Im neuen syrischen Machthaber Al-Dscholani und seiner Miliz Hajat Tahrir al-Scham, einem früheren Zweig des Terrornetzwerks Al-Kaida, einen moderaten, nachhaltig gemilderten, die Menschenrechte achtenden Staatsführer zu sehen, verlangt viel Phantasie.
Wer sehnte sich nicht nach guten Nachrichten! Da es an frohen Botschaften mangelt, werden Hoffnungen zu Tatsachen erklärt. Als ob das Wünschen jemals geholfen hätte. Ein Tyrann ist besiegt, und schon wieder fällt man im Westen reflexartig in einen optimistischen Rausch.
I.
Es ist immer wieder dasselbe. Der „arabische Frühling“ wurde als Sieg der Demokratie begrüßt. Nach dem Ende Gaddafis versank Libyen in einen Bürgerkrieg, seit dem Sturz Husseins ist der Irak alles andere als befriedet. Im neuen syrischen Machthaber Al-Dscholani und seiner Miliz Hajat Tahrir al-Scham, einem früheren Zweig des Terrornetzwerks Al-Kaida, einen moderaten, nachhaltig gemilderten, die Menschenrechte achtenden Staatsführer zu sehen, verlangt viel Phantasie. Der grüne Außenpolitiker Anton Hofreiter sieht sogar schon „eine wirkliche Chance, dass Syrien ein Verbündeter Deutschlands werden kann“. Geht’s noch? Die Bundesregierung phantasiert bereits von „freien und demokratischen Wahlen“. Der Gutmensch schließt stets von sich auf andere. Es ist auch absoluter Unsinn, bereits jetzt darüber nachzudenken, wie man die geflüchteten Syrier in ihr Heimatland zurück bewegen könnte. Während zugleich Besorgnis artikuliert wird, ein Homerun der syrischen Ärzte könnte das deutsche Gesundheitssystem sprengen. Gemach! Erst einmal sollten die Ereignisse eher die Vorsicht vor neuen Flüchtlingswellen sensibilisieren.
II.
Das Entzücken über die Ereignisse in Syrien beweist wieder einmal deutsche Blauäugigkeit. Die allermeisten syrischen Asylanten werden den Teufel tun, in ein zerstörtes Land zurückzukehren und aufs Bürgergeld zu verzichten. Die deutsche Migrationspolitik unterscheidet im Grunde noch immer nicht zwischen politisch Verfolgten und Wirtschaftsflüchtlingen, zwischen Asylbewerbern und Einwanderern. Romantische Gutgläubigkeit hat einer anwachsenden islamischen Parallelgesellschaft noch immer nichts entgegenzusetzen. Antisemitischer Furor nimmt in der islamischen Einwanderungsgesellschaft seit dem Anschlag der Hamas auf Israel zu. Es ist bald zehn Jahre her, seit Angela Merkel die Grenzen sperrangelweit offen ließ für Flüchtlinge überwiegend aus Syrien. Der Glaube, der Machtwechsel dort könne hierzulande die Folgen reparieren, wäre mehr als naiv.
III.
Worum geht es grundsätzlich? Letztendlich demoralisiert der europäische Moralismus Europa. Am Ende weiß dieses Europa nicht einmal mehr, welche Werte es zu wahren und zu verteidigen hätte. Gerade eben hat der Philosoph Peter Sloterdijk den „Kontinent ohne Eigenschaften“ (Buchtitel) und dessen Schwäche brillant analysiert. Statt sich seiner enormen zivilisatorischen und kulturellen Errungenschaften zu vergewissern, rutscht der zerklüftete Appendix der asiatischen Landmasse politisch und ökonomisch ab. Sloterdijk bringt es auf den Punkt. Die Europäer tun alles, um den „Unterschied zwischen Politik und Verwaltung beziehungsweise Demokratie und Versorgungswesen zu verkleinern“. Genau dies ist auch der Kern der Migrationskrise. Weder das Weltklima noch der Weltfrieden lassen sich so beeindrucken.
