Von der Marktwirtschaft leben, gegen sie in der Schule ausrichten

Geht es um ökonomische Zusammenhänge in deutschen Schulbüchern, dreht es sich meist um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, um Gefahren und Nachteile der Globalisierung und ein tendenziell negatives Unternehmerbild. Wohlstand kommt aus der Steckdose.

© Sean Gallup/Getty Images

Vor zwei Jahren machte ein Tweet Schlagzeilen, in dem sich eine Schülerin aus Köln beklagte: „Ich bin 18 und habe keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtsanalyse schreiben – in vier Sprachen.“ Letzteres wird die derzeitige NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann sicherlich freuen. Und ersteres war bisher nicht die oberste Priorität der grünen Bildungsministerin. Die Abschaffung des Faches Wirtschaft durch die aktuelle NRW-Landesregierung, das die Vorgängerregierung zuvor eingeführt hatte, zeigt daher bereits ihre Wirkung.

Eine Studie des Verbandes Junger Unternehmer und der Familienunternehmer hat die Entwicklung jetzt systematisch anhand der Qualität der Schulbücher untersucht. Das Urteil ist erschreckend. Wenn es um ökonomische Zusammenhänge in deutschen Schulbüchern geht, dreht es sich meist um Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, um Gefahren und Nachteile der Globalisierung und es wird ein tendenziell negatives Unternehmerbild vermittelt. Das positive Bild der Marktwirtschaft, die Basis für unseren Wohlstand ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Und selbst dort, wo wirtschaftliche Zusammenhänge behandelt werden, sind die untersuchten Schulbücher von der herrschenden neoklassischen Gleichgewichtstheorie und einer keynesianischen Wirtschaftspolitik geprägt. Die Rolle des Unternehmers in der Marktwirtschaft, wie ihn einst Schumpeter beschrieb, spielt dabei keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dabei ist er es, der durch seine Risikobereitschaft investiert und dadurch Ideen in Produkte verwandelt. Er ist in einer Marktwirtschaft unverzichtbar. Eine Bildungspolitik, die das ignoriert oder sogar das Gegenteil vermittelt, befördert dann auch nur potentielle Staatsbedienstete. Wie soll in einem solchen schulischen Umfeld eine Gründerkultur in Deutschland entstehen? Stattdessen steht in einem Schulbuch „Volkswirtschaftslehre“: „Wer als Arbeitgeber nur heuert und feuert, Mitarbeiter nicht weiterbildet oder diese gar mobbt, handelt demnach keineswegs im Sinne von Ökonomen.“

Auch die Notwendigkeit und der Segen der Arbeitsteilung in der Marktwirtschaft wird meist nicht positiv herausgestellt, sondern es werden wüste Zerrbilder gezeichnet.

Insbesondere die internationale Arbeitsteilung, die für viele deutsche Unternehmen existentiell ist, wird als Gefahr und nicht als Chance dargestellt. In „Terra Erdkunde 3“ heißt es dazu: „Der Großteil der Bevölkerung hat aber keinen Vorteil vom Welthandel.“ Da muss man sich dann nicht wundern, wenn Globalisierungskritiker von „Rechts“ und „Links“ zu tausenden auf die Straße gehen. Woher sollen sie es auch wissen, wenn es nicht mal in den Schulbüchern steht und viele Lehrer selbst in vorderster Front auf den Demos mitmarschieren? So heißt es im Schulbuch „Politik verstehen und handeln“ über eine marktwirtschaftliche Ordnung: „Ihre häufigen Krisen, die die wirtschaftliche Existenz großer Menschengruppen bedrohen, und die weltweiten Umweltzerstörungen lassen jedoch viele Menschen an diesem Leitbild zweifeln.“ Da mag man sich doch gleich an die Umweltzerstörungen in sozialistischen Planwirtschaften des letzten Jahrhunderts erinnern. Insbesondere die Kraftwerke in der DDR waren ja der Inbegriff des Fortschritts und des Umweltschutzes, oder etwa nicht?

Die Autoren der Studie fordern als Konsequenz aus dieser Situation ein eigenes Schulfach oder zumindest ein Ankerfach für Wirtschaftswissenschaften an Schulen.

Dadurch würde sich die Lage sicher nicht von heute auf morgen verändern, aber es würde eine Veränderung der Lehrerausbildung einleiten. Denn ohne ein eigenes Fach oder ein Ankerfach fände keine systematische ökonomische Aus- und Fortbildung von Lehrern statt. Ohne ein entsprechendes Ankerfach wird daher die ökonomische Bildung in der Schule immer ein Nischenthema bleiben. Mal ist es der Politikunterricht, mal der Erdkundeunterricht und mal der Geschichtsunterricht, in dem Aspekte des Wirtschaftens eine Rolle spielen, aber Lehramtsstudenten bekommen so ökonomische Zusammenhänge nur am Rande mit. Vielleicht wäre schon einmal ein guter Anfang, wenn Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ zur Pflichtlektüre gemacht würde. Darin beschreibt er das Bild einer Marktwirtschaft, die in ihrer Wirkung sozial ist. Das wäre doch schon mal etwas, wenn dies in unseren Schulen vermittelt würde.

