Die Bahn wird zu einem paradoxen Verkehrsmittel. Wenn sie fahren soll, steht sie: wegen Bauarbeiten, oder weil das Personal fehlt. Und wenn sie stehen soll, fährt sie: weil es nicht genügend Parkmöglichkeiten für moderne Züge gibt.
„Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, mit mir allein als Passagier“: So schmachtete einst Schlager-Barde Christian Anders ins Mikrofon. Das war nur ein Liebeslied. Aus heutiger Sicht ist man aber geneigt, dem Sänger eine prophetische Gabe zuzusprechen.
„Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, mit mir allein als Passagier“: Der Song könnte für die Lokführer der Deutschen Bahn in Berlin zur Hymne werden. Denn für viele von ihnen sieht die Arbeit derzeit genau so aus: Sie fahren Nacht für Nacht komplett leere ICE durch die Hauptstadt und um diese herum.
Der Grund: Es fehlt an Abstellgleisen. Kein Scherz. Leider.
An dieser Stelle gebührt dem Berliner „Tagesspiegel“ ein Dank, denn die Zeitung hat die teure Realsatire jetzt aufgedeckt. Nach Angaben von mit der Sache vertrauten Informanten rollen in der Regel fünf bis sechs ICE ohne Fahrgäste über abgelegene Strecken in und um Berlin. Jede Nacht, wohlgemerkt. Um die Fahrzeit künstlich zu verlängern, bleiben die Geisterzüge gelegentlich auch einfach auf offener Strecke stehen. Das geht aber nicht lange, weil irgendwann halt doch ein anderer (regulärer) Zug durch will.
Die Leerfahrten dauern meist mehrere Stunden. Dafür werden natürlich Lokführer gebraucht. Die bekommen für ihre einsamen und völlig sinnlosen Touren nicht nur Nachtzuschläge, sondern sie fehlen auch tagsüber im Dienstplan. Diese Löcher kann die Bahn wegen Personalmangel nicht immer stopfen.
Heißt: Wegen der nächtlichen Leerfahrten fallen tagsüber reguläre Züge aus.
Die Bahn tut, was sie immer tut, wenn sie wegen eines offensichtlichen Missstands befragt wird: Sie wiegelt ab. Überführungs- und Abstellfahrten in der Nacht seien „ein ganz normaler betrieblicher Vorgang“. Freilich ist eine Geldverschwendung eine Geldverschwendung, und ein Skandal ist ein Skandal – auch wenn es bei der Deutschen Bahn ein ganz normaler betrieblicher Vorgang ist.
Immerhin sollen sich zusätzliche Abstellgleise zumindest in Planung befinden. Das kann aber noch dauern. Erst kürzlich hat die Bahn den Bau eines weiteren ICE-Werks im Berliner Süden von Berlin – mit zusätzlichen Abstellmöglichkeiten für Züge – abgesagt. Nach jahrelangen Protesten von Anwohnern gibt es für das Werk nun angeblich keinen Bedarf mehr.
Eine andere neue „Abstell- und Behandlungsanlage für Fernzüge“ wird zwar schon gebaut. Sie wird aber frühestens 2028 fertig. Wenn alles gut geht. Bis dahin halten wir uns zusammen mit den Lokführern an Christian Anders und seinen Zug nach Nirgendwo.
„Die Zeit verrinnt, die Stunden gehen. Bald bricht ein neuer Tag heran.“
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Die Züge könnten doch nach Brüssel umgeleitet werden. Wenn es dort Abstellgleise für abgehalfterte Politiker gibt, sollten die doch auch für die Deutsche Bahn tauglich sein.
Berlin… man könnte diese Freiluft-Irrenstalt, diesen gescheiterten Versuch, Existenzberechtigung durch Asozialität zu ersetzen, einfach einschalen und mit Beton auffüllen. Vorher das Pergamon-Museum ab- und irgendwo in der brandenburgischen Prärie wieder aufbauen. Den Sendeturm am Alex kann man ja aus Nostalgie halb rausragen lassen.
Obendrauf Naherholungsgebiete und entlang der Kanten Senkrecht-Startrampen (nach unten, versteht sich) für vorzivilisierte Möchtegern-Eroberer, Antifanten, korrupte Steuer- und Gebührenparasiten und dergleichen Kroppzeug.
