. Es ist eine der wichtigsten Vorschriften des Islam.Jegliches abweichen von der ursprünglichen Schrift ist ein schweres Verbrechen und Sünde gegen Allah und seinen selbsternannten Propheten. Kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.

Michael Sander
7 Jahre her

Ersatzreligion für die „masotrainierten Seelen“.
Eine hervorragende Analyse von Herrn Keckl! Deutschland hat es wieder mal geschafft, zur Speerspitze einer neuen Irrationalität, einer Weltrettungsreligion zu werden. Man muss den Ökologismus wirklich als Religion begreifen, um seine Beweggründe und Ziele wirklich zu verstehen. Und die Grünen als deren Hohepriester.
Das gefährlichste ist jedoch diese Verfilzung von NGOs und Politik, also von wirtschaftlichen Interessen und Religion.

Aegnor
7 Jahre her

Es läuft immer nach dem gleichen Muster:

Erst ein Problem erfinden/aufbauschen und moralisch anprangern, dann massive Ressourcen einfordern, die natürlich zuallererst in die eigene Tasche fließen, um dieses „Problem“ zu lösen. Wenn dann herauskommt, dass es gar kein Problem gibt, wird einfach frech behauptet, es wären die eigenen „Bemühungen“ gewesen die es gelöst hätten. Und wenn es nicht herauskommt oder sich gar noch „verschlimmert“ (oder gar wirklich erst neu entsteht) umso besser: Dann kann man ja noch mehr Ressourcen einfordern.

simson
7 Jahre her

Hochinteressant! Die Parallelen zur aktuellen Feinstaubdiskussion sind doch unverkennbar. Seit meiner Jugend wird alle paar Jahre eine neue Umweltsau durchs Dorf getrieben. Bei einem alljährlichen Straßenfest in der Ludwig-/Leopoldstr. vor ca. 15 Jahren sah ich zum ersten mal einen Stand zur Aufklärung über die Feinstaubproblematik in Städten und deren Gefahren. Ich hatte zuvor noch nie davon gehört, obwohl ich mal Asthmatiker war (mit einem Spray -vielleicht sogar das von Ihnen erwähnte Nitrospray- ging es weg. Damals dachte ich mir, was das Thema soll, aber es wurde aufgelegt und inzwischen bestimmt es die Politik. Die Gruselgeschichten wirken. Neulich war in dem… Mehr

Pe Wi
7 Jahre her
Antworten an  simson

Spatzen: Viele der Katastrophenmenschen sind eben zu unterbelichtet und wissen nicht, dass es 2 Sperlingsarten hier gibt. Der Feldsperling ist wirklich selten und war schon immer selten. Der Haussperling, nun um den müssen wir uns absolut keine Sorgen machen. Heute morgen tschilpte mich auf meinem Fensterrahmen ein junger Spatz an, einer von zig Hausspatzenwolken in meiner Umgebung.

M. K.
7 Jahre her

Was heute auch gerne übersehen wird: Die Wurzel der Begeisterung für den deutschen Faschismus* lag in den (enttäuschten) (natur-) romantischen Strömungen des ausgehenden 19. Jh.
Interessant ist dabei, dass die Nazis die antijüdischen Ressentiments ebenso durch statistische Tricksereien befeuerten, wie oben im Artikel geschildert.
Auch ist interessant, dass die eugenisch-statistischen Lügen in Deutschland so auf fruchtbaren Boden fielen, wie heute die öko-statistischen Lügen – jeweils im Gegensatz zur übrigen westlichen Welt.

(* Die auf einen nationalen Sozialismus gerichtete Strömung starb mit Röhm, der gegen Hitler seine „Revolution“ weiterführen wollte. Der Faschismus war danach eine auf Massenbegeisterung bauende Sicherung wirtschaftlicher Interessen.)

Friedrich - W ilhelm Becker
7 Jahre her

wir hatten fast 35 jahre in den hohen ardennen in luxemburg ein bewohnbares wochenendhaus, in dem wir uns von unserer arbeit erholten. damals meinte meine frau „wenn wir hier sind, brauchen wir kein anderes urlaubsland“. doch ist sie oft zu op-einsätzen in die dritte welt gezogen und ich hatte auch oft im ausland zu tun. immer wieder – sogar für mehre sabbaticals – haben wir unser refugium in luxemburg aufgesucht und waren froh, wenn dort in kurzer zeit „alles von uns abfiel“ . unsere kinder haben auch dort oft mit freunden und freundinnen gefeiert, über 50 personen konnten dort –… Mehr