Notre-Dame de Paris, Donald Trump und das Land der Pygmäen

Politik wirkt mit Symbolen. Die Eröffnung von Notre-Dame in Paris ist ein Symbol, dass Europa noch nicht ganz verloren ist – wenn es sich politisch erneuert.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Louise Delmotte

Symbole bewegen die Menschen, können den Strom der Zeit beeinflussen. Symbole sind Darstellungen mit einem Bedeutungshintergrund, der von vielen Menschen verstanden – und gefühlt wird; es sind Botschaften, die meist auch ohne Worte und Schriftstücke auskommen und schon gar keine Paragraphen brauchen.

Symbole sind auch weit mehr als Bilder; in der Mediengesellschaft verwehen Bilder. Wir sind ja geradezu abgefüllt bis in die letzte Hirnzelle mit Fotos und Videos, unsere Handys sind riesige Bibliotheken mit der Kamera festgehaltener Ereignisse; unsere Bildschirme ein wahrer Bildersturm.

Aber sie sind bedeutungslos. So bedeutungslos wie irgendein Schnappschuss vom Urlaub oder Weihnachten des vergangenen Jahres, der vielleicht noch ein paar Jahre in der Cloud sein elektronisches Schattenleben führt, ehe er verdämmert wie alles Elektronische, das für den Augenblick wichtig erscheint und schnell seine Energie verdudelt.

Wir sind augenübersättigt.

Wirken also die Bilder von der Wiedereröffnung von Notre-Dame de Paris?

Vergleichen wir sie mit den Videos von der Eröffnung der Olympischen Spiele. Was haben wir uns alle aufgeregt über die zunächst gewollte und dann bestrittene Darstellung des Letzten Abendmahls als Orgie einer woken Transvestiten-Anbetung.

Aber ehrlich: Haben sich diese Bilder eingebrannt? Nicht wirklich.

Brennt sich ein, wie der Bischofsstab dreimal an die Pforte schlägt und sie dann geöffnet wird? Oder bringen diese Bilder und Töne zusammen mit den Fanfaren der Orgel, die dem Pochen antwortet, bringen Bachs Klänge und das Ave Maria von Vianney und das „Amazing Grace“ der   südafrikanischen Sopranistin Pretty Yende nicht doch tiefere Schichten in uns zum Schwingen, die sonst überlagert werden vom Lärm des elektronischen Alltags?

Vielleicht. Oder vielleicht ist es noch mehr eine Art Erwachen und Erkenntnis, dass man die eigene Kultur nicht wegwerfen kann, für die jeder Stein der Kathedrale steht? 

Ängstlich verschwiegen wird die Brandursache. Es soll die weggeworfene Zigarette eines Arbeiters im Dachstuhl gewesen sein, der die betonharten Eichenbohlen entzündet hat. Und das in Frankreich, das Land, in dem jedes Jahr 1000 Kirchen geschändet und Menschen aus Hass auf diese Kultur erstochen oder enthauptet werden.

Auch diese Frage schwingt mit und findet ihre Antwort.

Aber die Kathedrale wurde wiedererrichtet und strahlt in einer Schönheit, die Jahrhunderte lang unter Dreck oder auch Patina der Zeitläufte verborgen war.

Die Kathedrale steht wieder und strahlt.

Symbole sind menschengemacht.

Emmanuel Macron hat auf die Eröffnung gehofft als Symbol seiner eigenen Wiederauferstehung, nachdem ihm Mehrheit und Regierung abhandengekommen sind.

Der symbolhafte Plan ging daneben.

Das Interesse hat sich auf Donald Trump gerichtet.

Der war nicht der geladene Gast, sondern hat sich durch Gesten die Eröffnungszeremonie angeeignet. Er hat den Gastgeber geschüttelt wie eine Vogelscheuche und die vogelbeinig nebenherstaksende „Gattin“ des Präsidenten überhöhte das so zum Symbol einer untergehenden, woken Travestie. 

Macht vermittelt sich durch Symbole. Statt eine rote trug er eine gelbe Krawatte; zusammen mit dem weißen Hemd die offiziellen Farben des Vatikans. Das war ein augenfälliger Kontrast zum Fehlen dieser Farben und dem Versuch des laizistischen Frankreichs, zwar eine Kathedrale aufzubauen, sie dann aber doch nur als Konzertsaal für zeitgeistig verpoppte Songs zu interpretieren. Trump brachte eine größere Botschaft mit. Trump versucht sich seinerseits als Symbol eines wiedererstarkten Amerikas zu geben, das die Fehler der letzten Jahrzehnte abschüttelt, sich auf seine Bürger und ihre ungeheure Leistungsfähigkeit besinnt.

