Wie die Grünen ausgerechnet eine Resolution gegen Antisemitismus blockieren

Meinungsfreiheit ist den Grünen immer nur dann wichtig, wenn es um ihre eigene Klientel geht – zum Beispiel um die zum Teil stark antiisraelisch und antisemitisch geprägten Hochschul- und Kultureliten. Da wird dann ausgerechnet eine Resolution gegen Antisemitismus blockiert. Eine seltsame Doppelmoral.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Normalerweise sind die Grünen und weitere Teile der politischen Linken nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und den Meinungskorridor einzuschränken. Da wird dann schnell von „Hass und Hetze“ schwadroniert, wird die „Nazi-Keule“ ausgepackt oder wahlweise „Rassismus“, „Misogynie“ oder anderes unterstellt, wenn sich Konservative zu Wort melden. Parallel regt die Einrichtung von „Meldestellen“ die Bevölkerung zur eifrigen Denunziation an.

Vor diesem Hintergrund ist auffällig, dass die Grünen bei einem Thema, das ihre eigene Klientel berührt, auf einmal ausgerechnet die Sorge um die Meinungsfreiheit vorbringen, um eine politische Initiative zu blockieren. Es geht um die Bekämpfung von Antisemitismus im Kultur- und Wissenschaftsbereich, man könnte auch spezifizieren: von linkem Antisemitismus.

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Rückblick: Nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war der Schock in der deutschen Politik groß, auch mit Blick auf den Antisemitismus, der sich im Anschluss in Deutschland Bahn brach. Am 9. November fand im Bundestag anlässlich des Jahrestags der Reichspogromnacht eine Debatte zum Thema Judenhass statt. Zu dieser brachten auf der einen Seite die oppositionelle Union, auf der anderen Seite die Ampelfraktionen aus SPD, Grünen und FDP Entschließungsanträge ein.

Diese Anträge wurden allerdings nur in die Ausschüsse verwiesen und nicht verabschiedet. Seitdem versuchten die Fraktionen von der Union bis zu den Grünen (unter Ausschluss der AfD und der Linken sowie mittlerweile des BSW) eine Einigung für eine gemeinsame Antisemitismus-Resolution zu finden. Ergebnis mehr als ein Jahr nach dem 7. Oktober: keines. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, kommentierte das jüngst sarkastisch: Zunächst habe eine Resolution am 9. November 2023 verabschiedet werden sollen und dann sei der 7. Oktober angedacht gewesen: „Eine Jahreszahl wurde dabei nie genannt.“

Woran liegt’s? Ganz offensichtlich an den Grünen: Das jedenfalls legt ein Bericht in der aktuellen Ausgabe des Spiegel nahe. Zuvor hatte bereits der Blog „Ruhrbarone“ unter Berufung auf eigene Quellen von einer grünen „Blockadehaltung“ geschrieben. Ein Bericht der „Zeit“ läuft auf dasselbe hinaus. Was ist der Grund dafür? Die Sorge um die Kunst-, Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, konkreter: um die Freiheit, Israel weiter nach Lust und Laune von links kritisieren zu dürfen. Dabei geht es den Grünen wohl nicht zuletzt darum, ihr Vorfeld, die linken Kultur- und Uniblasen, nicht zu verprellen. Dort herrschen schließlich teils äußerst ausgeprägte antiisraelische Ressentiments vor.

Bereits im Juli war ein Entwurf der Resolution öffentlich geworden. Darin fanden sich neben allgemeinem Geschwurbel etwa über antisemitische Angriffe, die man „aufs Schärfste“ verurteile, auch einige konkrete Passagen. Unter anderem sollten bei Bundesfördermittelanträgen von zivilgesellschaftlichen Organisationen die zu fördernden Projekte auf eine „Reproduktion von antisemitischen Narrativen“ geprüft werden. Und dafür sollte wiederum die Antisemitismusdefinition der „International Holocaust Remembrance Alliance“ (IHRA) zugrundegelegt werden. Auch auf Länder und Kommunen sollte entsprechend eingewirkt werden.

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Bei Antisemitismus ist auf einmal Meinungsfreiheit wichtig
Die IHRA-Antisemitismusdefinition steht seit Jahren von links unter Beschuss. Die israelische Regierung unterstützt sie und auch die Bundesregierung hat sie 2017 bekräftigt. Stein des Anstoßes ist insbesondere der von der Bundesregierung damals verabschiedete Zusatz, dass „auch der Staat Israel“ Ziel judenfeindlicher Angriffe sein könne. In der eigentlichen IHRA-Definition findet sich das nicht, wohl aber in den Beispielen, die die IHRA zur Veranschaulichung herausgegeben hat.

