Zu den Organisationen, denen das ECCHR auf seiner Website für Förderungen „im bedeutenden Umfang“ dankt, gehört unter anderem die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung. ECCHR hat seinerseits keine Bedenken, auch mit fragwürdigen Partnern zu kooperieren. Die jüngste Klage gegen deutsche Rüstungsgüter hat das Zentrum mithilfe des Palestinian Center for Human Rights, des Al Mezan Center for Human Rights und von Al Haq eingereicht.
Seit einiger Zeit hat Wolfgang Kubicki sich die Israel-Politik der Bundesregierung vorgenommen. Bereits Mitte des Monats hielt er eine Rede vor dem Bundestag, in der er der eigenen Regierung attestierte, die Staatsräson gegenüber Israel mit Füßen zu treten. Kubicki damals: Man müsse sich angesichts der deutschen „Anmaßung“ gegenüber Israel „in Grund und Boden schämen“. Hintergrund war, dass Berlin die Genehmigung von Rüstungsexporten über Monate zurückgefahren und Lieferungen blockiert hatte. Erst als Israel schriftlich versicherte, sich ans Völkerrecht zu halten, wurden neue Genehmigungen in größerem Umfang erteilt.
Nun wurde bekannt, dass Kubicki weiter im grün geführten Auswärtigen Amt nachgrub: Denn wie am Montag zuerst die Bild berichtete, förderte eine Anfrage des FDP-Vizes zutage, dass im Außenministerium Vertreter des „Europäischen Zentrums für Verfassungs- und Menschenrechte“ (ECCHR) „ein- und ausgehen“ – so jedenfalls Kubicki. Die Auskunft des Ministeriums liegt auch Tichys Einblick vor. Demnach nahmen Vertreter des Auswärtigen Amtes seit August 2022 an elf Treffen oder Veranstaltungen teil, bei den auch Repräsentanten des Zentrums zugegen waren. Sieben davon fanden nach dem Hamas-Überfall am 7. Oktober statt, das bislang letzte am 14. Oktober.
Pikant an der Geschichte: ECCHR und die Bundesregierung sind Gegner in diversen Rechtsstreitigkeiten – und zwar mit Bezug zu Israel. Denn das ECCHR hat in den vergangenen Monaten mehrere Klagen vor deutschen Gerichten gegen die Rüstungsgenehmigungen für den jüdischen Staat eingereicht. So teilte es etwa erst am vergangenen Donnerstag mit, im Namen eines Mandanten aus dem Gazastreifen einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Frankfurt gestellt zu haben. Grund: „Trotz der rücksichtslosen israelischen Kriegsführung hat die Bundesregierung jüngst durch Bundeskanzler Olaf Scholz öffentlich klargestellt, dass sie weiter an der Lieferung deutscher Rüstungsgüter nach Israel festhält.“
Ziel von Klagen wie dieser ist, die Rüstungsexporte aus Deutschland an Israel zu behindern, am besten zu unterbinden. Auf seiner Website brüstet sich das Zentrum damit, dass seine juristische Anstrengungen „offenbar politischen Einfluss gezeigt“ hätten. Sie hätten dazu beigetragen, „dass die Bundesregierung von Israel eine Zusicherung zur völkerrechtskonformen Nutzung der gelieferten Waffen eingeholt hat“.
Warum suchen Vertreter des Auswärtigen Amts ausgerechnet mit dieser Organisation den Dialog? Kubicki mutmaßt: „Wenn ausgerechnet ein Verein aus dem großen grünen Lobbydunstkreis für die Außenministerin als Argument benutzt wird, eine demütigende Erklärung von Israels Regierung einzufordern, dann stellt sich die gravierende Frage, ob hier nicht gegen Israel über Bande gespielt wird.“ Demnach wäre Baerbock ganz froh, dass das ECCHR gegen ihre eigene Bundesregierung klagt, weil sie so eine Ausrede hat, die Genehmigungen für Israel gegebenenfalls zurückzufahren.
Worauf Kubicki konkret anspielt: Zu den Organisationen, denen das ECCHR auf seiner Website für Förderungen „im bedeutenden Umfang“ dankt, gehört unter anderem die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung. Für welche Projekte die Stiftung konkret Geld gab oder gibt – ob auch für die Klagen gegen die Bundesregierung – ist nicht bekannt. Unter den Unterstützern des ECCHR sind außerdem das Bischöfliche Hilfswerk Misereor und Brot für die Welt. Bei beiden handelt es sich um wichtige Kooperationspartner der deutschen Entwicklungshilfe, die große Mengen Steuergelder beziehen.
Bei dem vom Auswärtigen Amt benannten Treffen mit ECCHR-Vertretern ging es thematisch nie um Israel, jedenfalls nicht ausdrücklich. So drehten sich Gespräche zum Beispiel um die Themen Tansania, Namibia und Syrien. Im Oktober wiederum nahm die Beauftragte des Ministeriums für Fragen des Völkerrechts an einer ECCHR-Veranstaltung „zum Thema Reform des Aggressionstatbestands“ teil, wie es in der TE vorliegenden Auskunft heißt. Gegen Kubickis These spricht das nicht unbedingt: Jedenfalls wird man nicht abstreiten können, dass das Auswärtige Amt dem ECCHR grundsätzlich eine gewisse Relevanz beimisst.
ECCHR übrigens hat seinerseits keine Bedenken, auch mit fragwürdigen Partnern zu kooperieren. Die jüngste Klage gegen deutsche Rüstungsgüter hat das Zentrum mithilfe des Palestinian Center for Human Rights, des Al Mezan Center for Human Rights und von Al Haq eingereicht. Alle drei Organisationen hatten nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 eine Erklärung unterzeichnet, in der sie das Massaker als „Operation in Reaktion auf eskalierende israelische Verbrechen gegen das palästinensische Volk“ verklärten.
Was nun Kubicki angeht, so stellt sich die Frage, wo genau er eigentlich mit seiner lauten Permanentopposition gegen die Ampel hinwill. Zum Beispiel im Fall der Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz und ihren wiederholten antisemitischen Auslassungen. Hier hielt Kubicki seine schützende Hand über Özoguz, deren Rücktritt bzw. Entlassung auf breiter Front gefordert wird.
Wenn es wirklich so ist, dass die Bundesregierung die Staatsräson mit Füßen tritt und „Jahrzehnte bundesdeutscher Außenpolitik in die Bedeutungslosigkeit“ versenke, wie er Mitte Oktober im Bundestag erklärte – dann muss er sich die Frage gefallen lassen, warum er für diese Politik noch immer den Steigbügel hält.
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