Gäste ohne Ende: Maischberger schlägt Lanz mit 18:5

Noch bevor Tichys Einblick live über die US-Wahlen berichtete (seit sechs Uhr auf YouTube und tichyseinblick.de), gaben ARD und ZDF in der Nacht nochmal alles, um die Deutschen auf das kommende Grauen vorzubereiten – einen möglichen Wahlsieg Donald Trumps. Von Michael Plog

Screenprint ARD / Maischberger

Sandra Maischberger hat gleich 18 (!) Gäste am Start, die teils bis 4 Uhr durchmachen. Darunter den Schauspieler Hannes-„Ich hab noch nie was Anderes gewählt als demokratisch“-Jaenicke, den Focus-Kolumnisten Jan-„Mehr Trump wagen“-Fleischhauer und den ZDF-Moderator Cherno-„Fernsehschmunzler“-Jobatey. Ziemlich bunte Herbstmischung.

Interessant ist hier, wie ARD-Zahlenfuchs Jörg Schönenborn schon nach wenigen Minuten die auffällige Schieflage der deutschen Berichterstattung entlarvt, wie sie auch in diesen Talkshows gepflegt wird. Über Kamala Harris sagt er: „Wir haben in Deutschland ja sehr klare Meinungen über sie“ (nämlich eine äußerst positive), doch die Zahlen, die er aus den USA präsentiert, sprechen eine andere Sprache: Einer Gallup-Umfrage zufolge kommt Trump dort mindestens ebenso gut an wie die in Deutschland gepriesene Erlöserin.

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Als eine halbe Stunde später Markus Lanz an den Start geht, hat ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen seinen vielleicht schönsten Auftritt des Jahres. Unterhaltsam wie selten, witzig und spritzig – aber das liegt selbstverständlich nicht an ihm selbst. Theveßen steht die ganze Zeit an irgendeiner Fußgängerampel in Washington, und während er in die Kamera spricht, taucht plötzlich ein Mann auf, der ihn von hinten mit dem Handy filmt und ständig mit einer Daumen-Runter-Geste durchs Sendebild wedelt.

In der Regie kommt Panik auf. Der Kameramann im Studio versucht, den hartnäckigen Störenfried zu verstecken, indem er ihn abwechselnd hinter den Studiogästen Roderich Kiesewetter (CDU-Waffenexperte) und Kristina Dunz (RedaktionsNetzwerk Deutschland) verschwinden lässt. Kiesewetter ist das unangenehm, was überraschend ist, weil ihm doch sonst nie etwas (außer zu wenig Waffen für die Ukraine) unangenehm ist. Theveßen selbst bekommt von all dem, wie man es von ihm gewohnt ist, überhaupt nichts mit. Nur Markus Lanz nimmt die Situation gelassen: „Wir versuchen das natürlich zu unterbinden.“

Trump kommt – Überraschung! – in beiden Talkshows schlecht weg. Doch während bei Maischberger die beiden Lager der Demokraten und Republikaner in den direkten Schlagabtausch treten dürfen, wird bei Lanz der Vertreter der „Republicans Overseas“ nur per Bildschirm zugeschaltet. Das bringt Benjamin Wolfmeier schon rein technisch ins Hintertreffen. Nicht nur, dass er wegen der zeitverzögerten Übertragung schlecht zu Wort kommt, Wolfmeier ist leider auch zu höflich. Wenn er auf Zwischenrufe aus dem Studio nur eine kurze Sprechpause einlegt, grätschen ihm Profis wie Sigmar Gabriel (Ex-Vizekanzler, SPD) und Kiesewetter sofort rein und übernehmen das Wort.

Sie kritisieren Trump, weil er das Atomabkommen mit dem Iran gekündigt hat, weil er „versucht, Europa zu spalten“, zu gut mit Diktatoren wie Putin oder Kim Jong-un klargekommen sei, Befürworter des Brexit war und „die Fähigkeit der USA abgeschafft“ habe, „Allianzen zu bilden“. Lanz-Dauergast Dunz (letzter Auftritt bei ihm vor genau einer Woche …), die als stellvertretende Chefredakteurin ein Medienhaus vertritt, das zur Verlagsgesellschaft Madsack gehört, die sich wiederum zu 23,1 Prozent im Besitz der Kanzler-Partei SPD befindet, wirft Trump sogar vor, „weltpolitisch allergrößten Schaden anzurichten“.