IV.
Dabei besteht doch Europas bedeutendste, obgleich riskante zivilisatorische Leistung im „Verlernen der Unterwürfigkeit“. Es ist nichts anderes als die Befreiung des Individuums aus den Zwängen von Religion und weltlicher Herrschaft. Doch was seit einigen Jahren geschieht, ist das schiere Gegenteil. Was die Religion angeht: Es ist zehn Jahre her, als in Frankreich Michel Houellebecqs epochaler Roman Soumission (Unterwerfung) erschien. Was die weltliche Herrschaft betrifft: Die EU hat ein bürokratisches Monster kreiert, das die Bürger zu einer neuen Art von Unterwürfigkeit zwingt.
V.
Die wahre Befreiung des Individuums verdankt das Abendland einer Bildung, die das Gegenteil von Dressur ist. Europas Überlegenheit kam einst aus Wissbegier, nämlich aus der Aneignung der Welt. Ein anderes Wort dafür ist Aufklärung. Zurück auf Anfang. Was hat das mit dem Islam zu tun, der angeblich zu Europa gehört? Der Islam verkörpert ein konträres Menschenbild. Je mehr die gutmeinenden, naiven Europäer den Unterschied verlernen, je mehr sie islamische Kultur adaptieren und in schuldbehafteter Unterwürfigkeit dem „globalen Süden“ Referenz erweisen, desto mehr beschädigen sie die eigenen geistigen Fundamente. Die reflexhafte Bejahung des neuen syrischen Machthabers fällt exakt in dieses Muster.
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Der Biedermann will seine Ruhe haben und erkärt deshalb alles Forschen und Nachdenken für bereits geleistet und die Probleme für gelöst – dann kann er sich alleine mit Geld verdienen und mit dem Ferienmobil beschäfigen. Weil die Biederen das so wünschen, behaupten das auch die Zeitungen und die Politiker, die ja beide gekauft werden wollen.
Die einzige Erklärung, die standhält, warum die Mächtigen im Westen Europas sich einer Islamisierung nicht entgegenstellen, diese sogar schleichend forcieren, ist die, dass sie im Islam den größten und wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen das Christentum sehen. Es ist allein das Christentum und seine „Lehre“, das die Atheisten an den Regierungsstätten insbesondere im Westen Europas an ihr falsches Tun erinnert. Und das stört sie gewaltig. Den Deutschen geht es mitnichten um Wiedergutmachung einer historischen Schuld. Wäre es so, würde Deutschland nicht die größten Feinde Israels massenweise ins Land holen. Es ist ein tief sitzender Neid, der jene in diesem Streben… Mehr
Wie fast immer, s.g. Herr Herles, eine brillante Analyse eines t h e o r e t i s c h e n Journalisten. Sie benennen die Kritik- und Schwachpunkte Deutschlands und der westlichen EU-Länder. Aber die brisanten Kritiken bedürfen, ja sie schreien geradezu nach umsetzbaren Lösungen. Leider machen sie an dieser Stelle immer Halt. Ihre liberalen Grundsätze wurden durch die FDP schon lange pulverisiert. Gleichwohl verlangen die vielen kritischen Bürger Lösungen. Und die bietet zurzeit trotz aller Unkenrufe nur Frau Dr. Alice Weidel mit ihrer AfD an! Und die schale Alternative mit den Altparteien unter einem Wetterhahn MERZEL bedeutet… Mehr
Mit der grundsaetzlich richtigen Kritik an dem, was nicht wenige aktuell mit den mutmasslich neuen Machthabern in Syrien verbinden, waere ich als H. Herles sehr vorsichtig. Es gilt auch hier der Glashausspruch. Dass der Mensch dazu neigt, jenseits aller Fakten, Argumente und Logik, auf falsche Pferd zu setzen bzw den Heilsbringer falsch zu verorten, ist nicht neu und keine syrische Spezialität. Hier sind es ueber 30 % plus nicht weniger sogen liberalkonservativer Intellektueller, die nach wie vor oder mehr denn je ihr Heil in der CDU bzw Herrn Merz sehen. Ein Phänomen, das Herrn Herles bekannt ist. Zu diesem gesellt… Mehr
