Worauf wartet die FDP eigentlich noch?

Alle politischen Beobachter warten auf das Ende der Ampel. Eine überwältigende Mehrheit der Bürger sehnt es sich herbei. Dieses Ende müsste von der FDP kommen. Vieles spricht dafür. Worauf wartet die FDP daher eigentlich noch?

picture alliance/dpa | Oliver Berg

Es ist genug geredet worden, jetzt müsse gehandelt werden. Das war das Ergebnis des Wirtschaftsgipfels von Christian Lindner an diesem Dienstag. Und was tut der Finanzminister am kommenden Montag? Er veranstaltet den nächsten Wirtschaftsgipfel. Nochmal reden; nochmal sagen, dass jetzt genug geredet sei und endlich gehandelt werden müsse. Deutlicher könnte ein Politiker kaum zeigen, wie groß bei ihm die Schere zwischen Tat und Wort ist. Weiter könnte Politik nicht an den Bedürfnissen der Bürger vorbei handeln.

Was soll bitteschön nach noch einem Gipfel rauskommen? Steuern, Abgaben und Energiepreise müssen runter, Arbeitsanreize geschaffen und die Bürokratie auf ein vernünftiges Maß geschrumpft werden. Das alles haben alle im Berliner Politbetrieb derart oft heruntergebetet, dass sie es noch auf dem nächtlichen Gang zur Toilette wiedergeben könnten. Ebenso, dass jetzt endlich was passieren müsse. Womit aber nicht noch ein Gipfel gemeint ist.

Apathie der FDP
Christian Lindner laviert und hält an Ampel fest - vorerst
Worauf wartet Christian Lindner eigentlich? Worauf die FDP? Was muss noch passieren, damit sie die Ampel beendet. Egoistische und altruistische Gründe sprechen für einen Austritt aus der Koalition: Die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen hat die Partei nach unten gezogen. Im Bund steht sie in den Umfragen stabil unter der entscheidenden Fünf-Prozent-Hürde, in den Ländern fliegt sie aus einem Landtag nach dem anderen – in Brandenburg holt sie nicht einmal mehr ein Prozent und fällt somit aus der Parteienfinanzierung.

Auch für Deutschland wäre es besser, wenn die FDP aufhören würde, rot-grüne Politik mitzutragen. Die Bilanz ist verheerend: Der Ur-Fehler der Ampel war der Atomausstieg trotz Kriegs in der Ukraine, einer sich daraus ergebenden „Zeitenwende“ und eines Boykotts des russischen Gases. Gewählt haben viele die FDP wegen ihrer kritischen Haltung zu den Corona-Maßnahmen. Justizminister Marco Buschmann saß daneben, als Karl Lauterbach (SPD) die Pandemie künstlich verlängerte. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hielt zu der Zeit eine Studie zurück, die besagte, dass eine „Durchseuchung“ schon stattgefunden und jede weitere Maßnahme damit komplett überflüssig gemacht hatte. Zumal solche absurde, wie sie die FDP mittrug: eine Impfpflicht für Pfleger und Soldaten sowie eine Maskenpflicht, die für Züge galt – aber für Flugzeuge nicht.

Wie wenig die FDP in der Ampel zu sagen hatte, zeigte sich am deutlichsten anhand der Bürgerrechte: Wieder war Buschmann zentral daran beteiligt. Unter seiner Federführung entstand das „Selbstbestimmungsgesetz“, das an diesem Freitag in Kraft tritt und private Äußerungen unter staatliche Strafen stellt, was jeden Bürger dazu zwingt, dem Kult der grenzenlos vielen Geschlechter zu huldigen.

Eilmeldung
Schlappe für Faeser: „Compact“-Verbot gekippt
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) missbrauchte das Vereinsrecht, um entgegen des Grundgesetzes die Pressefreiheit einzuschränken und ein Medium zu verbieten. Das Verwaltungsgericht verhinderte das, Buschmann schwieg und schweigt bis heute. Faeser verdächtigt die gesellschaftliche Mitte des Rechtsextremismus und drückt Gesetze durch, dank derer sie staatliche Institutionen missbrauchen kann, um die Opposition zu bekämpfen. In der Ampel hat die FDP die Bürgerrechte derart oft verraten, dass Petrus am Gründonnerstag wie ein zuverlässiger Gefolgsmann wirkt.