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Immerhin, ein paar Punkte kann der Republikaner Wolfmeier dann doch machen. Über Trump sagt er: „Er ist der Friedenspräsident meiner Generation. Ich bin überzeugt, wir hätten den Ukraine-Krieg nicht, wenn Donald Trump im Weißen Haus geblieben wäre. Trump ist der erste Präsident in 40 Jahren, der keinen neuen Krieg begonnen hat.“ Und dann kommt ein Satz, der im Studio für Schnappatmung sorgt: „Er ist sozusagen der zweite John F. Kennedy.“

Gabriel findet es „mutig zu sagen, jemand, der die NATO in Frage stellt, sei ein Friedenspräsident“. Und Kiesewetter konstatiert: Trump habe „in Afghanistan ein Trümmerfeld hinterlassen“. Dass es Joe Biden war, der den überraschenden Rückzug anordnete und den Taliban Waffen im Milliardenwert hinterließ, vergisst er zu erwähnen.

Elmar Theveßen steht noch immer an der Ampel. Gerade war Grün.

Dass sogar der ehemalige Corona-Gesundheitsminister Jens Spahn einmal positive Worte für Trump gefunden hat, wird in der Runde schnell zerpflückt. Man müsse anerkennen, dass Trump „außenpolitisch häufig richtig lag“, wird Spahn zitiert. Sofort ist Dunz zur Stelle. Dass Spahn sich und seine CDU bei den Republikanern lieb Kind machen wolle, sei ja nur verständlich. Sie erinnert an die „engen Bande“, die Spahn seinerzeit zu Richard Grenell hatte, als dieser Botschafter in Deutschland war. Ohne freilich zu erklären, was genau sie damit andeuten will. Grenell sei in einer möglichen Trump-Regierung nun für eine führende Rolle im Gespräch. Spahn sorge also nur vor.

Dass Trump von „Gegnern im eigenen Land“ spricht, gegen die er notfalls sogar die Nationalgarde oder das Militär einsetzen wolle, kritisiert Markus Lanz scharf: „Wenn ich das höre, kommt mir Alexander Gauland in den Sinn.“ Lanz spielt auf das Zitat „Wir werden sie jagen“ an. Wer alt genug ist, dem kommen dabei allerdings eher die Grünen in den Sinn, die denselben Satz 1994 noch völlig ungestraft verwenden durften. Oder es kommen die Wasserwerfer ins Gedächtnis, die im November 2020 gegen friedliche Corona-Maßnahmenkritiker samt ihren Kindern eingesetzt wurden. Aber Lanz denkt nur an Gauland.

Auch Wolfmeier hat beim Moderator keinen guten Stand. Als der Republikaner den scheidenden US-Präsidenten Joe Biden als „senilen Greis“ bezeichnet, platzt es aus Lanz heraus: „Die Wortwahl kann ich nicht akzeptieren. Seniler Greis, was soll das sein?“, fragt er empört.

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An der Ampel in Washington wird es langsam dunkel. Doch Theveßen steht weiter stramm. Die Löhne seien unter Biden stärker gestiegen als durch die Inflation aufgefressen wurde, flötet er. Biden habe auch die Migrationszahlen deutlich gesenkt. „Dieses Land steht nicht vor dem Untergang. Im Gegenteil.“ Huch, hat er sich etwa im „Universal-Textbaukasten Deutschland und andere Krisengebiete“ bedient? Trump hingegen sei „ein Mann, der keine Bremse mehr kennt“. Es geht nun minutenlang darum, wie aggressiv Trump spricht. Dass es zwei Attentate auf ihn gab, wird nicht einmal erwähnt.

