Kamala Harris floppt auch bei Fox News

Ein neuer Tag, ein neues Fettnäpfchen im US-Wahlkampf. Nun stellte sich Kamala Harris zwar mutig, aber gewohnt unbeholfen dem Interview beim konservativen Sender Fox News und bekam prompt Widerrede, die sie bislang so nicht kannte. Ihre Umfragewerte sanken in Folge weiter.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Jacquelyn Martin

Der Tech-Unternehmer David Sacks fasste bereits im August dieses Jahres das sogenannte „Kamala-Paradox“ zusammen: „Wenn Kamala Harris in den Umfragen verliert, wird sie mehr Interviews geben müssen. Aber wenn sie mehr Interviews gibt, wird sie in den Umfragen weiter zurückfallen. Ein Teufelskreis.“

Genau inmitten dieses Teufelskreises findet sich die Harris-Kampagne knapp drei Wochen vor den US-Wahlen wieder. Der Skandal um die wohlwollende Nachbehandlung ihres Interviews bei „60 Minutes“ ist noch nicht ausgesessen, da stellte sich Harris erstmals einer Umgebung, die ihr wahrlich nicht wohlgesonnen war. Mit ihrem Interview bei Fox News sollte sich Kamala Harris angriffslustig präsentieren und Wähler zurückholen, die außerhalb der demokratischen Stammwählerschaft liegen.

Das Gegenteil dürfte eingetreten sein, denn Harris fand sich unter Dauerbeschuss von Interviewer Bret Baier, der sie regelmäßig bei ihren Ausweichmanövern unterbrach und nachhakte. Das allerdings war Harris nicht gewohnt, sodass selbst ihr wohlgesonnene Medien – mit einigen Ausnahmen – von einem „defensiven“ Auftritt von Harris berichteten.

Baier legte dabei sogleich forsch los und sprach Harris auf ihre misslungene Migrationspolitik an. Doch Harris tat, was sie während des ganzen Gesprächs versuchte: Sie antwortete ausweichend mit hohlen Politikerphrasen und versuchte, Trump die Schuld zu geben. Nirgendwo wurde dieses Schema deutlicher, als Baier sie darauf ansprach, dass 79 Prozent der US-Bevölkerung unzufrieden damit sind, in welche Richtung sich das Land nach dreieinhalb Jahren unter Joe Biden und Kamala Harris entwickle, worauf Harris entgegnete, dass Donald Trump sich im Laufe der letzten Dekade zur Wahl gestellt hatte. Als Harris dem verdutzten Interviewer entgegnete, er wisse, wovon sie rede, antwortete dieser, dass er es tatsächlich nicht täte. Vielen Zuschauern dürfte es ähnlich gegangen sein.

Es gab aber auch Neues zu lernen in dem Interview. Denn während Harris bis dato betont hatte, ihr fiele nichts ein, was sie anders machen würde als Joe Biden, distanzierte sie sich im Gespräch mit Fox News erstmals vom amtierenden Präsidenten und betonte, dass ihre Präsidentschaft keine Fortsetzung von Joe Biden darstellen würde. Woher der Sinneswandel genau rührte, erklärte sie abseits von der Feststellung, dass sie einer anderen Generation angehöre, jedoch nicht. Wahrscheinlich handelte es sich nur um einen Versuch, auf die miserablen Zustimmungswerte in der Bevölkerung für die amtierende Regierung einzugehen.

Deutsche Medien dreschen Parolen bis zum bitteren Ende

Doch es ist exakt diese Zweigleisigkeit, die Kamala Harris immer mehr zum Verhängnis wird. Mal ist sie stolz auf die Biden-Administration und nimmt deren Errungenschaften für sich in Anspruch, doch wenn es Kritik hagelt, agiert sie, als hätte sie damit nichts am Hut. Mal bezichtigt sie Donald Trump der Lüge, wird aber selbst fast täglich bei Widersprüchlichkeiten und Betrug ertappt. Dabei ist sie rhetorisch nicht geschickt genug, um diese Widersprüche zu überdecken und die US-Bevölkerung hinters Licht zu führen, denn die Skepsis gegenüber Harris wächst täglich.

Während selbst die New York Times, die Harris den größtmöglichen Umfragebonus einräumt, mittlerweile davon spricht, dass Harris ihren „Vorsprung“ fast eingebüßt hat, befindet sich Harris auf der Umfrageseite Polymarket mittlerweile im freien Fall und liegt nur noch bei 38,6 Prozent im Vergleich zu Donald Trumps 61,3 Prozent.

