17 Verfassungsrechtler sehen gute Aussicht auf Erfolg für AfD-Verbot

Zu durchsichtig ist die Terminierung des Schriftsatzes der Juristen im unmittelbaren Vorfeld eines Wahlkampfes. Die 31 Seiten werden keinen überzeugten AfD-Wähler abhalten, AfD zu wählen; sie werden eher manch andere Wähler motivieren, jetzt erst recht AfD zu wählen. Es könnte ein Schuss nach hinten werden.

picture alliance / dts-Agentur | -

Eine Gruppe von 17 Verfassungsrechtlern gibt sich überzeugt: Ein Verbot der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) könnte (sic!) gelingen. So heißt es in einer aktuellen, am 28. November eingereichten, 31 Seiten umfassenden, angeblich „unaufgeforderten“ Stellungnahme für den Innenausschuss und den Rechtsausschuss des Bundestags. (Das Papier liegt TE vor.) Unter den 17 Rechtsprofessoren sind 3 von der Universität Münster, 4 von privaten Universitäten und je 1 Rechtsprofessor der Universitäten bzw. Fachhochschulen Kiel, Bundeswehr-Uni München, Bielefeld, Bochum, Köln, Kassel, Harz, Flensburg, Trier und Würzburg.

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Die Einschätzung der AfD als „verfassungsfeindlich“ habe sich als „belastbar“ erwiesen, so die 17 Juristen. Davon könne auch ohne (sic!) vom Verfassungsschutz gesammeltes Material oder die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ ausgegangen werden, heißt es auf den 31 Seiten. Auch ohne Materialsammlung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sei bereits „eine belastbare Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsverfahrens möglich“, schreiben die 17 Rechtswissenschaftler.

Aha, dann hat also der vom 15. Dezember 2018 bis Ende 2024 amtierende BfV-Präsident Thomas Haldenwang (demnächst vielleicht Wuppertaler CDU-Bundestagskandidat) jahrelang für den Papierkorb gearbeitet. Reichlich nebulös heißt es bei den 17 Verfassungsrechtlern: „Die AfD ist danach gerade der prototypische Fall einer Partei, durch die die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden sollen.“

Wie die „17“ argumentieren
  • Die AfD offenbare über „Äußerungen und Verhalten von Mitgliedern der AfD ihr völkisch-nationalistisches Programm“.
  • Außerdem bestehe ein wichtiger Teil der Strategie der AfD daraus, politische Akteure sowie demokratische Prozesse zu delegitimieren. Durch „Delegitimierung von Medien“ stärke die AfD „parteinahe Kanäle und Medien mit dem Ziel, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es eines gewaltsamen politischen Umbruchs bedarf“.
  • Die AfD habe sich zunehmend radikalisiert. Das konkrete Verhalten der Parteimitglieder über die vergangenen Jahre offenbarten „ihre wahren verfassungsfeindlichen Absichten“.
  • Das Argument, man müsse die AfD politisch stellen, überzeugt aus Sicht der Rechtswissenschaftler nicht. „Die politische Auseinandersetzung erfordert zumindest, dass die Kontrahenten dieselben Regeln beachten.“ Und weiter: „Die AfD agiert im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung und delegitimiert die Demokratie. Das führt jegliche politische Auseinandersetzung ad absurdum, einem solchen Verhalten stehen demokratische Parteien faktisch machtlos gegenüber.“
  • Zwar würden rechtsextreme Ansichten in der Gesellschaft durch ein Verbot nicht beseitigt, heißt es im Papier weiter. Ein Parteiverbot verhindere jedoch „auf überaus wirksame Weise, die weitere Unterhöhlung demokratischer Institutionen, auf die eine verfassungswidrige Partei in der Übergangsphase hin zu einem anderen politischen System notwendig angewiesen ist“.

Die 17 sind sich obendrein nicht zu schade, die „Correctiv“-Fake-Story von einem angeblichen Geheimtreffen der AfD im November 2023 in Potsdam mit angeblichen „Deportationsplänen entlang rassistischer Zuschreibung“ zu bemühen.