Was passiert, wenn Trump gewinnt? „Dann ist das nicht das Ende des Landes“, sagt Gabriel. Er warnt vor einer Spaltung. Politische Lager dürften sich nicht gegenseitig zum Feind erklären. Kiesewetter schunkelt mit: Nein nein, geht gar nicht. Aber genau das versuche eine Partei ja gerade, „in die Politik zu tragen“. Und nein, er meint nicht etwa die Altparteien, nicht deren jahrelange Ächtung der AfD. Auch nicht die Brandmauer der eigenen CDU. Nein, er meint das Bündnis Sahra Wagenknecht BSW. Muss man auch erstmal drauf kommen.

Aber Kiesewetter setzt noch einen drauf: Die Ampel müsse jetzt „die Koalition öffnen“, fordert er. Dunz stutzt. Ob die CDU dann etwa der Junior-Partner in einer neuen Koalition sein werde, obwohl sie bei 30 Prozent steht und die SPD an der Einstelligkeit kratzt, fragt sie. Kiesewetter weicht aus. Dunz fragt nochmal. Kiesewetter weicht weiterhin aus. Lanz hakt ebenfalls nach. Aber Kiesewetter weigert sich standhaft. Stattdessen sagt er: „Die Regierung muss die Vertrauensfrage stellen.“ Das allerdings sagt er knapp zehn Mal.

Währenddessen bei Maischberger: Trump-Unterstützer Andrew Langer und Constance Chucholowski von „Democrats Abroad“ führen eine ebenso kontroverse wie interessante Diskussion über ein mögliches Comeback von Donald Trump. Es ist 0:30 Uhr. In einer halben Stunde kommen die ersten Zahlen aus den USA. Cherno Jobatey spielt unterm Tisch heimlich mit seinem Handy.

Später in der Nacht: Beatrix von Storch (AfD) will endlich Frieden für die Ukraine. Das hauptsächliche Ziel muss doch sein, dass dieses Sterben aufhört, und zwar so schnell wie möglich.“ Doch damit holt sie sich im Duell mit Serap Güler (CDU) sofort eine Gegensalve: „Ich glaube, die Ukraine möchte mehr als Frieden. Sie möchte in Freiheit leben.“ Ergo: Mehr Waffen, bitte weitermachen! Auch Norbert Röttgen (CDU) warnt geradezu vor jenem Friedensdeal, den Donald Trump für den Fall seines Wahlsiegs angekündigt hat: „Dann wäre die NATO nicht mehr das, was sie seit ihrer Gründung war, nämlich ein Bündnis zum Schutz Europas. Sie hätte sich dann in das Gegenteil verkehrt.“

Umkrempeln: auch für die deutsche Talkshow-Szene eine interessante Idee.


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Kommentare ( 24 )

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Alleswasrechtist
22 Tage her

Trump sollte sich als Wahlsieger mal nicht zu sicher sein. Bekanntlich hat Deutschland immer mal wieder eine Geheimwaffe zur Verfügung, um Feinden des Landes und seiner herrschenden Eliten das Fürchten zu lehren. Nein, diesmal geht es nicht um A4/V2. Heute geht es viel humaner zu. Können wir nicht vielleicht die gute Angie mit ein paar zusätzlichen Verdienstorden hinterm Ofen hervorlocken, auf, dass sie die Wahl in den USA rückgängig macht?

Werner Brunner
22 Tage her

Frau Maischberger ist für viele Menschen eine dumbe ,
selbstverliebte , gnadenlos überschätzte , überbezahlte Hetzerin .
Man / frau fragt sich ja immer wieder , woher sie die
Chuzpe nimmt , sich als Journalistin zu bezeichnen .
Aber , da ist sie nicht allein in der Medienwelt !
Größenwahnsinn macht sich in diesen Kreisen breit .
Ich wage mal eine Prognose :
“ Wird nicht gut gehen auf Dauer ! „

Riffelblech
22 Tage her

Trump ist der neue Präsident der USA — und das ist gut so !
Mögen sich die deutschen Kaffeesatzleser und Trump Gegener noch so zieren ,jetzt müssen sie die Realität anerkennen.
Und das fällt ihnen schwer genug .
Aber auch das ist gut so !
Weil sich hier ganz deutlich zeigt das deutsche Besserwisserei und Herummäkelei an einer Person ,hier eben Trump , völlig sinnfrei ist .
Deutsche Politiker und Journalisten der ÖR haben nun Probleme ihre teil unflätigen Worte aus der Vorwahlzeit wieder einzufangen .
Ich hoffe nur die Amerikaner vergessen nicht so schnell .