Kritiker behaupten, dass durch diese angeblich zu extensive Antisemitismusdefinition legitime Kritik am israelischen Regierungshandeln zu schnell als judenfeindlich klassifiziert werde. Entsprechend fürchten sie konkret mit Blick auf die vom Bundestag geplante Antisemitismus-Resolution, diese könne insbesondere die Kunstfreiheit der Kulturschaffenden beschränken, weil sie zu einer Art Gesinnungsprüfung bei der Mittelvergabe führe.

Diese Argumentation ist alles andere als neu: Schon zu Jahresbeginn hatte sich der Berliner Kultursenator Joe Chialo die Finger verbrannt, als er eine „Antidiskriminierungsklausel“ in Förderbescheiden für Künstler einführte. Demnach sollten sich diese „gegen jede Form von Antisemitismus“ bekennen; die Klausel nahm dabei ebenfalls auf die IHRA-Definition Bezug. Nach einem riesigen Aufschrei musste Chialo zurückrudern.

Ähnlich gelagerte Kritik gibt es seit Jahren an einer Resolution, die der Bundestag 2019 zur Israel-Boykottbewegung BDS verabschiedete. Darin hatte das Parlament die Argumentationsmuster und Methoden von BDS als antisemitisch bezeichnet und unter anderem Länder und Kommunen aufgefordert, keine Projekte finanziell zu fördern, die zum Boykott Israels aufrufen. Ganze 16 Abgeordnete der Grünen widersetzten sich damals mit einer öffentlichen Erklärung.

Ihre Begründung: Es fehle im Antrag „jedes Bekenntnis zum Schutz und zur Verteidigung der Meinungsfreiheit“. Und die „Diffamierung“ von Gegnern der israelischen „Besatzung“ als antisemitisch gehöre „zur Standardargumentation der rechtsnationalistischen Regierung Netanjahu“. Unterzeichner der Erklärung waren unter anderem Lisa Paus, die heute als Familienministerin riesige Summen an „zivilgesellschaftliche“ Projekte verteilen kann, und Claudia Roth, die heute ausgerechnet Kulturstaatsministerin ist. Zudem Erhard Grundl, Leiter des Arbeitskreises Kultur und Medien der aktuellen grünen Bundestagsfraktion.

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Der Verdacht liegt also nahe, dass es exakt diese Leute sind, die auch jetzt wieder gegen die Antisemitismus-Resolution des Bundestages mobil machen. Freilich ist es legitim, auch Vorstöße wie die Berliner Antisemitismus-Klausel zu hinterfragen: Ist eine derartige Klausel bei der Mittelvergabe nicht ein reiner Symbolakt? Was konkret soll eine Unterschrift unter einem Papier im Kampf gegen Antisemitismus bewirken? Und auch: Birgt sie nicht tatsächlich die Gefahr einer politischen Instrumentalisierung zulasten der Meinungsfreiheit?

Dieselben Fragen ließen sich zur Forderung in der Antisemitismus-Resolution des Bundestages stellen, wonach Kulturprojekte auf die „Reproduktion von antisemitischen Narrativen“ geprüft werden sollten. Das Problem ist nur: Ein großer Teil der Grünen und anderer Linker stellt solche Fragen immer nur, wenn es um ihre eigene Meinungsfreiheit geht. Und was noch problematischer ist: Sie pochen besonders penibel auf Meinungsfreiheit, wenn es um Antisemitismus geht und darum, unbedingt das Recht zu behalten, den Staat Israel zu kritisieren – im Zweifel deftig und grenzenlos.

Es ist ein Doppelstandard, der eine seltsame Form der Israel-Obsession anzeigt. Ausgerechnet Volker Beck hat das jüngst entlarvt. Gegenüber der ARD sagte der pro-israelische Grüne, man könne die Ablehnung von Antisemitismus in Zuwendungsbescheide aufnehmen, denn: „Das macht man mit 1.000 anderen Kriterien genauso. Ob das Förderprojekt CO2-neutral ist, ob das Gender-Budgeting berücksichtigt ist, ob LGBTI-Personen angemessen bei der Umsetzung der Zuwendungen berücksichtigt wurden.“ Bei diesen von Beck angeführten Fällen gibt es aber seltsamerweise nie einen Aufschrei.

