Falscher Frühling für die CDU – und Gefahr durch die AfD

Die CDU hat in einer Umfrage die regierende SPD in Rheinland-Pfalz überholt. Ein „Hammer“ ist das aber nur auf den ersten, unkritischen Blick. Eher ein Vorgeschmack darauf, dass die CDU im März 2026 für den Merz 2025 zahlen muss.

picture alliance/dpa | Federico Gambarini

Einen „Umfrage-Hammer“ kann man als Journalist der Bild das nennen, was INSA gerade für Rheinland-Pfalz veröffentlicht hat. Dann tut man entweder einem guten Werbekunden einen Gefallen, weil der es gerade nicht leicht hat. Oder man hat halt keine Ahnung, worüber man da schreibt. Vielleicht auch beides. Jedenfalls ist der „Hammer“ eher eine Interpretation zugunsten des Werbekundens, der in einer echten journalistischen Erklärung etwas Kontext benötigt.

Laut der besagten Umfrage steht die CDU bei 28 Prozent und die SPD bei 21 Prozent, obwohl sie seit 34 Jahren in Rheinland-Pfalz den Ministerpräsidenten stellt. Aktuell Alexander Schweitzer. In der Landtagswahl 2021 schafften die Sozialdemokraten noch rund 36 Prozent. Ein Hammer also? Hat die CDU in Rheinland-Pfalz mit lokalen Themen die SPD überrundet? Oder profitiert sie gar von dem Rückenwind aus Berlin, weil die Politik des designierten Kanzlers Friedrich Merz so gut ankommt?

Beides nein. Rheinland-Pfalz ist ein Land mit einer äußerst schwachen lokalen journalistischen Landschaft. Umfragen sind zwischen Saar, Mosel und Rhein selten. Deswegen lässt sich nur bedingt daraus ablesen, wie sich welches Ereignis auf die jeweilige Umfrage auswirkt. Zwar steht die CDU in Rheinland-Pfalz nun klar vor der SPD. Aber die 28 Prozent entsprechen dem Wahlergebnis von vor vier Jahren – und das war das mit Abstand historisch schlechteste in der Geschichte des Landesverbandes.

Rheinland-Pfalz ist eine CDU-Hochburg. Besser gesagt. Es war eine oder noch genauer: Dies trifft nur noch teilweise zu. Bei den Bundestagswahlen lag die CDU in den meisten Fällen im Landesergebnis vor der SPD. Nur bei Landtagswahlen fällt die Partei immer wieder hinter die Sozialdemokraten zurück. Obwohl die CDU bis 1991 ohne Unterbrechung die Ministerpräsidenten gestellt hat, darunter so beliebte wie Helmut Kohl oder der jüngst verstorbene Bernhard Vogel – das Ganze oft genug mit absoluten Mehrheiten.

Doch in Rheinland-Pfalz beging die CDU den gleichen Fehler wie in Baden-Württemberg. Irgendwann glaubte die Partei, sie könne den Kandidaten aufstellen, der in den eigenen Reihen am besten vernetzt ist. Wie er nach außen wirkt, sei komplett egal, weil der Wähler einen ja eh wähle. So – und nur so – sind die Karrieren von Stefan Mappus oder Carl-Ludwig Wagner zu erklären. Mit ihnen als Ministerpräsidenten verlor die CDU beide Stammländer.

Beide wählen im März 2026. Beide werden zum echten Prüfstein – ganz ohne Hammer-PR – wie die Politik von Friedrich Merz aus dem März 2025 ankommt. In beiden Ländern hatten sich die Christdemokraten als Berliner Opposition berechtigte Hoffnungen gemacht, alte Fehler korrigieren und die Hoheit wiederherstellen zu können. Nun droht diese Hoffnung der künftigen Regierungspartei wie eine Seifenblase zu zerplatzen. Denn INSA sagt auch, dass die AfD in Rheinland-Pfalz aktuell bei 19 Prozent steht. Das ist in etwa doppelt so stark wie in der Landtagswahl von 2021. Laut der Umfrage überholt die AfD bald die Regierungspartei SPD.