Die Stellungnahme enthält sodann eine Materialsammlung, die die verfassungsfeindliche Bestrebung der AfD untermauern soll. Darin finden sich Social-Media-Beiträge, Aussagen aus Talkshows und von Parteitagen – getätigt von AfD-Politikern auf Landes- und auch Bundesebene. Mit anderen Worten: Die 17 Professoren scheinen dem BfV den Job erledigt zu haben.

AfD-Verbot:
Die Liste der Hybris
Die Absicht der „17“ dürfte klar sein: Man will den Antrag zum Verbot der AfD beschleunigen bzw. untermauern, den Mitte November 2024 fraktionsübergreifend 113 Bundestagsabgeordnete um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz eingereicht hatten und der nun noch schnell vor dem nahenden Ende der Legislaturperiode – mit heißer Nadel gestrickt – abgestimmt werden soll.

Der Rückhalt in den Fraktionen ist aber sehr unterschiedlich. Die 113 Unterzeichner (von 734 Abgeordneten) verteilen sich auf die Fraktionen wie folgt: „Grüne“ 56, SPD 31, „Linke“ 18, CDU 7, 1 Südschleswigscher Wählerverband (SSW). Kein MdB übrigens aus CSU, FDP und BSW. Unter den 7 CDU-MdB mindestens zwei, die dem Bundestag nicht mehr angehören werden und auf eine erneute Kandidatur verzichten: Antragsinitiator Marco Wanderwitz und dessen Lebensgefährtin Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas (beide CDU Sachsen).

Bisherige Parteiverbote und Bewertung

Das Verbot einer Partei ist nach Artikel 21 des Grundgesetzes möglich, die Hürden sind aber hoch. Seit Geltung des Grundgesetzes wurden zwei Parteien verboten: 1952 die aus alten Nazis bestehende Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Ein Verbot der rechtsextremen NPD (mittlerweile umbenannt in „Die Heimat“) hat das Bundesverfassungsgericht zwei Mal abgelehnt. 2003 zunächst, weil V-Leute als Informanten des Verfassungsschutzes in der Partei einflussreiche Posten innehatten. 2017, beim zweiten Urteil, bescheinigte Karlsruhe der NPD zwar verfassungsfeindliche Ziele, hielt sie aber für zu unbedeutend, um die Demokratie zu gefährden.

TE hat den Staatsrechtler un TE-Autor Ulrich Vosgerau um eine erste Einschätzung der 31 Seiten gebeten. Wörtlich sagte er gegenüber TE: „Es ist allein schon eine Albernheit, ein Papier von 31 Seiten mit 17 Autoren zu präsentieren.“ Vosgerau weiter: Das Papier sei „geradezu ein Machwerk“, wie etwa die folgende Passage des Papiers zeige:

„Die politische Auseinandersetzung erfordert zumindest, dass die Kontrahenten dieselben Regeln beachten. Das ist, bildhaft gesprochen, nicht der Fall, wenn zum Fußballspiel eine Mannschaft mit Baseballschlägern bewaffnet erscheint: dann kann – um eine leidige Sportmetapher zu bemühen – der Gegner nicht mit spielerischen Mitteln gestellt werden. Die AfD agiert im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung und delegitimiert die Demokratie. Das führt jegliche politische Auseinandersetzung ad absurdum, einem solchen Verhalten stehen demokratische Parteien faktisch machtlos gegenüber; die Forderung, die AfD politisch zu stellen, kann nicht eingelöst werden, ist insofern unfair.“

Vosgerau dazu: „Hier wird überhaupt nicht erkennbar, was der AfD vorgeworfen wird. Man erfindet eine steile Metapher, verrät nicht, wofür sie in der realen Welt stehen soll und erklärt dann: wegen unserer Metapher kann man keine politische Auseinandersetzung mit der AfD führen, also muss sie verboten werden.“

Renommierte (renommiertere) Verfassungs- und Staatsrechtler sehen ein Verbot der AfD ohnehin skeptisch. Ex-Verteidigungsminister und Staatsrechtler Professor Rupert Scholz sagte TE am 13. Januar 2024 in einem Interview: „Die AfD ist in der Form, in der sie heute besteht, keine verfassungswidrige oder gar zu verbietende Partei.“ Scholz weiter: Demokratiedefizite sieht er eher bei den Gegnern, die dafür das Grundgesetz fehlinterpretieren.

