Bei dem Attentäter handelte es sich offenkundig um einen Psychotiker, verstrickt in eine Wahnwelt. Spiegel-Mitarbeiter basteln aus einzelnen seiner Äußerungen das abstruse Bild eines Rechtsextremen. Journalisten und ihre Helfer verbiegen bewusst die Realität – mit einer bestimmten Agenda.
Kurz nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg, bei dem der Täter nach jetzigem Stand mit einem Auto fünf Menschen tötete und 67 verletzte, davon 11 schwer (die nach jetzigem Stand wohl überleben), kurz nach der Tat also am 20. Dezember um 19:04 Uhr in Magdeburg setzte zunächst die übliche Anschlagsreaktionsroutine ein. Zu ihr gehörte die herabdimmende Tagesschaumeldung „Auto fuhr in Menschenmenge“, die vertrauten Textblöcke von Amtsinhabern („meine Gedanken sind bei…“) und selbstverständlich die Mahnung, jetzt bloß nicht zu instrumentalisieren.
Keinen halben Tag später sah es in diesem Punkt schon ganz anders aus. Da füllten sich sämtliche Kanäle der linksautoritären Medien und ihrer Influencer mit der politischen Verwertung des Attentats, das der aus Saudi-Arabien stammende Arzt Taleb al-Abdulmohsen am Freitagabend verübte. Der Spiegel klärte den Fall innerhalb weniger Stunden anhand des X-Profils von Abdulmohsen auf. Bei dem Täter, erklärte das Blatt, handle es sich um einen radikalisierten Rechtsextremen, einen Anhänger der AfD und obendrein noch von Elon Musk. Der AfD-Gefolgsmann aus Saudi-Arabien, das versprach eine willkommene Abwechslung in der Attentats-Berichtsroutine. „Wenn man sich das X-Profil des Attentäters von Magdeburg anschaut“, twitterte der Spiegel-Journalist Markus Feldkirchen parallel zur Story der Spiegel-Online-Geschichte, „bekommt man den Eindruck, als handele es sich um einen Islam-Hasser, AfD-Sympathisanten und Bewunderer von Elon Musk.“
Der Tagesspiegel wählte für seine Überschrift die gleichen Triggerworte: „Täter von Magdeburg: Saudischer Islam-Kritiker, Fan von AfD und Elon Musk“.
Und der immer noch einflussreiche alte Mann der Grünen Jürgen Trittin twitterte: „Rechter Terrorist mit Sympathie für Alice Weidel und Martin Sellner.“
Während die Schwerverletzten noch in den Kliniken liegen, klären Politiker und Journalisten die Tat also innerhalb eines Tages vollständig auf. Ganz nebenbei verschwindet bei ihnen auch das Etikett „mutmaßlich“, mit dem sie sonst selbst geständige oder nach frischer Tat festgenommene islamische Attentäter versehen.
Ja, es trifft zu: Taleb al-Abdulmohsen, geboren 1974 in Saudi-Arabien, der seit 2006 in Deutschland lebt, bezieht sich in einigen seiner Tweets positiv auf die AfD, auf Alice Weidel und Martin Sellner. Er repostete außerdem auf X Inhalte der rechten Influencerin Naomi Seibt und agitierte gegen den Islam. Trotzdem handelt es sich bei der Behauptung des Spiegel, anderer Medien und der Linkstwitteria, der Todesfahrer wäre ein Rechtsterrorist und AfD-Gefolgsmann, um eine reine, vorsätzlich produzierte Lügengeschichte. Das erkennt jeder, der das immer noch zugängliche X-Profil von Taleb al-Abdulmohsen im Ganzen studiert.
Er schreibt wie erwähnt an einer Stelle nach dem Mord an einem Polizisten in Mannheim durch einen Islamisten: „Die Linken sind verrückt. Wir brauchen die AfD um die Polizei vor sich zu schützen.“ An einer anderen Stelle postete er ein Video von sich, in dem er auf Englisch sagt: „Was ich entdeckt habe, ist, dass die Linken die schlimmsten Verbrecher auf dem Planeten sind. Und das sage ich als Linker. Ich bin nicht rechts.“
In sehr vielen seiner Veröffentlichungen auf X agitiert Abdulmohsen gegen den Islam und bezeichnet sich selbst als Islamgegner. Aber es findet sich auf seinem Profil auch ein englischsprachiger Post vom 23. November, in dem er auf Arabisch einem anderen X-Nutzer schreibt: „Nein…Wir werden die Hamas nach Gaza zurückbringen und wenn du willst, können wir die Hamas in dein Zuhause bringen, damit du sie zu schmecken bekommst.“
Zum einen spricht er also in einem imaginären ‚wir‘ wie ein Anhänger der radikalislamischen Hamas. Aber er twittert auch mehrfach einen Link zu einer Sendung des liberalen amerikanischen Talkshow-Veranstalters Bill Maher, und zwar zu einer Stelle, an der Maher über ein gleichgeschlechtliches Verhältnis von Mohamed zu einem Gefolgsmann spekuliert.
