Bei VW streiken sie gegen sich selbst

Wenn jetzt die IG Metall zu Streiks aufruft, dann ruft sie pharisäerhaft zu Streiks gegen ihr eigenes Wirken im Konzern auf. Nichts daran ist nachhaltig, es sichert nur das Überleben der Funktionäre so lange wie möglich. Und die Arbeitnehmer in Wolfsburg, Emden und Zwickau? Sie werden nur benutzt.

IMAGO / Jochen Eckel

Laut IG Metall hatten gestern im ersten flächendeckenden Warnstreik der Gewerkschaft über 65.000 Beschäftigte von VW zeitweise die Arbeit niedergelegt. In Wolfsburg streikten 35.900 Arbeitnehmer, in Kassel 7000, in Zwickau, in Hannover und in Braunschweig jeweils 5000. Der IG Metall Verhandlungsführer Thorsten Gröger drohte: „Das ist nur eine Warnung.“ Denn: „Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt.“

Wenn man vor einem Heuhaufen steht, ganz besonders, möchte man hinzufügen. Der Heuhaufen ist in diesem Bild der VW-Konzern, den Management, Politik und Gewerkschaften im engen Schulterschluss zerstören. Der Protest der Arbeitnehmer richtet sich gegen die Sparpläne des Managements, der die Streichung der Arbeitsplatzgarantie, Gehaltskürzungen und die Schließung von Werken vorsieht.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Doch was immer man auch anführen mag, Fakt ist, dass VW in eine schwere Krise trudelt, von der bis jetzt nur die Spitze des Eisberges sichtbar wird. Ist die aktuelle Situation schon dramatisch, so ist die Gegenwart verglichen mit der Zukunft noch als sonnig zu bezeichnen. Der Gewinn von VW bricht im Vergleich zum Vorjahr um 63,7 Prozent ein. In China schwächelt das Geschäft angesichts der chinesischen Konkurrenz, die jahrelang von VW und anderen alles gelernt hat, um nun auch mithilfe von Staatsgeldern VW erfolgreich Konkurrenz zu machen – und nicht nur in China. In Europa verkauft VW 500.000 Autos zu wenig, die Produktion von zwei Werken. Wo die Verkäufe von VW herkommen sollen, weiß niemand.

Zu hohe Arbeitskosten belasten den Konzern, zu hohe Gehälter und Sonderzulagen und zu viele Mitarbeiter – ein Problem, das man noch klug und elegant händeln könnte, indem man sozialverträglich und sukzessive agiert. Aber in Kombination mit zu hohen Energie- und Materialkosten sowie einem Verkaufsrückgang geht dem Konzern die Puste aus. Toyota beispielsweise produziert mit ca. der Hälfte der Arbeitnehmer 2 Millionen Autos mehr als VW. Deutsche Werke sind mit Blick auf die Fabrikkosten doppelt so teuer als die der Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Marken-Chef Thomas Schäfer schätzt daher vollkommen richtig ein: „Wir verdienen aktuell zu wenig Geld mit unseren Autos. Diese Rechnung kann auf Dauer nicht aufgehen.“ Denn die Kosten für Energie, Material und Personal seien weiter gestiegen.

Und ab 2025 kommen auf VW noch erhebliche Strafgelder wegen nicht eingehaltener CO2-Werte zu. Italien, Polen und Österreich kritisierten in einem Papier die Strafen, die die EU-Administrationen auf der Grundlage ihrer für die Finanzwirtschaft hochprofitable Klimaphantasterei im nächsten Jahr verhängen will. Nur Robert Habeck findet die Strafen eben auch für den angeschlagenen VW-Konzern richtig. Der Weltökonom Habeck schlägt überraschend für alle deshalb vor, dass man stattdessen die im Jahr 2025 anfallenden Strafgelder mit der Übererfüllung der CO2-Quoten in den Jahren 2026 und 2027 verrechnen sollte. Woher die Übererfüllung 2026 und 2027 kommen soll, kann er zwar nicht stichhaltig belegen, aber vielleicht geht er ja auch davon aus, dass ein Erfolg der Habeck Economics darin bestehen wird, dass VW dann aufhört zu produzieren, womit dann spielend die CO2-Quoten eingehalten werden können. Es stehen zwar 120.000 Arbeitsplätze allein bei VW auf dem Spiel, aber VW würde ja nicht insolvent sein, sondern nur eben aufhören zu arbeiten.

