Staat nimmt deutlich weniger Steuern als erwartet ein

Der deutsche Staat wird im laufenden Jahr 9 Milliarden Euro weniger Steuern als erwartet einnehmen. Das setzt die Ampel massiv unter Druck. „Der Herbst der Entscheidungen“ könnte zu einem vorzeitigen Ende der Bundesregierung führen.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Neun Milliarden Euro nimmt der gesamte Staat im kommenden Jahr weniger an Steuern ein als ursprünglich erwartet. Das hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf einer Dienstreise aus Washington mitgeteilt. Im kommenden Jahr werden es 13 Milliarden Euro weniger als erwartet sein. Die schrumpfende Wirtschaft schlägt sich jetzt auf die Steuereinnahmen durch. Im Besitz kann der Staat seinen Bürgern immer noch mehr Geld abnehmen, etwa durch die Erbschaft- oder die Grunderwerbsteuer. In der Leistung hat der Staat aber seine Grenzen erreicht. Trotz hoher Sätze gehen laut Lindner die Einnahmen aus der Lohn- und der Umsatzsteuer massiv zurück.

Modell von Robert Habeck
Grüne Planwirtschaft: „Solange bis das Geld alle ist“
Das heißt: Will der Bund sich mehr Einnahmen verschaffen, indem er die Lohnsteuer noch weiter erhöht, wird er das Gegenteil erreichen. Noch mehr Pleiten, ein weiteres Schrumpfen der Wirtschaft und folglich weiter sinkende Einnahmen wären die Folgen. Im kommenden Jahr nehmen Bund und Länder zwar weniger Steuern ein als erwartet. Aber es sind halt trotzdem rekordverdächtige 982 Milliarden Euro in einem Jahr. In einem Bild ausgedrückt: Die Kuh gibt zwar so viel Milch wie noch nie, aber es lassen sich definitiv keine weiteren Melkmaschinen mehr dranhängen, ohne dass sie zusammenbricht.

Den Bund zwingt das zum Sparen. Im laufenden Jahr muss die Ampel nochmal korrigieren. Aber aufgrund von Sondereffekten geht es da nur um einen niedrigen Milliardenbetrag. Für den kommenden Haushalt, den der Bundestag in diesem November beschließen soll, sieht Lindner aber noch einen „Handlungsbedarf“ von 13,5 Milliarden Euro. Also Geld, das die Ampel mehr einnehmen oder weniger ausgeben muss, um diesen Haushalt verfassungsgemäß zu gestalten. 55 Milliarden Euro neue Schulden und 9 Milliarden Euro „globale Minderausgaben“, also ungedeckte Ausgaben, kommen zu diesem „Handlungsbedarf“ von 13,5 Milliarden Euro noch dazu.

Lindner sieht in der Folge „keinen Spielraum für Verteilungspolitik“. Er schlägt eine Agenda vor, die eine Kriegserklärung an SPD und Grüne ist: „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) soll die 7 Milliarden Euro doch nicht ausgeben dürfen, die der Bund an Subventionen durch das Intel-Scheitern in den nächsten beiden Jahren einspart. Am Sozialstaat muss eingespart werden. Das trifft vor allem das Prestigeprojekt der SPD, das Bürgergeld. Ineffektive Subventionen soll der Staat streichen. Das könnte eigentlich sämtliche Projekte von SPD und Grünen umfassen, etwa das staatliche Aushalten von NGOs.

Eine halbe Billion Euro neuer Schulden
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An zwei Projekten will Lindner festhalten, obwohl die Steuereinnahmen niedriger als erwartet ausfallen. Er will die kalte Progression ausgleichen. Höhere Löhne sollen also nicht durch höhere Steuern aufgefressen werden, was angesichts der allgemeinen Preissteigerung zu einer Verarmung der Arbeitnehmer führen würde. Außerdem soll die „Schuldenbremse“ weiter in Kraft bleiben. Lindner weiß, dass die Diskussionen der nächsten Tage anders laufen werden – und dass seine Koalitionspartner das Gegenteil gefordert haben, aktuell fordern und künftig fordern werden.

Nun komme halt der „Herbst der Entscheidungen“, fasst Lindner seine Situation zusammen. Das lässt sich als Drohung lesen: Brechen SPD und Grüne die Schuldenbremse zugunsten einer hemmungslosen Schuldenpolitik, dann verlässt die FDP die Bundesregierung. Ob Lindner das wirklich durchzieht, wird sich zeigen. Robert Habeck hat am Mittwoch ein Programm vorgestellt, das in die gegenteilige Richtung zielt: neue Staatsschulden in einer Höhe von bis zu einer halben Billion Euro für eine bedingungslose Subvention aller Investitionen in die Wirtschaft. Die kommenden Haushaltsberatungen dürften spannend bleiben.