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Kommentare ( 47 )

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F.Peter
7 Jahre her

Wenn das Buch von Erhard „Wohlstand für Alle“ von einem Grünen geschrieben wäre, wäre das so sicher wie das Amen in der Kirche schon Pflichtlektüre in jeder Gemeinschafts- oder Gesamtschule und an allen Schulen von Bundesländern, in denen die Rot-Grünen schon ihre Brut ausgebracht haben!
Es ist tatsächlich erschreckend, dass die Jugend und auch junge Erwachsene von wirtschaftlichen Zusammenhängen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft keinerlei Ahnung mehr haben!
Insofern war der „Hilferuf“ der Schülerin schon eine Offenbarung!

captnnemo
7 Jahre her

VR NRW ist gut 🙂

Tip
7 Jahre her

Gaus
Wer uns in Zukunft zeigen wird, wie Wirtschaft funktioniert wird Asien sein. Unsere Verblendeten werden dann vielleicht lernen was 2+2 ist

kostanix
7 Jahre her

Was die Abstufung der Schulformen angeht kann ich das nur bestätigen. Was früher Hilfsschule war ist heute Hauptschule, heutige Realschule ist damalige Hauptschule und die heutigen Gymnasien sind, mit Ausnahmen die Alten Realschulen gleichzusetzen.
Und hier in NRW ist es eine Katastrophe mit der Schule. Orientierung nach unten. Noch 10 Jahre weiter, da ist Deutsch nur noch Wahlfach. Guckst du.

Drapondur
7 Jahre her

Völlig richtig Antikotu, ich habe die Einstellung, lieber etwas mehr zu bezahlen, dafür aber eine gute Leistung zu bekommen und vor allem, wenn etwas mal nicht gut gelaufen ist (was auch vorkommen kann), einen Betrieb als Ansprechpartner zu haben, der ernsthaft gewillt ist, das auch zeitnah in Ordnung zu bringen. Unter diesen Voraussetzungen entstehen langjährige Anbieter-Kundenbeziehungen, was ich gut finde. Klingt altmodisch aber es ist doch so: Guter Lohn für gute Arbeit. Und vor allem: Rechtzeitig bezahlter Lohn für gute Arbeit . Ich pflege meine Rechnungen regelmäßig VOR dem Fälligkeitsdatum zu bezahlen. Liegt aber auch daran, dass ich gute kleinere… Mehr

Jim_BoB
7 Jahre her

irgendwie wiedersprechen Sie sich selbst…

Zitat:“ Einfach lächerlich – was hingegen wirklich als gescheitert zu bewerten
ist, das ist die Lebensvorbereitung des Einzelnen durch das schulische
Umfeld.“
…. ja bitte, als was ist es den Bitte sonst, als es außer G8 ist gescheitert zu beschreiben?
Bei einem Jahr schneller fertig zu werden, mußte zwangsläufig irgendwo und irgendwas gestrichen werden…. sei es das Auswendiglernen von Wissen, außerschulische Maßnahmen oder Haltungsreife, geistige Haltung oder wie man das sonst nennen würde.
Es ist wie im Arbeitsleben….wird die Arbeitsleistung über ein gewissen Maß hinaus verdichtet, wird´s schluderig. Husch husch, wisch und weg

ZurückzurVernunft
7 Jahre her

Das fängt schon beim Thema Allgemeinbildung an.
Wenn Sie ein paar Zeilen aus „bellum gallicum“ zitieren können, dann gelten Sie als gebildet.
Wenn Sie Newtons Axiome oder den 2.Hauptsatz der Thermodynamik nicht kennen, dann macht das nichts.

Christian Gerst
7 Jahre her
Antworten an  ZurückzurVernunft

Oh, bellum gallicum kenne ich ich. Man hatte im Unterricht die deutsche Übersetzung von Lüdenscheidt (?) heimlich unterm Tisch und war das Ass – bis zur Klausur 😉

Marcel Seiler
7 Jahre her

Es hilft einfach, die wirklichen Probleme zu benennen und nicht die falschen. Wer die falschen Probleme bekämpft, macht die Welt schlechter, nicht besser.

