Chinas Windkraftmanöver vor Borkum: Weichenstellung mit Konsequenzen für die deutsche Energiebranche

Das Hamburger Investmentunternehmen Luxcara plant, Offshore-Windkraftanlagen vor der Küste Borkums unter Einsatz von Turbinen des chinesischen Unternehmens Ming Yang zu finanzieren. Dieser Schritt könnte weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Energieversorgung haben. Von Hannes Märtin

picture alliance/dpa | Sina Schuldt
Symbolbild; Offshore-Windpark Riffgat, rund 15 Kilometer nördlich der Insel Borkum, 16.11.2023

Momentan sind rund 72 Windturbinen vor der Küste Borkums in Betrieb. Der Windpark Trianel Borkum I, der seit 2015 Strom produziert, umfasst etwa 40 Anlagen, während der benachbarte Windpark Borkum II seit 2020 mit 32 Turbinen läuft. Nun plant das Hamburger Investmentunternehmen Luxcara mithilfe des chinesischen Unternehmens Ming Yang, die Kapazitäten großflächig zu erweitern.

Luxcara hat Offshore-Flächen etwa 90 Kilometer vor der Küste Borkums akquiriert, um dort den Windpark „Waterkant“ mit chinesischen Turbinen zu errichten. Geplant sind 16 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 18 Megawatt und einem beeindruckenden Rotordurchmesser von 260 Metern. Im Vergleich dazu weisen die bisher in der Nordsee installierten Windturbinen im Durchschnitt eine Leistung von weniger als 10 Megawatt auf.

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Von allen Seiten hagelt es Kritik, doch Ming Yang war das einzige Unternehmen, das eine fristgerechte Lieferung bis 2028 gewährleisten konnte. Holger Matthiesen, Projektleiter bei Luxcara, verteidigt diese Wahl vehement: „Unsere Entscheidung basierte nicht primär auf dem Preis, sondern auf der überlegenen Leistungsfähigkeit der Turbinen.“ Er betont zudem, dass die Turbinen bereits erfolgreich im Betrieb erprobt wurden und sogar widrigen Bedingungen wie einem Taifun standgehalten haben.

Der Windkraftindustrie steht ein ähnliches Schicksal bevor wie einst der Solarbranche, in der Chinas Dominanz zahlreiche europäische Unternehmen in den Ruin getrieben hat. Dank umfangreicher Subventionen konnte China den Weltmarkt mit billigen Solarmodulen überschwemmen. Heute stammen etwa 95 Prozent der in der EU verbauten Solarpaneele aus chinesischer Produktion.

Ein ähnlicher Trend zeichnet sich nun auch in der Windenergie ab. Europa verliert zunehmend den Anschluss im internationalen Wettbewerb, was langfristig zu Insolvenzen und dem Verlust von Marktanteilen in der Branche führen wird.

Auch Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie, äußerte zuletzt Bedenken hinsichtlich der Abhängigkeit von chinesischen Windkraftanlagen. Sie warnte eindringlich vor möglichen geopolitischen Risiken: „Im Falle einer Eskalation, etwa einem Konflikt um Taiwan, könnte China unsere Energieversorgung lahmlegen, indem es die Anlagen vom Netz nimmt.“

Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Schiffbau-Verbands VSM, sieht das Ganze ähnlich. Auch er warnt mit Blick auf zunehmende Spannungen zwischen China und Taiwan und weist ebenfalls darauf hin, dass Windparks im Falle einer geopolitischen Eskalation möglicherweise durch Zugriffe aus China lahmgelegt werden könnten. Vor allem, weil sich Deutschland zusammen mit dem Westen kollektiv auf der Seite Taiwans positioniert, ist das nicht allzu weit hergeholt.

Eine Verschärfung des Handelskrieges, insbesondere im Hinblick auf den Elektroautomarkt, könnte ähnliche Szenarien nach sich ziehen.

Sollten die Lieferketten infolge einer potenziellen Krise um Taiwan oder der Verschärfung der Handelskrise also gestört werden, wären auch europäische Turbinen in Mitleidenschaft gezogen, da ein erheblicher Teil der benötigten Komponenten von europäischen Herstellern ebenfalls aus China bezogen wird.

Der komplette Markt der erneuerbaren Energien befindet sich fest in der Hand Chinas und die Souveränität der deutschen Energiebranche ist in einem äußerst fragilen Zustand.

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Hätte Deutschland von Beginn an auf die Fortführung und den Ausbau der Kernkraft gesetzt, anstatt sich unnachgiebig auf Solar- und Windkraft zu konzentrieren, wären viele der Herausforderungen, die mit der Expansion der erneuerbaren Energien einhergehen, vermeidbar gewesen. Die Energiesicherheit wäre gewährleistet, und der Zugang zu kostengünstigem Strom für Unternehmen und Privathaushalte hätte gesichert werden können. Darüber hinaus hätte man sich den ruinösen Preiskampf mit chinesischen Herstellern sowie den fortwährenden Betrieb der CO2-intensiven Kohlekraftwerke ersparen können.

Während Deutschland auf eine vollständige Abkehr von der Atomkraft gesetzt hat, verfolgt China einen anderen Kurs und verlässt sich weiterhin auf Atomkraft.

China verfolgt eine pragmatische Energiepolitik, die den Einsatz erneuerbarer Energien mit traditionellen Energiequellen kombiniert. Neben den großen Investitionen in Solar- und Windenergie betreibt China derzeit 56 Atomkraftwerke, die in den letzten Jahren maßgeblich zum enormen wirtschaftlichen Aufschwung der Volksrepublik beigetragen haben.

Die Klimaziele der Europäischen Union hingegen stellen sich mehr und mehr als Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit Europas heraus. Insbesondere im Vergleich zu den BRICS-Staaten und China droht die EU, den Anschluss zu verlieren.

Die wirtschaftlichen Folgen dieser politischen Entscheidungen sind bereits jetzt spürbar: Die heimische Energiebranche steht unter Druck, die Automobilindustrie kämpft ums Überleben, und auch die Stahl- und Chemieindustrie geraten zunehmend in Schwierigkeiten. Europa riskiert, durch überambitionierte Klimapolitik den Weg in eine Deindustrialisierung zu beschreiten, während China und andere aufstrebende Volkswirtschaften mit einem pragmatischeren Ansatz wirtschaftlich weiter expandieren und zunehmend die Marktvorherrschaft an sich reißen. Deutschland gerät wirtschaftlich immer weiter ins Hintertreffen.

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Kommentare ( 1 )

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Teiresias
3 Stunden her

Den CO2-Betrug abblasen und aus Gründen der Versorgungssicherheit zurück zum bewährten Mix aus Stein- und Braunkohle sowie Gas und Kernkraftwerken.
„Erneuerbar“ ist Unfug und ohnehin nur als strompreistreibende Parallelstruktur denkbar.
Die deutsche „Energiewende“ entspricht dem Versuch, mit einem Ochsenkarren ein Formel 1-Rennen gewinnen zu wollen, bzw. sich aus ideologischen Gründen in die Niederlage zu fügen.