Unbeeindruckt von der Wählerflucht: Der Medienbetrieb bleibt „grün“

Die Voreingenommenheit des Medienbetriebs zu Gunsten der Grünen ist keine gefühlte Wahrheit, das offenbart eine Langzeitstudie der TU Dortmund Jahr für Jahr. 2024 bekennen 41% der befragten Journalisten, eher den Grünen nahezustehen.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Gerade noch auf 9% der Wählerstimmen kommen die Grünen. Was Kritiker ideologischer Umbauprojekte in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik vorhergesagt haben, ist eingetreten: Die Realität hoher Inflation, sinkender Wirtschaftsleistung, dysfunktionaler Infrastruktur und massiver sozialer Probleme hat den Alltag der Menschen erreicht, bis auf den jener wenigen Großstädter, die selten aus ihrer Soja-Latte-Bubble ausbrechen, und die sich der Wirklichkeit weiterhin entziehen.

Dass sich dieses kosmopolitische Eliten-Märchenland in großen Teilen mit der Medienwelt überschneidet, ist keine Neuigkeit: Jahr um Jahr ergeben Befragungen einen signifikanten Grün-Drall unter Journalisten. Auch die diesjährige Journalismus-Befragung der TU Dortmund, Teil einer Langzeitstudie, ergibt das gewohnte Bild: 41% der befragten Journalisten gaben an, den Grünen nahe zu stehen.

Nun ist die eigene politische Verortung im Idealfall kein Hindernis dafür, seriöse Berichterstattung abzuliefern, insbesondere dann nicht, wenn sich die Betreffenden ihrer möglichen Voreingenommenheit bewusst sind, und diese transparent machen. Allerdings handelt es sich bei vielen „grünen“ Positionen nicht per se um Parteipolitik und konkrete politische Pläne, sondern eben um Ideologie. Die Voreingenommenheit äußert sich also nicht nur zum Beispiel dadurch, dass grüne und linke Politiker häufiger oder weniger kritisch interviewt werden als andere, oder dass grüne Gesetzesvorhaben bejubelt werden, sondern auch darin, dass Behauptungen etwa aus der Identitätspolitik oder Gender- und Transideologie als Fakten und Grundlage jeder Diskussion dargestellt werden. So wird auch Berichterstattung, die nicht explizit grüne Politik lobt, mit einer Art diffusem grünen „Beat“ unterlegt.

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Selbst jetzt gewinnt man mitunter den Eindruck, am Debakel seien eher die überhöhten Löhne und luxuriösen Arbeitsbedingungen bei VW schuld, als eine planmäßige Zerstörung der Grundlagen der deutschen Wirtschaft, insbesondere durch eine desaströse Energiepolitik – die sich rein an ideologischen Vorgaben, zum Teil völlig irrationalen Ängsten und quasireligiösen Überzeugungen orientiert, und nicht ansatzweise an der Wissenschaft.

Auch für die Erosion des sozialen Zusammenhalts sind nach Lesart vieler Medien „die Rechten“ verantwortlich, nicht etwa die von Grünen und Linken betriebene rücksichtslose Diffamierung jeder Kritik als „rechts(extrem)“ – womit natürlich postwendend ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nach rechts hin zumindest offen wäre, ja, mittlerweile gar jene 91% der Wähler, die offensichtlich nicht mehr überzeugt sind von grüner Politik.

Dass trotz dieser klaren Bevorzugung grüner Positionen in der Berichterstattung die Wählergunst eine so eindeutige Sprache spricht, ist einerseits beruhigend: Irgendwann setzt sich die tatsächliche Alltagserfahrung eben doch durch, ganz gleich, wie dicht der propagandistische Nebel ist. Andererseits stellt sich die Frage, um wie viel weniger dramatisch die Lage wäre, wie viel früher die Grünen Gegenwind erfahren hätten, wenn sich die Presse nicht in großen Teilen zum Sprachrohr der Regierenden gemacht, und willfährig jegliches Narrativ brav übernommen hätte.