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Kommentare ( 16 )

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Der Person
53 Minuten her

Genau deswegen muss die staatliche Förderung solcher Projekte komplett eingestellt werden, natürlich verbunden mit einer massiven Steuersenkung. Damit der Steuerzahler selber entscheiden kann, was förderungswürdig ist; wem er Spenden zukommen lassen will oder eben nicht. Und die Milliarden nicht von ein paar Individuen gelenkt werden, die damit nur ihrer eigenen Überzeugung folgen und einen Subventionssumpf schaffen, der tatsächlichen Fortschritt verhindert. Planwirtschaft und Entwicklungshilfe sind immer schädlich und das gilt auch für Kunst und Kultur.

imapact
1 Stunde her

Der Antisemitismus (in seiner Verkleidung als „Antizionismus“, Solidarität mit den „Palästinensern“ ist tief verwurzelt im gesamten linken Spektrum. Der Bespiele sind Legion, von den Bildern im „Stürmer-Stil“ auf der Documenta, über die fortgesetzte indirekte Finanzierung der Hamas durch Baerbock, das Sympathisantentum linker Unileitungen für die antiisraelischen Kundgebungen an den Universitäten bis hin zu Özoguzjüngstem Instagram-Post. Eine Figur wie Özoguz, die keine eigenständige deutsche Kultur jenseites der Sprache entdecken konnte, die migrantische Gewalt extrem verharmlost und nun auch offen antisemitisch auftritt, darf als Vizepräsidentin des Bundestags firmieren, eine Position, die der AfD seit Jahren systematisch vorenthalten wird. Auch hier: Grüne und… Mehr

Marco Mahlmann
1 Stunde her

Schon bei Marx wird der Jude als kapitalistischer Ausbeuter dargestellt und ist somit Feind der Sozialisten. Daran hat sich nie etwas geändert. Deshalb wundere ich mich schon, daß man sich darüber wundert, daß die Grünen nebst allen anderen Linken antisemitisch sind. Natürlich ist heutzutage kein Sozialist so doof, offen sprachliche und gedankliche Nähe zu den nationalen Sozialisten zu zeigen; deswegen wird der heutige Antisemitismus als „Kritik an der Politik des Staates Israel“, als Freiheitskampf der geschundenen Palästinenser und dergleichen verschleiert. Aber es bleibt Antisemitismus, und es ist nichts Neues. Wer hat denn Palästinensertücher getragen? Wer war denn in arabischen Terrorcamps?… Mehr

FundamentalOpposition
1 Stunde her

Der Sozialismus ist inherent Antisemitisch. Wer das noch nicht verstanden hat, der hat die letzen 260 Jahre geschlafen bzw. War dumm genug auf Sozen Propaganda reinzufallen

Kaltverformer
2 Stunden her

Es ist doch offensichtlich.
Die Grünen führen einen, noch, versteckten Kampf gegen die freiheitliche, demokratische Grundordnung.
Nun, so versteckt ist dieser Kampf eigentlich nicht, er wird nur gegenüber der Mehrheitsgesellschaft von den Systemjournalisten unter der Wahrnehmungsschwelle gehalten.
Meiner Meinung nach sind die Grünen eine verfassungsfeindliche Partei.

Siggi
2 Stunden her

Die Islampartei „Die Grünen“, ist selbstverständlich auf der Seite der Terroristen. Man muss sich ja nur die Struktur der Partei ansehen. Wie hoch ist der Anteil der Mitglieder mit islamistischem Hintergrund? 70 %?

MeHere
2 Stunden her

Wir müssen echt aufpassen, dass unsere FREIHEITLICH DEMOKRATISCHE ORDNUNG nicht durch die „Investoren“ und ihre fanatisch, verblendeten Helfershelfer bei den Sozialisten und Grünlingen im „KLO der Geschichte“ heruntergespült wird. Was 89 nach den kalten Krieges und Millionen von Opfern durch den Sozialismus wieder vereinigt wurde, darf keine Beute der Spinner und Marionetten werden.
Bitte benennt die Namen der oberen 100 treibenden Personen und ihre tatsächlichen Beweggründe offen – wir wollen uns bei diesen Leuten pers. „bedanken“.

Schwabenwilli
2 Stunden her

Doppelstandarts? Das trifft es nicht mehr, die machen einfach was sie wollen und führen sich auf wie es Kubicki so schön formuliert hat, wie die gesalbten.

Manfred_Hbg
2 Stunden her

Es wird sich -auch hier- erst dann im Land etwas ändern, wenn die grünwoken Paeudodemokraten vom Altparteienkartell aus den Regierungsämtern per Wahl entfernt und durch die ungrünen und unwoken Demokraten der AfD ausgetauscht wurden.

Juergen Semmler
2 Stunden her

Diese Woche im Bundestag sprach der Außenfeminist und Völkerrechtler Baerbock anlässlich der Befragung zu den Vorwürfen, sie und Habeck hätten Waffenlieferungen an Israel blockiert.

Baerbock betonte dabei , es habe keinen Stopp oder gar

„Boygott“

von Rüstungsgütern gegeben.

….. “ Boygott“…!?!…….

Selbst der hinter Baerbock sitzende Lauterbach konnte nur mit Mühe ein Grinsen vermeiden.

Dem Gebärden-Dolmetscher verschlug es dagegen in dem Moment die Finger…..