Und gleichzeitig tritt er wieder als Anführer der freien Welt auf.

Mehr als symbolisch ist: Der große Nachbar Deutschland war nicht sichtbar. Dabei beruht doch angeblich die EU auf der deutsch-fanzösischen Freundschaft. Diese Idee wurde immer wieder auf den Stufen von Kathedralen inszeniert und mit Handschlag besiegelt.

Der kleine Kanzler ohne Mehrheit war nicht zu sehen bei dem Gespräch zwischen Macron, Selenskyj und Donald Trump; die Frage nach weiter Krieg oder doch einem Weg zu Frieden wird ohne die Deutschen verhandelt. Die dürfen zahlen, was andere beschließen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war anwesend, aber wer nimmt noch den Präsidenten eines Landes wahr, das sich gerade mit aller Entschiedenheit selbst verzwergt?

So ist die Eröffnung von Notre-Dame auch eine politische Botschaft. Europa als christliches Abendland verstanden bräuchte die Kraft auch zur politischen Erneuerung. In Brüssel, Paris, und Berlin.

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Kommentare ( 47 )

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47 Comments
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Juergen P. Schneider
1 Monat her

Unser durch links-grüne Idiotien verzwergtes Land spielt international schon seit geraumer Zeit keine Rolle mehr. Wer durch eigene unsinnige Politik nicht ernst genommen werden kann, der spielt eben keine Rolle mehr. Früher hat man deutschen Politikern wie z. B. Kohl und Genscher zugehört, wenn sie mit leisen Tönen und Beharrlichkeit hinter den Bühnen der Weltpolitik deutsche Interessen zu wahren versuchten. Diese Art Politik erfreute sich international großer Anerkennung. Politiker, die die Interessen des eigenen Landes und seiner Bürger im Blick haben, werden international ernst genommen, weil ihre Gesprächspartner das Gleiche für ihre eigenen Länder und Bürger wollen. Man versteht die… Mehr

Nibelung
1 Monat her

Beim Wiederaufbau unterliegt jede Regierung einem Zwang, wenn es von nationaler Bedeutung ist, wobei die eigentliche Ursache bis heute nicht aufgeklärt ist und ein Dachstuhlbrand vermutlich am allerwenigsten über eine Zigarette zustande gekommen ist und mehr dahinter stecken konnte. was man nicht offiziell sagen wollte, damit keine Hatz stattfindet, die man mehr fürchtete als eine notwendige Aufklärung. Das ganze Prozedere zur Einweihung sollte doch nur die entstandenen Wunden heilen und wenn man Trump dabei gewinnen konnte, als zukünftiges neues Aushängeschild für grundlegend veränderte Freundschaft, wird sich noch wundern, was alles kommt, denn Trump ist völlig unkonventionell und schüttelt auch die… Mehr

Sonny
1 Monat her

Erneuerung in Deutschland? Ha. Wer ist denn unser Donald Trump? merz? Bitte nicht so laut lachen, sonst steht die deutsche Stasi vor der Tür. Und Alice Weidel? Alice bräuchte ebenso viel Geld für einen Wahlkampf, wie er üblicherweise in Amerika zur Verfügung steht, um die Hetzer und Verleumder zum Verstummen zu bringen. Dann würde es auch mit den opportunistischen Alt-Medien klappen, denn die interessiert in Deutschland mittlerweile nur noch die Versorgungssicherheit ihres eigenen Standes. Mit genügend Schmiergeld würde das selbstverpaßte Weltverbesserer-Image der Alt-Medien schnell uninteressant werden. Das Deutschland keine Rolle mehr in der Welt spielt, ist den deutschen Wählern mit… Mehr

AmpelFluechtling
1 Monat her

Die Story mit der Zigarettenkippe ist natürlich Kappes.
Ich verdenke es Macron aber gar nicht hier zu lügen. Wenn man die wahren Täter ermitteln würde, das könnte zu erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen führen. Aufstände, Randale, Pogrome. Das sind heute alles denkbare Szenarien für West-Europa, falls man sich mit dem Islam anlegt.

