Thüringen: CDU, SPD und BSW finden Kompromiss in Uneinigkeit

CDU, BSW und SPD einigen sich auf einen Kompromiss in der Ukrainepolitik. Damit können die Koalitionsverhandlungen im Freistaat beginnen. Im BSW setzt die Landesvorsitzende Katja Wolf sich damit gegen Partei-Namensgeberin Sahra Wagenknecht durch. Die CDU Thüringens zeigt mehr Standfestigkeit als die SPD in Brandenburg.

picture alliance/dpa | David Hutzler
Co-Landesvorsitzender des BSW, Steffen Schütz (l-r), Katja Wolf, BSW-Fraktionschefin, CDU-Fraktionschef Mario Voigt und Georg Maier Thüringer SPD-Parteichef und geschäftsführender Innenminister von Thüringen stehen im Landtag von Thüringen beieinander.

In Thüringen konnten sich CDU, BSW und SPD auf eine Friedensformel für ihre Verhandlungen einigen. Die drei Parteien waren sich darin uneinig, wie ihre Politik mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine aussieht. Noch in der Vorwoche schien eine Einigung weit entfernt. Das BSW möchte Verhandlungen in der Ukraine erzwingen, CDU und SPD hingegen die Ukraine weiterhin mit Kriegsgütern und wirtschaftlich unterstützen. Die Parteien wollen nun auch formell in Verhandlungen über einen Koalitionsvertrag miteinander treten.

„Als künftige Regierung des Freistaats Thüringen eint uns der Wille zum Frieden in Europa. Wir nehmen die Sorgen und Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger ernst, dass Krieg in Europa ist und Deutschland mit hineingezogen werden könnte“, heißt es in der Mitteilung. Man bekenne sich zur „europäischen Friedensordnung“ und wende sich „gegen jegliche Bestrebungen, mit kriegerischen Mitteln Grenzen zu verschieben“.

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„Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden“, heißt es weiter. Trotzdem pochen die zukünftigen Koalitionspartner weiter auf ihre unterschiedlichen außenpolitischen Ansichten. „CDU und SPD sehen sich in der Tradition von Westbindung und Ostpolitik. Das BSW steht für einen kompromisslosen Friedenskurs.“

Ein nichtssagender Kompromiss

Die Lösung ist ein Kompromiss: „Wenngleich wir hinsichtlich der Notwendigkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität und Souveränität unterschiedlicher Auffassungen sind, eint uns das Ziel, eine diplomatische Lösung des Krieges gegen die Ukraine und den Abbau der damit verbundenen Spannungen innerhalb Europas mit dem Ziel eines Waffenstillstandes und gerechten, dauerhaften Friedens im Sinne der Charta der Vereinten Nationen und des Budapester Memorandums voranzutreiben.“ Man ist also einig, uneinig zu sein.

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Die Frage, wie Thüringen im Bundesrat abstimmen würde, wenn es über Ukrainefragen abstimmt, wird damit bewusst nicht beantwortet.

Erst am vergangenen Sonntag hatte Mario Voigt im Interview mit derThüringer Allgemeinen gesagt:

„Die Einbindung der Bundesrepublik in die europäische Sicherheitsarchitektur, die Westbindung und die Regeln, die das Völkerrecht […] vorgeben, sind nicht verhandelbar. Als Partei von Adenauer und Kohl werfen wir solche Grundüberzeugungen nicht über Bord.“

Das Dokument ist auch ein Teilsieg der Landes-BSW-Chefin Katja Wolf gegen die Parteigründerin Sahra Wagenknecht. Auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des Papiers sagte sie: „Zustimmung ist rein formal nicht vorgesehen“, bezogen auf Wagenknecht. Trotzdem würde der Landesvorstand das Papier noch beraten. SPD-Landeschef Georg Maier sagte, er habe von seiner Partei schon eine Verhandlungsvollmacht erhalten. Auch das CDU-Präsidium habe das Papier beschlossen, so Mario Vogt, Spitzenkandidat der Partei. Er ist der große Gewinner der Verhandlungen und wird voraussichtlich Ministerpräsident des Freistaates werden. Die Koalitionsverhandlungen sollen am Dienstag aufgenommen werden und zwei Wochen andauern.

Für Überraschung mag sorgen, dass die Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen in Deutschland nicht explizit abgelehnt wird. Es wird „anerkannt“, dass viele Thüringer dies „kritisch sehen bzw. ablehnen“. Außerdem wir eine „breit angelegte Debatte“ darüber gefordert.

Gerade dieser Punkt unterscheidet sich von einem ähnlichen Papier, das am Montag über die Sondierungsgespräche in Brandenburg in Umlauf kam. Darin einigen sich SPD und BSW des Bundeslandes, dass man die Stationierung solcher Raketen „kritisch sieht“. Beide Papiere eint, dass das Thema Ukraine-Krieg ein zentrales Hindernis für Koalitionen des BSW mit anderen Parteien ist – obwohl Außenpolitik Bundessache, nicht Ländersache ist. Doch scheint die CDU ihre Positionen in Thüringen besser durchsetzen zu können, als es die SPD in Brandenburg vermag.