Sehr oft beschimpft Abdulmohsen seine frühere Heimat, zeigt sich aber in einem Post auch erfreut darüber, dass die Fußball-Weltmeisterschaft des Jahres 2034 in Saudi-Arabien ausgetragen werden soll. Allerdings meint er, dann müssten dort Menschenrechte eingehalten werden und veröffentlicht dazu das Symbolfoto einer Regenbogenfahne mit zwei zu einem Herz geformten Händen.
Das heißt allerdings nicht, dass er den Westen und Deutschland positiv sehen würde. Im Gegenteil, seine neue Heimat Deutschland überschüttet er auf X mit Hass; er zeigt sich überzeugt, die deutsche Polizei würde ex-muslimische Asylanten „jagen“, und zwar nicht nur in Deutschland selbst, sondern auch im Ausland. Er wütete gegen Angela Merkel und bezichtigte sie der Islamisierung Deutschlands. Zum anderen bombardierte er eine deutsche Hilfsorganisation für säkulare Migranten aus islamischen Ländern mit obsessiven Anschuldigungen und Strafanzeigen.
Wer sich durch sein Profil liest, stellt schnell fest: Zu praktisch jeder seiner Äußerungen und jedem von ihm weiterverbreiteten Inhalt gibt es auch das Gegenteil. Die meisten seiner Mitteilungen wirken schon in sich wirr, in der Gesamtbetrachtung ergeben sie das Bild einer psychotischen und wahrscheinlich hochgradig schizoiden Person, die sich aus völlig widersprüchlichen Versatzstücken seine Wahnwelt zusammenbaut. Dass sie gerade aus dem völlig Inkonsistenten etwas formen, was sie für einen Zusammenhang halten, zeichnet Menschen mit Psychosen aus. Wer ernsthaft und gegen jede Offensichtlichkeit so tut, als handle es sich bei Taleb al-Abdulmohsen um eine normale Person mit einem rationalen Weltzugang, der könnte aus seinen Äußerungen auf X auch problemlos das Bild eines Linken und Hamas-Anhängers oder eines Bill-Maher-Fans zusammenbasteln. Er müsste nur nach der Methode Spiegel bestimmte Posts herausschneiden und andere ignorieren.
In Wirklichkeit ergibt es nicht den geringsten Sinn, in einer Wahnwelt nach gängigen politischen Überzeugungen zu suchen. Abdulmohsen ist weder links noch rechts, sondern in ein bizarres Überzeugungskonglomerat verstrickt, in dem politische Richtungsbezeichnungen keinen Sinn haben. Denn diese Begriffe stammen aus einer Realität, zu der er keine Verbindung mehr unterhält. Das zeigt sich auch an seinem sich steigernden Hass gegen Deutschland, von dem er sich verfolgt fühlt. Relativ kurz vor seinem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt verkündete er in arabischer Sprache:
„Erstens: Ich versichere Ihnen: Wenn Deutschland Krieg will, werden wir Krieg haben. Wenn Deutschland uns töten will, werden wir sie abschlachten, sterben oder voller Stolz ins Gefängnis gehen. Weil wir alle friedlichen Mittel ausgeschöpft haben, sind uns nur noch mehr Verbrechen seitens der Polizei, des Staatsschutzes, der Staatsanwaltschaft, der Justiz und des (Bundes)innenministeriums begegnet. Frieden nützt ihnen nichts.“
Seine Drohungen beziehen sich möglicherweise unter anderem darauf, dass die Staatsanwaltschaft Köln im März 2023 eine wirre und unkonkret formulierte Strafanzeige von Abdulmohsen wegen angeblicher Untreue gegen einen anderen Araber wegen Substanzlosigkeit einstellte.