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An dieser Stelle ist Selbstkritik übrigens Fehlanzeige: An der Zuverlässigkeit der eigenen Berichterstattung und an der Fähigkeit, objektiv zu berichten, zweifeln die Befragten kaum – das Misstrauen, das insbesondere, aber nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen Medien mittlerweile auf sich ziehen, spiegelt sich im Selbstbild der Journalisten nicht.

Abseits dieser Überlegungen ist vielsagend, dass sich neben den 41% der grünnennahen befragten Journalisten immerhin 23% „keiner Partei“ und 2% „einer anderen Partei“ zuordnen, wobei SPD, CDU/CSU, FDP, Linke und BSW als weitere Optionen ausgewiesen sind. Eine offensichtliche Lücke, die Fragen aufwirft. Wie viele konservativ bis rechts denkende Journalisten finden sich wohl unter diesen 25%?

Zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung zur gefühlten Meinungsfreiheit im Jahr 1990 ergab sich 2023, dass mehr Menschen in Deutschland glauben, dass man mit der Äußerung seiner Meinung lieber vorsichtig sein solle, als dass man seine Meinung frei sagen könne. Eine beunruhigende Entwicklung – und es ist sehr unwahrscheinlich, dass Journalisten von diesem Effekt frei sind. Viel wahrscheinlicher ist, dass in einer Branche, in der Beziehungen, Kontakte und Außenwirkung von hoher Wichtigkeit sind, und in der ein mit Bedacht selten thematisierter Korpsgeist herrscht, viele konservativ eingestellte Journalisten mit ihrer Meinung eher hinterm Berg halten werden, und sich womöglich auch einer anonymisierten Umfrage nicht anvertrauen.

Obwohl die grüne Voreingenommenheit der Presse also nicht von der Hand zu weisen ist, darf man durchaus in Frage stellen, ob die grüne Hegemonie in diesem Bereich nicht auch maßgeblich durch großen Druck auf Andersdenkende aufrecht erhalten wird, und zumindest nicht ausschließlich durch eine tatsächlich links-grüne Verortung der Medienschaffenden.

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Kommentare ( 33 )

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Herr Rossi
45 Minuten her

Zu dem Artikel-Bild! Natürlich die SPD noch dazu! Der Begriff Lumpenproletariat wurde von Karl Marx geprägt und bezeichnet jene Vielfalt an Menschen mit unterschiedlicher Klassenherkunft, insbesondere jedoch Proletarier, die auf das unterste Ende der Gesellschaft herabgestiegen sind oder aus ihm stammen und keiner typischen Lohnarbeit nachgehen.

alter weisser Mann
1 Stunde her

Das Artikelbild ist ganz gut, von der der da abgebildeten grünen Pateiblase sind zwei abgängig, alle anderen Funktionäre sind genauso untauglicher Bestand, aber die tut lieber so, als würden sie jetzt endlich die Partei erneuern können und die ministernden Problemfälle (nicht im Bild) sind auch weiter am Wirken.

horrex
1 Stunde her

Es gab schon immer den lauten Ruf nach „mehr Staat“ bei den Linken und grünen Linken). Das Phänomen das wir erleben ist, dass sie heute in Form der Ampel an der Macht sind. Und gleichzeitig in immer mehr Bereichen nix mehr „gescheit“ funktioniert. Und gleichzeitg immer MEHR nach staatlicher Regelung – mehr v om exakt Falschen – gerufen wird. Erinnert mich immer an einen „genialen“ Heimwerker der versucht mit einem Hammer eine Schraube in die Wand zu kriegen. Und weils nicht recht klappen will nimmt er immer größere Hämmmer … statt eines Schraubendrehers. So lange, bis die Trümmer der ganzen… Mehr

Teiresias
2 Stunden her

Die CDU, FDP, und SPD bleiben doch auch grün – warum nicht auch die angeschlossene Journaille?