J.Thielemann
1 Monat her

Wir geben uns doch so so so sehr Mühe! Mit Klima- alles noch etwas strenger wie alle anderen in der EU! Und zahlen, was das Zeug hält! Und tun so viel Abbitte wegen unserer unauslöschlichen Erbschuld! Aber die haben uns immer noch nicht alle ganz doll lieb! Wir müssen uns einfach noch mehr viel, viel mehr anstrengen! Ansonsten: Wie es in D weiter geht, was als Nächstes in die Luft fliegt oder weg muss- da fragt man besser gleich die Großen- seinerzeit Papa Biden. Der wusste sowas schon vorher, wir nicht mal danach. Jetzt wollten die Erwachsenen eben mal unter… Mehr

Rocky Feller
1 Monat her

ch störte, dass die Eröffnung zu einem politischen Schaulaufen verkommen ist: Wer war da? Wer hat was gesagt? Hey, es war doch eine kirchliche Einweihung. Die Kirche wurde zu einem politischen Schauplatz gemacht. Warum störe nur ich mich daran? Und wiedermal wurde die Brandursache nicht erwähnt.

J.Thielemann
1 Monat her
Antworten an  Rocky Feller

Zuerst sollte es ja ein Starkstromkabel aus dem Mittelalter gewesen sein. Wurde dann aber dementiert. Es waren sich ersten Verlautbarungen entgegen doch nicht alle Experten einig.

FionaMUC
1 Monat her

Trump war auch da, was sehr gut war. Melania fehlte, so wie der Notre-Dame das alte Charisma.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  FionaMUC

Zwei FLOTUSSE, eine davon im Abgang, hätte die Veranstaltung nicht vertragen.

Biskaborn
1 Monat her

Deutschland ist nur noch als Zahlmeister gefragt, ansonsten bedeutungslos! Bei politischen Oberhäuptern des Landes wie Steinmeyer, Scholz, Baerbock, Habeck und demnächst Merz nun wahrlich kein Wunder!

helmut.w.k
1 Monat her
Antworten an  Biskaborn

Immerhin saß der Bundespräsident noch in der zweiten Reihe. Und dass ihn Donald Trump noch per Handschlag begrüßt hat spricht für den zukünftigen Präsidenten

Epouvantail du Neckar
1 Monat her
Antworten an  helmut.w.k

Und Sie gehen davon aus, dass Trump wußte, wem er da die Hand schüttelte?

mediainfo
1 Monat her

“ … und die vogelbeinig nebenherstacksende „Gattin“ des Präsidenten überhöhte das so zum Symbol einer untergehenden, woken Travestie.“

Diese Formulierung finde ich irritierend. Nicht dass ich besondere Sympathien für Macron oder seine Frau hätte, aber welcher Anlass besteht, das Wort „Gattin“ in Anführungszeichen setzen? Außerdem schreibt sich „staksen“ so, so viel Zeit muss sein.

Dr.KoVo
1 Monat her
Antworten an  Roland Tichy

Müssen Sie nicht korrigieren, wenn es einen schnellen staksenden Gang beschreiben soll. Standen beschreibt mehr einen langsamen Gang. Ich finde es passend. Z.B. im Wattenmeer würde ich nicht „stacksen“.

lube
1 Monat her
Antworten an  mediainfo

Eigentlich kann man es sehen was Roland Tichy meint mediainfo.

Epouvantail du Neckar
1 Monat her
Antworten an  mediainfo

Herr Tichy-dass die Gattin in Anführungszeichen steht, könnte mit den in Paris kolportierten Erzählungen über die nächtlichen Abenteuer von Monsieur Le Président am Canal Saint Martin zusammenhängen?
Toutefois et voilà-mit diesem Satz haben Sie sich unsterblich gemacht.

Guzzi_Cali_2
1 Monat her

The Donald hat sich die Zeremonie zwar „angeeignet“, aber nicht großkotzig, sondern auf eine selbstverständliche und höfliche Art und Weise, die jedoch allen gezeigt hat, wer hier Koch und wer Kellner ist. Die Deutschen kamen in dem Brimborium de facto nicht vor. Steinmeier war einer aus der Kategorie „ferner liefen“ und daß sie ihn überhaupt in die erste Reihe gelassen haben, grenzt schon an ein Wunder. Wenn ich da an die Zeiten denke, wo ein Friedrich von Weizsäcker oder ein Roman Herzog Bundespräsidenten waren – alle hätten sich um die Herren geschart für ein Foto. So aber war Steinmeier gerade… Mehr