In einem sehr langen Thread vom 13. August 2023 verdächtigte Abdulmohsen die deutsche Polizei, einen USB-Stick mit Beweisen gegen den von ihm angezeigten Mann aus seinem, also Abdulmohsens Briefkasten gestohlen zu haben:
„Beim ersten Mal (April 2023) dachte ich, es wäre die saudische Regierung, die den USB-Stick aus meinem Briefkasten gestohlen hat. Aber da sich die Ereignisse vervielfacht haben, kann ich jetzt bestätigen, dass es die deutschen Behörden waren, die jemanden geschickt haben, um den USB-Stick aus meinem Briefkasten zu stehlen. Zumal ich seine Akte habe und darin steht, dass die Polizei den USB-Stick von mir erhalten und ihn nicht untersucht hat. Der Diebstahl erfolgte so, dass ich den Inhalt des USB-Sticks nicht beweisen konnte, den die Polizei nicht untersuchte und absichtlich ignorierte, weil er Beweise gegen Alaa Al […] enthielt.“
Kurz vor seiner Todesfahrt, am 1. Dezember 2024, kündigte Abdulmohsen seine Tat an und teilte mit: „Deutschland wird einen Preis bezahlen. Einen riesigen Preis.“
Dass es sich bei dem Täter von Magdeburg um einen Mann mit wahnhafter Psychose handelt, dass es ein Kinderspiel wäre, ihn mit herausgepflückten Zitaten auch als Linken oder Anhänger von Bill Maher zu porträtieren, wissen die zuständigen Journalisten des Spiegel und Tagesspiegel sehr gut. Sie konstruieren eine Geschichte (ein „Narrativ“) im vollen Bewusstsein, dass sie die Realität damit verbiegen. Die Hintersassen auf X, wie der frühere ZDF-Fernsehratsvorsitzende Ruprecht Polenz oder der Zeit-Redakteur Mark Schieritz, die die Mär vom „Rechtsterroristen“ weiterverbreiten, sparen sich wahrscheinlich die Mühe einer eigenen Recherche und plappern einfach die Spiegel-Darstellung nach.
Die sehr ähnliche Verdrehung und Verfälschung eines Amoklaufs durch eine wissentlich selektive mediale Darstellung gab es schon einmal, nämlich in der Umarbeitung der Morde von Hanau 2020. Bei dem Täter Tobias Rathjen handelte es sich ebenfalls um einen in schwer psychotische Wahnvorstellungen abgestürzten Mann, der ausweislich seines Videomanifests kurz vor den Morden davon sprach, der amerikanische Geheimdienst würde sein Gehirn steuern, der von unterirdischen Folterzentren redete und von seiner Überwachung durch Geheimdienste seit seiner Geburt. Irgendwelche politischen Sachverhalte erwähnte er nicht, der einzige mittelbare Bezug zu Deutschland in seiner Videobotschaft bestand darin, dass er den Fußballtrainer Jürgen Klopp beschuldigte, seine, also Rathjens Gedanken gestohlen zu haben.
Obwohl auch hier die Wahnwelt klar zu Tage lag, setzten Medien und eine Politikerriege die Darstellung durch, bei Rathjen, der nachweislich keine Verbindung zu irgendeiner politischen Organisation unterhielt, habe es sich um einen rechtsextremen Terroristen gehandelt. Da seine Botschaften dieser Behauptung einfach zu stark widersprachen, spielten sie in der Berichterstattung kaum eine Rolle. Den Rechtsterrorismus leiteten Medien in seinem Fall daraus ab, dass es sich bei neun seiner zehn Opfer um Migranten handelte. Zahlreiche Medien und Politiker sprechen an den regelmäßig wiederkehrenden Gedenktagen mittlerweile von neun Opfern. Denn dass Rathjen auch seine Mutter erschoss, stört die Geschichte vom bewusst und zielgerichtet handelnden rechtextremen Terroristen so offensichtlich, dass sie diese Tatsache kurzerhand weglassen, das heißt, das Ereignis verfälschen.
Mittlerweile genießt die Geschichte vom rechten Terror von Hanau den Status einer unumstößlichen Tatsache, zumindest in der Kommunikation eines politisch-medialen Apparats. Genau diese Umarbeitung von Wirklichkeit soll offenbar auch im Fall des Magdeburger Anschlags stattfinden.
Mittlerweile gibt es dabei zwei Stoßrichtungen der Narrativverbreiter. Erstens natürlich gegen rechts, zweitens aber in zunehmendem Maß gegen X mit der Begründung, die Plattform habe die Gewaltdrohungen Abdulmohsens nicht gelöscht und nicht den Behörden gemeldet. Nach den jetzigen Erkenntnissen meldeten allerdings mehrere Personen die Androhung von Gewalt beiden Behörden.
Es gab eine Beurteilung der Person Abdulmohsens durch das LKA Sachsen-Anhalt und das BKA; hinzugezogen wurde auch das Landesamt für Verfassungsschutz. Sie kamen zu dem Schluss, von dem Arzt ginge keine Gefahr aus. Man muss es festhalten: Er postete seine Drohungen und die Dokumentation seines Wahns genauso offen, wie der Rentner Stefan Niehoff vor einigen Monaten sein auf Robert Habeck gemünztes „Schwachkopf“-Meme. Die jeweiligen Folgen sind bekannt. Gegen Abdulmohsen unternahmen die Sicherheitsbehörden nichts, sie regten offensichtlich noch nicht einmal bei dem Maßregelvollzug in Bernburg an – einer Landeseinrichtung –, den offenkundig schwer psychotischen und therapiebedürftigen Mediziner von seinem Posten als Therapeut zu entfernen. Selbst der Umstand, dass der Arzt sein X-Profil mit der Abbildung eines Sturmgewehrs illustrierte, machte sie nicht stutzig.