Blieben noch die unkontrollierte Einwanderung, die gegen Israel gerichtete Politik der Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die unter Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) maßlos steigenden Beiträge zur Sozialversicherung, die Erhöhung des Bürgergelds um 25 Prozent innerhalb eines Jahres oder eben die Wirtschaftspolitik, die unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) und „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) immer stärker zur Planwirtschaft führt. Das alles ist die Bilanz der Ampel.

Und es besteht keinerlei Aussicht auf Besserung. Worauf wartet die FDP also eigentlich noch? Auf eine bessere Wirtschaftspolitik wohl kaum. Scholz hatte seinen eigenen Wirtschaftsgipfel am Dienstag. Aus diesem sollen „sehr konkrete Maßnahmen“ folgen, wie der Kanzler versprochen hat. Nur: Bis am Donnerstagmorgen hatte er diese „sehr konkreten Maßnahmen“ dem Wirtschaftsministerium noch nicht einmal mitgeteilt, wie dessen Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) dem Deutschlandfunk sagte. Das lässt zwei mögliche Schlüsse zu: Entweder kam bei dem Gipfel nichts raus, was zu berichten wert wäre. Oder Scholz will mit den Ministerien der Koalitionspartner nicht mehr zusammenarbeiten. Gut möglich, dass es beides zusammen ist. Ganz sicher, dass jedes für sich ein Grund wäre, die Ampel endlich zu beenden.

Liberaler Mittelstand in Baden-Württemberg
„Die FDP hat den Mittelstand verlassen“
Die Zustimmungswerte für die Bundesregierung sprechen ebenfalls für ein Ende. Denn eigentlich sind sie Ablehnungswerte. Kaum jemand sagt in Umfragen noch, dass er mit der Ampel zufrieden ist – in einer einzelnen Umfrage sprachen sich sogar null Prozent dafür aus, dass diese Bundesregierung weitermacht. Ihre drei Koalitionspartner kommen laut INSA zusammen auf 30 Prozent, CDU und CSU auf 31 Prozent.

Hier beginnt die Antwort auf die Frage: Worauf wartet die FDP eigentlich noch? Auf bessere Umfragewerte. Die sind aber illusorisch. Zwar ist es durchaus möglich, dass der Wählerstrom zur neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht bis zum nächsten Jahr schwächer wird oder ganz versiegt. Doch deren Stimmen dürften eher zurück zu den Linken gehen oder der Protestpartei AfD zugute kommen.

In allen Themen, mit denen die FDP punkten könnte, hat sie aktuell gegen die Union keine Chance. Nun füllen die Schwächen der CDU und ihres Vorsitzenden Friedrich Merz durchaus zurecht ganze Artikel. Doch sind die Christdemokraten wie der 1. FC Saarbrücken: Sie haben zwar nie Champions League gespielt – aber für Siege gegen die Sportfreunde Hierscheid hätte es trotzdem jederzeit gereicht. In Sachen Wirtschaftspolitik und Verteidigung der Bürgerrechte haben sich die Sportfreunde Freidemokraten in der Ampel so unmöglich gemacht, dass sie gegen den Blackrock-Mann Friedrich Merz keine Chance haben werden.

Formal wartet die FDP auf den 14. November. Dann findet die „Bereinigungssitzung“ statt, danach steht der Haushalt – zumindest sollte er das. In zwei Wochen ist im „Herbst der Entscheidungen“ die Entscheidung gefallen, ob Finanzminister Christian Lindner einen Haushalt durchsetzen kann, der die „Schuldenbremse“ einhält. Mit dem Siegel, dass er der Bewahrer einer seriösen Haushaltspolitik sei, will Lindner dann in den Wahlkampf ziehen. Egal, ob im September oder vorzeitig noch dieses Jahr.

Nach den Wirtschaftsgipfeln
Das größte Problem der Ampel ist der Kanzler
Doch was wird, wenn die SPD und Grünen sich über Lindners Wunsch hinwegsetzen? Wird der FDP-Chef dann springen und die Koalition vorzeitig beenden? Tendenziell eher nein. Haushalts-Disziplin ist kein beliebtes Thema und den Seriösen nimmt Lindner kaum noch ein Wähler ab. Angesichts einer Lage mit Krieg in der Ukraine, einem möglichen Handelskrieg mit China und vielleicht sogar mit einem neuen US-Präsidenten Donald Trump sowie einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen, etwa in der Automobil-Industrie, würde Lindner als Haushalter kaum durchdringen.