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Kommentare ( 50 )

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Ulrich
30 Tage her

Lindner sollte den Vorschlag Habecks aufnehmen. Da liegen die Spareinlagen der Deutschen, die das noch machen, nutzlos auf den Konten. Damit lässt sich doch herrlich wirtschaften. „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“ klang gut , „Gold gab ich für Eisen“ war auch einmal, „Kriegsanleihe“ ist auch schon durch, aber einem kreativen Kopf wie Habeck sollte schon ein passender Name einfallen. Für eine wie auch immer hoch ausfallende Dividende in einer fernen Zukunft waren die Menschen hierzulande bereit, alles zu geben.

verblichene Rose
30 Tage her

…Staat nimmt deutlich weniger Steuern als erwartet ein…

Echt jetzt? Was erwartet man denn, wenn dieser Staat im vollen Galopp in eine Hyper-Rezession reitet?
Das sog. Wirtschaftswachstum ist unter null und man erwartet tatsächlich höhere Steuereinnahmen?
Das nennt man dann wohl die Quadratur des Kreises.

Judith Panther
30 Tage her

„… dann verlässt die FDP die Bundesregierung. Ob Lindner das wirklich durchzieht, wird sich zeigen.“
Hm – fragen wir doch den Kubicki, ob der Lindner das durchzieht.
Wenn der „Ja!“ sagt, dann: Nein.
„Nein!“ wird er nicht sagen, denn das wäre ja nicht gelogen.

Last edited 30 Tage her by Judith Panther
BellaCiao
30 Tage her

Dass Scholz und seine Minister sich noch trauen, ihre Gesichter in die Fernsehkameras zu halten und auf Schönwetter zu machen, zeugt von ungeheurlicher Arroganz. 

Aber dafür attestiert sich diese Truppe ja gegenseitig, jeweils die beste Besetzung für das jeweilige Amt zu sein. Innerhalb der Regierungsblase ist deren Welt noch in Ordnung, da kann die Bilanz noch so schlecht sein.

Last edited 30 Tage her by BellaCiao
Dundee
30 Tage her

„Die kommenden Haushaltsberatungen dürften spannend bleiben.“
So spannend als wenn blinde Rollstuhlfahrer Basketball spielen.
Tschuldigung. Ist doch wahr.

Uli_Ell
30 Tage her

Ich bin stolz darauf, zu den Steuer-Mindereinnahmen freiwillig beizutragen. Ich gehe früher und mit Abschlägen in Rente, da ich diesen Unrechtsstaat nicht länger mit meiner EkSt finanzieren will. Schlimm genug, dass mir meine Rente noch besteuert wird.
Wer sich’s ermöglichen kann, sollte mitmachen. Nehmt ihnen ihr Geld u. macht sie fertig!!

P. Pauquet
30 Tage her

Ich bin sicher, in dieser Angelegenheit reichen ZWEI Grundrechenarten, nicht vier. Gut, die zwei Anderen erleichtern Einiges. … Aber ich gehe davon aus, das kluge, intelligente Schüler der Klassen eins bis vier (sollte es die irgendwo in Deutschland noch geben) im normalen morgentlichen Unterricht das ohne Probleme voraussehen und errechnen können. … Da braucht’s keine höhere Mathematik oder Hexerei. Die Schwarze Ampel kann es noch nicht einmal mit Hexerei. Die halbe Billi ist nur ein läppischer Vorgeschmack! … Darüber hinaus gibt es ja schon Billischulden. Zwei, drei, vier Billis! Mehr? Aber sicher! – Ich rede von den Echten, nicht die… Mehr

Will Hunting
30 Tage her

Der Staat steht über dem Einzelschicksal. Wenn sich alle einzelnen zurückziehen steht der Staat alleine da.

MisterX
30 Tage her

Gibt ja im Endeffekt nur 3 Möglichkeiten: Sparen, Schulden machen, mehr wegnehmen.

Sparen wird die Ampel nirgends, schon gar nicht beim Sozialsystem.Schulden machen will Lindner nicht, ggf. „Sondervermögen“.Mehr wegnehmen will die FDP nicht, dem Rest wäre es auch recht, solange man damit den eingeschlagenen Kurs in Migration und „Wirtschaftsumbau“ beibehalten kann.

Last edited 30 Tage her by MisterX
Flik Flak
30 Tage her

Abschaum regiert das Land! Und nicht einmal Hoffnung auf Besserung ist in Sicht.

Last edited 30 Tage her by Flik Flak