Doch das könnte der CDU egal sein. Sie könnte in Mainz zum ersten Mal von der „Brandmauer“ profitieren. Sie läge vorne und würde im Bleichenviertel wieder den Ministerpräsidenten stellen. Zusammen mit der SPD und/oder den Grünen. So möchte man meinen. Wenn man gewillt ist, die Umfrage als „Hammer“ zu feiern. Doch so ist das nicht in Rheinland-Pfalz.

Sieben Prozent Rückstand in den Umfragen? Da lachen die Genossen zwischen Saar, Mosel und Rhein. Die rheinland-pfälzische SPD ist eine Wahlkampfmaschine. Dass sie immer wieder einen strukturellen Rückstand in der Heimat von Helmut Kohl ausgleichen muss, weiß die Partei, wie Ministerpräsident Schweitzer in Interviews des Öfteren erklärt hat. In den zurückliegenden 34 Jahren hat sie schon innerhalb weniger Wochen zweistellige Rückstände aufgeholt und umgedreht. Allein zweimal gegen Julia Klöckner, die Friedrich Merz jüngst zur Bundestagspräsidentin befördert hat.

Im Wahl-März schmilzt der Vorsprung der rheinland-pfälzischen CDU schon fast traditionell schneller als der Schnee. Wer da zu früh den christdemokratischen Frühling gefeiert hat, ist bitterlich erfroren. Nur könnte das 2026 eine andere Dynamik auslösen als bisher. Mit einer AfD, die jetzt schon bei für Landesverhältnisse unglaublichen 19 Prozent steht – das ist der eigentliche „Hammer“ in der Umfrage. Und mit einem Kanzler Merz, der seine Versprechen reihenweise bricht und grün-rote Gaga-Politik umsetzt. Damit kommt dann aus Berlin eher Gegenwind für die christdemokratischen Wahlkämpfer aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die AfD könnte in beiden Ländern an ihnen vorbeiziehen. Die CDU hätte dann zuerst ihre Positionen aufgegeben und danach ihre einstigen Hochburgen. Dazwischen besteht ein Zusammenhang. Vernunftbegabten Menschen muss man den nicht erklären – den Christdemokraten im Bundestag offensichtlich schon.

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Kommentare ( 45 )

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M. Stoll
16 Tage her

Bis März 2026 läuft noch viel Sondervermögen durch das Fass ohne Boden und die fortschreitende Deindustrialisierung des Landes sorgt dafür, dass noch einige mehr zum Nachdenken über die Klimakirche animiert werden.
Unsere importierten Goldstücke sollten die veralteten bismarckschen Sozialsysteme am Leben erhalten, das Gegenteil ist der Fall, auch das kann nicht mehr so einfach mit „Haltungsjournalismus“ versteckt werden.
Was ich sagen will: Egal, wen die CDU oder SPD aufstellt, bis März 2026 steht die AfD noch ganz woanders.

DDRforever
16 Tage her
Antworten an  M. Stoll

Und genau deshalb werden die Kartellparteien die AfD verbieten.

BBHamburg
16 Tage her
Antworten an  DDRforever

Und wieder wird es keinen Aufstand geben. Und ich werde das Land verlassen.

weitgereister
16 Tage her

Sehr geehrter Herr Thurnes, eine sehr treffende Analyse der Verhältnisse in Rheinland-Pfalz. Die CDU scheitert in den letzten Jahren vor allem an ihrer Hochnäsigkeit, niemand möchte mehr von den Großbauern bevormundet werden. Julia Klöckner scheiterte an der Busenfreundschaft zu Angela Merkel, wäre sie nur der Kanzlerin ein wenig mehr abgerückt, wäre sie womöglich Ministerpräsidentin geworden. Die Weinkönigin konnte sich aber von der Merkel nicht lossagen. Seitdem nicht einmal das Versagen der Politik bei der Ahrtalflut Konsequenzen hat, lebt sich ungeniert. Ist es vor allem in RLP wichtig, wer das Zepter führt? Ich habe das Gefühl, das ist vollkommen Wurst.