In den Landtagswahlen hat die FDP seit Beginn der Ampel viele Mandate, Stellen und staatliche Zuschüsse verloren. Angesichts seiner schlechten Karten spricht vieles dafür, dass Lindner im Bund solange wie möglich an den vorhandenen Pfründen festhält – auch an den persönlichen. Je mehr der FDP-Chef mit dem Ende der Ampel droht, desto wahrscheinlicher wird ihr Bestand bis zum September. Denn bei keinem anderen Politiker geht die Schere zwischen Tat und Wort so weit auseinander wie bei Lindner.

Zudem SPD und Grüne noch einen Trumpf auf der Hand haben, mit dem sie Lindner endgültig ausstechen würden: Sie können dessen Haushalt mittragen und die Schuldenbremse einhalten – danach aber ungehemmt rot-grüne Politik weitermachen. Dass diese dann den Haushalt sprengen wird, ist wahrscheinlich, kann aber den beiden linken Koalitionspartnern egal sein. Dann müsste im Sommer halt ein Nachtragshaushalt her. Die ganze Nation hätte Lindner ein weiteres Jahr beim rot-grünen Krötenschlucken zugeschaut und als Verfasser eines (weiteren) Nachtragshaushalts braucht er die Inszenierung des seriösen Haushalters gar nicht erst zu versuchen.

Am Ende ist es schlicht der Mut, auf den die FDP wartet. Als mutiger Held hat sich Lindner bisher nur in der Inszenierung seiner PR-Agentur gezeigt. In Schwarz-Weiß-Optik wie einst Humphrey Bogart. Ein harter Hund im Unterhemd und mit Dreitagebart. Doch im Regierungsalltag war Lindner das Gegenteil von mutig. All den benannten rot-grünen Unsinn hat der FDP-Chef mitgetragen. Auf X hat er zwar immer mitgeteilt, wie sehr er diese Politik ablehnt. Aber es ist halt seine Politik, seine Verantwortung – bei keinem anderen Politiker gehen Wort und Tat so weit auseinander wie bei Christian Lindner. Sodass er eigentlich nur noch auf sein Ende wartet. So wie die Sportfreunde Hierscheid heute keinen Fußball mehr spielen, wird der Finanzminister spätestens 2026 keine Politik mehr machen.

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Kommentare ( 53 )

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DuMeineGuete
17 Tage her

Heute habe ich im Radio wieder „unseren Söder“ tönen gehört (meiner ist es nicht) von wegen vorzeitiges Ende der Koalition…
Da gäbe es durchaus ein Mittel, um das Ende vorzeitig einzuleiten, das sog. „konstruktive Misstrauensvotum“ – momentan fürchtet die CSU wohl noch, über die 5%-Hürde springen zu können, also macht man lieber erst mal Wahlkampfgetöse ohne Konsequenzen…

Aegnor
20 Tage her

Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, dass es in letzter Zeit ziemlich ruhig beim Thema „Euro-Bonds“ und Schuldenvergemeinschaftung innerhalb der EU wurde? Klar zahlt Deutschland aktuell weiterhin alles, aber eben mehr oder weniger freiwillig und ohne echte Rechtsgrundlage und Formalisierung. Die anderen Länder fürchten wohl, dass sie sehr bald für Deutschland zahlen müssten, wenn die „Euro-Bonds“ kommen. Was ich sagen will ist, dass wenn es der geheime Plan der Ampel (und vorher CDU) war, die Ausplünderung durch unsere Nachbarn und die illegalen Immigranten zu beenden, indem man einfach das Land ruiniert, dann waren sie damit extrem erfolgreich. Chapeau.

Joerg Gerhard
21 Tage her

Lindner ist dsbzl. doch genauso schwach wie die meisten Deutschen und fast alle sog. Unternehmer.
Auch ihre Analyse dessen was es braucht ist komplett daneben.
Es braucht stattdessen einen Milei oder Musk, der 90% der Beamten rausschmeisst.
Und einen Umbau des Systems, in dem kein Staatsgeldempfaenger inkl. dieser Beamten und Pseudo-Unternehmer mehr ein Wahlrecht hat, s. Julius Ruechel.

