Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Zu wenig und zu viel

Eine Unmenge an Social-Media-Kanälen, dafür aber übermäßige Konformität in der „Berichterstattung“ – und das alles auf Kosten der Bürger. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört reformiert. Aber man tut sich schwer, auf Posten, Pöstchen und Latifundien zu verzichten.

picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Es gibt nur einen öffentlich-rechtlichen Sender, den ich immer mal höre, weil er sich mit Musik aus den 70ern und 80ern an Oma und Opa wendet, die einfach wissen, wann es die beste Musik aller Zeiten gab. Fernsehen gibt’s bei mir schon seit Jahren nicht mehr, Netflix reicht. Und wenn ich doch mal irgendeine Talkshow erwische, werde ich erst recht zum Gegner des deutschen Rundfunkmodells: Und dafür zahle ich alle drei Monate Zwangsgeld, statt nur für das, was mich auch interessiert?

Doch das ist ja der große Irrtum. In Deutschland zahlt man nicht für „Content“, für saubere journalistische Arbeit, für Nachrichten, die den Namen auch verdienen. Wir zahlen für Chefs und Chefchens, vor allem für die gewesenen. Wir zahlen für die Verwaltung, das Wichtigste bei jedem Sender. Und wir zahlen für die Latifundien in bester Lage, die kaum noch gebraucht werden angesichts dessen, dass ein jeder Rundfunk und Video mit Smartphone und Computer generieren kann. Und wozu all die Büros, wenn es Homeoffice gibt?

Das Monopol der Öffis ist längst dahin, sie haben mittlerweile reichlich Konkurrenz bekommen – etwa hier bei uns, siehe Tichys Einblick mit Chefansprache und Morgenandacht – „Einblick am Morgen“ und TE-Wecker.

Kein Zweifel, dass die Öffentlich-Rechtlichen Geld brauchen – aber immer weniger Bürger möchten die Zwangsabgabe zahlen, zumal sie täglich merken, wie unausgewogen die Berichterstattung ist. Was im Rundfunkvertrag steht, interessiert schon längst nicht mehr – was soll „Ausgewogenheit“, wo es doch um Haltung geht? Die richtige natürlich, die gegen „Rechts“.

Voll auf Regierungslinie wird die AfD hinter die Brandmauer gesetzt, während die rotlinken Sympathisanten in den Sendern Sahra Wagenknecht systematisch hochgepusht haben. Natürlich weiß man dort auch, dass Kamala Harris die Präsidentenwahl in den USA gewinnen wird und veröffentlicht entsprechende Umfragen. Im ZDF-Politbarometer erwarten 72 Prozent der Deutschen einen Sieg von Kamala Harris, nur 23 Prozent halten es für wahrscheinlicher, dass Donald Trump gewinnt. Kein Wunder, dass Elon Musk sich wundert.

Also was tun, wenn eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf Missfallen trifft? Sparen? Ein schmutziges Wort. Etwa an den Intendantengehältern oder denen von Chefs und Chefchens? An den Journalisten, insbesondere den Freien, kann man schon gar nicht mehr sparen. Die sind schon ins Koma gespart.

Natürlich gibt es Ausnahmen für werteorientierten Journalismus, etwa die gewiss nicht gerade preisgünstige Reise eines ZDF-Teams unter der preisgekrönten Kriegsberichterstatterin Karin Eigendorf nach Afghanistan. Warum? Um dort mit einem der spektakulär abgeschobenen 28 Schwerkriminellen (eine sensationell hohe Zahl, gell?) über sein schweres Schicksal zu reden. Im Gespräch erklärt der junge Mann dem ZDF-Team, er wolle zurück, in Afghanistan habe er keine Zukunft. Tränenerweichend: Er fürchtet nicht die Taliban, es sei die wirtschaftliche Not, die ihn nach Deutschland führte. Das ist allerdings kein Asylgrund. Doch das ZDF barmt, die Abschiebung habe seine Hoffnung auf ein besseres Leben zerschlagen.

Oder war daran nicht doch viel mehr die Gewalttat schuld, deretwegen er in Haft genommen wurde? Faustschläge, Kopfstöße, Stichverletzungen? Angeblich wusste das ZDF-Team nichts Genaues. Aber augenscheinlich war ihnen der Afghane wichtiger als Menschen wie Michael Kyrath, dessen Tochter von einem polizeibekannten ausreisepflichtigen Palästinenser im Zug in Brokstedt massakriert wurde. Bei ARD und ZDF kam er nicht zu Wort. Wohl aber bei Tichys Einblick:

Nun, längst gibt es Existenznot bei den Öffis. Aber der Widerstand bei den Sendern ist gewaltig. Und ob irgendeine Reform eine solche Schmonzette verhindern könnte? Denn die Abneigung gegen die Öffis liegt natürlich an genau solchen „Haltungs“sendungen.

Und Derartiges wird gewiss auch ein externer „Zukunftsrat“ nicht verhindern, den die Rundfunkkommission der Länder bestellt hat. Der „Rat“ hat einen Reformplan erarbeitet, der nun während der Sitzung der Ministerpräsidenten zwischen dem 23. und 25. Oktober in Leipzig unterschrieben werden soll.

Vielleicht, vielleicht … wird ein Viertel der rund 800 (!) Social-Media-Kanäle bei der ARD gestrichen. Auch die Gründung sogenannter ARD-Kompetenzcenter für bestimmte Themenfelder wie Gesundheit, Verbraucher und Klima könnte vielleicht dafür sorgen, dass nicht in allen neun Landesrundfunkanstalten ähnliche Beiträge produziert werden. Prima. Weiter so. Aber das wird nicht reichen.

Warum nicht endlich teure Widerwärtigkeiten wie Jan Böhmermann und die meisten der überraschungslosen Talkshows abschaffen? Und endlich die woke Ausrichtung des Tatorts beenden – hat nicht jüngst Maria Furtwängler gefordert, auf den Porsche als Statussymbol zu verzichten und lieber zu zeigen, wie Auberginen auf den Grill gelegt werden statt Teile toter Tiere? Wegen Klima?

Ach, es gibt so viel Verzichtbares. Lasst doch die potentiellen Kunden abstimmen, für welche Sendungen sie freiwillig Geld hinlegen würden. Doch viel würde da wohl nicht zustandekommen ohne einen grundlegenden Richtungswechsel zu, jawohl: „Ausgewogenheit“. Wer weiß: irgendwann wird es in einem unserer Länder eine Regierung geben, die aus dem Rundfunkvertrag aussteigt. Dann erst wird es praktisch.


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