Peinliches Urteil gegen das ZDF: keine Zeit für eigene Recherche

Wieder einmal entschied ein Gericht gegen ein Medium, das die Potsdam-Geschichte von „Correctiv“ als Wahrheit verkaufte. In diesem Fall blamierte sich der Sender vor allem durch seinen Rechtfertigungsversuch.

Die Serie von Urteilen gegen Medien, die Inhalte der Potsdam-Story von „Correctiv“ als Tatsachen verbreiteten, geht weiter – mit einer Gerichtsentscheidung gegen das ZDF. Die besondere Peinlichkeit dieses Falles liegt in dem Argument, das der Sender zu seiner Rechtfertigung vorbrachte. Das Landgericht Hamburg untersagte der Anstalt auf Antrag des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau die Behauptung, dass bei dem privaten Treffen in Potsdam am 25. November 2023 die „Deportation von Millionen Menschen, auch solcher mit deutscher Staatsbürgerschaft“, geplant worden sei, und es um die „Idee gegangen sei, Millionen Menschen abzuschieben, auch solche mit deutschem Pass“. Diese faktisch falschen beziehungsweise unbelegten Darstellungen darf die Anstalt nun nicht wiederholen (Aktenzeichen 3240439/24).

Die teilweise staatlich finanzierte Plattform „Correctiv“ hatte das in ihrem Text vom 10. Januar 2024 mit einer Mischung aus Kolportage und Kommentar angedeutet. Der öffentlich-rechtliche Sender aus Mainz servierte seinem Publikum die zentralen Punkte der „Correctiv“-Produktion in den Abendnachrichten allerdings als harte Fakten. Schon am Erscheinungstag des „Correctiv“-Textes widmete das ZDF dem angeblich republikerschütternden Vorgang im Heute-Journal einen ausführlichen Beitrag, in dem die Redaktion ihren Beitrag noch mit den Behauptungen garnierte, bei dem Treffen in Potsdam sei es auch darum gegangen, die „Legitimität demokratischer Wahlen“ anzuzweifeln, und auch „politisch missliebige Menschen nach Afrika abzuschieben“.

Den ersten Punkt musste „Correctiv“ schon bald darauf aus seinem Text entfernen – Vosgerau, Teilnehmer an dem Treffen, hatte erfolgreich gegen diese Darstellung vor dem Landgericht Hamburg geklagt. Die angeblich geplante Deportation politisch Missliebiger nach Afrika erwähnt noch nicht einmal der „Correctiv“-Text selbst.

Während des Verfahrens verteidigte sich der Sender in einem am 9. Oktober vorgelegten Schriftsatz mit dem merkwürdigen Argument, er habe die Inhalte der Heute-Meldung von „Correctiv“ übernommen, ohne dazu eigene Recherchen angestellt zu haben. Gewissermaßen im Ausgleich dazu hätten sie Vosgerau – dessen Teilnahme an dem Treffen schon bekannt war – immerhin nicht namentlich genannt.

Wörtlich heißt es im Vortrag des ZDF: „Jedenfalls im Rahmen der tagesaktuellen Nachrichtenberichterstattung, in der den Medien eigene Nachrecherchen aus Zeitgründen in aller Regel nicht möglich sind, muss es zur Vermeidung der rechtlichen Betroffenheit ausreichen, dass die Medien auf eine Namensnennung der beteiligten Personen und auf andere identifizierende Angaben im Beitrag selbst verzichten.“

Anwalt Carsten Brennecke von der Kanzlei Höcker, der das Verfahren für Vosgerau führte, kommentiert: „Damit gesteht das ZDF zu, dass es bei der tagesaktuellen Berichterstattung Meldungen Dritter ungeprüft und ungefiltert weiterverbreitet, was nicht gerade ein Aushängeschild für die Qualität der Berichterstattung ist.“ Der Vortrag des öffentlich-rechtlichen Senders wirkt deshalb so bemerkenswert, weil seine Verantwortlichen bei jeder Gelegenheit betonen, Qualitätsjournalismus anzubieten, wozu es auch gehöre, Nachrichten grundsätzlich selbst zu überprüfen. In Wirklichkeit unternahm das ZDF damals noch nicht einmal den Versuch, Vosgerau oder andere Teilnehmer des Potsdamer Treffens zu erreichen und zu ihrer Sicht der Dinge zu befragen.