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Kommentare ( 28 )

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Mausi
3 Stunden her

Seit wann ist Außenpolitik Ländersache und gehört in Kolaitionsverhandlungen im Bundesland? Und was ist mit dem Bundesrat? Könnten Sie mir da mal auf die Sprünge helfen? Danke.

HarryDax
3 Stunden her

Mehr Demokratie wagen – ich frage mich immer was es heute für ein Demokratieverständniss gibt und welche Demokratie soll man denn hier in DE noch verteidigen. Es geht nur noch um Macht und alles wird schön geredet.
Wer eine kritische Haltung hat wird gevancelt!
Orvel – 1984

Bernd Blau
3 Stunden her

Das ganze ist alles ein großes Schmierentheater, der angebliche Abbruch der Brombeer-Gespräche in Erfurt. Genauso wird es auch in Sachsen weitergehen zwischen CDU, SPD und BSW. Die CDU hat in ihrer Machtgeilheit keine Hemmungen, mit einer Abspaltung der SED-Linkspartei zu koalieren – und die Wagenknechttruppe entpuppt sich schon jetzt als 5. Kolonne der in Not geratenen Altparteien. Überall rumort es, ob bevorstehende VW-Massenentlassungen, Ampeldämmerung in Berlin oder unnatürliche Notbündnisse wie jetzt im Osten, nur um fanatisch die AfD von jeder Machtoption fernzuhalten. All das aber sind Zeichen eines Verfalls und Verfaulens dieser Gesellschaft und seines Staatswesens, aus dem nichts Gutes… Mehr

Privat
3 Stunden her

Genau diese angeblichen Fachleute werden den Untergang Deutschland noch beschleunigen.

Waehler 21
3 Stunden her

Es ist eine Sache zu versuchen, den Krieg von Thüringen aus zu beenden. Allerdings die Stationierung,die neuerliche Stationierung, irgendwelcher Waffen dürfte auch Landespolitik sein.
Kein Bürger weiß genau, welcher Art diese Waffen sind und der Bundesregie- rung Vertrauen zu schenken, dürfte fahrlässig sein .
Zu oft ist der Bürger in den letzten Jahren hintergangen oder in die Irre geführt worden .

Zebra
4 Stunden her

Demokratiesimulation in Deutschland und in Österreich.

Freigeistiger
4 Stunden her

Die verantwortlichen Politiker von CDU und SPD haben sich offenbar bis heute nicht mit den Ursachen und Hintergründen des Ukrainekriegs befaßt und das dürfte schlicht an ihrer bedingungslosen US-Hörigkeit liegen. Sonst müßten sie einräumen, daß nicht Russland, sondern die USA für diesen Krieg verantwortlich ist, der mit dem us-finanzierten und gesteuerten Maidan-Putsch 2014 begann. Danach wurden die Bevölkerung im Donbass, die mehrheitlich aus ethnischen Russen besteht, sytematisch benachteiligt und malträtiert (über 12.000 Tote). Die UN-Charta stellt das Selbstbestimmungsrecht von Völkern und Ethnien neben die Integrität der Grenzen und das gilt um so mehr, wenn bestimmte Minderheiten in einem Land Land… Mehr

Felix Dingo
4 Stunden her

Voigt soll in seiner Dissertation massenhaft plagiiert haben.
Aber das interessiert wohl niemanden.
Zu Guttenberg musste deswegen seinen Hut nehmen.

https://plagiatsgutachten.com/blog/200-plagiate-mario-voigt/

karmaesk
4 Stunden her

Der Deepstate ist mächtiger als Demokratie, als Moral – es kennt nur das Recht des Stärken… Das neueste Uboot BSW schießt wie es soll – eine dieser PseudosozialistINNEN IST der Badcop (Macht und Posten über Alles!), die andere „Gründerin“ spielt den Goodcop („Frieden über alles“), der Universalskript/plot gegen alle Widerstände (siehe auch Österreich!) – Hauptsache die Globalsekte (Weltregime) bleibt als lachender Dritter immer siegend in Macht . Well done, Sarah ! Der Staat ist zu einer Simulation seiner selbst degradiert, erniedrigt, wo es keine Realitäten, keine Werte mehr gibt – Wähler sind nur Manipulationsmasse gegen Recht, Nation, Freiheit. Warum unbedingt… Mehr

Last edited 4 Stunden her by karmaesk
Elki
4 Stunden her

Schade, ich dachte, dort wäre mehr Standhaftigkeit bei BSW vorhanden, aber offenbar war die Machtgier doch größer als die Prinzipientreue.Bei der nächsten Wahl wissen es die Thüringer sicher besser.