pcn
2 Stunden her

Ohne die Berichterstattung unter der Überschrift, „Sagen was ist“, wären wir medialinformatorisch längst auf dem Niveau der gesteuerten Desinformation, gemäß der grünlinken Ideologie. Dissidenten werden nicht geduldet. Sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen könnte den Job kosten. Mit Sicherheit sind bestimmte Regeln im Sinne der Chefredaktionen mit linksgrüner Überzeugung gefragt, die von ihren Untergebenen auch in dieser Richtung Haltung sehen wollen. Wahrheitsbestreben in der Arbeit von aufmüpfigem Journalisten sicher nicht. Das Verschweigen infolgedessen gehört zur Kommunikationssystemartik der ÖR, oder wenn über ein brisantes Thema kommentiert oder berichtet wird, gilt es die Wahrheit so zu halbieren, dass am Ende… Mehr

HDieckmann
2 Stunden her

Eine gescheiterte deutsche Energiewende, die weltweite Renaissance der Atomkraft, immer mehr fundierte wissenschaftliche Studien, die den menschengemachten Klimawandel in Frage stellen, ein Zuwanderungsdesaster durch offene (grüne) Grenzen und eine ehemals grüne Friedensbewegung, die Russland den Krieg erklärt. Eine solche Bilanz wäre das Ende von Regierungen, Parteien und Politiker-Karrieren, wenn die Medien berichten würden, was ist. Dass die Medien und Journalisten diese Wirklichkeit aber nicht sehen, hat kürzlich ein ZDF-Reporter eindrucksvoll bestätigt, der seinen Bericht von der „Wahlparty“ der Grünen in Thüringen mit folgendem Satz beendete: „Also trotz der großen Niederlage ein Sieg auf der ganzen Linie.“ Die Grünen waren dort… Mehr

Volksschauspieler
2 Stunden her

Das Bild der Grünen zeigt die Privilegierung mittels Frauenquote mehr als deutlich. In keiner Partei sonst, kann man selbst ohne Eignung und Befähigung fette Beute machen, wenn nur schon das Geschlecht zur Quote passt.

Riffelblech
2 Stunden her

In dem Moment in dem die ÖR den Begriff der „ Aktivisten „ zu einem quasi erzielbaren ,zu einem überhöhten Begriff des sogenannten „ Guten „ gemacht haben hat sich in den Köpfen Rotgrün denkender Journalisten wohl Denkmuster abgespielt unbedingt dazu gehören zu müssen. Wie oft wird mit anerkennendem Terminus der Begriff der sog Aktivisten bei den Berichterstattungen terminiert obwohl es sich schlicht um kriminelle Handlungen handelte. Besetzung von Straßen ,Eindringen in Flughäfen,auf Rollbahnen etc ,all das sich schlicht kriminelle Handlungen die aber die Journalisten wie Slomka,Hayali etc. nicht so darstellen . Dann kommen angebliche Aktionen gegen Rechts ,das Behindern… Mehr

Medea
2 Stunden her

Zu meiner Schande muss ich gestehen, gelegentlich doch selektiv bei den Öffentlich (Un)Rechtlichen aufzuschlagen. Der Grund dafür gefällt mir selber nicht,

horrex
2 Stunden her
Antworten an  Medea

Das halte ich genauso. Es ist immer wieder höchst aufschlußreich, wie „gefühlvoll“ um einfach zu verstehende Zusammenhänge „herum-geschippert“ wird. Bzw. wie diese Zusammenhänge/ganz schlichten Fakten – so routiniert wie gezielt – in gewissen Kontexte gesetzt werden, und damit oftmals in ihrer Substanz „verbogen“ werden. Nicht selten ein regelrechtes sprachliches als auch logisches „Kunstturnen“ wird dem aufmerksamen Zuhörer da geliefert. Schlichte Geister und Leute die ihr Wissen über „Politk“ im weitesten Sinne aus dem örtliche Käseblatt (nicht selten gefüttert von linken Agenturen) kriegen diese geschickte Art von Manipulation in ller Regel garnicht mit. Meine Hoffnung ist, dass schlichte Leute zwar oftmals… Mehr

Dieter Rose
2 Stunden her

Beeindruckt von dem Grünenpersonal, wenn ich sie hier so schreiten sehe, Seit‘ an Seit‘.
Da habe ich keine Angst um ’s Vater*in-Land
(Vaterland magst ruhig sein, wir Grüne lassen dich nicht alein !).