Europa hat sehr wohl Eigenschaften, also etwas Charakteristisches, Eigentümliches, das ihm zugeschrieben werden kann. Doch im Unterschied zu früheren Zeiten wurden diese Eigenschaften seit Ende des Ersten und dann verstärkt seit Ende des Zweiten Weltkriegs von den Angelsachsen, insbesondere den USA, bestimmt. Die Haupteigenschaft, die allen spezifischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausprägungen zugrunde liegt, ist die des Vasallentums. Die EU ist letztlich ein Protektorat der USA, weshalb Verwaltung im Vordergrund steht und selbstbestimmte Politik lediglich von wenigen renitenten Staaten wie Ungarn versucht wird. Es soll immer noch Leute geben, die der Meinung sind, daß Deutschlands grüne Politik (Klima, Migration, Energie,… Mehr
Deutsche Kleinbürger [Grüne&SPD+FDP+CDU/CSU+ …] können sich der zivilisatorischen und kulturellen Errungenschaften Europas nicht vergewissern, weil nichts davon von ihnen stammt, sie also nichts errungen haben. Deshalb beschädigen sie mutwillig die von anderen errungenen geistigen Fundamente Europas. Unterwürfigkeit und autoritär erhobener Zeigefinger sind ein Wesensmerkmal des kleingeistigen und kleinkrämerischen Kleinbürgertums, wie Heinrich Mann es in ‚Der Untertan‘ beschrieb. Die Figur des ‚edlen weisen Arabers‘ wurde in der Zeit der europäischen Aufklärung erfunden und verbreitet, um gegen die Herrschaft der katholischen Kirche zu kämpfen. Diese Figur lebt bspw. bei SPDlern seit den 1970ern, bei Grünen seit den 1980ern und bei Linken seit… Mehr
Wir haben keine Außenpolitiker.
Ja. Letztendlich wirkt das Ganze wie eine Truppe von Laienschauspielern.
Zudem noch mit „Allüren“.
Volle Zustimmung, Herr Herles! Die Europäer scheinen geradezu süchtig nach Unterwerfung zu sein, religiös wie weltlich, ob unter den Islam oder die EU. Ihr Selbstbewusstsein wie ihre Werteordnung lösen sich langsam, aber sicher, in Luft auf…
Wie man Islam/daesh und die EU vermengen kann – unterirdisch. Das darf doch wohl nicht Ihr Ernst sein.
Allerdings süchtig auf jede Art von Unterwerfung. Gestern habe ich beim Einkaufen schon wieder infantile Einfaltspinsel mit Maulkörben gesehen.
Pünktchen und Anton halt. Er hat eine Fatamorgana über der grünen Wüste gesehen. Die muslimische Vorhut in Germania Magna als Widergänger der Mauren. Der neue Obermufti in Babaricum macht einen diplomatischen Vorstoß zur maskulinen Außenpolitik und sucht nun Anschluss an seine muslimischen Brüder im neuen Kalifat Syria. Das eigentliche Ziel der Alhambra nun doch noch etwas weiter nördlich , endlich umzusetzen und zum Reich Allahs zu erheben. Das Wetter halt schlecht, aber viele grüne Weiden für die Schafe.Die Schöße werden fruchtbar sein. Sie brauchen auch keine Westgoten mehr zu fürchten, die sind schon platt. So wird der Traum manchen Antons doch… Mehr
Der „Werte“-Westen verbreitet mit Freude überall in der Welt Unruhe, indem er den Sturz ihm vermeintlich feindlich gesinnter Regime fordert. NGO’s sind nur ein Teil seiner vielfältigen „Waffen“. Nur im eigenen Land – so z.B in Deutschland – findet man es gar nicht so toll, wenn neue Parteien wie AFD und Co frischen Wind ins Parteikartell-System bringen wollen….