Prof. Christoph Degenhart (Universität Leipzig) sagte dem Bayerischen Rundfunk am 2. Oktober 2024 zur Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren: „Im Fall der AfD reicht deren Programm als Beweismittel für einen Verbotsantrag schon mal nicht aus. Daraus geht nicht hervor, dass die AfD die demokratische Ordnung abschaffen will.“

Und der Politologe Peter Graf von Kielmansegg gibt in der „Jungen Freiheit“ vom 29. November 2024 im Übrigen zu bedenken: „Insbesondere die AfD-Wähler in den ostdeutschen Ländern würden das Verbot wohl als Entzug des Wahlrechts wahrnehmen. Die Assoziation ‚Die Bundesrepublik ist genauso undemokratisch wie die DDR‘ wäre unvermeidlich. Was das für die politische Entwicklung im Osten hieße, kann niemand vorhersagen. Zum Besseren würden sich die Dinge aber sicher nicht wenden.“

Die 31 Seiten der 17 Verfassungsrechtler könnten zu einem Eigentor werden. Zu durchsichtig ist die Terminierung des Schriftsatzes im unmittelbaren Vorfeld eines Wahlkampfes. Die 31 Seiten werden auch keinen überzeugten AfD-Wähler abhalten, AfD zu wählen; sie werden eher manch andere Wähler motivieren, jetzt erst recht AfD zu wählen. Die „17“ hätten der AfD damit – wie auch die 113 MdBs – einen Dienst und sich selbst einen Bärendienst erwiesen.


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Kommentare ( 136 )

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puke_on_IM-ERIKA
40 Minuten her

Das kann der totalitäre Altparteienblock ja gerne versuchen – bessere Werbung für die AfD geht nicht.
Die Wähler, die sich der AfD zuwenden, haben einfach die Schn…. voll vom Abwrack- und Lügenkartell !

Gabriele Kremmel
41 Minuten her

Lächerlich und an den Haaren herbei gezogene „Beweise“. Da sind Teile der Regierung deutlich mehr verdächtig, verfassungswidrig zu sein, denn es wird schon so agiert. Was für ein billiges Schauspiel.

Helfen.heilen.80
41 Minuten her

Die Angelegenheit ist aus folgendem Grund schnell beantwortet: mir und anderen Personen sind durchaus im Alltagsleben und Geschäftsalltag Bürger über den Weg gelaufen, die klar ihre Absicht bekundet haben, die AFD wählen zu wollen. Bei dieser Beobachtung ist uns allerdings aufgefallen, und das höre ich auch von anderen Personen, die hier reflektieren, dass die erdrückende Mehrzahl dieser „AFD-Anhänger“ nicht dem Charakterbild entsprechen, das von einzelnen Leitmedien gerne geframt wird. Man denke an ein typisches Titelbild von Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln. Diese Grusel-Leier wurde uns schon vor 30 Jahren in der Schule aufs Brot geschmiert. Es fallen schon mal wenige ideologisch… Mehr

Last edited 36 Minuten her by Helfen.heilen.80
Karl Schmidt
54 Minuten her

„Die AfD ist danach gerade der prototypische Fall einer Partei, durch die die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden sollen.“ Das ist die Hohlsprache des Kartells: Hier wird reinster Unsinn in einem nicht enden wollende Satz versteckt. Die AfD „aktiviert“ die Mechanismen der wehrhaften Demokratie wäre die eingedampfte Kurzform – alles klar? Dass die AfD in Hinblick auf die Angriffspolitik von Haldenwang Faeser und Habeck auf die Freiheit mit ihrer Politik tatsächlich der wehrhaften Demokratie Ausdruck verleiht, dürfte den Verfassern nämlich nicht in den Sinn gekommen sein, als sie diese – aus ihrer Sicht somit – wunderschöne Fehlleistung… Mehr