Um VW auf Erfolgskurs zu bringen, müssten mehrere Dinge geschehen:

  • Das Verbrenner-Aus müsste fallen und mit ihm die Flottenvorgaben und CO2-Quoten.
  • VW müsste in die Entwicklung hochwertiger und billiger Verbrenner investieren.
  • Die Energiepreise müssten fallen und die Bürokratie (siehe Berichtspflichten) wäre konsequent zu reduzieren.
  • An Restrukturierungsmaßnahmen führt kein Weg vorbei.
  • Die „sozialistischen“ Zeiten bei VW sind zu beenden. Das schließt auch die Reduktion der hohen Arbeitskosten und der allzu starken Mitbestimmung bei Entscheidungen von Politikern und Gewerkschaften ein.

Doch alles das wird nicht geschehen. Was die Gewerkschaften verschweigen, ist, dass im 27-köpfigen Aufsichtsrat 3 Politiker und 12 Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre sitzen, das heißt über die Hälfte der Aufsichtsräte gehören der Politik an oder sind Arbeitnehmervertreter. Zu den Politikern gehört der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), und die Grüne Julia Willi Hamburg. Über die Kultusministerin von Niedersachsen, Julia Willi Hamburg, ist zu sagen, dass sie außer einem Abitur nichts an Abschlüssen vorzuweisen hat, also die übliche grüne Vita, ein bisschen Politikwissenschaft, Deutsche Philologie und Philosophie in der grünen Uni Göttingen herumstudiert hat, aber nirgendwo einen Abschluss machte. Sie gilt als „Autohasserin“, oder feiner ausgedrückt: als Autokritikerin. Das Schöne bei den grünen Funktionären ist, je weniger man gelernt hat, umso mehr verdient man. Als Mitglied des VW-Aufsichtsrats steht Julia Willi Hamburg eine Vergütung von 100.000 Euro im Jahr zu.

Selbstverschuldete Struktur-Krise
Sanierungsfall VW? – Turbulenzen in Wolfsburg als Chance
VW ist im Grunde ein Staatsbetrieb, der nach politischen Vorgaben operiert – und damit ist der Grund der immer existentieller werdenden Krise bei VW benannt. Der Sanierungsplan des Vorstandes wird VW für gewisse Zeit gerade so am Leben erhalten, mehr aber nicht, der Plan der IG Metall wird VW in einen Zombie verwandeln, der vollständig auf Subventionen und Staatshilfen verschiedener Art angewiesen sein wird. Wenn jetzt die IG Metall zu Streiks aufruft, dann ruft sie pharisäerhaft eigentlich zu Streiks gegen ihr eigenes Wirken im Konzern auf. Man kann, um eine Überproduktion zu drosseln, Werke schließen und Mitarbeiter entlassen. Man kann die Produktion aber auch durch Streiks drosseln. Die Gewerkschaften haben sich für den Weg Nummer zwei entschlossen. Nichts daran ist nachhaltig, es sichert nur das Überleben der Funktionäre so lange wie möglich, so lange wie möglich auch Job und Vergütung zu behalten.

Den Konzern wird diese Politik mittelfristig zerstören, denn es muss jetzt konsequent gehandelt werden, weil die Konkurrenz bereits an VW vorbeizieht. Die neue Aristokratie der Ungelernten und Halbgelernten wird wirtschaftlich ein Deutschland zurücklassen, das an das Jahr 1648 erinnert, das Jahr, in dem der 30-jährige Krieg endete. Und die Arbeitnehmer? Werden nur benutzt. Bald schon werden sie in Wolfsburg und in Emden und in Zwickau merken, dass sie für die roten und grünen Funktionäre nur Plastechips im Black Friday Angebot eines Monopoly Spiels der Vielfalt sind.


Unterstützung
oder

Kommentare ( 51 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

51 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
verblichene Rose
9 Stunden her

Wenn man bedenkt, dass (nicht nur heutzutage) sehr viele Fahrzeuge „auf Halde“ produziert werden, kommt so ein Streik den Arbeitgebern doch sehr entgegen, oder?
Bei VW streiken sie also gegen sich selbst!
Das erinnert mich an die Demonstranten, die gegen „Rechts“ auf die Straße gehen und dabei nicht merken, dass es auch um deren Wahlrecht geht.
Denn wenn es nur noch wenige Parteien gibt, hat man am Ende des Tages quasi keine Wahl mehr…!
Und wenn VW betriebsbedingt kündigt, ist der Job unweigerlich weg!