Das Ganze als 24-Stunden-Livestream, dafür würde ich sogar bezahlen.
Die Grün:innen würden wie beim Strom sagen – die Fahrenden:innen:eses müssen sich an das Angebot anpassen. Nicht in der Hauptverkehrszeit durch die Städte gondeln, sondern nachts durch die Pampa.
Die Bahn baut ein riesiges Ausbesserungswerk in Cottbus. Da wäre noch Platz. Die Strecke dorthin allerdings soll teils noch eingleisig sein.
In Fürstenwalde soll es auch noch Abstellgleise geben. Her mit den Nachtfahrten.
Es tut nur noch weh, der alltägliche Wahnsinn. Nachtzuschläge für nichts, Energieverbrauch für nichts, dafür Lücken im regulären Fahrbetrieb, weshalb die Bahn ja nun auch vorsorglich die Abfahrtpläne in den Bahnhöfen entfernt. Politisch nähert man sich einem autoritären, wenn nicht totalitären System an, infrastrukturell einem 3.Welt-Land. Man sollte die Nationalhymne ersetzen durch:“We´re on the highway to hell!“.
Ich erinnere mich, daß in der DDR Leute mit ihrem reparaturbedürftigen Auto ständig Runde um Runde auf der Autobahn Berliner Ring herumgefahren sind. Ziel war, daß ihr Auto irgendwann liegenblieb. Es gab dort mit etwas Glück einen Pannendienst. Der hatte mit etwas Glück das passende Ersatzteil dabei, welches man nie im regulären Handel bekam. Leute sind auch stundenlang mit der S-Bahn von Endstation zu Endstation gefahren. Besonders im Winter, wenn die eigene Wohnung kalt war. Wirtschaftlich nachvollziehbare, aber für Sozialismus-unerfahrene Menschen ungewohnte Vorgänge gibt es z.B. auch in Cuba. Wegen Lebensmittelmangel halten Mieter sich dort in der Badewanne ihrer Wohnung… Mehr
> Leute sind auch stundenlang mit der S-Bahn von Endstation zu Endstation gefahren. Besonders im Winter, wenn die eigene Wohnung kalt war.
Danke für den Tipp – in diesem Winter soll es besonders kalt sein. Dann wundert nicht, dass die Züge immer voller werden.
Im Prinzip unterscheidet kaum noch was den Wahnsinn rundum vom Ostblock. Alles natürlich Schuld von Putin und Xi.
Nachdem man Gleisanlagen und Bahnhofsvorfelder „verschlankt“ hat, weil das Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten spart und Grundstückverwertungen ermöglicht, ist es doch kein Wunder, dass nun auch die Zugabstellplätze knapp sind. Schönes Beispiel auch hier: Stuttgart, wo das mit den Gleisflächen des Kopfbahnhofs und den Flächen im Rosensteinquartier (insgesamt ca. 1 km² Bahnflächen) noch bevorsteht.
Wiederholt repäsentiert die Bahn das Land. In den 50er und 60er Jahren, als das Land noch funktionierte, fuhr die Bahn bei jedem Wetter und pünktlich.
Nach 16 Jahren Merkel und 3 Jahren „Ampel“, zusammen knapp zwanzig Jahren grüner Destruktionspolitik, steht die Bahn mit ihren nächtlichen Geisterzügen für einen Schildbürgerstaat, in dem man wohl auch demnächst versuchen wird, mittels tagsüber in Säcke abgefülltem Licht nachts Häuser zu illuminieren.
Das Beste an Berlin sind die Museen. Ende der Story.
Ja. Das wissen die dortigen Clans auch.
Es liegt nicht nur an der Bahn. Alle möglichen und eigentlich unmöglichen Akteure haben inzwischen Einspruchsrechte, die jede Art von Infrastrukturprojekten behindern. Unsere grüne Regierung scheitert ja auch am Bau von Stromtrassen, die für ihre Energiewende eigentlich unumgänglich sind. Die Gutmenschengesellschaft in Deutschland, aber auch in der EU, drückt sich die Luft ab, die sie zum Atmen dringend bräuchte.
Mein Vorschlag: Um der Bürokratie auszuweichen, muss die Bahn es machen, wie die Unternehmen: mit ihrer Produktion ins Ausland gehen und den deutschen Verbraucher von da aus beliefern.