Last edited 16 Tage her by weitgereister
Manfred_Hbg
16 Tage her

Zitat: „So – und nur so – sind die Karrieren von Stefan Mappus oder Carl-Ludwig Wagner zu erklären“ > Äh, wer bütte ist denn: Stefan Mappus und Carl-Ludwig Wagner??! Ich jedenfalls, habe von diesen ehrenwerten Herrschaften noch nie gehört. Und die AfD klettert dort auf 19 Prozent? Gut so – …und möge es noch mehr werden. Denn es wird höchste Eisenbahn das auch eine AfD endlich die Regierungsstühle erklimmen wird. Übrigens: vielleicht hat ja Herr Thurnes als talentierter „Schreiber“ (wollte nicht „Schreiberling“ sagen weil es sich abwertend anhört) auch Lust und Muse für die AfD zu schreiben und ihr dann… Mehr

Elmar
16 Tage her

Bei Licht betrachtet ist die CDU nur noch eine leere Hülle. Merkel, Merz, Laschet, Wüst und Co. haben ganze Arbeit geleistet. Der Untergang der CDU ist deshalb genauso leicht verschmerzbar wie der von den italienischen Christdemokraten. Die vermisst auch niemand mehr.

hansgunther
16 Tage her

Das kann auch eine Auszeichnung sein, gegenüber den Schnarchnasen, die sich bar irgendeiner positiven Absicht für Deutschland nur ihr eigenen Pfründe sichern wollen!

bfwied
16 Tage her

Die Wirklichkeit wird sich immer durchsetzen. Wenn Merzedes in Stuttgart-Sindelfingen noch weniger produziert, Porsche auch, Bosch ebenfalls und sich verdrückt aus dem Land der dümmsten Politik – wie Venezuela -, Firmen wie ZF in Friedrichshafen immer tiefroter werden, die Läden immer leerer werden etc. pp, dann merken es doch einige Leute, was die Blockparteien von Linken über Grüne, SPD und merkelgewendete CDU anstellen.
Es wird „spannend“ – keine Freundlichkeit im chinesischen Sprachraum!

prague
16 Tage her

Der Merz hatte auch versprochen, die AFD zu halbieren, es sieht aber eher umgekehrt aus, noch ein Paar Jahren und CDU wird halbiert.

hansgunther
16 Tage her
Antworten an  prague

Jahre wird es nicht mehr dauern. Der Merz ist Garant für den Niedergang, die CDU sollte es fairer Weise als erstes treffen. Sauerland ist abgebrannt!

imapact
16 Tage her

Und wären kommenden Sonntag dort Wahlen, würde sich einfach nur das Berliner Szenario wiederholen. Schwarz -rot und der rote Schwanz wedelt mit dem schwarzen Hund.

Phil
16 Tage her

Da die CDU die Sozialisten und Kommunisten bei ihren Entscheidungen mittlerweile links überholt, ist dies auch nicht weiter verwunderlich. Die Wahl zwischen CDU und SPD, ist wie die Wahl eines trockenen Alkoholikers zwischen Kartoffel- und Kirschschnaps. Der Katzenjammer am nächsten Tag unterscheidet sich nicht, egal zu welcher Flasche man gegriffen hat.

Protestwaehler
16 Tage her

Diese Kaffeesatzleserei ist eh ermüdend… vielleicht findet die Landtagswahl auch parallel zur Neuwahl im Bund statt hahaha… alles eine Frage des Kaffees 😉

Wilhelm Roepke
16 Tage her

Das sieht doch gar nicht so schlecht aus für die AFD. Die Deutschen sind nur träge, aber sie reagieren schon, wenn die eigenen Probleme zu groß werden. Leider immer mit großer Verzögerung.

hansgunther
16 Tage her
Antworten an  Wilhelm Roepke

Leere Aldi-Regale, das würde beim Nachdenken helfen!