In Niehoffs Wohnung stand bekanntlich frühmorgens die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl.
Drei Felder gehören jetzt ins Zentrum der öffentlichen Diskussion.
Erstens die Tatsache, dass in Deutschland ein Apparat von Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Verbindung mit Meldestellen das Netz nach völlig unbedeutenden Meinungsäußerungen gegen Politiker durchkämmt und damit erhebliche Ressourcen von Justiz und Polizei bindet, während konkrete Hinweise auf einen sich radikalisierenden Mann mit Wahnvorstellungen bei gleich drei Sicherheitsbehörden versanden, und der islamistische Messerattentäter von Solingen mit Leichtigkeit seiner geplanten Abschiebung entgehen konnte.
Zweitens zeigt sich an dem Versuch, die Mär vom saudischen „Rechtsterroristen“ und „AfD-Anhänger“ gegen alle Fakten in die Öffentlichkeit zu drücken, dass diese Organen eben nicht die herkömmliche Funktion von Medien erfüllen, sondern die von politischen Kampfplattformen. Sie bemühen sich gar nicht, ein realitätsnahes Bild zu zeichnen, sondern sehen es als ihre Mission, ob nun Correctiv, Spiegel oder andere, bestimmte Erzählungen zu verbreiten, um eine politische Wirkung zu erzielen. Genauso sollte man sie auch betrachten: Als selbstradikalisierte politische Bewegungen, von denen keiner erwarten darf, dass sie mit Distanz und ohne Agenda arbeiten.
Der mit Abstand wichtigste Punkt liegt in der Agitation dieser medialen Hüllen gemeinsam mit einer breiten illiberalen politischen Front gegen die Meinungsfreiheit, insbesondere gegen X. Denn diese Plattform verwandelte sich nach ihrer Übernahme durch Elon Musk zu einer unerwarteten Bedrohung für die Deutungshoheit des illiberalen politisch-medialen Komplexes, in den USA, in Westeuropa, speziell in Deutschland mit seinen degenerierten alten Medien. Dass beispielsweise die Correctiv-Potsdam-Geschichte dann doch nicht so zündete wie erhofft, lag zum einen an relativ neuen Medien, die nach klassischen Maßstäben recherchierten, zum anderen daran, dass deren Recherchen über X in eine größere Öffentlichkeit dringen konnten.
Seit die Community Notes auf X – also eine Faktenüberprüfung durch die Nutzer – unter zahlreichen Medienbeiträgen und Politikeräußerungen kleben und auf falsche und irreführende Darstellungen hinweisen, lassen sich Erzählungen generell nicht mehr so einfach von oben nach unten durchsetzen. Sie erreichen immer häufiger nur bei einer Teilöffentlichkeit die gewünschte Wirkung. Auch gegen den Versuch, den Attentäter von Magdeburg zum „Rechtsterroristen“ umzumodeln, gibt es zum einen Recherchen von Medien, die die eigentliche Medienaufgabe erfüllen, und zum anderen auch begründeten Widerspruch auf X selbst. Das führt zu einem ungeheuren Machtverfall für einen Komplex, der bisher für sich in Anspruch nahm, die Gesellschaft nach seinen Vorstellungen zu lenken. Bei den Forderungen, X wenigstens im EU-Gebiet entweder stark einzuschränken oder ganz abzuschalten, geht es schlicht und einfach um den Versuch einer ehemals meinungsprägenden Kaste, den Rest ihrer bröckelnden Deutungshoheit zu retten – und zwar mit allen Mitteln. Gestern lautete ihre Begründung für das Vorgehen gegen X, Musk mische sich in den deutschen Wahlkampf ein – als ob genau das deutsche Politiker und Medien nicht umgekehrt während des US-Wahlkampfs versucht hätten (bekanntlich erfolglos) – heute muss die angebliche Nichtmeldung von Terrordrohungen herhalten, morgen eine andere Konstruktion.
Wäre dieser Kanal erst einmal politisch kontrolliert oder ganz verstopft, könnten sich die gleichen freiheitsfeindlichen Kräfte den neu entstandenen Medien zuwenden. Sie wissen, was sie tun. Die Öffentlichkeit sollte es auch wissen.
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