Schon vor einigen Wochen kassierte der NDR eine ähnliche Niederlage gegen den Staatsrechtler. Auch die ARD-Anstalt räumte in dem Verfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ein, er habe die Behauptungen von „Correctiv“ in seiner Tagesschau-Meldung einfach übernommen, ohne eigene Recherchen anzustellen. Erst durch die Weiterverbreitung der „Correctiv“-Story über die reichweitenstarken öffentlich-rechtlichen Sender konnte der Text der Plattform, der selbst keinerlei Belege für seine zentralen Punkte enthielt, eine Massenwirksamkeit entfalten, die bundesweit zu dutzenden Großkundgebungen ‚gegen rechts‘ führte.

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Kommentare ( 22 )

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22 Comments
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Kassandra
1 Stunde her

„Während des Verfahrens verteidigte sich der Sender in einem am 9. Oktober vorgelegten Schriftsatz mit dem merkwürdigen Argument, er habe die Inhalte der Heute-Meldung von „Correctiv“ übernommen, ohne dazu eigene Recherchen angestellt zu haben.“ Gut – wer dafür weiter seinen Beitrag leisten will, möge das tun. Alle anderen könnten widersprechen wegen des Misstrauens gegenüber eines Mediums, das einfach so erzählt, was ihm vorgelegt wird – ohne auf Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Das kann kein Richter gutheißen, wenn dann neue Verfahren dieserhalb vor Gericht angestoßen werden müssen – zusätzlich zu den bereits laufenden. Denn Lug und Trug ist laut Rundfunkstaatsvertrag gar nicht… Mehr

helmut.w.k
1 Stunde her

Was will man auch für 18,36 Euro im Monat auch viel erwarten? Damit kann man keine großen Sprünge machen…

Willi4
1 Stunde her
Antworten an  helmut.w.k

Ironie off!

Fieselschweif
3 Stunden her

Man müsste das ZDF und die übrigen Qualitätsmedien dazu verpflichten, eine eigene, vom Kläger abgesegnete, Gegendarstellung zu bringen. Und zwar zu der jeweiligen Sendezeit in den jeweiligen Formaten und sooft, sooft sie den Correctiv-Quark verbreitet und aufgehübscht haben. Alles andere ist Kindergeburtstag, weil die Fakenews sich massiv ins kollektive Gedächtnis eingeprägt hat, während die Gerichtsurteile im medialen Nirwana versanden. Darüberhinaus sollte man eigentlich auch arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen die jeweils verantwortlichen Redakteure erwarten dürfen. Wäre ein normales Vorgehen bei derartig angezeigter Inkompetenz (wenn man denn schon keinen Vorsatz unterstellen will). Dass würde in jedem normal funktionierenden Unternehmen so geschehen. Natürlich nicht… Mehr

Last edited 3 Stunden her by Fieselschweif
Lotus
4 Stunden her

Vermutlich hat das ZDF auch keine Zeit, Fakten zum Visa-Skandal in Baerbocks Außenministerium zu recherchieren. Der Unterschied: Während Potsdam ganz schnell an die ganz große Glocke gehängt wurde, schweigt das ZDF bis heute zum Visa-Skandal. Das ist eben Qualitätsjournalismus dt. Prägung. Schamgefühl? Iwo, es wird genau so weitergehen. Was sind schon Fakten, wenn die Fake-News optimal ins Narrativ passen.

Last edited 4 Stunden her by Lotus
Kassandra
1 Stunde her
Antworten an  Lotus

Immerhin sollen sie, wie die nzz schreibt, mit dem Einfliegen weiterer „Ortskräfte“ momentan aufgehört haben: https://www.nzz.ch/international/kritik-an-visa-affaere-deutschlands-aufnahmeprogramm-fuer-afghanen-liegt-auf-eis-ld.1855402
 

ketzerlehrling
4 Stunden her

Es wird sie nicht davon abhalten, gleich wieder Lügen zu verbreiten, über die AfD, über deren Wähler, über Trump, über Putin usw. und sofort.