Diogenes
22 Tage her

Maischberger und Lanz und die Miosga. Alle 3 unerträglich. Nur „genehme“ Aussagen dürfen allerhöchstens länger als 20 Sekunden sprechen. Am schlimmsten ist es wenn 3-4-5 Leute gleichzeitig quatschen und jeder fällt dem anderen zu jeder Zeit in den Satz und ins Wort. Unterträglich! Das Framing, die Propanda ber „Diskussionsleiter“ zwingt einen geradezu schnell den Kanal zu wechseln. Was nicht links genug ist wird unterdrückt oder niedergeschrien. Vergesst diese Art von Volkserziehung unter Vernichtung von Meinungsfreiheit. Schon die Auswahl der Teilnehmer wird allerdings so extrem dem ideologisierten Staatswillen angeglichen, daß es garnicht zu wahren „DIS-KUSSIONEN“ erst kommen darf. Hört auf mit… Mehr

Last edited 22 Tage her by Diogenes
Wolfgang Schuckmann
22 Tage her

Bei all den Diskussionen um die amerikanische Präsidentschaft muss ich immer daran denken, daß die Wahlen dort doch die Amerikaner in allererster Linie betreffen. Man macht sich hier Gedanken um ungelegte Eier, möchte ich meinen. Und, sind die Befehle für unsere Politkaste nicht schon immer seit dem 8.Mai aus dem Oval Office gekommen? Auch da glaube ich schon, daß das so war und bleibt. Einzige bessere Option: Die Souveränität Deutschlands durch einen umfänglichen Friedensvertrag wiederherzustellen. Aber, was würde danach passieren? Vor diesem Gedanken fürchte ich mich mehr, als vor Trump. Denn die jetzige Agenda Deutschlands sieht nicht danach aus, als… Mehr

Dr. Rehmstack
22 Tage her

Ich würde gerne ein Highlight der Sendung ergänzen, welches die Seriosität unserer Qualitäts Medienvertretern eindrucksvoll demonstriert: Christina Dunz brachte ein angebliches Zitat von Robert Trump, in dem er angeblich empfahl, daß Liz Cheney in Gewährläufe blicken müsse. Dieses verfälschte Zitat wurde von Wolfmeyer umgehend als Lüge entlarvt. Denn Trump hatte gesagt, dass Frau Cheney mal in der Ukraine in die russischen Gewährläufe sehen solle, dann würde sie nicht so leichtfertig über den Krieg in der Ukraine reden. Da war Frau Dunz erst mal still.

RauerMan
22 Tage her

Die ewigen Trump-Feinde, als Deutschlands“ wahre Volksvertreter“ von den ÖRR, immer wieder präsentiert, übersehen, daß nicht sie die US-Wählenden sind.
D wird aber inzwischen von US-Amerikanern als US-feindlich angesehen, und wir werden es zu spüren bekommen.
Es wird Zeit, daß die Trump-Hetze aufhört, und D sich den Realitäten stellt.
Das gilt für die gesamte vorherschende deutsche Politik.
Ideologen und Fundamentalisten haben längst ausgedient, deren Propaganda hat sie aber zu lange über Wasser gehalten.

Theadoro
22 Tage her

Die Einschätzung von Harris entspricht der unserer sogenannten Eliten von der deutschen Regierung. Blind gegenüber der vollkommenen Unfähigkeit. Mehr muss man zu diesem Schwafelclub nicht sagen. Wer schaut sich so was freiwillig an?

Fred Schneider
22 Tage her

Frieden ist eine Voraussetzung für Freiheit.

verblichene Rose
22 Tage her

Ich kann mir gut vorstellen, warum die Woken Europäer, insbesondere die Deutschen, nicht zufrieden sein können. Müssen die doch demnächst u.U. auf die Unterstützung der USA verzichten und ENDLICH mal SELBER anständige Politik für einen ganzen Kontinent machen, anstatt sich daheim, in Straßburg und Brüssel gemütlich zu räkeln.

Last edited 22 Tage her by verblichene Rose