Antikotu
7 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Wer von oben auf den Wald blickt, der sieht nicht die faulen Stellen unten am Stamm des Baumes. Oder anders gesagt: Wer über den Dingen schwebt, der ist blind für die „wirklichen“ Probleme. Alles schön und gut, dass Bangladesch von der Globalisierung profitiert hat, aber die Näherin ist nicht Bangladesch. Und nur weil die deutsche Wirtschaft vom Export profitiert, ist der Mindestlohn noch lange nicht auskömmlich für den Arbeitnehmer. Wollen Sie behaupten, das sei für denjenigen, der damit leben muss, kein wirkliches Problem? Was überhaupt ist denn ein „wirkliches“ Problem, das es Ihrer Ansicht nach würdig ist, als solches tituliert… Mehr

Marcel Seiler
7 Jahre her
Antworten an  Antikotu

Vielen Dank für die persönlichen Beleidigungen. Darauf will ich nicht weiter eingehen, bitte aber in Zukunft um Zurückhaltung. Das Problem ist doch, was Sie vergleichen: den Lebensstandard der Näherin in Bangladesch und den eines deutschen Arbeitnehmers oder den Lebensstandard der Näherin in Bangladesch *mit* und *ohne* Globalisierung im Laufe von 10 oder 20 Jahren. Gegenüber einer Deutschen ist der Lebensstandard der Näherin natürlich unglaublich gering, aber im Vergleich mit vor 10 Jahren ist er erheblich besser. Ein Teil, vielleicht ein großer Teil dieser Verbesserung ist der Globalisierung geschuldet. — Wenn sie eine andere, bessere Methode der Entwicklung haben, *die funktioniert*,… Mehr

Antikotu
7 Jahre her
Antworten an  Marcel Seiler

Dass Sie meine Ausführung als persönliche Beleidung aufgefasst haben, tut mir Leid. Das war nicht meine Absicht. Ich entschuldige mich bei Ihnen. Meine Darstellung bringt es jedoch auf den Punkt: unseren Beurteilungen liegen 2 unterschiedliche Sichtweisen zu Grunde. Ich bin – wie die meisten Erdenbürger – nur ein kleines Rad im Getriebe. Deswegen ist durch meine Brille betrachtet meine Zielstellung nicht von dem Edelmut geprägt, die Entwicklungsländer auf Kosten einheimischer Arbeitsplätze retten zu wollen. Ich vergleiche auch nicht den deutschen Arbeitnehmer mit der Näherin in Bangladesch. Ich sage lediglich, dass der „Wohlstand“ des deutschen Kleidungskäufers auf dem niedrigen Lohn der… Mehr

Sorgenvolle
7 Jahre her

Echte politische Bildung, echte freie Äußerung der eigenen Meinung findet bei uns nur zu Hause in den eigenen 4 Wänden statt!!

In der Schule lernen meine Kinder:
– rechts ist schlecht und links ist gut.
– Flüchtlinge brauchen Hilfe und begehen keine Straftaten
– Religion ist ein wichtiges Fach. Es gibt tatsächlich Menschen, denen nichts einfällt, wenn man die Worte „Apfel“ und „Schlange“ sagt (!!!)

Gelernt wird nicht:
– JEDE Meinung ist anzuhören und zu tolerieren!
– Religion ist ein privates Hobby
– Wie funktioniert unser „Staat“?
– Gibt es ein Leben ohne Gedichtinterpretationen?

Sorgenvolle
7 Jahre her

Es geht ja nicht nur um die „8“ in G8, sondern v.a. um die Inhalte.

Meine Tochter ist in der Oberstufe eines G8-Gymnasiums. Was die da z.T. lernen müssen, ist unglaublich!

Z.B: Die eingangs genannten Gedichtinterpretationen! Das ist der Hauptinhalt im Deutschunterricht.

Damit sie das auch in Englisch und Französisch lernt (!), hat sie 2x in der Woche Unterricht bis 17.45 (von 8.00 morgens). Anschließend muss sie dann noch Hausaufgaben machen und für Klausuren lernen (z.B. für eine Gedichtinterpretation!)

Frau A.
7 Jahre her
Antworten an  Sorgenvolle

Ja. Und die Lehrer anschließend den Unterricht vorbereiten, Arbeiten aufsetzen und korrigieren, für Schüler, die bei der Klassenarbeit fehlen nochmal als Extrawurst zusätzlich eine Arbeit aufsetzen, zusätzlich Tests aufsetzen und korrigieren usw. usf. . Und das nicht nur nach einem immens anstrengenden langen Schultag, sondern in Regel noch an den Wochenenden.
Elternabende, Konferenzen NACH Schulschluss.
Die armen Kinderchen.
Nein, ich bin keine Lehrerin, weiß aber dennoch über die hohe Belastung der Lehrer Bescheid, weil ich mich auch für andere Berufe interessiere um ggfls. mitreden zu können.

Christian Gerst
7 Jahre her
Antworten an  Sorgenvolle

Ganz ehrlich, das wäre nix für mich. Da war ich früher doch froh, nachdem man ausgeschlafen hatte, um 13:15 nach Hause zu gehen.