FlyingHorse
55 Minuten her

Im Mainstream treten seit längerer Zeit nur noch – im günstigsten Falle – mittelmäßige Vertreter ihrer jeweiligen Berufsgruppe auf. Das gilt auch bei militärischen Themen. Mitläufer sind immer Mittelmaß. Nicht-Mitläufer sind deshalb nicht gefragt. Sie neigen von Natur aus zum Widersprechen aufgrund eigenständigen Denkens.

tiptoppinguin
1 Stunde her

Auf der Seite des Verfassungsschutzes findet man (noch) die Kennzeichen der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Zu diesen Grundsätzen gehören folgende Verfassungsprinzipien: das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch Organe der Gesetzgebung und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, die Unabhängigkeit der Gerichte, der Ausschluss jeder Gewalt-… Mehr

Last edited 1 Stunde her by tiptoppinguin
NurEinPhilosoph
1 Stunde her

Inhaltlich lässt sich die AfD nicht stellen. Sie wird immer beliebter, das kostet die anderen Parteien zu viele Mandate. Die Regierung nervt die Dauerkritik, durch ein Parteiverbot würde im Parlament endlich wieder Ruhe herrschen. Obwohl Regierung und öffentlicher Rundfunk seit Jahren versuchen, alle Wähler „aufzuklären“ und „mitzunehmen“, damit keiner sich mehr verwählt, finden immer mehr junge Leute gefallen daran, ständig „falsch“ zu wählen. Deshalb wird die eigentliche Parlamentsarbeit der AfD auch selten erwähnt. Nicht, dass noch mehr Bürger auf die Idee kämen, die AfD wäre eine sehr vernünftige Partei. Da inzwischen alle Dämme zu brechen drohen, insbesondere im Osten Deutschlands,… Mehr

Dellson
1 Stunde her

Einmal Dr. Google bemüht. Im Jahr 2023 gab es an Hochschulen in Deutschland 15.738 Professoren und Professorinnen in der Fächergruppe Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Nun wenn davon nur 17 Rechtsprofessoren für ein Verbot sind, dann ist das beauerlich, aber ohne wirkliche Aussagekraft. Statistisch ist jeder 6.Mensch ein Chinese. Aber im Bundestag habe ich noch keinen gesehen!

Werner Brunner
1 Stunde her

Mann / frau sollte diese Truppe sehr ernst nehmen ,
denn mann / frau kann sich in diesem Land auf nichts mehr verlassen .
Moralische Verworfenheit scheint um sich zu greifen ,
und auch belohnt zu werden .
Wenn die Plätze an den Fleischtrögen knapp werden ,
dann ist halt jedes Mittel recht !
Was interessieren dann 20 % der Bevölkerung ?

Kassandra
58 Minuten her
Antworten an  Werner Brunner

Vor Musk haben sie in den USA jetzt scheints richtig Angst – denn wenn der loslegt, ists aus mit nichts nutzen Pfründen.

H. Priess
1 Stunde her

Ich sage nur, die ziehen das Ding durch auf biegen und brechen. Bei Hadmut Danisch ist zu lesen, daß gleichzeitig mit Verbot der AfD ein Umerziehungsprogramm für alle Leute mit rechtem Gedankengut also AfD Wähler gestartet weren soll.
Nebenbei sollen alle Regierungskritischen social Medien komplett verboten werden. Das hat mit der vielbeschworenen Demokratie nichts mehr zu tun, das ist pure Diktatur. Ich verkneife mir in diesem Zusammenhang das Wort „Verschismus“ zu benutzen.
Auch dieser Beitrag ist als Satire zu verstehen aus Gründen.