Ohanse
21 Tage her

Einen Trost haben die FDPler ja: Nach ihrem Aus können sie dann Friedrich Merz beim Scheitern zusehen. Eigentlich noch ein Grund, direkt aufzuhören. Lasst doch einfach mal die anderen versagen. Je eher, desto lustiger.

old man from black forrest
21 Tage her

Eine gute Frage. Die Ampel hat ja bereits alles bestens vollendet, was Merkel mit ihrem CDU-Anhängsel in die Wege geleitet hat (und vom Wähler beauftragt wurde). Ein paar Kleinigkeiten fehlen noch. Die Gasleitungen müssen noch zerstört werden. Dazu noch intakte Wälder für Windräder. Wichtig: Es muß noch Platz geschaffen werden für die noch Mehr Werdenden. Die Waffenlager sind auch noch nicht gänzlich geleert. Hab ich was vergessen? Ach ja, für die FDP-Minister/innen und Abgeordneten/innen ist auf jeden Fall bestens gesorgt.

alter weisser Mann
21 Tage her

Für Deutschland wird es nicht schlechter, wenn die FDP in der Versenkung verschwindet und zwar gründlich. Den Rest kann man sich sparen.

Alf
21 Tage her

Worauf wartet die FDP daher eigentlich noch?
Die FDP wartet nicht, die FDP nimmt mit, was geht.
Keiner wird die FDP mehr wählen. Da hilft weder rechts blinken, noch links abbiegen.

Logiker
21 Tage her

Wahrscheinlich wird wohl den FDPlern wie auch den CDUlern langsam klar, dass ihre bisher nicht kommunizierten, wenn überhaupt vorhandenen Sanierungs- und Wiederaufbauprogramme für Deutschland nicht ausreichend und damit nicht akzeptabel sind.
Bei der Union sehen sie lt. Parteiprogramm eher nach einem „Weiterso“ mit neuer Tapete aus: außen schwarz und innen grün.

Wenn man nicht weiß, wie Brot und Butter für Land und Leute beschafft werden kann, phantasiert man von Raketenprogrammen.
Das erinnert an vergangene und präsente Autokraten in der Welt.

Ohanse
21 Tage her
Antworten an  Logiker

Merz will den ersten Menschen auf den Mond bringen. In Babelsberg pinseln sie schon die Kulissen.

Haba Orwell
21 Tage her
Antworten an  Ohanse

Auch eine Frau Leyen von der CDU brabbelte was vom Klima und Mond, was uns erhaben motivieren sollte, den letzten Cent Gates und Soros abzugeben. Die EUdSSR solle den Mond dekarbonisieren für besseres Klima dort oder wie auch immer der Unfug zu verstehen ist. Die neueste Nummer – ihre EUdSSR begehrt einen eigenen Nachrichtendienst, eine Art Euro-KGB. Man hätte es wirklich bei der Zollunion belassen sollen.

Michaelis
21 Tage her

Das erste was Lindner machen müsste: Buschmann entlassen!! Und danach (oder auch vorher schon) die Ampel verlassen!! Dann hätte die FDP noch eine politische Überlebenschance. Das „Wirtschaftsrettungsmodell“ eines Habeck (Subventionierung durch massive Verschuldungsorgien auf Kosten des Steuerzahlers) und eines Lindner (Steuerentlastungen der Unternehmen) passen fundamental nicht zusammen!!! SCHLUSS MIT DIESER AMPEL!!!

Waldschrat
21 Tage her

Das Ampel-Aus ist sicher überfällig, ohne Zweifel. Aber was kommt danach? Schwarz-Rot-Grün? Was soll sich da ändern? Nichts, außer dass wir dann den Besitz von Blackrock in der Ukraine von Deutschland aus noch stärker Verteidigen. Wir verteidigen dort nicht unsere Werte, sondern die von Blackrock und Blackstone und wer da alles noch seine Finger drin hat. Merz hat nie erkennen lassen, welchen Kurs er in der Wirtschaft, der Energiepolitik und den anderen Politikfeldern wirklich einschlagen will. Das Gedöns vor der Wahl kann mangetrost in die Tonne kloppen. Das wird ein Zickzackkurs, mehr nicht. Der obige Artikel enthält noch einen falschen… Mehr