Chlorhahn
4 Stunden her

Wenn ich mich recht erinnere, mussten Tagesschau, Heute (?) und ihre ÖRR-Ableger früher Gegendarstellungen zur gleichen Sendezeit wie die zuvor verbreiteten Falschmeldungen verlesen. Das sollte bitte wieder eingeführt werden. Die Zuschauer können sich so eine Meinung über deren Qualitätsjournalismus bilden.

Last edited 4 Stunden her by Chlorhahn
Kassandra
1 Stunde her
Antworten an  Chlorhahn

Wenn Trump wie jüngst gegen cbs hat Klage einreicht, geht es gleich um Milliarden. Vielleicht sollte Herr Vosgerau dem etwas deutlicher anpassen? „Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat vor einem Gericht in Texas Klage gegen den US-Sender CBS News eingereicht. Er wirft dem Medienunternehmen vor, ein Interview mit seiner Kontrahentin Kamala Harris zugunsten der Demokratin manipuliert zu haben, wie aus dem entsprechenden Gerichtsdokument hervorgeht. Demnach fordert Trump zehn Milliarden US-Dollar Schadenersatz. CBS hatte Harris Antworten auf Fragen zu Israel an zwei aufeinander folgenden Tagen ausgestrahlt. Diese Segmentierung führte bei Trumps Anhängern zu Vorwürfen, CBS habe Harris absichtlich in einem vorteilhafteren Licht… Mehr

TFischer
5 Stunden her

Die größte Sauerei besteht obendrein noch darin, daß der Zwangsgebührenzahler auch die Gerichtskosten dieses Lügenvereins berappen darf. Schluß mit der erbärmlichen Abzocke, es reicht endgültig.

fatherted
6 Stunden her

Die Damen und Herren Journalisten sind mit Recherche Arbeiten heillos überfordert…deshalb denkt man sich auch gerne mal was auch oder kopiert einfach bei anderen….das schafft Platz im Hirn für wichtigere Dinge….zum Beispiel den Kampf gegen Rechts, neue Wortgebilde fürs Framing-Handbuch ausdenken (Krankenschwesterinnen) oder ein neuer High Score bei Candy Crush.

puke_on_IM-ERIKA
6 Stunden her

ZDF – ziemlich dilettantisches Fernsehen.
Zu deutsch: Lügenfunk und Schmierenjournalismus.
Bekommen wohl zu wenig Zwangsgebühren um ordentlich zu recherchieren.

Alleswasrechtist
6 Stunden her

Das ZDF sollte man ersatzlos dichtmachen, ARD auf 3 „Länder“-Anstalten schrumpfen, die ARD-Boards am besten mit echten Fachkräften aus dem noch nicht vollends wokerisierten versuperlinksgrünten Ausland besetzen und den GEZ-Beitrag dritteln. Dann noch Verbote, einseitig zu berichten, im selben Jahr mehr als 2 mal denselben Politikdarsteller einzuladen, abgehalfterten Politikern Jobs im Sender zu verschaffen etc. Bei Verstoß fällt der Beitrag ganz weg. Jeder GEZ-Zwangsgebührenzahler darf prüfen und mindern! Auf diese Weise könnte der Propagandafunk Geschichte werden.

D. Harry
5 Stunden her
Antworten an  Alleswasrechtist

GEZ völlig einstellen. Der ÖRR kann ja unter Bezahl-TV weitermachen. Wer ihn mag, kann die GEZ Gebühren dann dort bezahlen.

P.Schoeffel
4 Stunden her
Antworten an  Alleswasrechtist

Es würde völlig ausreichen, es dem Konsumenten zu überlassen, ob er ARD und ZDF will und dafür zahlt, oder nicht. Dann können die machen was sie wollen.