Querdenker_Techn
22 Stunden her

Es ist nicht nur VW, das schwächelt, es ist die gesamte EU Automobilindustrie, Allerdings stoßen auch die Hersteller der Auto-Unternehmen außerhalb der EU nicht in diese Lücke vor, der gesamte Auto Absatz bricht ein. Den potentiellen E-Auto-Käufern werden sinkende Preise und goldene Reichweiten-Zeiten versprochen, die warten auf die Erfüllung ihrer Träume. Die Mehrheit der Kunden wünscht den Verbrenner, weil die Mieter sich den teuren Ladestrom an der Schnellladesäule nicht leisten können und das Auto für den täglichen Weg zur Arbeit nicht taugt, besonders im Winter, wenn dank Heizung die Reichweite drastisch sinkt. Da sind auch die Halbierung der Löhne oder… Mehr

the ministry of silly walks
1 Tag her

VW wird es bald nicht mehr geben. Eine rot-grüne Regierung schafft es innerhalb von nur drei Jahren die deutsche Industrie mit Klimaideologie an den Rand bzw. gleich vollständig in den Abgrund zu führen und rot-grüne Gewerkschaften meißeln nun den Grabstein dazu. Kein Mensch braucht überteuerte deutsche Elektro-Schlumpfautos. Wer das Nischenprodukt E-Auto bevorzugt wird in China oder Frankreich fündig, wer weiterhin auf effiziente Verbrenner setzt in Japan. In D werden maximal zwei Autofirmen überleben, die das Produkt Auto wie eine Segelyacht definieren. Hat auch nicht jeder, hat nur wem es völlig egal ist, ob das Teil 200 oder 300 Tsd. Euro… Mehr

Leroy
1 Tag her

In welchen Parteien sind die Spitzenkräfte der Gewerkschaften Mitglied?
Entweder bei den Grünen oder bei der SPD. Glaubt ihr vielleicht, dass die schlauer sind als die übrigen Mitglieder dieser Parteien?

palimpalim2020
1 Tag her

Das erinnert an Nokia, als deren Mitarbeiter gegen die Rettungsmaßnahmen streikten und damit den Abstieg des Unternehmens besiegelten. Auch ist es eine Ironie,daß eine Grüne im Aufsichtrat solche Summen bekommt, obwohl doch die Grünen und ihre DUH bei VW Multimilliardenschäden gefördert haben, durch ihr übertriebenes Pushen des sogenannten „Dieselskandals“.

Donostia
1 Tag her

Haben die Leute wirklich gemeint es werde sie nichts kosten wenn Millionen ins Sozialsystem einwandern? Haben die Leute wirklich gemeint, dass die Klimarettung nichts kostet? Glauben heißt nichts wissen, und jetzt kommt die Gewissheit, dass sie falsch geglaubt haben. Zu spät liebe Gutmenschenfraktion, jetzt zahlt ihr eben doch, oder Leistungen gehen nach unten, wie z.B. die lange Wartezeiten beim Facharztbesuch, Eigenanteil an der Medizin, höhere Grundsteuer weil Eure Stadt Geld für die Migranten braucht. Es lässt sich beliebig fortführen, doch noch immer wählen 80% die Einheitsfront. Aber warum wundere ich mich? Wer das schon zuvor nicht erkannt hat, warum sollte… Mehr

Last edited 1 Tag her by Donostia
Kuno.2
1 Tag her

Auch dieser Fall zeigt deutlich, dass Europa und weltweit ein reinigendes Gewitter nötig ist. Wir leben alle in einer eingebildeten Blase. Der DAX übersteigt die 20.000 Punkte Marke, die privaten Fernsehsender, die mehrheitlich alle zu Bertelsmann gehören, steigern den unterhaltsamen Schwachsinn ins Unermessliche und die ÖRR Sender hören bezüglich Ukraine und künftig wohl noch Georgien eisern weg um die andere Seite nicht hören zu müssen.

Cethegus
1 Tag her

Ist doch schön, dann haben die ehemaligen Mitarbeiter dann noch mehr Zeit an Demonstrationen gegen Rääächts und ähnlichem Mumpitz teilzunehmen!!!!

S.Bauch
1 Tag her

Nach dem endgültigen Beschluss im März 2023 , ab 2035 keine Verbrenner mehr zuzulassen, begrüßte Umweltministerin Lemke, die mit Habeck die Zweifler unter den Euroäern umgestimmt hatte, das Aus für Diesel und Benziner. „Jetzt bekommt die Autoindustrie die benötigte Planungssicherheit, frohlockte sie in der Tagesschau. Übrigens: Der Miterfinder des Green Deals, Frans Timmermans, hat sich bereits nach Holland abgesetzt.

Leroy
1 Tag her

Wieso trägt auf dem Foto keiner eine lächerliche Regenbogenfahne.
Ich dachte die gehört zu Grundausstattung der Gewerkschaften.