— End Wokeness (@EndWokeness) October 16, 2024

Unbeirrt davon zeigen sich mittlerweile nur noch die ideologisch überzeugtesten Vertreter der journalistischen Zunft, allen voran in Deutschland, wo der Sommer-von-Kamala noch ein wenig länger anhalten soll. Während die Süddeutsche Zeitung noch vorsichtig von einem „notwendigen Härtetest auf feindlichem Territorium“ berichtete, mit dem sie selbst dem konservativen Sender ein Lob abgenötigt habe, schrieben Sender wie n-tv und die Tagesschau schon von einem „deutlich konfrontativeren“ Gespräch, als bislang gewohnt. Das Portal t-online bezeichnete Fox News als „Trump-Sender“, bei dem die Demokratin „unter Druck“ stand. Fast schon mitleidig fragte hingegen die ZEIT, die das Gespräch als „mehr Boxkampf als Interview“ bezeichnete: „Warum hat Kamala Harris sich das angetan?“ Hätte sie mal bloß der ZEIT ein Interview gegeben, da wäre ihr das nicht passiert!

Wirklich kämpferisch zeigte sich nur das ehemalige Sturmgeschütz der Demokratie. Der Spiegel fand, dass Harris „klare Kante“ gezeigt hatte und „bei Trumps Lieblingssender auf Attacke“ setzte. Noch mehr auf Durchhalteparolen setzte nur die Berliner Morgenpost, die in bester Panzerbär-Tradition fand, dass Harris Trump auf dessen „Haussender“ Fox News „zerlegt“ hätte und sich „nicht aufs Glatteis locken“ ließ. Autor Dirk Hautkapp ließ sich dabei deutlich von der demokratischen Kandidatin selbst inspirieren und begann nicht mit den Vorzügen von Kamala Harris, sondern mit einer Tirade über Trump.

Das dicke Ende bei Joe Rogan kommt womöglich noch

Dieser kommentierte das Interview selbstverständlich ebenfalls. Zwar zitierten viele Medien eine frühere Aussage von Trump, derzufolge Fox News mittlerweile zu weich gegenüber den Demokraten geworden sei, allerdings lobte Trump nach dem Gespräch explizit den Interviewer Bret Baier und bezichtigte Harris des Trump-Derangement-Syndroms, also der Besessenheit mit allen Dingen, die nur im Entferntesten mit Trump zu tun haben könnten.

Egal, wie sehr Medien auch hier wieder den Sieg von Harris herbeischreiben wollen, hochrangige Demokraten dürften da weitaus weniger Hoffnungen haben. So tauchte nun auch noch ein Video eines ernsten Gesprächs von Joe Biden und Barack Obama am Rande einer Trauerfeierlichkeit auf. Zwar übertönte Orgelmusik (eine mediokre Bearbeitung von Georg Friedrich Händels „Zadok the priest“) das Gespräch, doch an den Lippen von Barack Obama war deutlich ein „No, it’s over“, bzw. ein „No, it’s done“ abzulesen, was viele Kommentatoren in Zusammenhang mit den Chancen von Kamala Harris bei der Wahl setzten. Allerdings ist der tatsächliche Inhalt des Gesprächs unbekannt und wäre dieses Video vor einigen Jahren erschienen, hätte man wohl genauso über einen Bezug zur Ukraine, zu Israel, zu Covid, oder zu den Superbowl-Chancen der Baltimore Ravens spekulieren können.

Nichtsdestotrotz ist das Lager von Harris mehr als skeptisch, denn gegenwärtig scheint nur wenig für die demokratische Kandidatin zu laufen. Es dürften noch drei sehr lange Wochen bis zur Wahl werden. In dieser Zeit könnte womöglich noch ein Besuch von Kamala Harris bei Amerikas berühmtesten Podcaster Joe Rogan auf dem Programm stehen. Doch im Gegensatz zu Fox News laufen die Gespräche bei Rogan nicht eine halbe Stunde lang, sondern dauern bis zu drei Stunden und länger. Sollte Harris sich zu diesem Schritt durchringen, könnte es ihr größter und letzter Fehler in diesem Wahlkampf werden. Aber unterhaltsam wäre es allemal.

 


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