Deutschland – Weihnachtsland

Aus keinem anderen Land stammen so viele typische Weihnachtsbräuche und -symbole wie aus Deutschland: Adventskalender, Adventskränze, Christstollen, Weihnachtsmärkte, der Weihnachtsmann und natürlich vor allem die Weihnachtsbäume. Von Björn Akstinat

IMAGO / localpic

Die Idee für einen Adventskalender entstand um 1850 in protestantischen deutschen Haushalten. Anfangs gab es sehr unterschiedliche Kalendervarianten. Thomas Mann erwähnt in seinem Roman „Buddenbrooks“ die Adventszeit des Jahres 1869, in der das Kindermädchen dem kleinen Hanno einen Abreißkalender bastelt. Erste gedruckte Kalender erschienen ab 1902.

Der Adventskranz wurde 1839 vom evangelisch-lutherischen Theologen und Erzieher Johann Hinrich Wichern (1808-1881) in einem von ihm gegründeten Hamburger Kinderheim eingeführt. Damit wollte er seinen Schützlingen die Zeit bis Weihnachten verkürzen.

Einige Traditionen der Adventszeit sind deutlich älter. So zum Beispiel das Aufstellen der Barbarazweige: In der Nacht zum Festtag der heiligen Barbara am 4. Dezember werden Zweige von Obstbäumen geschnitten und in die warme Stube gestellt. Mit etwas Glück blühen sie dann um das Weihnachtsfest herum.

Die Wiege des Christstollens stand in Naumburg an der Saale. Dort fertigte man den ersten im Jahre 1329 als Weihnachtsgeschenk für den dortigen Bischof. Die Form des Stollens sollte damals wie heute an das in Windeln gewickelte Jesuskind erinnern. Später wurde Dresden zum Zentrum der Stollenproduktion.

Weihnachtsmärkte finden in Frankfurt am Main seit 1393 und in Dresden seit 1434 statt. Heute existieren in Deutschland über 2.500 solcher Märkte. Die berühmtesten unter ihnen sind sicherlich der Dresdner Striezelmarkt und der Nürnberger Christkindlesmarkt.

Die Figur des Weihnachtsmanns wurde ebenfalls in Deutschland erfunden. 1770 ist in der Berliner Wochenzeitschrift „Mannigfaltigkeiten“ erstmals von einem Weihnachtsmann zu lesen. Das 1835 durch Hoffmann von Fallersleben veröffentlichte Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ machte die neue Figur noch populärer. Rund 30 Jahre später zeichnete der Deutschamerikaner Thomas Nast für die US-Zeitschrift „Harper’s Weekly“ einen alten bärtigen Mann, der von einem Schlitten herab die Soldaten im amerikanischen Bürgerkrieg beschenkt. Dessen Aussehen dient bis heute als Vorbild für alle Darstellungen vom Weihnachtsmann oder Santa Claus.

Schon früh verwendeten Germanen Zweige von Nadelbäumen bei ihren Feiern zur Wintersonnenwende. Der Brauch, einen Weihnachtsbaum aufzustellen, entstand nach mehreren unabhängigen schriftlichen Quellen im frühen 15. Jahrhundert im Südwesten des deutschen Sprachraums, vor allem im Elsass; aber auch aus Mainz sind Erwähnungen des Weihnachtsbaums überliefert. Zunächst dienten die Bäume nur als Schmuck von öffentlichen Räumen. Doch bald wollten Menschen diese Art der Weihnachtsdekoration dann auch zu Hause. 1611 schmückte Herzogin Dorothea Sibylle von Schlesien einen Baum erstmals mit Kerzen. Nach Amerika kamen Weihnachtsbäume durch protestantische deutsche Auswanderer ab 1830.

Ein großer Helfer bei der weltweiten Verbreitung des Weihnachtsbaums war sicher auch das deutsche Lied vom Tannenbaum. Das pflegte etwa Prinz Albert, der aus Deutschland stammende Gatte der ebenfalls deutschstämmigen englischen Königin Victoria, zur Weihnachtszeit im Schloss Balmoral gern aus voller Brust auf Deutsch zu singen.

Mit der zunehmenden Verbürgerlichung des Weihnachtsfestes hatte sich der Christbaum zwischenzeitlich zu einem als typisch protestantisch empfundenen Weihnachtssymbol entwickelt, auch wenn sich diese Konnotation mit der Zeit wieder auflöste. Zum traditionellen italienischen Brauchtum gehört er indes nicht – so erklärt sich, dass der große Weihnachtsbaum auf dem Petersplatz noch gar nicht so lang errichtet wird: Erst 1982 führte Papst Johannes Paul II. diesen Brauch im Vatikan ein.

In Deutschland dagegen ist Weihnachten ohne Christbaum kaum denkbar – und auch viele andere liebgewonnene Traditionen, die der Advents- und Weihnachtszeit ihr besonderes Gepräge geben, spielen vielerorts eine große Rolle. Es lohnt sich, dieses reiche Brauchtaum zu leben, allein schon, um der immer mehr zur Konsumorgie ausgestalteten „Vorweihnachtszeit“ etwas entgegenzusetzen.

Denn „Weihnachten“ selbst beginnt ja erst am Abend des 24. Dezember – und bietet mit seinem Festkreis wiederum zahlreiche Traditionen, über die Weihe des Johannisweins am Tag des Evangelisten Johannes, dem 27. Dezember, über das Dreikönigssingen an Epiphanie bis zur Kerzenweihe am Fest der Darstellung des Herrn, auch „Lichtmess“ genannt, an dem sich früher der Weihnachtsfestkreis schloss. Dieses Fest ist erst am 2. Februar: Wer alte Traditionen pflegt, kann Weihnachten also noch deutlich länger feiern.

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Kommentare ( 3 )

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Medea
1 Tag her

Danke für die Erinnerung daran, welch einen Reichtum an Bräuchen wir in Deutschland einst hatten und teilweise noch pflegen – besonders in der Weihnachtszeit.
Es ist nicht anzunehmen, dass Außenstehende aller Art überhaupt ein Gespür dafür entwickeln können, welche kulturellen Schätze sich hier entwickelt haben.

Urbanus
1 Tag her

Ein Weihnachtslied, ein Volkslied. Manche sagen es ist Kitsch. Es ist magisch:
https://youtu.be/e964xSw2Yz4?si=1JXic_BKdsEfVlLX

Thomas
1 Tag her

Auf GMX ist ein warnender Artikel wieviel zigtausende Kleinstlebewesen (die man nur mit der Lupe sehen kann) man sich mit einem Weihnachtsbaum in die Wohnung holt.
Mir kribbelts schon überall…